„Die USA haben seit der japanischen Kapitulation 1945 keinen größeren militärischen Erfolg mehr gehabt – trotz durchdringender Militarisierung.“ (Norman Birnbaum)
Die Vereinigten Staaten sind unbestritten ein gewalttätiges Land. Die Wahrscheinlichkeit, einem Mord zum Opfer zu fallen, ist in den USA fünf Mal höher als in Deutschland. Wenn wir in den Nachrichten von einem Dreijährigen hören, der jemanden erschossen hat, denken wir sofort an dieses Land. Und haben immer Recht. Nicht nur die Gesellschaft ist gewalttätig, auch die Politiker greifen zu Mitteln der Gewalt, um ihre Interessen international durchzusetzen. Entweder führen US-Präsidenten direkt Krieg (Koreakrieg, Vietnamkrieg, zweiter und dritter Golfkrieg, zweiter Afghanistankrieg usw.) oder indirekt (erster Afghanistankrieg, erster Golfkrieg usw.). Aktuell führen sie in vielen Ländern einen Krieg mit ferngesteuerten Bomben (Drohnenkrieg). Missliebige Politiker versucht man mithilfe der CIA zu ermorden (Fidel Castro von 1960 bis 1964, „Operation Mongoose“) oder abzusetzen (Pinochet-Putsch in Chile – übrigens an einem elften September). Waffen und Gewalt spielen eine große Rolle in der Welt der US-Amerikaner.
Russland ist unbestritten ein gewalttätiges Land. Journalisten und Oppositionelle werden reihenweise ermordet. Unabhängigkeitsbewegungen werden gewaltsam unterdrückt (Tschetschenien). Gewalt ist ein Mittel der Außenpolitik: Ukraine. Aber an diesem Punkt ist der Einsatz von Gewalt nicht nur graduell, sondern substantiell anders als in den USA. Die USA hätten ein Land wie die Ukraine längst bombardiert und dann besetzt. Auch Russland besitzt diese Möglichkeit. Putin geht zur Durchsetzung seiner Interessen jedoch anders vor. Durch den Bürgerkrieg im Osten der Ukraine, durch wirtschaftliche Sanktionen und die Annexion der Krim hat er den Gegner verwundet. Die Ukraine unter der Herrschaft des Schokoladen-Oligarchen und Polit-Amateurs Poroschenko ist angeschossen, aber nicht tot. Mit der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen hat man das Land zudem im Würgegriff. Man massakriert auch nicht die Zivilbevölkerung durch Bombardements, wie es die Amerikaner tun würden, sondern vertreibt sie. Und jetzt schaut man in Ruhe zu, wie die Ukraine ökonomisch, sozial und politisch den Bach hinunter geht. Russland wartet, dass sich die westlichen Verbündeten der Ukraine angewidert von diesem verwundeten Land abwenden, dessen Jammern und Klagen wir täglich in den Ohren haben. Es ist eine alte militärische Taktik: Verwunde einen gegnerischen Soldaten und warte, bis dessen Hilferufe den Gegner mürbe machen. Niemand kann sich in die Gefahr begeben, der Ukraine zu helfen. Niemand will für den Verwundeten sein Leben riskieren. Die Zeit spielt für Putin. Wir werden den Anblick des verletzten Landes nicht mehr lange ertragen und uns von der Ukraine abwenden. Niemand spricht mehr von einer EU- oder NATO-Mitgliedschaft.
Die alten Supermächte des zwanzigsten Jahrhunderts haben die Welt immer noch im Griff. Den anderen Staaten bleiben nur das Völkerrecht, die Vereinten Nationen und anderes Spielzeug aus dem politischen Kindergarten. Es gilt – wie seit Anbeginn der Zeit – das Recht des Stärkeren.
P.S.: Längst vergessen ist, dass die USA einmal direkt Krieg gegen Russland geführt haben. Folgendes Zitat ist aus dem Buch „Die Weltbeherrscher – Militärische und geheimdienstliche Operationen der USA“ von Armin Wertz (nach: NachDenkSeiten). “Plötzlich sahen die Alliierten die Möglichkeit, die kommunistische Herrschaft in Russland zu beseitigen, ehe sie sich festigen konnte. Im Juli 1918 landeten zwei japanische Divisionen (30.000 bis 40.000 Mann), 7.000 Amerikaner, zwei britische Bataillone, 3.000 Franzosen und Italiener in Wladiwostok (…). Zur selben bekämpften Polen, Litauen, Lettland und Estland die sowjetische Regierung an der westrussischen Front und drangen bis Kiew vor. Zugleich hatten sich in Murmansk und Archangelsk 12.000 Mann britischer, verbündeter und 5.000 amerikanischer Truppen verschanzt. (…) Als die Niederlage der Alliierten und der weißrussischen Armee gegen Ende des Jahres 1919 nicht mehr aufzuhalten war, versetzte die New York Times ihre Leser in Angst und Schrecken mit Schlagzeilen wie ‘Rote wollen Krieg mit Amerika’ (…) Die USA erkannten die UdSSR erst 1933 diplomatisch an.”
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