Crackhead
3000 alias Alois Tiefenbrunner saß, an Händen und Füßen gefesselt, auf einem
Holzschemel in einem Verhörraum, der etwa vier Quadratmeter klein war. Auf der
anderen Seite einer Panzerglasscheibe saßen, etwa dreißig Zentimeter erhöht,
damit sie auf ihn hinabblicken konnten, zwei Männer in dunklen Anzügen auf
bequemen Drehstühlen. Die Wände ihres Zimmers lagen in weiter Ferne.
„Sie
wissen, warum Sie hier sind?“
„Nein“,
antwortete Tiefenbrunner.
„Vom
zentralen Wertpapierdepot der Deutschen Bank sind drei Milliarden in
US-Staatsanleihen verschoben worden. Erst nach Panama, dann nach Pjöngjang, von
da aus auf die Cayman Islands und in Taschkent verliert sich die Spur.“
„Donnerwetter.“
„Es
gibt nicht viele Hacker, die das können.“
„Was
Sie nicht sagen.“
„Je
früher Sie anfangen zu reden, umso früher sind wir hier fertig.“
„Meines
Wissens können Sie mich nur 24 Stunden hier festhalten. Die sitze ich auf einer
Arschbacke ab.“
„Das
ist kein Verhör, Sie sind nicht verhaftet worden. Rein juristisch handelt es
sich um eine Entführung und falls tatsächlich eines Tages die Polizei einer
Vermisstenanzeige nachgeht, wird sie das Gelände des Bundesnachrichtendienstes
sicher nicht betreten und diesen Keller schon mal gar nicht.“
„Dann
muss ich mich wohl auf einen längeren Aufenthalt einstellen. Was gibt es zum
Abendessen?“
Nach
zwei Wochen konnte Tiefenbrunner wieder in seine Wohnung. Sämtliche Computer,
externe Festplatten und Sticks waren verschwunden. Die Schubladen waren halb
geöffnet und seine Klamotten lagen auf einem Haufen vor dem Kleiderschrank. Er
prüfte mit einem speziellen Detektor, ob Wanzen und Kameras installiert waren.
Aber das Haus war sauber.
Er
ging zum Kaffeevollautomaten und tippte Cappuccino ein, direkt danach Espresso.
Die vordere Verkleidung klappte auf und eine Tastatur fuhr heraus. Darüber war
ein Monitor. Tiefenbrunner checkte, ob das Geld noch bei seiner Bank in
Liechtenstein war. Kein Cent fehlte. Er überwies 2,9 Milliarden für wohltätige
Zwecke an verschiedene Organisationen und buchte eine Million Euro auf sein Liechtensteiner
Girokonto. Den Rest des Geldes legte er für zwei Prozent als Festgeld an. Dann
lud er alle Daten auf einen Stick, löschte alle Dateien und schloss die
Kaffeemaschine wieder.
Um
vier Uhr nachts ging er zum Hauptbahnhof. Um diese Zeit sind die Straßen
menschenleer und eine Observierung schwierig. Er ging durch den Park und kam um
4:45 Uhr am Berliner Hauptbahnhof an. Dort stieg er in ein Taxi und ließ sich
zum Potsdamer Bahnhof fahren. Mit verschiedenen Pendlerzügen fuhr er am frühen
Morgen nach Leipzig. Dort hatte das Reisecenter schon geöffnet und er bezahlte
bar eine Fahrkarte nach Frankfurt. Dort kaufte er sich eine Fahrkarte nach
Zürich.
Hier
konnte er es wagen, mit Karte zu bezahlen. Er ging in ein für seine Diskretion
bekanntes Fünf-Sterne-Hotel, buchte eine Suite, gönnte sich ein fürstliches
Mahl und bestellte für den nächsten Morgen den hauseigenen Limo-Service. Er
fuhr nach Liechtenstein, holte seine neue Karte ab und ließ sich anschließend
zum Flughafen Zürich fahren, wo er mit seiner alten Karte einen Flug nach Miami
buchte. Mit der neuen Karte buchte er den Flug, den er tatsächlich nahm. Wo ist
Crackhead 3000 heute? Selbst der Nachrichtendienst weiß es nicht.