Mittwoch, 23. Dezember 2020

Der schamlose Triumph der Sinnlosigkeit – Das Staffelfinale


Ein ehemaliger Luftwaffenstützpunkt in Niedersachsen. Im Kasernengebäude neben dem Tower ist inzwischen das Bundesamt für Aufruhrkontrolle eingezogen. Allerdings sind alle Mitarbeiter im Homeoffice. Alle Mitarbeiter? Nein. Ministerialdirigent Lothar Wassermann spaziert über den leeren Flur, öffnet die Tür zu einem leeren Besprechungszimmer, geht langsam zum Fenster und schaut lange auf die leere Landebahn.

„Wichtelbach … Wichtelbach“, murmelt er. „Ich muss Stahlknecht anrufen.“

Dietmar Stahlknecht fummelt sein Handy aus der Jackentasche und presst es an sein schweißnasses Gesicht. Er sitzt gerade in einem Taxi. Ortega Street. Manila. Er steht im Stau und die Hitze ist mörderisch. Der Gestank aus einem Abwasserkanal, der eine Mischung aus Plastikmüll und Fäkalien mit der Konsistenz von Erbrochenem aus der Stadt befördern soll, ist nicht auszuhalten.

Stahlknecht ist im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums unterwegs. Alpha-Order von Spahn persönlich. Er muss die Virologin Carmen de Luna von der Centro Escolar Universität treffen. Im Dschungel von Mindanao ist Covid-20 ausgebrochen. Eigentlich hat er für Covid-19 gar keine Zeit mehr. Er hört sich Wassermanns Bericht geduldig an, während ihm der Schweiß auf die dunkelblaue Nadelstreifenhose seines Maßanzugs tropft.

„Schicken Sie die Special Forces“, sagt er schließlich. „Sie haben völlige Handlungsfreiheit. Freigabe Delta Echo Foxtrott.“

***

Major Schön ist stinksauer. Ein Hubschrauber hat gestreikt. Statt zwei Einsatzgruppen hat er nur noch eine Gruppe mit sechs Mann zur Verfügung. Das geht ja gut los, denkt er, als der Hubschrauber einen Kilometer von Wichtelbach entfernt auf dem Parkplatz von KFC landet.

Es ist acht Uhr morgens, als sie das erste Haus am Dorfrand erreichen. Es ist das Neubaugebiet, das von den Freidemokraten kontrolliert wird. Der Plan: das Haus stürmen, einen Brückenkopf im Einsatzgebiet errichten und Informationen von den Bewohnern bekommen. Was sie nicht wissen: In diesem Bungalow lebt die lesbische Heilpraktikerin Barbara Wagner mit ihrer Freundin Karin Scholz. Was sie auch nicht wissen: Frau Wagner hat schon mal auf einem Tsunami vor der japanischen Küste gesurft und in Brasilien einen Jaguar mit der linken Hand gefangen. Was sie natürlich auch nicht wissen: Die beiden Frauen beherrschen Krav Maga mit tödlicher Präzision und tragen den schwarzen Gürtel.

Mit ohrenbetäubendem Lärm rammen die Männer der Special Forces die Haustür auf. Sie haben schwarze Sturmhauben über den Kopf gezogen und sind mit gezogener Waffe in den Bungalow gestürmt. Einer von ihnen rennt den Flur entlang. Er hat in der Küche Licht gesehen. Karin steht gerade am Herd, um Spiegeleier zu braten. Sie dreht sich blitzschnell um und zieht ihm die Pfanne über den Schädel. Währenddessen hat Barbara im Wohnzimmer zwei Mann kampfunfähig gemacht. Ich sage nur: radikalfeministischer Roundhouse-Kick.

Major Schön flucht, als er sieht, wie seine drei Männer aus dem Haus geworfen werden. Zwei von ihnen humpeln stark und schleppen einen Bewusstlosen in ihrer Mitte an den Gartenzaun. Schön gibt den Männern einen Kameraden als Begleitung mit. Sie sollen zurück zum Hubschrauber.

Mit den verbliebenen zwei Kämpfern pirscht sich Schön ans Nachbarhaus an. Auf sein Zeichen stürmen sie auf die Haustür zu. Sie werden von Tausend-Watt-Strahlern geblendet und eine Alarmsirene geht los. Bewegungsmelder. Mist!

Dann ertönt eine Stimme über den Lautsprecher: „Mein Name ist Michael Buchholz. Verlassen Sie sofort mein Grundstück!“

Ausgerechnet Buchholz! Der Major kennt den Namen sehr gut. Buchholz ist nicht nur ein bekannter Bauunternehmer, sondern auch der Fraktionsvorsitzende der FDP im Mainzer Landtag. Rückzug. Nichts wie weg hier. Und so endet der Einsatz der Operation Failed Village.

Der Dschungel besteht aus Einfamilienhäusern, die völlig harmlos wirken. Keiner von uns weiß, was wirklich hinter ihren Mauern passiert. Sind es noch Menschen, die hier wohnen? Oder sind es schon Monster? Wichtelbach bleibt für Nicht-Wichtelbacher auch weiterhin ein Rätsel.

Dienstag, 22. Dezember 2020

Der schamlose Triumph der Sinnlosigkeit – Die Fortsetzung


Bonettis Gesicht wirkt im pfirsichfarbenen Licht des Sonnenuntergangs wie das Cover eines Heldenromans. Er steht auf der Dachterrasse des Weinguts und blickt durch sein Fernglas auf das Feuerwehrhaus auf der anderen Seite des Dorfes. Dort stehen zwei Männer in dunkelblauen Steppanoraks und halten Wache. Das Hauptquartier vom Knorpelschorsch wirkt friedlich.

„Schick die Kirsche“, sagt er nur und der treue Bonettista neben ihm ruft in den Hof hinunter: „Schickt die Kirsche!“

Die Kirsche heißt mit bürgerlichem Namen Herbert Sänger und ist seines Zeichens der amtlich geprüfte Dorftrottel von Wichtelbach. Er hat eine dicke kirschrote Säufernase und kirschrote Wangen, die mit einem Labyrinth geplatzter Äderchen in Lila und Dunkelblau geschmückt sind. Er trägt ein blau-weiß geringeltes Shirt, kurze knallgelbe Hosen und einen Propellerhut. Jeder kennt ihn. Jetzt macht er sich mit der Botschaft auf dem Weg zum Warlord, der im Feuerwehrhaus residiert.

Mit seinem Hüpfstock erreicht er nach einigen Minuten die Barrikade auf der Hauptkreuzung. Hier steht Helmut Vogelbunt Wache. Sein fleischiges Gesicht erinnert an Armin Laschet. An diesem Ort findet einmal am Tag die Übergabe von Waren und Nachrichten statt. Von Bonettis Seite kann man durch den Wald den Rewe im Nachbarort erreichen. Der Knorpelschorsch schickt seine Leute durch die Weinberge in ein anderes Dorf, wo es einen Aldi gibt. Man kann an der Barrikade zum Beispiel zwei Gläser Nutoka gegen ein Glas Nutella tauschen.

Die Kirsche grinst und wedelt mit Bonettis Botschaft vor Helmuts Nase. Der Wächter wirft einen kurzen Blick auf den Umschlag und lässt den Boten durch.

Der Knorpelschorsch, der sich selbst George McGristle nennt, was übersetzt nichts anders als Knorpelschorsch heißt, liest Bonettis Angebot. Der Warlord soll einen Junkie mit Spritzbesteck auf die andere Seite schicken und zwanzig von Bonettis Leuten impfen. Im Gegenzug dürfe der Junkie Impfstoff für zwanzig Menschen auf dem Rückweg mitnehmen. Bonetti hat natürlich nichts von seinem Geschäft mit den seelenlosen Freidemokraten geschrieben, die den rettenden Impfstoff erst erhalten, wenn alle Dorfbewohner geimpft sind.

Der Knorpelschorsch überlegt eine Weile und lässt sich dann einen Kugelschreiber und ein Blatt Papier bringen.

Die Kirsche ist zurück. Bonetti gibt ihm eine Flasche Riesling, die er sofort an den Hals setzt und in langen Zügen bis zur Hälfte austrinkt.

Bonetti liest die Botschaft. Der Knorpelschorsch wird den Dancer schicken, einen alten Mann mit einem betongrauen Zopf. Dreißig Jahre harte Drogen. Vernarbte Venen, die wie Rebstöcke im Winter aussehen. Am nächsten Morgen um zehn Uhr würde man sich an einem neutralen Ort treffen, den alle in Wichtelbach nur Baikonur nennen.

Unter den Trümmern des zerstörten Windrads am Dorfrand liegen die Überreste einer Tafel mit der Aufschrift „Baikonur des Westens“. Hier will Bonetti Media der Firma SpaceX von Elon Musk Konkurrenz machen. Immerhin ist schon das Fundament der Abschussrampe betoniert worden und ein ramponierter Bauwagen steht in der Ecke der Wiese. Hier würde das Impfzentrum Wichtelbach seine Arbeit aufnehmen.

Fortsetzung folgt

Montag, 21. Dezember 2020

Der schamlose Triumph der Sinnlosigkeit


Wo soll ich bei dieser verdammten Geschichte anfangen? Ich könnte fragen, wer eigentlich an allem schuld ist. Natürlich der Tornado. Aber da sind wir beim Klimawandel. Und an dem sind wir selbst schuld. Der riesige 5G-Funkmast hinter dem Fußballplatz? Hätte es ihn nicht gegeben, wäre alles anders gekommen. Aber wir sind ja alle verrückt nach diesen bescheuerten Handys und dem ganzen Mist, nach Katzenvideos und Insta-Stories und Twitter-Kläffern und WhatsApp-Gossip. Natürlich ist auch das Windrad an diesem Unglück beteiligt, aber wir wollen ja alle Windräder und das ist ausnahmsweise sogar mal richtig, weil niemandem etwas Besseres eingefallen ist.

„Commandante, ein Winkeladvokat steht vor dem Tor.“

Bonetti, der sich gerade sein Gesicht mit grauer und schwarzer Tarnfarbe schminkt, dreht kurz den Kopf und blickt dem jungen Bonettista in die Augen.

„Frag ihn, was er will.“

„Er sagt, er hätte ein neues Angebot.“

„Durchsuch ihn nach Waffen, Handys und Abhörgeräten. Dann kannst du ihn zu mir bringen.“

Der Anwalt ist sicher harmlos. Er kommt von den Freidemokraten. Aber man weiß nie. Es könnte auch eine Finte sein. Möglicherweise steckt auch der Knorpelschorsch dahinter, der Dorfmetzger. Er nennt sich jetzt George McGristle und bezeichnet sich als Warlord. Das Dorf ist in drei Zonen zerfallen. Südlich vom Bach herrschen die Bonettistas, die in einem Weingut ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben und damit die Weinversorgung kontrollieren. Nördlich vom Bach sitzt der selbsternannte Warlord, der sich mit seinen Männern im Feuerwehrhaus verschanzt hat. Im Neubaugebiet haben die Freidemokraten das Sagen, die zugereisten Städter sind aber nur spärlich bewaffnet und verfügen über keinerlei Ortskenntnisse.

„Mein Name ist Dr. Schobert und ich bin eigentlich auf Familienrecht spezialisiert.“ Der Anwalt hatte einen dunklen Anzug an und nestelte nervös an seiner Hornbrille.

„Dann wird sich deine Oma ja über die Geschichte freuen“, antwortet Bonetti und lacht.

„Wir würden Ihnen gerne einen Vorschlag bezüglich des Impfstoffes unterbreiten. Wir sind bereit, den Preis auf hundert Euro pro Dosis zu erhöhen.“

Bonetti überlegt. Die Freidemokraten sind reich. Sie haben schon zwei Mal ihr Angebot erhöht. Aber er hat den Impfstoff. Das Monopol im Kampf gegen Corona. Allerdings haben die Bonettistas keine Spritzen und kein Personal. Der Knorpelschorsch hat im Feuerwehrhaus genügend Spritzen und anderes Material. Außerdem ein halbes Dutzend Ex-Junkies, die mit den Spritzen umgehen können.

Die Situation ist verfahren. Von außen ist keine Hilfe zu erwarten. Der Tornado hat den Funkmast am Sportplatz zerstört. Er liegt quer über der Landstraße. Auf der anderen Seite des Dorfes ist das Windrad umgefallen und liegt ebenfalls quer über der Straße. Wichtelbach ist von der Außenwelt abgeschnitten. Überall in Deutschland tobt der Kampf um den Impfstoff. Sie sind für die nächsten Wochen, vielleicht auch Monate, auf sich allein gestellt.

Fortsetzung folgt

 

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Andy B. – Wir Kinder vom Bahnhof Wichtelbach

 

Blogstuff 535

„Jeder Mensch kann irren, aber nur Dummköpfe verharren im Irrtum.“ (Cicero)

Der Umweg ist das Ziel, die Ziellosigkeit ist der Weg.

Ab März ist Bonetti mit den „Fagott Rebels“ auf Tournee.

Früher waren die anderen Raucher interessant. Man kam sofort ins Gespräch, wie Hundebesitzer im Park. Die anderen Jeansträger waren cool, weil die Cordhosenträger garantiert langweilig waren. Unrasierte sprachen mit Unrasierten, weil die Glattrasierten nichts zu erzählen hatten. Rockfans vs. Schlagerfans. Motorradfahrer vs. Golfspieler. Lange Haare vs. Kurze Haare. Woran erkennt man die Leute eigentlich heute?

16. Dezember. Es werden 952 Corona-Tote gemeldet. Im Verhältnis zur Bevölkerung sind es mehr als in Trumps USA. Wir sollten aufhören, unsere Politiker, unsere Maßnahmen, unsere Disziplin und unsere Solidarität zu rühmen. Wir haben versagt.

Im Quelle-Katalog gab es in den Siebzigern gleichzeitig Spielzeug und nackte Frauen, die sich in der Dusche einen „Massagestab“ an den Oberarm hielten. Ich habe Jahre gebraucht, um das Geheimnis zu lüften.

Jetzt weiß ich auch, wer das Virus in die Welt gesetzt hat: der Grinch. #Weihnachten2020

Die SPD-Ortsgruppe Antarktis beklagt die zunehmende Polarisierung.

Der Zustand der AfD in der Pandemie und angesichts der internen Machtkämpfe zeigt die Symptome der generalisierten Heiterkeitsstörung. Obwohl es Anlass zu Angst, Depression und Selbstanklage gibt, zeigt die erkrankte Person nach außen Fröhlichkeit und Sorglosigkeit. Geht oft mit Realitätsverlust einher.

Die Natur hat den Wolf erschaffen. Der Mensch hat einhundert Hunderassen erschaffen, eine hässlicher und unterwürfiger als die andere. Das sagt eigentlich schon alles über uns.

Es reicht nicht, dass sich die große Mehrheit an die Schutzmaßnahmen hält. Wenn zwanzig Prozent nicht mitmachen, war alles umsonst. Drastisches Rechenbeispiel: Nehmen wir an, zwanzig Prozent der Bevölkerung halten sich nicht an das Verbot von Mord und Totschlag. Das wären also sechzehn Millionen Killer in Deutschland. Nehmen wir weiter an, jeder dieser sechzehn Millionen bringt einen Nicht-Mörder pro Woche um. Dann wären nach vier Wochen alle 64 Millionen Nicht-Mörder tot (4 x 16 Mill. = 64 Mill.). Eine weitere Woche später hätten sich die Deutschen gegenseitig ausgerottet. Nur Andy Bonetti wäre noch übrig.

The Style Council - Walls Come Tumbling Down! (Official Video) - YouTube

Mittwoch, 16. Dezember 2020

Wünsche

 

A: Woran denkst du, wenn du Hunger hast?

B: An ein Rumpsteak mit Pommes frites.

A: Woran denkst du, wenn du Durst hast?

B: An ein großes Bier vom Fass.

A: Woran denkst du, wenn sich politisch wirklich etwas ändern soll?

B: ... äääh ...


Brexit – Das letzte Kapitel?


Das Telefon klingelt in der Brüsseler Dienstwohnung von Ursula von der Leyen. Es ist der britische Premierminister.

Boris: Hallo, Uschi. Ich bin’s.

Uschi: Boris, es ist sieben Uhr morgens.

Boris: Ich weiß, ich habe es nicht mehr ausgehalten. Was hast du gerade an?

Uschi: Nur ein hauchdünnes Negligé.

Boris: Und nichts drunter?

Uschi: Darunter bin ich völlig nackt.

Boris: Du machst mich schon wieder total heiß. Weißt du das?

Uschi: Wenn ich deine Stimme höre, stehen meine Nippel stramm wie zwei kleine Soldaten.

Boris: Ich muss dich unbedingt sehen.

Uschi: Warum kommst du nicht morgen zu mir und wir spielen Brexit? Wenn du weißt, was ich meine.

Boris: Ich werde diese Woche kommen und nächste Woche gleich wieder.

Uschi: Aber da ist Weihnachten. Vielleicht am 27. Oder 28.?

Boris: Ja, so machen wir das. Ich werde noch völlig verrückt bei dem Gedanken, dass wir uns ab 1. Januar nie mehr treffen sollen.

Uschi: Wir müssen uns etwas einfallen lassen, Liebster. Nachverhandlungen. Vielleicht eine neue Übergangsphase?

Boris: Ja. Es gibt doch sicherlich Chaos im nächsten Jahr. Ich habe unglaublich viel Gesprächsbedarf, Süße.

Sonntag, 13. Dezember 2020

Alles ist längst …


Aktiviert und akzeptiert

Aktualisiert und archiviert

Analysiert und artikuliert

Automatisiert und autorisiert

Adaptiert und abkassiert

Arrangiert und annektiert

Absorbiert und abserviert

Attackiert und ausradiert

 

Bilanziert und bombardiert

 

Definiert und dupliziert

Debattiert und deformiert

Demoliert und degradiert

Diskutiert und diffamiert

Demaskiert und dementiert

Dezimiert und deportiert

 

Expandiert und exportiert

Evakuiert und eliminiert

Exkommuniziert und exekutiert

 

Formatiert und fragmentiert

Finanziert und fusioniert

Formuliert und fotografiert

 

Identifiziert und ignoriert

Illuminiert und illustriert

Inszeniert und interniert

Involviert und investiert

Installiert und integriert

Inseriert und importiert

Irritiert und implantiert

 

Kodiert und kopiert

Kalkuliert und kapitalisiert

Korrigiert und konsumiert

Kollidiert und kollabiert

Katalogisiert und kommentiert

Kartographiert und klassifiziert

Komponiert und komprimiert

Kontaktiert und kontaminiert

Koordiniert und konzipiert

Kritisiert und konditioniert

Kontrolliert und kaserniert

Konfrontiert und konsultiert

 

Motiviert und missioniert

Minimiert und mutiert

Memoriert und marmoriert

Mariniert und manieriert

Manipuliert und mobilisiert

 

Nominiert und nummeriert

 

Optimiert und okkupiert

 

Programmiert und praktiziert

Publiziert und propagiert

Paniert und planiert

Produziert und patentiert

Präzisiert und privatisiert

 

Recherchiert und reflektiert

Registriert und reguliert

Rationalisiert und ruiniert

Reserviert und rekrutiert

 

Selektiert und stationiert

Simuliert und strukturiert

Suspendiert und selektiert

Summiert und saniert

 

Traktiert und thematisiert

Typisiert und therapiert

Torpediert und traumatisiert

Tapeziert und tätowiert

Transportiert und transformiert

 

Variiert und validiert

 

Zertifiziert und zensiert

Zementiert und zentralisiert

 

Samstag, 12. Dezember 2020

Von der Überholspur aufs Abstellgleis

 

Blogstuff 532

„Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen.“ (Max Horkheimer)

Eigentlich stammt das Zitat von Waldemar Hartmann, aber Horkheimer klingt cooler. Auch nicht immer nur den Adorno raushängen lassen, das macht schließlich jeder. Horkheimer. Läuft.

Was wurde eigentlich aus der Feinstaubdiskussion? Weiß man da genaueres?

8h Produktion, 8h Konsum, 8h Regeneration der Arbeitskraft. Ein Tag im Kapitalismus.

Man kann auch ohne Mineralwasser Spaß haben.

Hätten Sie’s gewusst? Das Exploding Head Syndrome ist eine akustische Halluzination, die im Halbschlaf auftritt. Die Erkrankten glauben, beim Einschlafen oder Aufwachen Lärm zu hören, obwohl es still ist.

Neulich habe ich mich wieder an meinen Zivildienstlehrgang 1986 im Odenwald erinnert. Mir ist der Name eines Typen eingefallen, mit dem ich abends immer Bier getrunken habe (in der Kantine war ein Bierautomat). Ein gelernter Fliesenleger aus Frankfurt, der mir erzählt hat, wie öde dieser Job ist. Kann man auch nicht sein Leben lang machen, geht total auf die Knie. Nach dem Zivildienst wollte er was Neues anfangen. Vielleicht sogar auswandern. Ich finde ihn im Netz. Er hat eine Homepage und seit 1997 seine eigene Firma. Er legt Fliesen, Fliesen, Fliesen und lebt jetzt in Linsengericht, vierzig Kilometer von Frankfurt entfernt. Er sieht noch genauso versoffen und verlebt aus wie damals, aber mit Bauch und grauen Haaren. Einziger Mitarbeiter von „Fliesentime“: sein Sohn. Was ist aus unseren Träumen geworden?

Hätten Sie’s gewusst? 1884 begründet Anna Krone in Kalau die Lehre vom Anachronismus.

Wer nur im Urlaub abschalten kann, muss eine Maschine sein.

Egal, wie nichtig der Anlass ist, in Deutschland geht es immer ums Prinzip, und daher wird um jede Petitesse erbarmungslos gestritten.

Die Freitagsbewegten sind die Kinder der Bionade-Biedermeier-Generation, der Prenzelbergspießer mit Chai Latte und "Achtsamkeit". Die nächste Generation wird wieder Punk, da freue ich mich schon drauf. Mettbrötchen statt Dinkelkeks, Sportwagen statt Elektroroller.

P.S.: Mein Leben wurde verfilmt. Ich mit meinem Kumpel an der Bushaltestelle in Wichtelbach. ARD-Mediathek. „Warten auf’n Bus“. Besser wird das Programm dieses Jahr nicht mehr.

The B-52's " Dance this mess around " ( Album Version ) - YouTube

 

Freitag, 11. Dezember 2020

Sie kamen im Morgengrauen

 

Sie kamen im Morgengrauen. Die Tür wurde aufgebrochen. Der Lärm weckte Fleischhauer. Einen Augenblick später standen sie an seinem Bett.

„Was wollen Sie von mir?“

Keine Antwort.

Er durfte sich weder Schuhe noch eine Jacke anziehen. Sie zerrten ihn zu einem Lastwagen, in dessen Frachtraum schon andere Menschen saßen.

„Wo bringen Sie mich hin?“

Keine Antwort.

Nach etwa einer Stunde durften sie aussteigen. Vor ihnen war ein fünf Meter hoher Maschendrahtzaun, der mit NATO-Draht gekrönt war. Sie wurden durchs Tor geführt. Endlose Reihen grauer Container lagen vor ihnen.

Zwei Stunden später begann das Verhör. Fleischhauer wurde in einen kargen Raum geführt. Ein Tisch, zwei Stühle. Er setzte sich. Ihm gegenüber saß ein glatzköpfiger Mann mit Monokel. Er trug die schwarze Uniform des Bundesgesundheitsministeriums und ein Totenkopfabzeichen. Also gehörte er zur Abteilung Infektionsschutz.

„Sie heißen Fleischhauer?“

„Ja.“

„Sie sind Corona-Leugner?“

„Aber es ist doch nur eine harmlose Grippe.“

„Sie sind Impfgegner?“

„Natürlich.“

„Haben Sie sich am 25. August auf Facebook über die Kanzlerin lustig gemacht?“

„Merkel muss weg.“

„Sind Sie Mitglied der Telegram-Gruppe von Attila Hildmann?“

„Der Mann ist doch der Einzige, der noch den Durchblick hat.“

„Waren Sie in Leipzig auf der Querdenker-Demo und haben Polonaise getanzt?“

„Das war ein schöner Tag.“

„Was werden Sie bei der Bundestagswahl im nächsten Herbst wählen?“

„Die AfD.“

„Gut. Wir nehmen Sie.“

„Für was?“

„Als Versuchskaninchen für unseren neuen Impfstoff.“

„Aber das können Sie doch nicht …“

„Schnauze! Abführen! Der nächste!“

Omegaman - YouTube

Dienstag, 8. Dezember 2020

Jungs


Thorsten war der einzige Junge mit einem Bonanza-Rad. Er lebte mit seiner Mutter im Nachbarhaus. Wir waren beide Scheidungskinder. Das machte uns 1975 zu den Outlaws im Block. Er hatte die gleichen hellblonden Haare wie seine Mutter, die einen verwegenen Kurzhaarschnitt hatte und eine Ente fuhr. Seine Babyschuhe baumelten unter dem Rückspiegel, das wäre mir peinlich gewesen. Einmal war ich mit Thorsten und seiner Mutter nach der Schule in einem Einkaufszentrum. Weil ich zum Essen nicht zuhause war, hat mich meine Mutter von der Polizei suchen lassen. Das war noch viel peinlicher.

Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich zum ersten Mal sein Fahrrad fahren durfte. Auf der anderen Seite der Rheinstraße, die unser Viertel teilte. Ich fuhr am „blauen Haus“ los, dem Hochhaus, in dem Jan wohnte. Ich fuhr einmal um den ganzen Block, an anderen Hochhäusern vorbei, an unserer Grundschule und am Sportplatz, bis ich wieder bei Thorsten war. Ein irres Gerät! Ich fuhr an ihm vorbei noch eine zweite Runde. So schnell ich konnte, raste ich die Straße entlang, bevor ich es ihm zurückgab.

Damals waren die Hochhäuser noch ganz neu, vielleicht zehn Jahre alt. Hier vegetierte nicht die Unterschicht vor sich hin, hier lebte die Wirtschaftswundergeneration, die Angestellten, Leute, die aufsteigen wollten und ein paar Jahre später mit ihren Familien in neu gebaute Einfamilienhäuser zogen, als unsere Kleinstadt um den nächsten Jahresring erweitert wurde. Hier wuchsen Kinder auf, die später einmal Studienräte und Chemiker, Anwälte und Ärzte werden sollten. Wir träumten davon, Fußballspieler und Astronauten zu werden, und wir glaubten, dass man es schaffen kann.

Neben Thorsten hatte ich drei andere Freunde aus meiner Klasse, mit denen ich mich nachmittags traf. Ein Rudel junger Hunde, das ständig im Viertel unterwegs war, Fußball spielte oder irgendwelche Sachen ausheckte. Am Stadtrand gab es Baustellen, auf denen wir uns herumtrieben, wenn die Arbeiter Feierabend gemacht hatten. Wir bauten Sandburgen, warfen Backsteine in leere Treppenschächte und suchten nach Zeug, das man klauen konnte.

Unser Anführer war Branislaw, den alle nur Bané nannten. Ein Jugoslawe, dessen Eltern ein Restaurant namens „Dalmatiner Stuben“ hatten. Er wohnte im „Tengelmann-Haus“, einem Hochhaus direkt an der Rheinstraße, in dessen Erdgeschoss ein Supermarkt war. Das Restaurant war direkt daneben. Seine Eltern fuhren einen dicken Ford Granada, während andere noch im Kadett oder im Käfer unterwegs waren.

Vor dem „Tengelmann-Haus“ war auch „Urmes“, ein Laden, wo man Spielzeug, Süßigkeiten, Comics, Schulhefte, Stifte, Uhu und Füller kaufen konnte. Es gab Weingummiteile für zwei Pfennig das Stück und Wassereis für zehn Pfennig. Ich kaufte mir schachtelweise Plastiksoldaten, in meinem Kinderzimmer war immer Zweiter Weltkrieg. Der alte Urmes hatte einen Zigarrenstumpen im Mundwinkel, redete nicht viel und sackte unser komplettes Taschengeld ein.

Jan hatte eine Menge Phantasie. Er konnte ein Loch im Boden sehen und uns erzählen, dass er von einem Schatz gehört habe, der in einer Höhle unter dem Loch verborgen sei. Sein Vater war ein brutales Schwein, das ihn wegen jeder Kleinigkeit geschlagen hat. Und dann gab es einen kleinen schüchternen Jungen namens Martin, den alle nur Miniballa nannten. Ich habe nie erfahren, wie er zu diesem Namen gekommen war, aber ich habe auch nicht gefragt. Bis auf Bané arbeiteten alle Eltern in der Fabrik, die direkt an unser Viertel grenzte.

Der erste Ausländer – Bané zählte nicht – war ein Engländer namens Steven. Als er in unserer Klasse vorgestellt wurde, haben wir ihn alle ausgelacht. Wir dachten, sein Name wäre Sieben. Es dauerte eine Weile, bis er unsere Sprache verstand, und wir zogen ihn immer damit auf, dass er keine Umlaute aussprechen konnte. „Hey, Steven, sag mal Düsentriebwerk“ und er sagte „Dusentriebwerk“. Totsicherer Lacher. Als er uns die Geschichte der Titanic erzählte, waren wir begeistert. Er musste jedem von uns ein Bild des untergehenden Schiffs malen. Später waren wir befreundet. Er hatte eine Kiste mit Matchbox-Autos, auf die er „BMV“ geschrieben hatte. Als ich ihn fragte, was es bedeutet, antwortete er, er sei BMW-Fan. Ich habe ihn nicht verbessert.

Unser Block bestand aus vier Sechs-Familienhäusern. Dazwischen waren eine Wiese und ein Spielplatz. Sandkasten, Rutsche, Wippe, Schaukel. Damals war hinter unserem Block die Stadt zu Ende. Als wir einzogen, war noch nicht einmal die Straße geteert. Und am Ende der Straße begann der Wald, in dem uns niemand stören konnte, wenn wir mit unseren Streichhölzern gezündelt haben oder mit unseren Taschenmessern aus Weidenruten gefährliche Waffen machten. Ich höre heute noch das Rauschen in den Bäumen, wenn ich an diese Zeit zurückdenke.

Die Sterne - Was hat dich bloß so ruiniert - Studio Version - YouTube

 

Montag, 7. Dezember 2020

Bonetti stellt Gewissheiten in Frage


Blogstuff 530

„Nichts existiert, als die Atome und das Leere. Alles andere ist Meinung.“ (Demokrit)

Ich sehe im Fernsehprogramm „Drei Erdnüsse für Aschenbrösel“ und muss sofort ein Snickers essen.

Ich finde, Gewalt sollte man auch mal positiv sehen. Es gibt berechtigte Gewalt, vor allem von Frauen gegenüber Männern. Gewalt ist in uns allen und sie muss raus. Man kann nicht über alles reden. Mit einem Therapieknüppel aus Schaumstoff fühlen sie sich endlich wieder wohl zuhause. Ihr Mann sagt am Strand zu Ihnen: „Für ein dickes Mädchen schwitzt du ziemlich wenig.“ Knüppel raus und draufdreschen. Sie fragen ihn: „Bin ich zu dick?“ Und er antwortet mit der Gegenfrage: „Im Vergleich zu wem?“ Immer feste drauf. Sie werden sehen, es wird Ihnen guttun. Ein Spaß für die ganze Familie. Bestellen Sie noch heute einen Therapieknüppel im Versandhaus Bonetti. Nur echt mit dem Wichtelbacher Wappen!

Wenn das Hühnerfleisch voller Antibiotika ist und damit die Bevölkerung vor ansteckenden Krankheiten bewahrt wird, könnten wir dann nicht einfach alle Deutschen mit Mettbrötchen gegen Covid-19 impfen?

Hat schon jemand den Harold & Maut-Witz gemacht?

Ich wiege inzwischen mehr als Rainer Calmund.

Die Berliner Mauer: Auf der einen Seite schauten schwerbewaffnete und äußerst entschlossene Soldaten nach Westen, auf der anderen Seite schauten dämlich kichernde Schüler auf Klassenfahrt und ahnungslose Touristen nach Osten. Es ist ein Wunder, dass wir den Kalten Krieg gewonnen haben.

Die Hühner können inzwischen Eier legen, auf denen ein Datum steht. Wie machen die das eigentlich?

Hätten Sie’s gewusst? Die erfolgreichsten Bundestrainer waren Derwall und Vogts mit jeweils 2,2 Punkten pro Länderspiel im Durchschnitt.

Ein Bekannter von mir ist in diesem Jahr schwer erkrankt (kein Corona) und er hat erst seinen Job, dann seine Freundin und damit auch seine Wohnung verloren. Für ihn hat der Begriff Seuchenjahr eine ganz besondere Bedeutung.

Im Quelle-Katalog gab es früher gleichzeitig Spielzeug und nackte Frauen, die sich in der Dusche einen „Massagestab“ an den Oberarm hielten. Ich habe Jahre gebraucht, um das Geheimnis zu lüften.

Armin Laschet ist die Mineralwasserschorle auf der Cocktailkarte.

In Rheinhessen gibt es ein Pilotprojekt zur Wiederansiedlung von Feldhamstern. Wir haben jetzt einen offiziellen „Hamsterbetreuer“ und ich denke, das ist gut so.

Sigue Sigue Sputnik - Love Missile F1-11 (1986) - YouTube

Samstag, 5. Dezember 2020

Avatar – Aufbruch nach Pandemia

 

Blogstuff 529

„Wenn du einen Garten und dazu noch eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen.“ (Cicero)

Ich sehe den Stumpfsinn und den Irrsinn in Deutschland mit einer Klarheit, wie Thomas Bernhard den Stumpfsinn und den Irrsinn in Österreich gesehen hat. Nach den Erfahrungen 2020 muss ich sagen, dass mir der Stumpfsinn lieber ist.

1980 schickt Leonid Breschnew Andy Bonetti nach langjähriger Ausbildung in den Westen, um in der Bloggerszene den Kommunismus zu propagieren.

Eigentlich ist es am Ende des Corona-Jahrs wie am Ende des Klima-Jahrs 2019. Es gibt zwei Lager, die es aufgegeben haben, Argumente auszutauschen. Wir erinnern uns: Letztes Jahr gab es die Apokalyptiker, die glaubten, wir stünden wegen des Klimawandels kurz vor dem Weltuntergang, und es gab die Leugner, die bestritten, dass sich das Klima überhaupt ändert. Die Wahrheit lag und liegt unspektakulär in der Mitte. Ja, es gibt einen Klimawandel, und nein, wir werden nicht alle sterben. Leider kam die Mitte in den Medien kaum vor. Dieses Jahr: Seuchenhysteriker und Corona-Leugner. Die Wahrheit: Ja, es gibt eine neue Krankheit, und nein, wir werden sie fast alle überleben, wenn wir ein paar einfache Regeln beherzigen.

Skifahrer grüßen sich heute immer noch mit „Ski Heil“. Man möchte vor Begeisterung den rechten Arm recken.

Acht Uhr morgens. Der alte Schlotzke zieht den quietschenden Rollladen seines Zigarrenladens hoch, auf dem ganze Generationen von Jugendlichen ihre Tags hinterlassen haben.

Beim ersten Lockdown war es wie bei Kriegsbeginn 1914. Alle haben begeistert mitgemacht und standen voll hinter der Regierung. Es war eine patriotische Pflicht, an der Hygienefront zu kämpfen. Der zweite Lockdown ist wie der Steckrübenwinter 1916/17. Deutschland ist kriegsmüde und alle verfluchen die Regierung.

Die letzten beiden Jahre habe ich Weihnachten bei meiner Nichte gefeiert. Jeweils mit der Familie ihres neuen Freundes. 2018 hieß er Daniel und wir waren 18, von denen ich die Hälfte noch nie zuvor gesehen habe. 2019 hieß er Alexander und wir waren 13. Letzte Woche hat sie uns ihren neuen Freund vorgestellt. Den Namen habe ich schon wieder vergessen. Aber diesmal habe ich mit Corona das Trumpfass im Ärmel.

Als ich mal vor der Polizei auf der Flucht war, habe ich mich eine Woche in einem 24/7-Waschsalon mit Kaffeeautomat verbracht. Am Ende hatte ich Schlafstörungen und meine Klamotten hatten keine Farbe mehr.

Woher hat das Murmeltier seinen Namen? Es sieht einer Murmel nicht ähnlich und es murmelt auch nicht, sondern stößt spitze Schreie aus.

Da ich hochbegabt bin, beginne ich beim Puzzle nicht mit den Rändern und drehe alle Puzzleteile vorher um.

Re Flex - The Politics Of Dancing - YouTube

 

Montag, 30. November 2020

Regierungserklärung von Bundeskanzler Andy Bonetti 2021

 

Aufbruch in die Zukunft: Deutschland gemeinsam erneuern

Sehr verehrte Herrinnen und Herren, liebe Ejakulierende und Menstruierende, hochgeschätzte Diverse! Ich grüße alle Regierten und auch den Rest der Welt, der gerade zuhört.

Die Gewählt habenden haben sich für eine Politik der Erneuerung entschieden und den Bonettistas unter meiner Führung eine satte Mehrheit gegeben. Danke! Verändern und Bewahren stehen nicht im Widerspruch zueinander. Sie bedingen einander. Leistung und Geborgenheit, Selbständigkeit und Hilfsbereitschaft sind keine Gegensätze. Sie sind untrennbare Teile unserer Vision von der Zukunft Deutschlands in einer Welt, die sich, wie wir wissen, dramatisch verändert. Deutschland wird seine schöpferischen Energien für Werke des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit einsetzen. Es wird ein Ort guter Nachbarschaft sein und in der Völkergemeinschaft als zuverlässiger Freund auftreten und handeln. Dieses Ziel, meine Damen und Herren, ist jeder Anstrengung wert. Wir brauchen jetzt in unserem Volk ein Bündnis für die Zukunft. Ich lade alle dazu ein, mit uns die Erneuerung von Staat und Gesellschaft zu wagen und unser Volk als solidarische Gemeinschaft zu stärken. 

(Beifall der Bonettistas - Lachen bei Abgeordneten der Judäischen Volksfront und der Volksfront von Judäa)

Es ist Ihre Sache, dabei zu lachen. Das zeigt auch die Lage, in der Sie sich geistig befinden.

Wir müssen deshalb bereit sein, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen und, wenn es nottut, Widerstände zu überwinden. Wir, die bonettistische Bewegung, wollen diese Republik - die Republik des Grundgesetzes - und keine andere. Wer im Zusammenspiel mit Extremisten von links oder rechts, mit Kommunisten oder Neonazis, die Achse unserer Republik verschieben oder verbiegen will, dem werden wir entschieden entgegentreten. Unsere Gegner sind dabei nicht jene Bürgerinnen und Bürger, die aus mancherlei Ärger und Verdruss Radikalen und Extremisten ihre Stimme gegeben haben; sie wollen wir für die demokratischen Parteien zurückgewinnen! Unsere Gegner sind Kader und Funktionäre, die aus der Geschichte dieses Jahrhunderts nichts dazugelernt haben.

Dramatische Veränderungen erleben wir nicht nur im internationalen Umfeld, sondern auch in unserer eigenen Gesellschaft. Die neuen Herausforderungen und Chancen, vor denen wir Deutsche an der Schwelle zum nächsten Jahrhundert stehen, erfordern von uns allen die Bereitschaft zum Umdenken. Zum notwendigen Umdenken gehört, dass wir die Widersprüche offen aus- und ansprechen zwischen dem, was viele Menschen sich wünschen, und dem, was sie dafür selbst zu tun bereit sind.

(Zwischenruf des Abgeordneten Heinz Pralinski: Hört, hört!)

Es wird über eine wachsende Anonymität und den Verlust von Bindungen in unserer Gesellschaft geklagt, aber zu wenige sind bereit, ihr eigenes Handeln an den oft großartigen Vorbildern gelebter Nachbarschaft und praktizierter Nächstenliebe auszurichten. Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist als allgemeiner Grundsatz inzwischen unbestritten, aber es wird im Alltag zu wenig dafür getan, Frauen gleiche Chancen zu geben. Uns alle bedrückt die Arbeitslosigkeit, weil wir wissen, was dies für die Betroffenen und ihre Familien bedeutet. Aber Möglichkeiten, auch längerfristig Arbeitslosen den Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit zu erleichtern, werden vielerorts noch viel zu wenig genutzt.

Ein wichtiger Prüfstein für die Menschlichkeit unserer Gesellschaft ist die Art unseres Umgangs mit Ausländern und unsere Bereitschaft, sie zu integrieren. Das gilt natürlich auch für Neger und Rollschuhfahrer. Jeder weiß, dass wir im internationalen Wettbewerb ohne Erneuerung an Zukunftsfähigkeit verlieren. Wir stehen deshalb vor der großen Herausforderung, Innovationsbereitschaft und Dynamik in Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.

Viele sagen und es ist ja auch so, sie litten unter einer Flut von Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften und fühlten sich durch eine Unzahl von Formularen, Anträgen, Veranlagungen und Erklärungspflichten eingeengt und überfordert. Wir sind in der Tat dabei, uns auf allen Ebenen - im Bund, aber auch in den Ländern und Gemeinden - in einem immer dichter werdenden Gestrüpp von bürokratischen Regelungen zu verfangen. Damit verliert die Gesellschaft die Kraft und die Fähigkeit zu Kreativität und Innovation. Die Regierung Bonetti wird daher eine Behörde zur Entbürokratisierung schaffen und ein Gesetz zum Abbau gesetzlicher Regelungen auf den Weg bringen.

Eine zukunftsgerichtete Standortpolitik für Deutschland kann dauerhaft nur dann erfolgreich sein, wenn auch ökologische Notwendigkeiten in richtigem Maße berücksichtigt werden. Wir werden daher die wirtschaftlichen Anreize zu einem schonenden Umgang mit der Umwelt und mit unseren natürlichen Ressourcen weiter verstärken. Im Sinne eines umweltgerechten Verkehrssystems wird die Bundesregierung ihre Politik des ökologisch ausgewogenen Aus- und Neubaus des Straßen- und Schienennetzes und der Binnenwasserstraßen fortsetzen. Unser Ziel ist es dabei auch, die Umweltbelastung durch eine Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnik erheblich zu verringern.

Eine freie, eine tolerante und weltoffene Gesellschaft braucht einen Kern an Gemeinsamkeiten, Grundüberzeugungen und Werten. Das bewahrt uns vor jener Hysterie und aggressiven Aufgeregtheit, die unsere öffentlichen Debatten oft heimsuchen und die uns in Wahrheit überhaupt nicht weiterbringen. 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Das Buffet ist eröffnet.

P.S.: Mit freundlicher Unterstützung von Helmut Kohl. Die Regierungserklärung von 1994 wirkt auch heute noch aktuell.

The Gap Band - Early In The Morning (Official Video) - YouTube

 

 

Samstag, 28. November 2020

Drama, Drama, Drama

 

Sie sah mich mit ihren großen blauen Augen an. Ich beugte mich über sie. Sie zitterte am ganzen Leib. Espenlaub nix dagegen.

„Mir ist kalt“, flüsterte sie.

„Das wird schon wieder.“ Ich versuchte, sie zu trösten, aber ihr Blick sagte mir, dass die Lage ernst war.

„Ich kann meine Beine nicht mehr spüren.“ Ein kraftloses Schluchzen, sie schloss für einen kurzen Augenblick die Augen.

Was sollte ich machen? Behutsam strich ich eine blonde Strähne aus ihrem Gesicht.

„Ich sehe ein Licht.“ Ihre Stimme war kaum noch zu hören.

„Lauf nicht in das Licht“, flehte ich sie an.

Dann schlief sie friedlich ein.

Jeden Abend das gleiche Theater.

Mittwoch, 25. November 2020

Diktatur

 Wir leben schon immer in erster Linie im Kapitalismus. Artikel 1: Das Eigentum und der Profit des Menschen sind unantastbar. Demokratie herrscht nur im Teilsystem der Politik, nicht in der Erwerbsarbeit, der Familie, der Religion usw. Die Politik wiederum ist fest in Händen der etablierten Parteien, die ein hermetisch geschlossenes Kartell bilden. Wer behauptet, mit Einführung der Maskenpflicht in einer Diktatur zu leben, hat nichts begriffen. Ein Stück Stoff, dass ich fünfzehn Minuten im Supermarkt trage, bildet die Grenze zwischen Demokratie und Diktatur? Echt, jetzt?! Es ist die Diktatur des Kapitals, der Verwertung menschlicher Arbeit und natürlicher Ressourcen. Wer die Frau im Kanzleramt für eine Diktatorin hält, ist einfach nur gnadenlos naiv.


Dienstag, 24. November 2020

Allem Anfang wohnt ein Grauen inne

 

Montagmorgen, sieben Uhr. Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Der Himmel hatte die Farbe von nassem Beton. Moabit. Ein alter, verwitterter Bau. Ich ging durch die Toreinfahrt und sah mich um. Vor mir lag eine Halle. Ich ging hinein und sah die endlosen Regalreihen. Auf der linken Seite war ein Glaskasten. Dort saß ein Mann an einem Schreibtisch. Ich klopfte an. Er sah von seinen Papieren auf und winkte mich herein.

„Guten Morgen. Ich soll mich hier melden.“

Er hatte einen grauen Kittel an, graue Haare, graues Gesicht. „Sie sind der Neue?“

Ich betrachtete mir das Büro. Ein Schrank mit Aktenordnern. Auf dem Tisch Ablagekörbe mit Formularen, Bleistifte, Radiergummi, Büroklammern. Kein Computer.

Er nahm eine rechteckige Karte vom Tisch und stand auf. „Kommse mal mit!“

Ich folgte ihm nach draußen.

„Das ist ihre Karte. Und hier stempeln Sie jeden Morgen ab, wenn Sie kommen, und jeden Abend, wenn Sie gehen.“

Dann drückte er mir die Stempelkarte in die Hand. Ich zögerte. Er sah mich an. Dann verstand ich. Ich stempelte die Karte und steckte sie in ein freies Fach.

„Jetzt bringe ich Sie zu einem Kollegen, Herrn Hanke. Der wird Ihnen alles zeigen.“

Herr Hanke hatte eine Halbglatze und einen gewaltigen Bauch. Er musste über fünfzig sein.

„Du bist der Neue? Dann komm mal mit.“

Er zeigte mir die einzelnen Abteilungen in der Halle. Hier waren Werbebroschüren, Plakate, T-Shirts und alle möglichen Sachen in den Regalen gestapelt, die von verschiedenen Filialen einer Baumarktkette zu Werbezwecken angefordert wurden. Es gab sogar Schlüsselanhänger mit Miniaturschraubenziehern.

„Pass mal auf. Von mir kriegst du einen Bestellzettel, da steht drauf, von welcher Artikelnummer du wie viele Sachen holen sollst. Dann bringste das Zeug zur Verpackungsstation und packst es ein. Adresse steht auch aufm Bestellzettel. Verstanden?“

Wenig später ging ich mit einem Wägelchen durch die Regalreihen und machte meine erste Bestellung fertig. Es dauerte ewig, bis endlich Mittagspause war.

Ich ging zu Hanke und fragte ihn: „Wo ist denn hier die Kantine?“

Hanke lachte und blökte durch die Halle: „Habt ihr das gehört? Er fragt, wo die Kantine ist. Mensch, Neuer, das Offizierscasino wird gerade renoviert. Aber gegenüber ist eine Pommesbude. Sozialraum ist da hinten links.“

Die anderen Arbeiter trabten in den Sozialraum. Ich hatte nicht an etwas zu essen gedacht, also ging ich an die Pommesbude auf der anderen Straßenseite. Hier standen schon einige ältere Männer in grauen Kitteln. Ich bestellte mir zwei Currywürste mit Darm, Pommes rot-weiß und eine Cola.

Während ich aß, dachte ich nach. Es war erst Montagmittag und das Wochenende noch endlos weit weg. Die ersten sechs Monate war Urlaubssperre. Wie sollte das weitergehen? Jeden Tag arbeiten? Woche für Woche? Womöglich Jahre? So kann es nicht weitergehen. Es muss eine andere Möglichkeit geben, um an Kohle zu kommen.

Nach einer halben Stunde ging ich zurück in die Halle.

DAF - Alles ist gut - YouTube

Montag, 23. November 2020

Die große Beleidigung

 

Das Coronavirus ist über uns gekommen wie eine Invasion von Außerirdischen. Es nimmt keine Rücksicht auf uns. Es hört uns nicht zu. Es lässt sich nichts befehlen, es lässt sich nicht mit Geld bestechen. Es steht unserem Willen völlig gleichgültig gegenüber. Es ist plötzlich da und nutzt unseren Körper als Wirt, als wären wir willenlose Nutztiere. Es verbreitet sich in uns mit der eiskalten Effizienz eines Konzerns, mit der kapitalistischen Gier nach weiterer Verbreitung. Globalisierung im Kleinformat.

Gerade die saturierte Mittelschicht empfindet es als narzisstische Kränkung, wenn sie von diesem unsichtbaren Niemand namens Covid-19 gedemütigt wird. Wir haben das Geld, an jeden Ort der Welt zu reisen, aber wir dürfen nicht. Wir wollen unseren Wohlstand in einem Gourmet-Tempel zelebrieren, aber wir stehen vor geschlossenen Türen. Wir haben das Geld! Wir haben die Macht! Wie kann es dieses schäbige kleine Virus wagen? Wir sind wütend über unsere Hilflosigkeit.

Sonntag, 22. November 2020

4000

 

Das ist der viertausendste Blogpost. Zeit, um zurückzublicken.

Bonetti sitzt gerade an seinem Schreibtisch und macht ein Kreuzworträtsel. Da durchfährt ihn ein Geistesblitz und er erfindet ein neues Symbol. Er nennt es Hashtag und es würde einmal die Welt verändern, das wusste er genau. Plötzlich kommt ein kleiner Junge atemlos in seine Stube gestürmt. „Meister, Meister! Ich war gerade am Hafen. Columbus ist von seiner Reise zurückgekehrt. Er sagt, er hätte einen neuen Kontinent entdeckt.“ Bonetti grübelt. Daraus lässt sich was machen. Aber diese neue Welt auf der anderen Seite des Ozeans braucht einen Namen. Marketing lebt nun mal von griffigen Formulierungen. Seine Frau heißt Erika. Mal überlegen … ähm … Amerika! Ja, ich nenne diesen Kontinent Amerika, denkt er.

Und so entstand Blogpost Nr. 1. Ein legendärer Text, der heute im Gutenberg-Museum in Mainz als Screenshot zu bewundern ist. Der Mainzer hat den Buchdruck erfunden, der Wichtelbacher das Blogwesen. 

Blogpost 1000 befasste sich mit dem Pro und Contra der Dampfmaschine.

Blogpost 2000 war ein glühendes Plädoyer für eine Sowjetrepublik Deutschland und die Vergesellschaftung aller Produktionsmittel.

Blogpost 3000 war eine Glosse, in der Plateauschuhe, Schlaghosen und Prilblumen durch den Kakao gezogen wurden.

Zur Feier des Tages werde ich Sie beschenken wie Oprah Winfrey. Unter Ihrem Sitz finden sie einen Umschlag mit viertausend Euro. Bitte, bitte. Nichts zu danken.

Sleaford Mods - Mork n Mindy Ft. Billy Nomates - YouTube

Samstag, 21. November 2020

Bonetti’s großer Religionsvergleich


Für einen deutschen Christen ist das Jenseits sehr exakt geregelt. Nach dem Tod erwarten mich Himmel oder Hölle und im katholischen Fall das Fegefeuer. Alle Sünden hat man mit deutscher Gründlichkeit in einer Akte gesammelt, die beim Jüngsten Gericht geöffnet und verhandelt wird. Die Stasi mag einiges übersehen haben, aber Gott nicht.

Wir wissen auch, dass wir in einem weißen Kleid – egal ob Mann oder Frau – mit einer Harfe auf einer Wolke sitzen und Hosianna singen, sofern wir in den Himmel kommen. Es gibt für die deutsche Seele nach dem Tod sogar eine Speise- und Getränkekarte. Ganz oben steht Manna, so eine Art Honigmet, wie es die alten Germanen in den Wäldern getrunken haben. Das Leben nach dem Tod ist also mit bürokratischer Präzision bis ins Letzte geregelt.

Im Judentum, das für das Leben im Diesseits 613 Regeln bereithält, wonach zum Beispiel ein Cheeseburger mit Bacon zwei dieser Regeln verletzt, weil man Fleischiges nicht mit Milchigem vermischen darf und Schweinefleisch tabu ist, ist das Jenseits relativ verschwommen. Der Christ kommt im Leben vor dem Tod mit den zehn Geboten aus, die Moses von einer Bergwanderung mitgebracht hat, der strenggläubige Jude braucht zwei Besteckkästen, zwei Kühlschränke, zwei Spülmaschinen und zwei Geschirrschränke. Das ist schon ein bisschen edgy, oder?

Es gibt verschiedene Vorstellungen vom Jenseits. Ein Teil der Juden glaubt, die Seele bliebe nach dem Tod erhalten und käme frei von jeder Sünde zu Gott zurück. Und zwar sofort, weswegen man mit Gebeten Gott für die Verstorbenen einnehmen kann. Indem man die Toten nicht vergisst, erhält man ihre Seele am (jenseitigen) Leben. Ein anderer Teil der Juden glaubt, die Toten würden nach der Ankunft des Messias in Leib und Seele wieder auferstehen. Daher darf der Leichnam auch nicht verbrannt werden und die Gräber müssen erhalten bleiben. In der jüdischen Mystik, der Kabbala, gibt es die Vorstellung einer Reinkarnation. Die Seele kommt in einem neuen Körper zurück ins Diesseits, um sich zu vervollkommnen. Im Gegensatz zum Christentum wird im jüdischen Jenseits weder gegessen noch getrunken, weder auf einer Wolke gesessen noch mit einer Harfe musiziert.

Fazit: Am besten gefällt mir der Katholizismus, da er es ermöglicht, durch eine simple Beichte sein Sündenkonto immer wieder auf null zu stellen, wodurch man eigentlich problemlos durch den ganzen Schlammassel in den Himmel kommen müsste. Aber auch die christliche Hölle finde ich super, weil sie die Mutter aller Splatterfilme ist, siehe Bosch und Breughel. Das Konzept des Judentums überzeugt mich weder im Diesseits (Kontrollzwang) noch im Jenseits (mangelnde Partymentalität).

P.S.: Bonettistas werden als Praktikanten wiedergeboren, die bis in alle Ewigkeit unbezahlt für den höheren Ruhm ihres Meisters arbeiten.

New Order - Age of Consent. https://www.youtube.com/watch?v=8ahU-x-4Gxw