Mittwoch, 29. September 2021

Filmgeschichte

 

A: Ich habe eine Weltklasse-Idee für einen Film.

B: Was denn?

A: Carmen. Die berühmte Oper von Bizet.

B: Aber es ist 1918.

A: Egal. Dann machen wir aus der Oper eben einen Stummfilm.

B: Du bist verrückt!

A: Nein, ich bin Ernst Lubitsch und werde mal berühmt.

B: Also gut. Lass uns anfangen. Kennst du Pola Negri?

Dienstag, 21. September 2021

Sensationelle Bilder von Bonetti im FKK-Biergarten

 

Blogstuff 630

„Wenn man nur Bücher liest, die jeder liest, kann man auch nur denken, was jeder denkt.“ (Haruki Murakami)

Scholz ist so aalglatt, nach der Wahl kann er „Oil of Olaf“ verkaufen.

Bonettis 3G: geistreich, gemein und genial.

Ich habe eine ziegelrote Backsteinmauer schwarz angemalt, um sie anschließend mit einem ziegelroten Backsteinmuster zu übermalen. Das ist Kunst.

Wenn Bonetti die Hand erhebt, dann nur, um die Lesenden zu segnen, nicht um sie zu schlagen.

„Der Berliner Senat verkaufte 2004 rund 65.000 Wohnungen für 405 Millionen Euro. Heute kaufte der Senat rund 15.000 Wohnungen für 2,46 Milliarden Euro. Ohne Worte.“ (Oliver Santen, 18.9.21)

Das Wort Arschloch ist genderneutral.

Laschet verliert 2021 die Bundestagswahl, 2022 die Landtagswahl in NRW und darf 2023 am Dschungelcamp teilnehmen.

Wie die Zeit vergeht … vor zwanzig Jahren war ich noch das Bauch-Double von Brad Pitt.

Wenn ich heute etwas vom Thema Wohnungsnot lese, denke ich an alte Freunde. In den achtziger Jahren lebte ein Freund, der leider im letzten Jahr gestorben ist (er lebte in den Jahren zuvor von Cola-Weizenbier und nahm kaum noch Nahrung zu sich) auf einem Campingplatz in Heidesheim. Eine Holzhütte, vielleicht zehn Quadratmeter, mit Bett, ein paar Stühlen, Kochecke und Klo. Ein Kneipenkumpel aus Schweppenhausen, spielsüchtig und arbeitslos, landete nach der Scheidung auf dem Campingplatz von Schweppenhausen – in einem Wohnwagen. Eine Freundin aus meinen Kreuznacher WG-Zeiten lebte jahrelang in einem Holzhaus auf dem Campingplatz in Guldental. Dagegen sind die Tiny-Houses von heute der pure Luxus.

Mir gehen die ganzen Appelle von Künstlern, doch bitte ins Kino oder ins Theater zu gehen, weil sonst „die Kultur stirbt“, inzwischen tierisch auf den Zeiger. Wenn ich auf ein Rockkonzert gehe, tausche ich Geld gegen Unterhaltung. Ein ganz einfaches Geschäft. Da muss mir niemand mit der Moralkeule kommen. Diese ganzen privilegierten Medienstars heulen rum, als wären sie eine afghanische Mutter mit drei unterernährten Kindern. Ich lasse mir doch nicht einreden, ich sei am Tod der Kultur schuld, nur weil in Berlin noch ein paar Musiker und Schauspieler mehr als Kellner arbeiten müssen.

P.S.: Kaufen Sie meine Bücher! Daddy braucht ein neues Paar Schuhe.

Yazoo Don't Go Reconstructed 12inch Mix - YouTube

Montag, 20. September 2021

Jetzt ist es also passiert

 

In Idar-Oberstein, fünfzig Kilometer von Schweppenhausen entfernt, hat ein Impfgegner einen Mord begangen. Der Täter gab in seinem Geständnis an, er habe ein Zeichen gegen die Corona-Maßnahmen setzen wollen. Er war in eine Tanke gegangen, um Bier zu kaufen. Der Verkäufer, ein zwanzigjähriger Student, habe ihn aufgefordert, eine Schutzmaske zu tragen. Daraufhin sei er nach Hause gegangen, habe seine Schusswaffe geholt und den jungen Mann mit einem Kopfschuss ermordet.

Samstag, 18. September 2021

Rotfront in Kleinbloggersdorf

 

Der drohende Linksrutsch in Deutschland wirft seine Schatten voraus. Der linke Pöbel wird wieder aufmüpfig. Das verarmte, ungeduschte Prekariat träumt davon, mich auf dem Marktplatz aufzuhängen. Jetzt zeigt der Linksextremist und bekennende Scholz-Wähler Toni Erdmann sein wahres Gesicht. Rot-Rot-Grün wird schlimmer als Honecker, der Marxismus-Leninismus erhebt sein hässliches Haupt.

Ich möchte gar nicht wissen, was dieser arbeits- und lichtscheue Mietnomade aus der leprösen Siechenhölle namens Ruhrgebiet schreiben würde, wenn er wüsste, wie die wahren Eigentumsverhältnisse meiner Familie aussehen. Ich werde gleich am Montag mal unseren Prokuristen fragen, was wir in seiner Stadt besitzen. Aber die linke Brut kann uns nicht schrecken, selbst wenn mich die kleine Arschmade als Hunsrück-Laschet tituliert – wo ich doch mindestens die Bezeichnung Hunsrück-Hitler verdient hätte. Wenn die Vermögenssteuer kommt, transferieren wir unser Geld eben ins Ausland. Auch die Erbschaftssteuer umgehen wir elegant, weil ich seit 2010 jedes Jahr Immobilien und Geld (als Schenkung unterhalb der Schenkungssteuer, der Rest in bar) übertragen bekomme.

„Dein Reichtum kauft dir keine Zeit“, schreibt er. Das ist nicht richtig. Reiche Menschen werden älter als arme Menschen. Da ich nicht arbeiten muss, habe ich auch mehr Zeit als die Lohnsklaven aus den Mietkasernen, die sich den lieben langen Tag kaputtschuften müssen, ohne je die Hoffnung zu haben, aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Das Ende ist die Altersarmut. Ich ziehe den Alterswohlstand vor.

P.S.: Die Villa Bonetti hat eine Bruttogeschossfläche von 480 qm (12 Zimmer, 3 Bäder), das Dachgeschoss könnte auch noch ausgebaut werden. Dazu habe ich eine große Altbauwohnung mit Stuck und Parkett in Ku’damm-Nähe. Jetzt könnte der eine oder andere denken: Das ist zu viel für eine Person. Aber es ist alles eine Frage der Perspektive. Leider kann ich das nicht weiter ausführen, denn mein Kammerdiener Johann bringt mir gerade den nächsten Cocktail auf die Terrasse. Als ich mit 18 meinen ersten Porsche geschenkt bekam, habe ich einen Aufkleber aufs Heck gemacht. „Eure Armut kotzt mich an“. Jetzt sehe ich das viel entspannter. Wo wären wir ohne unser treues Dienstpersonal?  

Freitag, 17. September 2021

Haiku Maas

 

Paris London Rom

Ein Konfirmandenanzug

Geht auf die Reise

Der Wald muss weg


Was hat der Wald eigentlich für mich getan? Ich brauche kein Holz als Baumaterial, es gibt Beton und Ziegelsteine. Ich brauche keine Holzmöbel, es gibt Kunststoff und verchromten Stahl. Ich brauche kein Papier, es gibt das Internet. Ich esse auch nicht mit Stäbchen.

Der Wald steht nur in der Gegend rum und nimmt Gewerbegebieten und Einkaufszentren wertvollen Platz weg. Wertloses und gefährliches Getier, zum Beispiel Wölfe und Zecken, treibt dort sein Unwesen. Warum sollte ich jetzt plötzlich etwas für den Wald tun?

Manche sagen, der Wald würde Sauerstoff produzieren, den wir zum Atmen brauchen. Ich sage: Sauerstoff kann man auch industriell herstellen. Die Luft kostet nichts. Das können wir als Marktwirtschaft, die wachsen will, nicht hinnehmen. Wenn Sauerstoff ein handelbares Gut wird, entstehen Arbeitsplätze und die Steuereinnahmen steigen.

Das ist langfristig der richtige Weg, denn wir brauchen Geld, um die Klimapolitik zu finanzieren. Geld, liebe Freundinnen und Freunde von der Hochfinanz und den Industriekartellen, das bekanntlich nicht auf Bäumen wächst.

Lasst uns die Axt sein, die den Weg zum Fortschritt freimacht!

Nächste Woche: Demokratie – was hat sie uns gebracht?

Cindy & Bert - Der Hund von Baskerville (1971) Black Sabbath "Paranoid" Cover - YouTube

Mittwoch, 15. September 2021

Warum gab uns Gott Alkohol und Drogen?

 

Blogstuff 629

“Wer in einem gewissen Alter nicht merkt, dass er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.“ (Curt Goetz)

Der Wahlkampf der Union besteht seit Monaten daraus, andere Parteien und ihre Kandidaten durch den Dreck zu ziehen. Jeder Marktleiter von Edeka weiß mehr über Marketing als die ganze CDU/CSU. Er käme nicht auf die Idee, ein Prospekt drucken zu lassen, in dem steht: „Wenn Sie bei Lidl kaufen, geht die Welt unter“ oder „Aldi hat nur Schrott im Angebot“. Er stellt die Vorzüge des eigenen Marktes in den Vordergrund: tolle Produkte, günstige Preise, freundliches Personal. Wieso kapieren Laschet und sein Wahlkampfteam das nicht?

Nicht nur der Islam, auch das Christentum ist eine orientalische Wahnvorstellung.

Wem macht der Deutsche etwas vor, wenn er zur Jogging-Hose, Tennis-Socken und Turn-Schuhe trägt? Dazu eine Trekking-Jacke, die man höchstens auf dem Nanga Parbat braucht, und einen Wander-Rucksack. Was ist da drin? Ein Verbandskasten? Eine zweite Jogginghose? Der Rucksack ist ein Mysterium, so wie diese Damenhandtaschen im DIN A1-Format, tragbare Kommoden, in denen auch ein zusammengeklappter Tapeziertisch Platz haben könnte. Als Kind habe ich einen heimlichen Blick in die Handtasche meiner Oma werfen können. Taschentücher, Lippenstift und ein paar versteinerte Bonbons, die bereits mit dem Kunstleder verwachsen waren.

Englisch ist nicht die Weltsprache. Geld und Gewalt sind die universellen Medien der Verständigung und Gestaltung.

Früher liefen die Männer doch mit diesen Piratenkopftüchern rum. Warum sind die knallbunten Fetzen aus der Mode gekommen? Glatzköpfe gibt’s doch noch genug.

Seit mein livrierter Diener nicht mehr in der Öffentlichkeit mit einem Silbertablett hinter mir her läuft, wirke ich viel bürgernäher.

In den zehn Geboten steht nichts von Arbeit.

In diesem Jahr sind Kinder eingeschult worden, die während ihrer ganzen Lebenszeit nie Fußballweltmeister geworden sind. Und es haben Studenten die Uni verlassen, die zu ihren Lebzeiten nie Fußballeuropameister gewesen sind. #1996 #2014

In diesem Jahr wird in Kabul kein Oktoberfest stattfinden. Quo vadis, deutsche Leitkultur?

Bei IS denke ich inzwischen nicht mehr an den Islamischen Staat, sondern an Intensivstation.

Beim Formel 1-Grand Prix in Monza kostete das Ticket auf der Haupttribüne 1085 Euro. 1997 habe ich noch 320 DM für denselben Platz bezahlt. So vergrault man die Fans.

Chicago - 25 Or 6 To 4 (HD) - YouTube

Dienstag, 14. September 2021

Politische Karikatur

 

Was in diesem Blog seit Jahren fehlt, ist die politische Karikatur. Also haben sich die besten Texter und Zeichner von Bonetti Media zusammengesetzt. Ab jetzt werden Ihnen in regelmäßiger Reihenfolge Meisterwerke dieser Kunstgattung präsentiert werden.




Das Museum der vergessenen Wörter

 

Wer ist heute noch mit einem Affenzahn unterwegs, wo der Kraftwagen inzwischen SUV heißt?

Den Bandsalat kennen und fürchten nur wir Alten. Ich habe noch Kassetten und einen Kassettenrekorder. Selbstverständlich auch einen Bleistift zur Lösung des Problems.

Der einst so stolze Bürohengst ist jetzt ein domestizierter Lurch, dessen Chef permanente Erreichbarkeit und Willfährigkeit einfordert – und bekommt.

Der Dreikäsehoch ist ein Knirps, ein Steppke. Heutzutage muss man ja zu den Kindern freundlich sein, obwohl sie es nicht verdient haben.  

Das Gabelfrühstück kenne ich aus Kafkas Romanen. Leider ist diese Mahlzeit dem Zeit- und Leistungsdruck des modernen Kapitalismus zum Opfer gefallen. Es handelt sich um ein reichhaltiges zweites Frühstück, das am späten Vormittag eingenommen wird. Gerne auch warme Speisen, zu denen Alkohol gereicht wird.

Der Hagestolz heißt heute Single. Ein würdeloser Anglizismus für eine Lebenshaltung, die sich der Unabhängigkeit und Kinderlosigkeit verpflichtet sieht.

Das Lichtspielhaus wurde zum Kino eingedampft. Die Poesie dieses magischen Ortes, mit dem man heute nur noch klebrige Fußböden und endlose Werbung verbindet, ging leider verloren.

Der Pfennigfuchser ist der Einführung des Euro zum Opfer gefallen.

Der Ratzefummel ist ein Opfer der Digitalisierung!

Der Schmalhans ist heute nicht mehr Küchenmeister, da wir alle in Saus und Braus leben.

Schnafte bedeutet so viel wie knorke oder dufte, also sehr gut (=> urst). Wurde dem Berliner leider ausgetrieben. So wie die Fisimatenten, Pillepalle und die Scheselong.

Heute ist uns nichts mehr schnuppe, es ist uns einfach scheißegal.

Aus der Sommerfrische, die der Stadtmensch auf dem Land verbrachte, wurde eine Woche Malle all-inclusive.

Ein Springinsfeld ist ein junger Mann, der unerschrocken seine ersten Lebenserfahrungen sammelt. Er wird auch Luftikus oder Grünschnabel genannt und studiert heutzutage unweit vom Hotel Mama BWL oder Germanistik auf Lehramt.

Frauen tragen keine Stöckelschuhe mehr, sondern High Heels. Geändert hat sich nüschte.

Wenn Sie bei Wikipedia „Tausendsassa“ eingeben, sehen Sie ein Foto von Andy Bonetti.

Urst habe ich in den neunziger Jahren noch in Ost-Berlin gehört. Es bedeutet „sehr“ oder „saugeil“. Auch die Plaste, Grilletta (= Hamburger) und Krusta (= Pizza) gingen nach der Wende verloren. Neue Wortschöpfungen wie Wendehals sind auch schon wieder verschwunden. Der Opportunismus ist den Deutschen aber erhalten geblieben.

Der große Zampano macht einen auf dicke Hose. War auch als Prahlhans bekannt, nennt sich jetzt Poser.

Montag, 13. September 2021

Das schwarze Loch


Es war ein Schock. Nach zwanzig Jahren sollte ich meine Wohnung verlassen. Kündigung wegen Eigenbedarf. In einer Stadt wie Berlin war das ein Todesurteil. Wie sollte ich mit meinem Einkommen eine neue Wohnung bekommen? Schon jetzt lebte ich in einem Ein-Zimmer-Apartment.

Ich saß in einer Kneipe an der Theke, als sich eine Frau neben mich setzte.

„Du siehst nicht so aus, als könnte dich ein Ouzo trösten“, sagte sie zu mir.

Ich mag Frauen nicht, die offensiv sind. Ich habe gerne meine Ruhe. Seit zehn Jahren habe ich keine Beziehung mehr. Ich lebe ohne Frauen.

„Mich könnte höchstens ein Lottogewinn trösten“, antwortete ich.

Dann erzählte ich ihr von meiner Wohnungssuche. In drei Monaten müsste ich etwas Neues gefunden haben.

„Ich vermiete Zimmer“, sagte sie, während sich ihre gigantischen Fingernägel wie Vogelklauen um einen Gin Tonic krallten.

Ich sah sie misstrauisch an. Sie war mindestens zwanzig Jahre älter als ich, ihre schwarzen Locken waren gefärbt und ihre Leopardenhosen stammten aus der Zeit von Helmut Schmidt.

„Was kostet das Zimmer?“, fragte ich.

„Zweihundert im Monat, inklusive Reinigung.“

Das klang gut, das musste ich zugeben.

„Wo wohnen sie?“

„Nicht weit von hier.“

Wenig später saß ich in ihrem Geländewagen und wir fuhren quer durch die Stadt. Die Gegend, in der sie parkte, hatte ich noch nie zuvor gesehen. Zwei Meter hohe Hecken wie Barrikaden vor grauen Mietskasernen.

Sie zeigte mir mein Zimmer. Ein Bett, ein Schrank, eine Kommode. Ich stand am Fenster und blickte auf einen trostlosen Garten. Ein blasses Rasenviereck und weitere Hecken.

Ich drehte mich um. Die Vermieterin lag auf dem Bett und lächelte mich verführerisch an.

Ich rannte los. Aus dem Zimmer, die Treppe hinunter, auf die Straße. Ich rannte nach Hause, ohne mich auch nur einmal umzusehen.

Deee-Lite - Runaway (Official Music Video) - YouTube

Sonntag, 12. September 2021

Fundstück des Monats

 


Es sollte vermutlich eine längere Geschichte werden. Es blieb bei diesem Fragment, das ich heute in einer Schublade fand. Es ist nicht datiert, aber es stammt wohl aus den späten siebziger Jahren. 1978 hatte ich meine erste Kurzgeschichte in der Schülerzeitung veröffentlicht.

Die Verbindung der Themen soziale Gerechtigkeit, Kampf gegen die Obrigkeit, Abenteuer und Kriminalität hat in Rheinland-Pfalz mit dem Schinderhannes eine lange Tradition. Hat Jim Knopf für den Namen des Helden Pate gestanden? Schön auch das Verb „operiert“ statt „kämpft“. Hier spricht der umfassend gebildete Gymnasiast.

Meine politische Gesinnung zeigt sich im Alter von zwölf Jahren bereits im Urzustand. Ich stand schon immer auf der falschen Seite der Geschichte. War ich überhaupt jemals auf der Straße des Erfolgs? Schinderhannes wurde hingerichtet. I red‘ nur drüber.

P.S.: Ganz unten der Beweis, dass ich schon seit über vierzig Jahren Aphorismen von, sagen wir mal: wechselnder Qualität raushaue.

 

Freitag, 10. September 2021

Ein Sonntag in der Stadt

 

Er trägt den wasserabweisenden und mit Entendaunen gefütterten Expeditionsparka mit Windabdeckleiste, Kinnschutz und abnehmbaren Fellbesatz. Dazu die atmungsaktive Touringhose mit Gore-Tex-Pro-Technologie, die nur vierhundert Gramm wiegt, und die steigeisenfesten Bergschuhe mit Vibram-Sohle und Geröllschutzrand. Sicherheitshalber hat er auch die geruchsresistente und klimaregulierende Unterwäsche aus Merinowolle „für eine bestmögliche Performance sowie ein optimales Tragegefühl“ angezogen. Im Rucksack befinden sich ein Survivalpack, Verbandszeug und Entsalzungstabletten. So gerüstet wagt sich die Berliner Hinterhauszecke ins Freie. Die Abenteuerreise ins Outback beginnt. Der Biergarten ist zweihundert Meter entfernt.

Mittwoch, 8. September 2021

Faszinierend, tiefgründig und nuanciert: Blogstuff 627

 

„Fakten hören nicht auf zu existieren, nur weil wir sie ignorieren.“ (Aldous Huxley)

Was bedeutet es konkret, wenn in Afghanistan die westlichen Werte nicht mehr zählen? Der Müll wird nicht mehr getrennt und es gibt keine Ladestationen für E-Autos.

Der Pinguin hat es der penetranten Tierfilmpropaganda zu verdanken, dass er nicht auf unserer Speisekarte gelandet ist.

„Als ich ein kleiner Junge war, wollte ich Astronaut werden. Heute arbeite ich als Matrose auf einem Raumfrachter. Wir pendeln zwischen Erde und Mond. Wir transportieren Braunkohle und Steinkohle. Auf dem Mond wird die Kohle in riesigen Kraftwerken in Strom verwandelt. Das entstehende CO2 belastet nicht die Erdatmosphäre. Den Strom speichern wir in den gigantischen Batteriesystemen des Schiffs und bringen ihn zum Raumbahnhof München. Inzwischen werden in Deutschland nicht nur Autos und Flugzeuge, sondern auch Heizungen und Riesenräder mit Strom betrieben. Die Menschen laufen nicht mehr, sie gleiten auf E-Rollschuhen durch die Wohnung.“ (Beginn einer langweiligen SF-Kurzgeschichte)

Zwanzig Jahre Greifvogelbeauftragter im Landkreis Schweinebüttel. Thilo Strunzmeier legt sein Amt nieder. Danke, Thilo!

Wir neigen dazu, über moderne Kommunikationsmittel zu lästern. Dazu eine kurze Geschichte aus dem Jahr 1984: Es ist Sonntag und wir befinden uns im Wohnzimmer meiner Großeltern. Es ist etwa fünfzehn Quadratmeter groß. Auf dem Sofa sitzen mein Vater und mein Großvater, die nach dem Mittagessen ihre Handelsgold-Zigarre rauchen. Am Wohnzimmertisch sitzen meine Schwester, meine Großmutter und ich. Warum ich meiner Freundin versprochen habe, an diesem Nachmittag anzurufen, weiß ich nicht mehr. Aber es war ein Fehler. Während wir reden - das Telefon, liebe Jugendliche, ist via Kabel ortsgebunden und daher geographisch nicht verhandelbar -, herrscht in diesem Raum Totenstille. Die ganze Familie hört auf geradezu offensive Weise aufmerksam zu, was ich meiner Liebsten zu sagen habe. Es ist ein Alptraum, den ich bis heute nicht vergessen habe. Gott schütze Apple und Samsung.

Querdenker behaupten ja, bei der Impfung bekäme man einen Chip implantiert. In Wahrheit sind es Nano-Bots, die sich im Körper selbständig reproduzieren können und allmählich das Gehirn übernehmen. Ich habe zum Beispiel noch nie CDU gewählt, aber plötzlich finde ich Armin Laschet gut. Ich habe das dringende Bedürfnis, Schweinenackensteaks zu grillen, obwohl ich gar keinen Grill habe. Wann kommt die nächste Traumschiff-Folge im Fernsehen?

2. September: Das Meinungsforschungsinstitut Kantar (ehemals Emnid) ruft an und fragt mich nach meinen politischen Ansichten. Vierzig Minuten lang. Alter Finne, die haben Nerven. Aber ich bin jetzt Teil der Umfragenwelt. – Als ich der Frau mein Alter verraten habe, sagte sie, meine Stimme klinge viel jünger. Warum kriege ich solche Komplimente nie im Kommentarbereich, ihr Honks?!

Dreams I'll Never See - YouTube

Dienstag, 7. September 2021

Die Revolution kommt von oben

 

Benjamin Krause betrachtete kurz das Haus und ging dann durch den gepflegten Vorgarten zur Haustür. Er klingelte.

Eine Frau öffnete und sah ihn misstrauisch an.

„Wir kaufen nichts.“

„Mein Name ist Krause und ich möchte ihnen nichts verkaufen“, sagte er und lüpfte den Hut. „Ich möchte Ihnen etwas schenken.“

Die Frau lachte.

„Ist das die neueste Vertretermasche?“

„Nein. Ich meine es ernst. Genauer gesagt schlage ich Ihnen einen Tausch vor. Sie geben mir einen alten Kugelschreiber und ich gebe Ihnen einen neuen, der Ihr Leben lang halten wird.“

Die Frau stutzte. Dann ging sie ins Haus zurück. Krause wartete.

„Funktioniert das auch mit drei Kugelschreibern?“ fragte sie, als sie wieder zurück war.

„Selbstverständlich.“

Er öffnete seinen Koffer, der voller silberfarbener Kugelschreiber war.

„Greifen Sie zu.“

Die Frau nahm drei Kugelschreiber heraus und gab ihm die drei leeren Kugelschreiber.

Krause bedankte sich und ging.

Am Spätnachmittag kam er zurück in die Zentrale. Er klopfte bei seinem Vorgesetzten an die Tür, der ihn in sein Büro bat. Otto Günzel war um die siebzig Jahre alt, sein schlohweißes Haar stand in alle Richtungen vom Kopf ab und die ledrige Haut hing schlaff von seinem ausdruckslosen Gesicht.

„Setzen Sie sich, Krause. Wie ist es gelaufen?“

„Sehr gut. Ich habe über zweihundert alte Kugelschreiber.“

„Phantastisch. Werfen Sie sie in den Mülleimer und holen Sie sich im Lager neue Kugelschreiber.“

„Gerne. Darf ich Sie etwas fragen?“

„Nur zu, junger Mann.“

„Wie verdient Ihre Firma eigentlich Geld? Wir tauschen teure Kugelschreiber gegen wertlosen Plunder ein. Es ist für mich kein Problem. Ich verdiene jetzt ein halbes Jahr auf diese Weise mein Geld. Aber was ist der Zweck dieses Geschäfts?“

Der alte Günzel lachte.

„Ich habe Millionen geerbt und dann Milliarden mit Aktien verdient. Microsoft, Google, Amazon, Tesla. Jetzt setze ich mein Geld ein, um einen Angriff auf den Kapitalismus zu starten. Mit der Kugelschreiberindustrie fange ich an. Ich verschenke Kugelschreiber, die man nicht mehr ersetzen muss. Das ist nachhaltig und klimafreundlich. Irgendwann habe ich diesen Industriezweig in die Knie gezwungen. Die Hersteller können keine Kugelschreiber mehr verkaufen, weil es keine Nachfrage mehr gibt. Dann mache ich weiter. Zahnbürsten, Handtücher, irgendwann Autos und Flugzeuge.“   

„Das könnte eine Weile dauern“, wandte Krause ein.

Günzel winkte ab.

„Nein. Ich habe schon im ganzen Land Filialen eröffnet. Wenn es sich erst einmal herumgesprochen hat, werden uns die Leute mit ihren Kugelschreibern die Bude einrennen. Und dann kommen sie mit den ganzen anderen Sachen, bei denen wir ein Tauschgeschäft anbieten. Weitere Milliardäre werden sich meiner Bewegung anschließen. Das ist meine Revolution. Ich schlage den Kapitalismus mit seinen eigenen Waffen: mit Waren.“

Krause fing noch am selben Abend an, Bewerbungen zu schreiben.

The Box Tops - The Letter (Upbeat 1967) - YouTube

 

Sonntag, 5. September 2021

Die Zukunft der Mobilität

 

Uwe Kapellmann öffnet mit seinem Daumenabdruck die Tür seines Autos und lässt sich auf den Polstersessel fallen.

„Mandy, fahr mich nach Hause.“

„Gerne, Uwe. Musik?“

„Playlist. Ich bin zu müde, um nachzudenken.“

Der Wagen fährt los.

„Wie war dein Tag im Büro?“

„Ich will nicht darüber sprechen. Schröder hat wieder ein Endlos-Meeting angesetzt.“

Der Wagen fährt durch die Innenstadt. Kapellmann schweigt. Plötzlich sieht er eine McDonald’s-Filiale.

„Mandy, fahr rechts ab zum Drive-Thru.“

„Das kann ich nicht machen.“

„Warum?“

„Du wolltest pünktlich um 18 Uhr bei deiner Frau sein.“

„Dann komme ich eben ein paar Minuten später.“

„Du hattest heute schon 1732 Kalorien.“

„Woher weißt du das?“

„Von deiner Uhr.“

„Und von wem weiß es die Uhr?“

„Von deinem Handy. Dein Frühstück hast du selbst eingegeben, dein Mittagessen in der Kantine hast du mit dem Handy bezahlt. Jägerschnitzel mit Pommes, dazu eine Cola mit Zucker. Um 15 Uhr 12 noch ein Donut aus dem Automaten.“

„Das ist doch meine Sache!“

„Ich möchte, dass du gesund lebst, Uwe.“

Der Wagen fährt weiter.

Slade - Mama Weer All Crazee Now • TopPop - YouTube

Freitag, 3. September 2021

Freie Rede für freie Bürger – Warum Bonetti nicht gendert

 

„Magier => Zauberkunst ausübende Person, Maler => wandgestaltende Person. Mörder => mordende Person.“ (www.geschicktgendern.de)

Ich war schon immer misstrauisch, wenn Sprache verändert werden soll oder wenn jemand versucht, anderen Menschen Sprachvorschriften zu machen. Mir ist auch nicht verständlich, wie ich den unterdrückten, um nicht zu sagen: den geknechteten Frauen dieses Landes helfe, wenn ich Studierende statt Studenten sage. Jeder Behindertenparkplatz bringt in der Praxis mehr als ein Sternchen in der Taz. Erfreut es den flüchtenden Afghanen oder die Burkaträgerin, wenn im heute-journal von Afghan – Pause – Innen gesprochen wird? Da mag die Germanistik-Studentin oder die Studienrätin in der heilen Welt ihrer gepolsterten Sitzlandschaft vor Freude das manikürte Fäustchen ballen, aber es verändert sich nichts.

„Schützenkönig => treffsicherste Person, Schwätzer => Unsinn redende Person“

Am meisten ärgert mich der humorlose und bisweilen aggressive Dogmatismus, mit dem eine Minderheit versucht, der ganzen Gesellschaft ihre Vorstellung von Sprache aufzudrücken. Das mag in der Filterblase der Behörden und Redaktionen funktionieren, aber im Privatleben sprechen die Leute eben einfach so, wie sie möchten. Wenn ich vor jedem Satz überlegen muss, wie er politisch korrekt zu formulieren wäre, stirbt das Gespräch. Sprache lebt von Spontanität, von Unbekümmertheit. Scheiß doch die Wand an! Kriege ich Ärger mit den Grammatik-Jakobinern, wenn ich mir ein Zigeunerschnitzel bestelle? Geht es Roma und Sinti besser, wenn die Kellnerin mir ein Paprikaschnitzel bringt?

„Schriftsteller => bücherschreibende Person“

Die Genderia bellt und die Karawane zieht weiter. Wörter und Redewendungen kommen und gehen. Was gestern noch cringe war, ist morgen vielleicht schon woke. Oder umgekehrt. Ich werde es nicht mitbekommen. Ein Vorzug des Alters und des Landlebens. 

Knapp zwei Drittel der Deutschen lehnen gendergerechte Sprache ab (berliner-zeitung.de)

P.S.: Umgekehrt ist es genauso schwachsinnig, wenn man, wie Friedrich Merz im April dieses Jahres, die „geschlechtergerechte Sprache“ staatlich verbieten lassen möchte. Jeder möge sprechen und schreiben, wie er möchte.

TODD TERJE - Johnny And Mary (feat Bryan Ferry) - YouTube

 

Donnerstag, 2. September 2021

Vergehen oder verwandeln

 

A: Entweder wir ändern radikal unsere Lebensweise oder wir gehen unter. So viel steht fest.

B: Aber wir ändern uns doch gerade. Denk nur mal an die E-Autos.

A: Das wird nicht reichen. Denk nur mal an die Energie und das Material, das benötigt wird, um die gesamte Menschheit neu auszustatten. Den Müll, den wir mit der Umstellung auf E-Autos produzieren. Das ist nicht radikal genug.

B: Was willst du denn machen?

A: Alle Autos abschaffen. Es gibt nur noch öffentliche Verkehrsmittel. Aber der öffentliche Nahverkehr wird ausgebaut. Zwischen Hamburg und Berlin fährt alle dreißig Minuten ein ICE. Aber zwischen meinem Dorf und dem Nachbardorf fährt nur alle zwei Stunden ein Bus. In der Schweiz ist noch das allerletzte Kuhkaff an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen und überall gibt es die Volg-Läden, so dass man fürs Einkaufen nicht wegfahren muss.

B: Das macht in Deutschland keiner mit. In den USA schon mal gar nicht. Die Leute werden auf das eigene Auto nicht verzichten. Und denk doch nur mal an die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie. Inklusive Zulieferer wären eine Million Leute arbeitslos. Eine Million Familien in Armut. Vergiss es.

A: Der Individualverkehr ist ein großer Fehler. Es ging in den fünfziger Jahren los. Jede Familie wollte ein Auto, dann zwei. Da begann es. An dieser Stelle sind wir falsch abgebogen.

B: Vielleicht war es der Fehler von Hitler, weil er die Autobahnen gebaut hat? Selbst, wenn wir falsch abgebogen sind. Es gibt keinen Rückweg. Es geht nur nach vorne.

A: Vielleicht war schon die Erfindung des Autos ein Fehler. Früher gingen die Menschen zu Fuß. Das hat die Umwelt nicht belastet und das Klima nicht verändert.

B: Wenn das Klima sich wandelt, können wir das doch auch. Wir passen uns einfach an.

A: Wir schauen einfach zu, wie die Wälder sterben?

B: Dann pflanzen wir eben etwas anderes an. Palmen und Kakteen. Wenn es keine Apfelbäume mehr gibt, pflanzen wir Agaven. Statt Apfelwein trinken wir Agavenschnaps. Wir müssen von den Mexikanern und Beduinen lernen. Die Menschen können sich ändern, aber nicht so, wie du denkst.

A: Herr Ober! Zwei Tequila.

Stakka Bo - Here We Go - YouTube