Donnerstag, 29. April 2021

Der Huberbauer spricht

Wer hat unsere schönen Atomkraftwerke abgeschaltet? Die CDU.

Wer hat den Griechen und Italienern unser sauer verdientes Geld in den Rachen geworfen? Die CDU.

Wer hat Millionen Flüchtlinge ins Land gelassen? Die CDU.

Wer hat in den letzten sechzehn Jahren die ganzen blöden Windräder gebaut? Die CDU.

Wer öffnet der gegenderten Sprache Tür und Tor? Die CDU.

Wer hat die deutsche Kohle und den deutschen Bergmann verraten? Die CDU.

Die Christdemokraten sind linke Zecken geworden.

Da wähle ich doch lieber das Original, und nicht die Fälschung.

Bundestagswahl 2021: Die Grünen.

Alles andere ist Quatsch.

Dienstag, 27. April 2021

Eklektizismus


Es gibt eine Form von schamlosem Opportunismus, der mich sprachlos macht. Ich denke zum Beispiel an die Seereise von Greta Thunberg zurück, als Menschen, die sich einen Dreck um das Klima und den Umweltschutz scheren, die halbe Schweine auf den Grill packen und mit dem SUV zum Briefkasten um die Ecke fahren, plötzlich die Öko-Bilanz einer solchen Fahrt aufstellten, um sich in Häme über ein Mädchen zu ergehen, das sich zurecht Sorgen um die Zukunft macht. Oder die ganzen Miles&More-Spackos, die lustvoll einer Luisa Neubauer ihre Flugkilometer vorrechneten.

Heute erleben wir sie wieder. Sie haben das Grundgesetz für sich entdeckt. Jetzt müssen die Menschenrechte für ihren Egoismus, ihre Bequemlichkeit und ihren Mangel an Solidarität und Empathie herhalten. Dieselben Menschen, denen vor einigen Jahren das Grundrecht auf Asyl oder der real existierende Überwachungsstaat völlig egal waren, inszenieren sich jetzt als Opfer einer totalitären Diktatur, die ihnen den Biergarten und den Shopping-Nachmittag im Einkaufszentrum verbieten will. Aus dem Angebot einer Schutzimpfung wird die Zwangsimpfung und sie fabulieren von Konzentrationslagern, in die man sie als Widerstandskämpfer zweifellos stecken wird.

Man nennt dieses beliebige Aufgreifen von Argumentationen auch Eklektizismus. Man pickt sich aus dem Angebot an Denkweisen und Begründungszusammenhängen das heraus, was einem gerade in den Kram passt. Wohin fließt die destruktive Energie der Wutbürger, Verschwörungsschwurbler, Esoteriker und Welterklärer, wenn die Pandemie vorbei ist? Kämpfen sie für ihre Freiheit als Autofahrer? Wieso entmündigt uns der Staat durch Tempolimits? Warum 50 km/h in der Stadt und 100 km/h auf der Landstraße? Diese Werte sind doch so willkürlich wie die Inzidenz-Werte! Geben Sie Reisefreiheit, Sire! Geht es den Staat etwas an, ob ich angeschnallt bin oder nicht? Ich darf doch auch Zigaretten rauchen und Bier trinken, obwohl es ungesund ist! Bevormundung durch den Nanny-Staat! Was ist mit meiner Versammlungsfreiheit, wenn es darum geht, einen Sterbenden mit anderen Autofahrern an einem Unfallort anzugaffen? Das wird man doch wohl noch fordern dürfen!

Oder wie wäre es mit der "Klimalüge"? Die Bäume sterben nicht am Klimawandel, sondern mit dem Klimawandel. Es gibt keine Übertrockenheit. Der Planet wäre ein halbes Jahr später sowieso gestorben. Das ist alles eine Verschwörung. Dahinter stecken Elon Musk mit seinen Autofabriken, die Grünen, die Stromkonzerne und die Hersteller von Windrädern. Ich lasse mir meinen Holzkohlegrill nicht nehmen! Hunderte von Kindern sind qualvoll erstickt, weil ihnen ein Windrad die Luft zum Atmen genommen hat. Alte Menschen dürfen bei Hitze nicht vor die Tür. Denkt doch mal an die psychischen Schäden! Berufsverbot für die Arbeiter im Braunkohlebergbau. Was ist mit ihren Grundrechten? Was ist mit meinem Grundrecht auf einen drei Tonnen schweren Diesel-SUV und eine Harley für den Sonntagsausflug ins Grüne? Kommt jetzt die ÖPNV-Pflicht? Dann trage ich den Judenstern mit der Aufschrift "Busgegner". Wir treffen uns alle vor dem Reichstag. Attila Hildmann erklärt uns das noch mal mit dem Adrenochrom, das sich die Baerbock spritzen lässt, um jünger auszusehen.

The Zombies - She's Not There - YouTube

 

Sonntag, 25. April 2021

Der Code II

 

Den ersten Mann tötete er, als er an der Tür klopfte. Er wartete einfach, bis er die billige Tür eingetreten hatte. Dann brach er ihm das Genick.

Er rannte ins Bad und kletterte aus dem Fenster. Er blieb stehen und wartete, bis der zweite Mann um die Ecke kam. Zwei Schüsse in den Oberkörper. Vorsichtig kam er näher. Eine Kugel in den Kopf.

Es war Zeit, sich ein neues Heim zu suchen. Als er seine Tasche holte, durchsuchte er den ersten Mann. Tatsächlich: BND. Er hatte erwartet, dass der deutsche Geheimdienst die Kollegen von der CIA einschalten würde.

Er fuhr los und dachte nach.

Vor einigen Wochen hatte er das Geheimnis des BND gelöst. Die Daten von bestimmten Rezepten bei Chefkoch.de waren ein Code. Die ersten vier Ziffern in den Anleitungen von „Reinhard Gehlen“ zum Thema Fleisch (Schweinebraten, Sauerbraten, Schmorbraten, Rinderbraten usw.) waren DAX-Aktien, deren Kauf empfohlen wurde.

Beispiel: Der BND hatte durch eine zuverlässige Quelle erfahren, dass das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel kippt. Also sollten Vonovia-Aktien gekauft werden, um vom Anstieg der Kurse zu profitieren. Vonovia = VONO = 22 – 15 – 14 – 15.

Ihm waren die merkwürdigen Zahlen aufgefallen, als er nach einem Rezept für einen Rollbraten gesucht hatte. 22 Gramm Salz, 15 Gramm Pfeffer, 14 Gramm Knoblauch und 15 Gramm Thymian? Kein Teelöffel Salz, keine Knoblauchzehe? Dann kam erst: 500 Gramm Schweinefleisch. Reinhard Gehlen veröffentlichte einmal pro Woche ein Bratenrezept mit solchen Zahlenangaben.

Seine Kuchenrezepte waren noch viel merkwürdiger. Genau 55 Rosinen und 444 Gramm Zucker? Aber das war die Postleitzahl eines Dorfs im Hunsrück. Wieso erwähnte Gehlen, es sei der Lieblingskuchen von Dschingis KHAN? In Großbuchstaben. Vielleicht ein Autokennzeichen KH-AN. Die nächste Zahl – 635 Milliliter Milch machte das Kennzeichen komplett.

Er war in das Dorf gefahren. Es war nicht sehr groß. Nur vor dem Feuerwehrhaus gab es einen öffentlichen Parkplatz. Dort stand ein alter Opel mit dem Kennzeichen KH-AN 635. Er brach den Kofferraum auf und fand die Tasche mit den 500.000 Euro.

Er fuhr zum Flughafen Hahn, der nicht weit entfernt war. Eine Stunde später saß er in einer Maschine nach London. Von dort flog er nach Chicago.

Füllte der BND mit diesen Geschäften seine schwarzen Kassen? Finanzierte er verdeckte Operationen, KSK-Munitionslager oder die NPD? Jedenfalls fand er im Internet keinen Bericht über das verschwundene Geld. Er war auch nicht zur Fahndung ausgeschrieben.

Ab jetzt musste er in Bewegung bleiben, das war klar.

5000 Volts - I'm On Fire!! - YouTube

Samstag, 24. April 2021

Der Code

 

Er war den ganzen Tag gefahren. Nebenstraßen. Kein Highway, kein Freeway.

Das Motel war weit weg von jeder Stadt.

Kein Ausweis. Er füllte einen Zettel aus, bezahlte bar und bekam den Schlüssel.

Ein Zimmer auf der Rückseite. Nr. 17. Kingsize-Bett, Fernseher und Klimaanlage.

In der Ferne eine bedeutungslose Bergkette. Das Gras fast farblos.

Ein Swimmingpool. Hellblaue Kacheln. Niemand benutzte ihn.

Der Wagen war ein Problem. Er fuhr in eine Stadt, hundert Kilometer entfernt. Er ließ ihn auf einem Supermarktparkplatz stehen, kaufte einen Gebrauchtwagen in bar und fuhr zurück.

Das Zimmer gefiel ihm. Jeden Tag zahlte er für eine Nacht. Keine Fragen. Bargeld hatte er genug. Eine ganze Tasche voll Fünfzig-Dollar-Scheine.

Morgens frühstückte er in einem Diner. Ein paar Kilometer entfernt. Eier, Schinken, Hash Browns. Kaffee und Orangensaft. Für den Rest des Tages kaufte er in einem kleinen Laden ein.

Er saß nachmittags mit einer Zeitung am Pool, abends mit Sandwiches und Bier vor dem Fernseher.

Zwei Wochen später hatten sie ihn gefunden.

Fortsetzung folgt

Freitag, 23. April 2021

Liebe deinen Vermieter

 

Als ich auf die Welt kam, war ich 48 Jahre alt.

Ich saß an einem Schreibtisch und blickte auf meine Hände. Ich hatte sie nie zuvor gesehen. Vor mir lag ein Stapel Bankauszüge. Kugelschreiber. Ein zugeklapptes Notebook. Aber ich konnte mich nicht an mein Leben erinnern.

Ich stand auf und ging in den Flur. Ich sah fünf Türen. Die Wohnungstür war geschlossen, die anderen vier Türen standen offen. Eine Küche, ein Badezimmer, ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer. Alle leer. Ich war allein.

Im Badezimmerspiegel betrachtete ich mein Gesicht. Kurze, graue Haare, Geheimratsecken. Dunkelblaue Augen, eine schmale Nase, kein Bart. Falten an den Augen, Tränensäcke, dichte Augenbrauen.

Ich sah in meinen Hosentaschen nach. Eine Brieftasche. Mein Name war Burkhard von Gallenstein. Adresse: Schloßallee 23, 13156 Berlin. Geboren am 14. März 1973 in Düsseldorf. Jede Menge Bargeld und zwei Kreditkarten.

Ich ging zurück ins Arbeitszimmer und studierte die Bankauszüge. Woher bekam ich mein Gehalt? Ich stellte fest, dass ich nicht berufstätig war. Offensichtlich besaß ich vier Wohnungen in der Stadt. In Charlottenburg, Lankwitz, Dahlem und Köpenick.

Bruttoeinnahmen von über sechstausend Euro monatlich. Davon gingen etwa zwölfhundert Euro für Nebenkosten, Grundsteuer und Hausverwaltung ab. Für meine eigene Wohnung zahlte ich knapp vierhundert Euro Wohngeld. Kosten für ein Auto tauchten in den Auszügen nicht auf.

Auf der Kommode an der Wohnungstür fand ich ein Schlüsselbund. Ein Schlüssel passte ins Schloss. Ich verließ das Haus und fuhr mit der Tram bis zum U-Bahnhof Osloer Straße. Von dort aus fuhr ich mit der U 9 zum Zoo und mit dem Bus die Kantstraße runter.

Mein Mieter in Charlottenburg hieß Michael Tilkowski. Ich klingelte und es wurde mir geöffnet. Als er mich an der Wohnungstür erblickte, wurde er kreidebleich.

„Herr von Gallenstein. Sie kommen wegen der Mietnachzahlung.“

Ich war verblüfft und sagte nur „Hallo“.

„Bitte, bitte, bitte. Schmeißen Sie mich nicht aus der Wohnung. Ich habe nicht so viel Geld im Haus, aber ich werde alles zurückzahlen. Ich brauche nur mehr Zeit.“

Dann ging er auf die Knie und umklammerte meine Beine. Tränen liefen ihm über sein Gesicht.

„Meine Frau ist im achten Monat schwanger. Ich bin in Kurzarbeit und weiß nicht, ob ich meinen alten Job als Kellner behalten kann. Haben Sie ein Herz, Herr von Gallenstein. Bitte!“

Ich half dem kleinen Mann auf und drückte ihn stumm an meine Vermieterbrust. In welches Leben war ich hineingeraten?   

Genesis - Firth Of Fifth - YouTube

Donnerstag, 22. April 2021

Ein unvergesslicher Abend

 

Ich hatte Sigismund Roski schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Vermutlich während des Studiums der Germanistik in Heidelberg. Nun stand er plötzlich im Supermarkt vor mir. Immer noch der gleiche Seitenscheitel, der gleiche schwarze Pullover, nur um die Hüften war er etwas fülliger geworden. Kein Wunder, er war schließlich der erstgeborene Sohn von Feinkost-Roski in der Schillerstraße.

„Menschenskind, Andy. Wie lange ist das her? Ich kaufe gerade für eine kleine Party ein. Hast du nicht Lust zu kommen? So gegen acht Uhr? Es gibt ein kaltes Buffet und für Getränke ist auch gesorgt.“

Warum nicht? Feinkost-Roski hatte einen Ruf wie Donnerhall, wenn es um belegte Schnittchen, Buletten, Lachs, italienischen Schinken, russische Eier und Nudelsalat ging. Die besten italienischen und französischen Weine, Champagner, Cognac. Er gab mir seine Adresse und pünktlich um acht klingelte ich an seiner Tür.

Nach und nach trudelten sechs weitere Männer ein und Sigismund drückte jedem von uns eine Flasche Bier in die Hand. Ich war enttäuscht. Grottinger Export. Billige Plörre. Der Kasten für fünf Euro ohne Pfand. Auch ein Buffet war nirgends zu sehen.

Wir setzten uns an den leeren Esstisch und plauderten eine Weile, als ein junger Mann den Vorschlag machte, jemand solle doch eine Geschichte vortragen. Ich fühlte mich geschmeichelt. Schließlich war meine langjährige Arbeit als Schriftsteller in unserer kleinen Stadt nicht verborgen geblieben. Aber ich hatte keinen Text dabei und war unvorbereitet.

Ein anderer Mann rief: „Sigismund. Du bist doch Deutschlehrer. Hast du was da?“

Sigismund lächelte verlegen und stand auf. Kurz darauf kam er mit einem Notizbuch und seiner Lesebrille wieder. Er wolle mit einem Kapitel aus seinem Romanmanuskript beginnen. Und so nahm der Abend seinen Lauf.

Es folgte „Die Ballade vom defekten Heizkörper“ und der Gedichtzyklus „Herbst in Montabaur“. Die harten Holzstühle waren mörderisch. Ich saß wie auf einem Stein. Der Hintern tat mir weh und das Bier war auch alle. Roski las und las und es nahm kein Ende. Das Notizbuch war armdick und ich fürchtete, er würde an diesem Tag nichts auslassen.

Ich stand auf und bewegte mich langsam und geräuschlos über den Teppich in die angrenzende Küche. Im Kühlschrank fand ich nur ein halbes Päckchen Butter, eine fast leere Tube Senf und ein paar schweißüberströmte Käsescheiben in bizarrer Verrenkung. Kein Bier, keine Schnittchen. Nichts.

Ich ging wieder zurück. Um mich herum leere Gesichter ohne Hoffnung. Wie zum Hohn trug Roski gerade „Lob der Fleischwurst“ in fünffüßigen Jamben vor.

Eine weitere Stunde verging. Ich war verzweifelt und setzte alles auf eine Karte. Ich stand auf und trat in den Wohnungsflur.

Nur noch wenige Meter bis zur Tür. Ich betete, dass mich keine knarrende Diele verraten würde.

Endlich. Mit angehaltenem Atem drückte ich lautlos die Klinke.

Abgeschlossen. Der Schlüssel abgezogen.

Hier komme ich nicht mehr raus.

„Krawehl, Krawehl!“   

Basement Jaxx - Where's Your Head At ( Official Video ) Rooty - YouTube

Mittwoch, 21. April 2021

Der alte Marx


Als Marx schon über sechzig Jahre alt war, lebte er in bitterer Armut. Obwohl er mit dem Kollegen Engels doch ein berühmtes Buch geschrieben und den Kommunismus erfunden hatte.  

Marx dachte lange nach und fasste am Ende den Entschluss, reich werden zu wollen. Er ging zu einem Friseur und ließ sich die Haare kurz schneiden sowie den Bart abrasieren. Er kaufte sich einen schicken Brioni-Anzug und bewarb sich bei einer Versicherung.

Er wurde genommen und verkaufte fortan als Vertreter Erdbebenversicherungen an ahnungslose Landeier und Versicherungen gegen den Klimawandel an die Bio-Bourgeoisie in den Großstädten.

Die Geschäfte liefen großartig und nach einigen Jahren konnte er sich eine schicke Eigentumswohnung im Prenzlauer Berg kaufen. Er fuhr einen Porsche Cayenne und trank Champagner.

Es kam, wie es kommen musste. Eines Tages machten irgendwelche Proletarier eine Revolution und Marx wurde enteignet. Zur Umerziehung wurde er in ein Bergwerk in Sibirien gesteckt, wo er bald darauf verstarb.

Sonntag, 18. April 2021

Heimatdichtung

 

Nach Bacharach am schönen Rhein

Lud einst ein junges Brautpaar ein

Verwandtschaft kam von nah und fern

Und auch die Freunde taten’s gern

 

Aus vollen Fässern fließt der Wein

Erheitert ist bald Groß und Klein

Es wird getanzt und viel gelacht

Und mancher derbe Scherz gemacht

 

Am Morgen nach der Hochzeitsnacht

Hat’s dann zum ersten Mal gekracht

Erst voller Hass in kurzen Sätzen

Dann fliegen knüppelhart die Fetzen

 

Er holt den Hammer, sie das Messer

Das macht die Lage auch nicht besser

Sie schlagen sich nun kurz und klein

In Bacharach kehrt Ruhe ein

Samstag, 17. April 2021

Der Tag, an dem aus Hansi Flick Hans-Dieter wurde

 

Er wurde im November 2019 Trainer des FC Bayern, als nach einer deprimierenden Niederlage gegen Eintracht Frankfurt scheinbar nichts mehr ging. In der schwierigen Corona-Saison 2019/20 holte er sechs Titel, darunter die Champions League, in der sein Team Messis Barca im Viertelfinale mit 8:2 so abserviert hat, dass noch kommende Generationen darüber sprechen werden. Mehr als Hansi Flick konnte man in einer Saison nicht erreichen – und es hatte tatsächlich auch keiner vor ihm geschafft. Kein Lattek, kein Heynckes, kein Hitzfeld, kein Guardiola.

Trotz des Ausscheidens hat der FC Bayern im Viertelfinale gegen PSG fantastischen Fußball gezeigt. Beide Spiele waren ein Genuss für Sportgourmets – und ich bin noch nicht mal Bayern-Fan. Und plötzlich geht Flick. Er sieht sich, wie ich finde zurecht, in seiner Arbeit nicht gewürdigt. Ein Top-Trainer in einem Top-Verein hat selbstverständlich Einfluss auf die Kaderplanung. Schließlich hat er ja auch eine Idee von seinem Spiel, von seiner Strategie.

Heute hat Hans-Dieter Flick hingeworfen. Trotz Vertrag bis 2023. Obwohl er keinen neuen Job hat. Bei einem der besten Vereine auf diesem Planeten, beim erfolgreichsten Verein Deutschlands und designierten Seriensieger. Respekt.  

Ich will diesen Mann als Bundestrainer. Scheiß auf die Sklaventreiber-WM 2022 in Katar. Aber bis zur EM 2024 in Deutschland wird Flick eine gute Mannschaft zusammen haben und angreifen. Eat this, Heuschrecken-Uli!

Sonntag, 11. April 2021

Schafft endlich das ZDF ab

 

Derzeit ist eine Fusion von ARD und ZDF im Gespräch. Wie solche Projekte ausgehen, kenne ich von den Zusammenlegungen von Verbandsgemeinden zu größeren Einheiten. Am Ende wird keine einzige Stelle eingespart, weil man niemandem weh tun will. Die Landesregierung zahlt den Beteiligten als Lockmittel noch ein paar Millionen, so dass am Ende der Steuerzahler für die ganze Aktion draufzahlt.

Vor allem darf man die Beteiligten nicht selbst entscheiden lassen. Dann hat man denselben alten Rotz in einer neuen Verpackung. Doppelstrukturen wie zwei Nachrichtenredaktionen verhindert man nicht durch Zusammenlegung der beiden Redaktionen zu einer riesigen Redaktion, sondern durch Abschaffung einer Redaktion. Ich frage mich schon lange, wie Medienangebote für vergleichsweise wenig Geld so viel Qualität produzieren können. Netflix kostet nur dreizehn Euro im Monat. Die deutschen Rundfunkgebühren liegen aktuell bei 17,50 €. Dafür bekommen wir endlose Wiederholungen sowie drittklassige Krimiserien und Seifenopern. Dazu eine unüberschaubare Zahl von Nischensendern, auf denen ausschließlich Wiederholungen von Wiederholungen laufen. Hier könnte man als erstes ausmisten. Wiederholungen in die Mediathek – fertig.

Was würde uns fehlen, wenn es das ZDF nicht mehr gäbe? Lanz und Illner? Gundula Gause und die Mainzelmännchen? Nichts. Ausnahmen wie „Die Anstalt“, „heute-show“ oder „ZDF Magazin Royale“ könnte man unter neuem Namen ins ARD-Programm integrieren. Kann sich noch jemand erinnern, warum das ZDF überhaupt gegründet wurde? Adenauer war die föderal organisierte ARD zu SPD-lastig, er wollte einen CDU-nahen Bundessender. Allein deswegen kann man diesen gigantischen Verwaltungswasserkopf auf dem Mainzer Lerchenberg dichtmachen. Braucht kein Mensch.

Das ZDF muss weg. Neue Rundfunkgebühr: zwölf Euro. Fertig ist die Laube.

Midnight Man (Vintage 12") - YouTube

Donnerstag, 8. April 2021

Compact Disc Read-Only Memory

Es ist wie immer. Ich suche etwas, finde es nicht, habe dafür aber andere interessante Sachen in der Hand. Zu den Magazinen über Ufologie, Parapsychologie und Futurologie aus den frühen Achtzigern bald mehr. Aber mir ist auch eine alte CD-ROM in die Hände gefallen, auf der Rohmaterial zu meinem Roman "Rheinkind" ist. Hier ein Textbaustein: 


Großeltern: Landleben, dass sich heute keiner mehr vorstellen kann. Um acht Uhr lagen wir abends in den Betten, zwischen sechs und sieben wurde aufgestanden, die Frühstückseier holte man sich aus dem Hühnerstall.

Das Haus meiner Großeltern hatte vier Stockwerke. Im Keller waren die Waschküche, die Heizungsanlage und die Hühner. Im Erdgeschoss wohnten meine Großeltern, im ersten Stock eine pensionierte Lehrerin zur Miete und das Dachgeschoss war als Ferienwohnung ausgebaut worden, wenn wir hier als Familie übernachteten. War ich alleine bei meinen Großeltern, schlief ich in der Küche auf dem Sofa. Vor dem Haus war ein Hof mit einer Garage, in der jedoch nie ein Auto stand. Mein Großvater hatte weder einen Wagen noch einen Führerschein. Vielleicht hat er von besseren Zeiten geträumt, als er sie gebaut hat. Und er hat sie tatsächlich eigenhändig gebaut, denn er war Mauer von Beruf gewesen. Er hatte auch das Haus selbst gebaut, mein Vater hat als Jugendlicher dabei geholfen. Seinen Wagen ließ er aber meistens auf der Straße stehen, manchmal fuhr er in den Hof, aber nie in die Garage. Auf der Straße war viel Platz, wie immer auf dem Dorf, und das gegenüberliegende Grundstück war nicht bewohnt. Eine Familie aus dem Dorf hatte auf diesem Stück Land einen Gemüsegarten angelegt. Genau wie meine Großeltern, die keinen normalen Garten mit einer großen Rasenfläche und einem Sitzbänkchen hatten wie die Menschen in den Vorstädten, sondern alles für ihre Miniaturlandwirtschaft nutzten: Kartoffeln, Möhren, Erbsen, Bohnen, Erdbeeren, Stachelbeeren, Kräuter, Blumenkohl, Rosenkohl, Salat, Äpfel und Kirschen. Kein Nanometer Boden blieb ungenutzt, dazwischen schmale steinerne Wege.

Meine Großmutter sehe ich in gebückter Haltung Unkraut rupfen. Wir sammeln Erdbeeren für den Nachtisch. Erdbeeren mit viel Zucker. Sie zeigt mir lachend die dicksten Beeren, die ich mir sofort in den Mund stopfe. Wir sind jeden Tag im Garten. Morgens gehen wir zuerst zu den drei oder vier Hühnern. Sie legen nicht jeden Tag ein Ei, aber manchmal finden wir eins oder zwei. Sonntags gibt es ein gekochtes Ei zum Frühstück, ansonsten brauchen wir die Eier zum Kuchenbacken. Deswegen kommen die Eier zunächst ins Türfach des Kühlschranks.   

Neben dem Kühlschrank stand ein klobiger Holzschrank, in dem es Schubfächer für Mehl, Salz und Zucker gab, und in dem die Besteckschublade, der Kaffee und die Schokolade waren. Außerdem alle Teller, Töpfe und Tassen, die meine Großeltern besaßen. Mittelpunkt der Küche war der Tisch, drei Stühle und dieses merkwürdige Sofa standen um ihn herum. Das Sofa hatte keine Rückenlehne, war uralt und abgewetzt, irgend so ein helles Minzgrün, wenn ich mich nicht irre, aber es verfügte über ein gepolstertes Kopfteil, so dass man auch bequem ein Nickerchen auf dieser Chaiselounge machen konnte. Auf einem Brettchen an der Wand über dem Sofa war das Radio. Sonntags ab fünfzehn Uhr lief hier die „volkstümliche Hitparade“, ein unerträglicher und permanent gleich klingender Scheißdreck aus Südtirol und anderen ehemals deutschen Gebieten, die zum Glück in irgendwelchen Kriegen verloren gegangen sind.  

Das Sofa war uralt, vielleicht aus der Zeit, als meine Großeltern geheiratet haben. Das war so etwa 1930 oder 1931, Weltwirtschaftskrise. Damals gab es noch kein Ikea und kein Internet, wo man sich die Sofas anschauen konnte. Inzwischen war es 1979, und wenn ich über die Zukunft nachdachte, zehn Jahre nach der Mondlandung der Amerikaner, dann fragte ich mich, wann der erste Mensch ein anderes Sonnensystem erforschen würde und ob es Leben auf anderen Planeten gäbe. Ans Internet dachte zu dieser Zeit noch niemand, es gab schließlich Telefon und Fernsehen. Zusätzliche Kommunikationssysteme wie CB-Funk, Bildschirmtext und Walkie-Talkies waren nur was für Technik-Freaks und andere Außenseiter. Ich hatte übrigens ein Paar Walkie-Talkies zu Weihnachten geschenkt bekommen und hatte sie noch nie benutzt. Außer ein Mal. Aber die Reichweite der Funkgeräte war wirklich miserabel. Da konnte man auch genauso gut schreien. Und das kostete außerdem kein Geld für Batterien.

Bei meinen Großeltern habe ich immer alleine gespielt. In der Straße, in der sie wohnten, sie hieß Obere Dorfstraße, gab es nur noch drei andere Häuser. In keinem dieser Häuser wohnte ein anderes Kind. Und ich durfte nur bis zum Ende der Straße laufen, danach kam die Hauptstraße, die in die nahe Kleinstadt namens Katzenelnbogen führte. Dort war es zu gefährlich für mich, sagten meine Großeltern. Sie hatten mich schon einmal als Kleinkind ohnmächtig und in einer Blutlache liegend auf dem Hof gefunden, weil ich mit meinem Dreirad gegen das eiserne Hoftor geknallt war und mir den Kopf aufgeschlagen hatte. Es musste im Krankenhaus genäht werden und hatte schwere Vorwürfe seitens meiner Mutter zur Folge.

Ich spielte allein im Hof oder ich saß am Wohnzimmertisch und malte. Bilder schildern (=> Ordner neben TV). Ich las Bücher (Beispiele, Jules Verne!) und manchmal durfte ich mir im Vorabendprogramm des Fernsehens Zeichentrickfilme oder Serien anschauen. TV damals beschreiben.

In Ingelheim hatte ich früher viele Freunde gehabt, mit denen ich am Nachmittag Fußball oder Verstecken spielte. Ich erinnere mich, dass ich einmal in meinem Zimmer gesessen und gelesen habe, als ich von Ferne meinen Namen hörte. Dann noch einmal. Es waren die anderen Kinder, die im Chor meinen Namen riefen. Ich ging ans Fenster und sie forderten mich auf, hinunterzukommen. Ein Junge hatte einen Ball unter dem Arm. Ich habe mir natürlich gleich die Schuhe geschnappt und bin die Treppe runter gelaufen. An diesen Moment erinnere ich mich heute noch gerne: Alle Freunde rufen gemeinsam meinen Namen, völlig überraschend und es ist auch nie wieder passiert, und möchten mich treffen. Die Selbstverständlichkeit und Vertrautheit dieser Gemeinschaft, dieser Clique aus den umliegenden Mietskasernen – daran erinnere ich mich gerne. Als ich dann mit zehn Jahren aufs Gymnasium gekommen war, begann sich diese Gemeinschaft aufzulösen. Ich war der Einzige, der auf eine höhere Schule ging, während die anderen auf der Hauptschule im Stadtteil blieben, auf deren Gelände auch unsere Grundschule war.

Donnerstag, 1. April 2021

Der fabelhafte Friseur

 

Bonetti schlenderte durch den Tiergarten. Die Sonne schien und er warf einen wohlwollenden Blick auf die blühenden Landschaften der Hauptstadt. Friedlich glitzerte der Landwehrkanal und das glucksende Lachen eines Kleinkinds erfreute sein Ohr.

Da sah er seinen alten Freund Silbermann, der auf einer Parkbank in seine Zeitung vertieft war. Bonetti ging auf ihn zu.

„Menschenskind, Frank. Schön, dich zu treffen.“

„Andy. Was für eine Überraschung. Willst du dich nicht einen Augenblick setzen?“

Und so plauderten sie eine Weile über alte Zeiten, bis sie ihre Aufmerksamkeit der aktuellen Lage zuwandten. Silbermann hatte eine gutgehende Konditorei in Zehlendorf, Frau und Kind waren wohlauf.

„Wie steht es mit der Literatur, Bonetti?“

„Die Verkaufszahlen sind in Ordnung. Aber mir fehlt die Anerkennung. Den Nobelpreis habe ich mir schon abgeschminkt. Aber wenigstens der Büchner-Preis sollte es schon sein.“

„Nichts leichter als das. Hast du eine Stunde Zeit?“

„Sicher“, antwortete Bonetti verblüfft. „Aber ich verstehe nicht, wie ich in der nächsten Stunde einem Literaturpreis näherkommen sollte.“

„Du brauchst einen neuen Haarschnitt“, sagte Silbermann und lachte, während er seine Zeitung zusammenfaltete.

***

Kurze Zeit später standen sie vor dem Salon Melanie im Hansaviertel. Er lag in einer kleinen Seitenstraße, in der nur wenige Passanten unterwegs waren. Silbermann hatte Bonetti eingeschärft, dem Friseur von seinem Wunsch zu erzählen. Er würde Gott und die Welt kennen, in seinem Salon gehe die Prominenz ein und aus.

Bonetti konnte es gar nicht glauben. Das Schaufenster wirkte auf ihn, als sei es in den siebziger Jahren zuletzt dekoriert worden. Gab es überhaupt noch Pomade? Der Salon selbst war ein schmaler, dunkler Schlauch mit zwei Stühlen, im Hintergrund stand ein Schrank und hinter einem Vorhang war vermutlich ein weiterer Raum.

Silbermann stellte sie einander vor. „Guten Tag, Herr Weber. Das ist Herr Bonetti. Er ist Schriftsteller und braucht Ihren Beistand in Sachen Frisur und Literatur.“

Herr Weber verbeugte sich mit einem Lächeln. Er war klein und schlank, trug einen langen Kittel und hatte ölig glänzendes, schwarzes Haar. „Nehmen Sie bitte Platz.“

Bonetti setzte sich, bekam eine Halskrause aus Krepp und einen Umhang umgelegt, und sagte: „Bitte an den Seiten und hinten etwas kürzer.“

Herr Weber nickte und begann sein Werk. Sie plauderten ein wenig über Bücher und Bonetti erzählte ihm von seiner erfolgreichen Western-Reihe „Ricky Laredo“. Nach etwa fünf Minuten wurde der Vorhang zur Seite gezogen und eine Frau um die vierzig erschien. Vermutlich Melanie Weber.

„Der Verkehrsminister ist am Telefon.“

„Dieser Taugenichts?“ rief der Friseur verärgert. „Ich habe ihm doch schon im letzten Jahr beim Flughafen geholfen. Sag ihm, er soll in einer halben Stunde nochmal anrufen. Ich bin beschäftigt.“

Weber vertiefte sich wieder in seine Arbeit. „Wissen Sie, Herr Bonetti, als Friseur erzählen einem die Menschen, was sie denken. Es ist ganz einfach. Sie wollen eine kompetente Regierung. Das Parteibuch ist egal. Es sollen Leute an der Macht sein, die ihr Handwerk verstehen.“

„Natürlich“, pflichtete Bonetti ihm bei.

„Im Grunde genommen wollen die Leute ihre Ruhe haben“, fuhr der Friseur fort. „Wenn sie nichts von der Politik hören müssen und in Ruhe ihren Geschäften nachgehen können, wenn sie am Abend ihr Glas Wein und am Sonntag ihren Schweinebraten genießen können, ist die Welt für sie ihn Ordnung.“

Wieder erschien Frau Weber im Salon. „Es ist der Gesundheitsminister. Er sagt, es sei dringend.“

„Wieso belästigen mich diese Leute während der Arbeitszeit? Ist es nicht genug, wenn ich mich nach Feierabend mit ihnen zusammensetze und ihnen alles erkläre? Hat er diese alberne Pandemie denn immer noch nicht im Griff? Soll ich, neben meinem Salon, die ganze Regierungsarbeit allein machen? Und die Unternehmer liegen mir mit ihren Problemen auch ständig in den Ohren. Sag ihm, er soll heute Abend um acht Uhr zu uns in die Wohnung kommen. Die Kundschaft geht vor.“

„Sie sind ein gefragter Mann, Herr Weber“, sagte Bonetti. „Vielleicht darf Sie für einen kurzen Moment mit meinen belanglosen, kleinen Sorgen belästigen?“

„Nur zu, Herr Bonetti“, antwortete der Friseur und lächelte vergnügt. „Wie kann ich ihnen helfen?“

Also erzählte ihm Bonetti von seinem Wunsch, den Büchner-Preis verliehen zu bekommen. Oder eine andere Auszeichnung, die ihn als Homme des Lettres ausreichend würdigen könnte.

„Der Büchner-Preis.“ Weber überlegte eine Weile. „Den vergibt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung. Zufällig ist der Präsident ein Kunde von mir. Ich werde Herrn Osterkamp mal anrufen. Betrachten Sie die Sache als erledigt.“

„Vielen Dank, Herr Weber.“ Bonetti war sichtlich bewegt. „Wie kann ich mich Ihnen gegenüber jemals erkenntlich zeigen?“

Aber der Friseur winkte nur ab. „Nicht der Rede wert.“ Er holte einen runden Spiegel und fragte: „Ist der Haarschnitt so recht, mein Herr?“

In guter Stimmung verließ Bonetti mit seinem Freund Silbermann den Friseursalon. Gerade als sie die Tür öffneten, kam ihnen Angela Merkel entgegen. Die Kanzlerin wirkte müde und besorgt, als sie Herrn Weber begrüßte.

***

Hier der neueste Hit aus den Hunsrücker Charts. Ich gebe zu, dass unser Dialekt manchmal etwas schwer zu verstehen ist. Es geht in dem Lied um einen Schafhirten, der sich in eine Krankenschwester aus Simmern verliebt hat: Trio Mandili - Kakhuri - YouTube

P.S.: Ich verabschiede mich in die Osterpause und wünsche Ihnen, liebe Lesende, schöne Feiertage. Im nächsten Blogpost geht es um meine Reiseimpressionen aus dem Mallorca-Urlaub im Waldorf Astoria Villariba.