Donnerstag, 27. November 2025

Der erste Tag


Ich war nervös. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Sie hatten mir einen Anzug gegeben, der aussah, als wäre er aus dem Fundus der Edgar-Wallace-Filme, dazu ein Hemd und zerschlissene Lederschuhe mit schiefgelaufenen Absätzen. Den Schlips, den Gürtel und die Schnürsenkel wollten sie mir erst morgen geben. Wie lächerlich. Als ob ich mir in der letzten Nacht noch etwas antun würde. Auf dem Tisch lagen 735 Euro. Zwanzig Jahre lang hatte ich in der Werkstatt für fünf Cent die Stunde Festplatten für einen chinesischen Auftraggeber montiert. Das war alles, was nach Abzug der Einkommenssteuer übriggeblieben war.

Als ich die JVA Tegel verließ, fuhr ich in meinen alten Kiez in Moabit. Ich wusste nicht viel über die neue Zeit. Da ich wegen der schlechten Nachrichten vor zwanzig Jahren Amok gelaufen war, durfte ich in der Zelle weder Fernsehen noch Internet haben. Erst in den letzten zwei Jahren bekam ich ein Radio, dass aber auf einen einzigen Sender eingestellt war, der pausenlos gute Laune verbreitete und Hits der achtziger Jahre brachte. Immerhin wusste ich von den anderen Gefangenen in der Werkstatt, dass es in Berlin Wohnungsnot gab. Vorsorglich hatte man mir eine Liste mit Obdachlosenheimen mitgegeben.

In der Turmstraße sah ich Möbel am Straßenrand. Wohnten die Leute jetzt schon auf dem Bürgersteig? Die Sonne schien und ich setzte mich auf einen gepolsterten Stuhl, dem eine Armlehne fehlte. Durch mein vergittertes Fenster hatte ich immer nur den Hof gesehen. Alle Geräusche waren in weiter Ferne. Hier war alles voller Menschen und der Lärm war beängstigend. Leute starrten auf ihr Handy und sprachen, obwohl sie allein waren. Wen könnte ich anrufen? Ich kannte keine einzige Telefonnummer. Es schien auch keine Telefonzellen mehr zu geben. Mein Bruder lebte in Frankfurt, er war Zahnarzt. Aber ich hatte seit meiner Verhaftung nicht mehr mit ihm gesprochen.

Ich hatte Hunger, also lief ich weiter. Welche Fähigkeiten brauchte ich in dieser Welt? Auf jeden Fall musste ich lernen, mit dem Computer und dem Handy umzugehen. Ich kam zu einem McDonalds und ging hinein. Viele Burger kannte ich nicht. Was war der M oder der Big Tasty? Aber es gab immer noch den Big Mac. Ich bestellte ihn als Menü mit Pommes und Cola und er schmeckte immer noch so wie früher. Nach dem Essen dachte ich über meine nächsten Schritte nach. Ich brauchte einen Job und eine Wohnung. Mit meinem Lebenslauf? Mit der Wahrheit würde ich nicht weit kommen. Vielleicht sollte ich erst mal zur Obdachlosenunterkunft. Ich ging in einen Späti, um einen Stadtplan zu kaufen, aber die Besitzerin schüttelte nur erstaunt den Kopf. Aber ich kannte den Kiez. Dunkel erinnerte ich mich, dass die Spenerstraße nicht weit von der JVA Moabit entfernt lag.

Die Stadt ist groß und weit. Ich war schon lange nicht mehr solche Strecken gelaufen, also setzte ich mich im Park, der zwischen der Turmstraße und Alt-Moabit liegt, auf eine Bank.

„Gerhard?“

Erschrocken und irritiert sah ich zu dem Mann auf. Meinen Vornamen hatte ich schon lange nicht mehr gehört. Im Gefängnis war ich 176-671 gewesen.

„Hast du nicht damals die Flippers auf offener Bühne erschossen?“

„Ich bin nicht stolz drauf.“

„Komm, ich gebe dir ein Bier aus. Ich habe da einen todsicheren Job und brauche noch jemanden, der mir hilft. Es wird mein letzter großer Coup, bevor ich mich zur Ruhe setze.“

Jeder kann sich vorstellen, wie diese Geschichte endete. Gerhard lebte danach in einem Strandhaus in Bahia. Nachmittags saß er auf seiner Terrasse, blickte aufs Meer und schlürfte eine Caipirinha durch einen echten Plastikstrohhalm. So hätte er glücklich bis ans Ende seiner Tage leben können, als plötzlich … plötzlich „Die rote Sonne von Barbados“ von den Flippers aus dem Nachbarhaus schallte.

 

Mittwoch, 26. November 2025

Vom Lesen und Schreiben

 

Blogstuff 1237

„Ich bin auch dafür, dass man Klimaschutz macht und so weiter. Aber Luisa Neubauer muss begreifen, dass sie aufpassen muss, dass sie in zehn Jahren nicht in einem Schützengraben in Polen liegt.“ (Uli Hoeneß)

Es ist erst der 26. November und Bonetti haut den 365. Blogpost des Jahres raus? Andere Blogger würden unter diesem Druck zerbrechen, aber Bonetti blüht unter Druck regelrecht auf.

Deniz Undav – Du machst mit ‘nem Doppelpass jeden Gegner nass.

Würde Jesus auf einen Weihnachtsmarkt gehen? Ja! Und er würde Wasser in Glühwein verwandeln, trockenes Graubrot in Lebkuchenherzen und es wären der Leib und das Blut Christi. Halleluja.

Meine Metzgerei geht mit der Zeit. Hier ein paar Zitate der Fachverkäuferin: „Kunden die Bierschinken gekauft haben, kauften auch Jagdwurst“, „25 Prozent Rabatt auf die zweite Sorte Fleisch“ und „Sparen Sie mit der Metzger-Card“. Jetzt fehlt eigentlich nur noch Tofu im Angebot.

Was mich an Comedians stört, ist ihr Bekenntniszwang, wenn sie zu einer Minderheit gehören. „Ich bin homosexuell / behindert / Migrant.“ Bei jedem Auftritt. Leute, ich weiß es und es ist nicht witzig.

Hat man mal wieder ein paar BWL-Fuzzies eingestellt, die alles „effizienter“ machen sollen, d.h. schlechter für die Kunden und die Mitarbeiter (neudeutsch für Arbeiter)? Erste Buchlieferung in diesem Monat: leerer Umschlag + „Beweisfoto“ von meinem Briefkasten nach „erfolgreicher“ Zustellung; nach Beschwerde kommen zwei Tage später die beiden Bücher. Zweite Buchlieferung: komplett verschollen, Geld immerhin rückerstattet. Dritte Buchlieferung: Angeblich war ich nicht zuhause, war ich aber doch, musste ich selbst beim Späti abholen. Vierte Buchlieferung: ich warte seit zwei Wochen und bekomme immer wieder neue Liefertermine. Leute, euer Geschäftsmodell ist „Ware bis zur Wohnungstür bringen“. Ansonsten ist in dreihundert Metern Entfernung eine nette Buchhandlung und wir sind geschiedene Leute, capisce?

„Ich hätte gerne einen White Chocolate Triple Salmon McDuffy Hubba Bubba New York Style Shiva Shake, aber bitte mit laktosefreier Alpakamilch.“

Mein Karnevalsschlager von 1985 darf nicht mehr gespielt werden, weil der Refrain angeblich politisch unkorrekt ist: „Du bist so schwul wie ein Rudel Friseure / So schwul wie ein Rudel Friseure.“

Wenn wir an unsere Kindheit denken, sehen wir den festlich geschmückten Weihnachtsbaum und die vielen Geschenke vor uns. Es ist schöner als alles, was wir in jenem Jahr in unserem Haus gesehen haben. Was wir vergessen haben: Der Baum wird irgendwann abgeschmückt und weggeworfen, ein neues trostloses Jahr beginnt.

Dienstag, 25. November 2025

Wenn im Darkroom das Licht angeht


Blogstuff 1236

Der alte Mann mit Pferdeschwanz hat eine Rechnung von 18,88 Euro. Nur Zufall? Aber ich verkneife mir eine Bemerkung.

Ich bin seit 14 Jahren berufsuntätig. Dafür habe ich ein Attest vom Arzt. Da muss ich selbst schmunzeln.

Jetzt sind schon 48 Mannschaften bei der Fußball-WM und die Riesenländer China und Indien sind immer noch nicht dabei. Können drei Milliarden Menschen nicht Fußball spielen?

Wer hat eigentlich noch Schuhspanner?

Helmut Schmidt forderte in den Siebzigern mal einen fernsehfreien Tag pro Woche. Wie wäre es mit einem internetfreien Tag pro Woche?

Es gibt jetzt auch eine vegane Variante der WC-Ente.

Ab jetzt muss ich improvisieren, weil es live ist.

Es ist irritierend und zugleich bezeichnend, wie die Macht Chinas in unseren Medien ausgeblendet wird. Da wird Wadephul nach einer chinakritischen Rede quasi ausgeladen und tritt die Dienstreise erst gar nicht an – die der Schleimscheißer Klingbeil dann einige Tage später nachholt – und die deutsche Wirtschaft bekommt mit der verweigerten Lieferung von Halbleitern mal kurz die Daumenschrauben angelegt. Kurzarbeit, Entlassungen. Was machen wir, wenn Xi eines Tages mal richtig ernst macht? Warum unterstützen die Chinesen Putin? Wegen der Ukraine? Die kann ihnen egal sein. Es schwächt die EU und die NATO. Und von der anderen Seite hilft ein selbstverliebter Amateur namens Trump bei diesem Vorhaben, ohne zu merken, wie er mit der Demütigung seiner Bündnispartner seinen Gegnern hilft. Was macht Europa? Apathisch zuschauen und in Brüssel das Lieferkettengesetz und die Antriebsformen von Autos diskutieren. Ich bestelle nur noch bei Temu. Da bin ich für die Zukunft auf der sicheren Seite.

Der „Stein der Weisen“ ist eine Idee, die vor knapp zweitausend Jahren entwickelt wurde. Er soll unedle Metalle in Gold und Silber verwandeln. Wie profan. Was ist daran weise?

Sperrmüll? Packe ich in mein Wohnmobil, fahre sonntags in ein Gewerbegebiet und schmeiße alles raus. Problem gelöst.

Wer Autorität hat, muss nicht autoritär wirken. Aber das müssen Julia & Fritz noch lernen.

23.11.2025: Wann haben Sie zum letzten Mal Schneeketten aufgezogen?

24.11.2025: Der erste Schnee in Berlin. Winter is coming. So schnell kann’s gehen.

Montag, 24. November 2025

Das Gasthaus zum bitteren Ende

 

Blogstuff 1235

„Qiet, piggy“ (McDonald Trump zu einer Journalistin)

„Mieten, kaufen, erobern“ – die neue Immobilien-Soap aus der Ukraine. Ab 27.11.2025 bei Vox.

Hätten Sie’s gewusst? Die Stollen Task Force der Hamas setzt deutsche Bäcker unter Druck, damit sie keine israelischen Rosinen verwenden.

Hat schon jemand den fränkischen Mundartwitz „Weihnachtsgrippe“ gemacht?

Egal was Pistorius macht, aus der TikTok-Bundeswehr an der Tofu-Front wird keine Wehrmacht. Und die AfD wird nie ein Viertes Reich erschaffen, selbst wenn sie den Bundeskanzler stellt. Wir können uns auf die deutsche Unfähigkeit und Lahmarschigkeit jederzeit verlassen.

Ich habe Angst vor Fliegen.

Bonetti zieht sich jetzt, wie Sahra Zarenknecht (ein letztes Mal sei mir das Wortspiel erlaubt), aus der Parteiführung zurück und ist nur noch in der Leberwertekommission aktiv.

Dominik Kohr von Mainz 05 hat mit neun roten Karten in der Bundesliga einen neuen Rekord aufgestellt.

König Charles lässt sich jeden Tag die Schnürsenkel bügeln. Sie dekadent ist Bonetti nicht.

Der Packungsinhalt wird bei gleichem Preis immer weniger? Aber jetzt schlagen wir zurück. Bei gleichem Lohn gehen wir nur noch vier Tage arbeiten.

Ein Steinzeitmensch hatte nicht viele Informationen zu verarbeiten: Auf dem Trampelpfad zum Fluss wuchsen jetzt links Pilze, Monika aus der Nachbarhöhle war schon wieder schwanger und eine Mammutherde zog durch das Tal in Richtung Sonnenaufgang. Aber der moderne Mensch steht unter einem Dauerbombardement von Nachrichten, die meistens völlig bedeutungslos für sein Leben sind. Irgendein Musiker war gestorben, auf der A 5 hatte es einen Autounfall gegeben und Politiker veranstalteten Gipfeltreffen, deren Ergebnisse niemanden interessierten. Leider hat sich das Gehirn sich mit der wachsenden Masse an Informationen (allein der ganze Schrott aus Schule und Studium!) nicht weiterentwickelt. Es ist noch das gleiche wie vor 100.000 Jahren. Es bleibt auch genauso viel im Gedächtnis. Zwei Beispiele:

1. Nennen Sie fünf Promis, die in diesem Jahr gestorben sind, ausgenommen im laufenden Monat.

2. Was haben Sie heute vor einer Woche zu Mittag gegessen?

Am 21.11.2025 wurde mein Blog 2230 x angeklickt. Zum Jahresende läuft die Leserschaft zu ganz großer Form auf.

Sonntag, 23. November 2025

Welkende Pracht

 

Über die Erzählung „Welkende Pracht“ von Andy Bonetti ist sicherlich schon vieles geschrieben worden. Sie entstammt dem Band „Bad Nauheimer Novellen“, der 2001 vom Verlag Bunter Vogel in Gütersloh veröffentlicht wurde. Dieser Novellenzyklus begründete den Ruhm Bonettis und hat ihm für alle Zeiten einen Platz in der deutschen Literaturgeschichte gesichert. Die Grundidee, von der die kurze Erzählung von der ersten bis zur letzten Zeile durchwoben ist, findet sich bereits in „Mein schönstes Ferienerlebnis“ (siehe: Bonetti, Andy: Frühe Werke – mein Leben in Geschichten, Mannheim 2012, S. 23-25).

Es ist immer wieder erstaunlich, über welche scharfe Beobachtungsgabe und intellektuelle Brillanz, über welche sprachliche und kompositorische Sicherheit der junge Bonetti bereits verfügt. Die berühmte Eröffnungsszene sei von Hitchcocks „Fenster zum Hof“ inspiriert gewesen, schreibt Bonetti in seiner Autobiographie „Viva Bad Nauheim“, aber es ist in dieser Szene auch der Einfluss Strindbergs und Puschkins spürbar. Scheinbar zufällig blickt der Protagonist, dessen Namen wir nicht erfahren, zum Fenster hinaus und entwickelt beim Anblick einer verwelkenden Rose eine gedankliche Assoziationskette, deren zarte Poesie und inhaltliche Klarheit den hellen Einsichten eines Schopenhauer oder Sokrates in nichts nachstehen. Die Vergänglichkeit des Lebens zieht sich als thematischer Generalbass durch die ganze Erzählung und findet in der leeren Pralinenschachtel am Ende ihren allegorischen Kontrapunkt.

Ursprünglich als Tierfabel angelegt, gilt „Welkende Pracht“ als Kronjuwel der „Bad Nauheimer Novellen“. Zum Zeitpunkt der Niederschrift arbeitete Bonetti in einem Kiosk am Bahnhof von Bad Nauheim, wo er Mettbrötchen und Flaschenbier an Reisende verkaufte. Nachts widmete er sich in einer kleinen Mansardenwohnung seinem dichterischen Werk. Bereits in seiner ersten Novelle „Alle Neune“, die das Leben eines einsamen Kegelspielers zum Gegenstand hat, der von Durchfall und seelischer Erschöpfung geplagt wird, begegnen wir der Vergänglichkeitsthematik, die den ganzen Novellenzyklus durchzieht. Das wird vor allem in den beiden Erzählungen „Bunte Bohnen“ und „Keller ohne Ausgang“ geradezu schmerzhaft deutlich. 

Umso bemerkenswerter ist es, dass er nie den Mut verlor, sondern den Novellenzyklus dennoch zum Abschluss gebracht hat. Ebenso konnte der junge Bonetti, als er „Welkende Pracht“ schrieb, noch nicht erkennen, dass er mit seinen „Bad Nauheimer Novellen“ die moderne Dichtkunst auf eine neue Stufe heben würde. Kommende Generationen werden es nicht für möglich halten, dass dieser geniale und zugleich äußerst bescheidene Mensch einmal unter uns gelebt hat.

Samstag, 22. November 2025

Jetzt übernimmt ChatGPT

 

Ich befehle dem KI-Knecht (und ich hoffe, ich werde diese Formulierung nicht eines Tages bereuen), er soll eine Geschichte über Mango-Lasse, den schwedischen Kriminellen, schreiben. Das ist das Resultat, inklusive IKEA. Was wäre bei Manga-Lasse rausgekommen? Die Überschrift ist allerdings äußerst schwach. „Todestango mit der Mango“ wäre das Mindeste gewesen.

 

Die Geschichte von Mango-Lasse, dem schwedischen Kriminellen

Es war ein düsterer, regnerischer Abend in Malmö. Der Himmel war mit Wolken bedeckt, die den Mond verbargen, und auf den Straßen glitzerten die Pfützen im schwachen Licht der Laternen. In einer kleinen, heruntergekommenen Wohnung an der Ecke einer verlassenen Straße saß Mango-Lasse, der berüchtigte Kriminelle, der in der Stadt fast genauso bekannt war wie das schwedische IKEA.

Mango-Lasse, mit seinem markanten, verwuschelten blonden Haar und der stets verschmitzten Miene, hatte seinen Spitznamen wegen seiner Liebe zu exotischen Früchten erhalten – insbesondere zu Mangos. In seiner Wohnung hatte er immer einen Vorrat dieser saftigen Früchte, die er in den seltsamsten Situationen aß, als wäre es seine einzige Freude im Leben. Aber hinter dieser vermeintlichen Unschuld verbarg sich ein Mann, der die Straßen von Malmö seit Jahren mit seinen kriminellen Machenschaften in Atem hielt.

Er war kein gewöhnlicher Gangster. Mango-Lasse war ein Meister der Tarnung, ein Mann, der es verstand, in den Schatten zu arbeiten, so dass die Polizei kaum je ein Foto von ihm hatte, geschweige denn harte Beweise. Er hatte ein Netzwerk von Informanten, die in den dunklen Ecken der Stadt arbeiteten, und ein Talent dafür, sich aus brenzligen Situationen herauszuwinden.

An diesem Abend jedoch hatte er einen Fehler gemacht.

Er hatte sich mit dem falschen Mann eingelassen.

Der Auftrag war klar: ein wertvoller Diamant, der in einem alten Banktresor in Göteborg lag, sollte in Lasses Besitz übergehen. Es war der Deal seines Lebens – oder zumindest das, was er für einen Deal hielt. Doch als er die Nacht in einem verrauchten Café mit seinem Partner, einem zwielichtigen Gestalten namens Kjell, verbrachte, merkte er, dass etwas nicht stimmte.

„Du bist sicher, dass der Diamant echt ist?“ fragte Lasse, während er mit einer Mango in der Hand an der Frucht knabberte, die er sich gerade aus einer Plastiktüte gezogen hatte.

Kjell zuckte mit den Schultern. „Was weiß ich schon von Diamanten? Aber was ich weiß, ist, dass der Mann, der ihn hat, viel zu viel zu verlieren hat. Wenn du es dir leisten kannst, dir so etwas zu schnappen, dann wirst du reich.“

Lasse nickte nachdenklich. Doch etwas in Kjells unruhigen Augen ließ ihn zweifeln. Ein Gedanke schlich sich in seinen Kopf, dass Kjell ihn möglicherweise hintergangen hatte. Er wusste, dass er nie völlig vertrauen konnte, aber er hatte gelernt, dass es manchmal nötig war, Risiken einzugehen.

„Also, was schlagen wir vor? Die Bank? Oder den alten Lagerraum?“ fragte Lasse, während er die Mango in zwei Hälften teilte und die Kerne vorsichtig entfernte.

„Die Bank ist zu riskant“, antwortete Kjell leise. „Der Lagerraum ist unser Ziel. Wir gehen nachts rein, holen das Ding raus und verschwinden.“

Doch in dem Moment, als sie die Pläne besprachen, öffnete sich die Tür des Cafés, und zwei Männer in dunklen Anzügen traten ein. Einer von ihnen hatte eine Narbe, die sich von seiner rechten Wange bis zum Hals zog. Er schien sofort nach Lasse und Kjell zu suchen, denn sein Blick blieb auf ihnen haften, als wäre er bereits über ihre Gespräche informiert.

„Wir haben gehört, dass ihr in etwas Großes verwickelt seid, Mango-Lasse“, sagte der Mann mit der Narbe, während er langsam auf sie zuschritt.

Lasse's Herz setzte für einen Moment aus. Der Mann sprach ruhig, aber es lag eine unmissverständliche Bedrohung in seiner Stimme. „Kommen wir gleich zur Sache: Ihr habt etwas, das uns gehört.“

Kjell stotterte etwas Unverständliches, doch Mango-Lasse behielt die Fassung. Mit einer gekonnten Bewegung griff er nach der letzten Mango auf dem Tisch und biss mit einem lauten Knacken hinein.

„Und was, wenn es uns nicht gehört?“ fragte Lasse gelassen. „Was willst du dann tun?“

Der Mann lächelte, doch es war kein freundliches Lächeln. „Dann wird dir bald klar, warum man dich Mango-Lasse nennt. Es wird das letzte Mal sein, dass du eine Mango in den Händen hältst.“

In diesem Moment wusste Lasse, dass der Fall komplizierter war, als er ursprünglich gedacht hatte. Er hatte sich in ein Spiel verstrickt, das er nicht ganz verstanden hatte. Doch er war nicht der Mann, der sich so leicht einschüchtern ließ. Er griff nach seiner Tasche und zog eine alte Pistole hervor.

„Ich wollte eigentlich heute Abend ruhig einen Film sehen“, sagte er mit einem entschuldigenden Blick, während er die Waffe in die Hand nahm. „Aber jetzt, wo wir schon dabei sind... lass uns die Sache klären.“

Der Schuss, der darauf folgte, hallte durch das Café. Aber Mango-Lasse wusste genau, dass das nur der Anfang war. Ein neues Kapitel in seiner kriminellen Karriere hatte begonnen – eines, das ihn auf eine gefährliche Reise durch das düstere Malmö führen würde, auf der Suche nach einem Diamanten, der weit mehr war als nur ein wertvoller Stein.

Und natürlich, auf der Suche nach den nächsten Mangos.

 

Freitag, 21. November 2025

Stuttgart 2100

 

Blogstuff 1234

„Meine Damen und Herren, wir leben in einer der schönsten Städte der Welt. Ich habe einige Journalisten, die mit mir in Berlin waren, letzte Woche gefragt: Wer von euch würde denn gerne hierbleiben? Da hat keiner die Hand gehoben. Die waren alle froh, dass wir von diesem Ort, an dem wir da waren, in der Nacht von Freitag auf Samstag wieder nach Wichtelbach zurückgekehrt sind.“ (Andy Bonetti)

Ich habe vier Reisen nach Brasilien gemacht, die längste 1995: sechs Wochen. Aber Deutschland ist natürlich viel schöner, da hat der Fritze schon recht. Wir haben den Rheinfall (bitte nie das H vergessen) bei Schaffhausen, Brasilien Iguazú. Wir haben den Bayrischen Wald, Brasilien den Amazonas-Dschungel. Wir haben den Strand von Usedom, Brasilien die Copacabana und Ipanema. Bommerlunder schmeckt viel besser als Caipirinha. Außerdem können die Brasilianer nicht Fußball spielen.

Ich glaube, das sinkende Vertrauen in die Wirtschaft und den Staat, die schlechte Laune und die fehlende Zuversicht, haben einen einzigen Grund: das liebe Geld. In den letzten fünf Jahren sind die Kosten für Lebensmittel, Energie und Mieten stark gestiegen, sehr viel stärker als die Einkommen. Das heißt konkret: Der Lebensstandard sinkt. Was nicht automatisch Armut bedeutet, aber Abstieg. Man kann sich nicht mehr alles leisten, das ist für viele eine neue Erfahrung. Selbst gutverdienende Ehepaare, die früher einmal in der Woche ins Restaurant gegangen sind, gehen jetzt nur noch einmal im Monat essen. Das hat wiederum Einfluss auf die Wirtschaft, so dass wir aktuell in einer Abwärtsspirale gefangen sind. Das sinkende Vertrauen macht es den populistischen Rattenfängern immer einfacher, die Wähler der Altparteien anzulocken.

Im „Gasthaus zur Linde“ in Ditzingen gibt es das „Schweinerückensteak Florida“ mit Banane, Pfirsich und Sauce Hollandaise überbacken – genauso wie in Miami.

1991 kam ich nach Berlin. Damals war die Stadt billig, die Wohnungen, das Bier und der Döner. Von überall her kamen junge Leute, es war der Ort, an dem man in den Neunzigern sein musste. Studenten, Hausbesetzer, Arbeitslose, Künstler – vor allem die östliche Innenstadt vibrierte vor Leben. Noch 2010 sinnierte die damalige Senatorin für Stadtentwicklung Junge-Reyer über den Abriss von Wohngebäuden, da es in Berlin Leerstand gab. Jetzt hat die Gentrifizierung die Innenstadt fest im Griff, die Kreativität sinkt mit jeder Mieterhöhung. Wäre ich heute jung, würde mich nichts mehr in diese Stadt ziehen. Sie wird durch den eigenen Erfolg stranguliert, da können die Einheimischen noch so viel Sperrmüll auf den Bürgersteig stellen, Graffiti sprühen, als Obdachlose und Junkies auf der Straße liegen oder Hundescheiße verteilen.

Curaçao (148.000 Einwohner) fährt zur Fußball-WM. Berlin ist flächenmäßig zweimal so groß wie die Karibikinsel.

In der Berliner U-Bahn macht die Bundeswehr in dieser Woche eine Militärübung. Im Hintergrund sehe ich das Schild „Jungfernheide“. Kommen die Russen mit der U 7 – oder doch mit der Ringbahn?