Montag, 15. September 2025

Premium-Paranoia statt Realismus

 

Blogstuff 1193

„Schreiben ist wie Cunnilingus: dunkle, einsame Arbeit.“ (Andy Bonetti)

Deutschland ist Basketballwelt- und europameister. Im Fußball war das zuletzt 1974 mit Beckenbauer und Müller der Fall.  

Interessant ist ja, wer bei der CDU keinen Ministerposten bekommen hat. Die Ex-Minister Klöckner, Röttgen, Spahn - und auch Linnemann ging leer aus.

Manchmal stelle ich mir vor, man müsste jedes Stück Schokolade mühselig im Wald suchen wie Steinpilze. Es geht uns schon gut.

Deutschland erlebte jahrhundertelang einen Krieg nach dem anderen. In dieser Zeit wurden viele Erfindungen gemacht. Die Schweiz lebte Jahrhunderte in Frieden und hat nichts Bedeutendes hervorgebracht. Seit 1945 kam übrigens auch aus Deutschland bis auf MP 3 nichts mehr …

Was reimt sich auf heikel? Wanne-Eickel.

Eine einzelne Wolke am Himmel. Sie muss sich verflogen haben.

In der taz lese ich neulich über „Berliner Döner“ im Ausland. Im schwedischen Linköping gibt es drei Varianten. Rind, Huhn – und Schwein. Ich habe noch nie einen Döner mit Schweinefleisch gesehen. Sowas gibt es nur beim Griechen und da heißt es Gyros Pita. Und der Spaß kostet auch noch elf Euro.

In Berlin bezeichnen wir die Uckermark als Naherholungsgebiet. Warum ist Thailand dann kein Fernerholungsgebiet?

Seit Jahren warte ich auf den nächsten Besuch der Zeugen Jehovas. Ich habe zwei Varianten zur Drohung „Wir möchten mit Ihnen über Gott sprechen“ entwickelt: a) „Ich bin Pfarrer. Schön, dass Sie hier sind“, b) „Ich möchte mit Ihnen über Allah sprechen“.

Es ist um das Thema Atomkraft verdächtig ruhig geworden. Die Energiekonzerne haben kein Interesse, die Politik nicht das Geld. Welcher Politiker würde Milliarden investieren, endlose Bauzeiten abwarten und einen staatlichen Betrieb zum Verkauf des Atomstroms aufziehen? Der Spuk ist vorbei.

Wieder so ein merkwürdiger Traum. Eine Frau lebt mit ihren drei erwachsenen Söhnen in einem stillgelegten Zug auf einem Abstellgleis. Sie hat ihn der Bahn abgekauft, einige Wagen hat man entkernt und in Wohnräume umgebaut, im Bord-Bistro wird gekocht. Der Rest wird tage- oder wochenweise an Bahn-Fans vermietet, um die Sache zu finanzieren. Vielleicht mache ich mal eine Geschichte daraus.

Ich habe Prince zweimal live erlebt. Bei der Lovesexy-Tour und bei der Diamonds and Pearls-Tour. Er ist unvergessen. Als wäre man bei der Bergpredigt dabei gewesen.

Prince - Purple Rain (Official Video)

Sonntag, 14. September 2025

Hauptstadtflüchtlinge

 

9. September 2025, Altglienicke. Es war 8:30 Uhr und wir erwachten in einer neuen Welt. Warum hatte der Wecker nicht geklingelt? Meine Frau war ebenso ratlos wie ich. Aber die digitale Zeitanzeige blieb tot. Wir hatten verschlafen und würden zu spät zur Arbeit kommen. Eigentlich wollte ich um sechs Uhr aufstehen und unser Auto noch ans Ladekabel hängen, bevor wir unsere Tochter um 7:30 Uhr zur Schule gefahren hätten. Die Batterie war fast leer.

Wir gingen ins Kinderzimmer und weckten die Kleine, dann gingen wir hinunter in die Küche. Die Kaffeemaschine funktionierte nicht und im Kühlschrank brannte kein Licht. Ich öffnete das Eisfach. Ein paar feuchte Kartons mit unserer Notfallration TK-Pizzas. Ich schmiss sie in den Mülleimer. Der Herd. Das Licht. Nichts funktionierte. Stromausfall. Wir machten uns noch keine Sorgen. Normalerweise dauerte es nur wenige Stunden. Wir löffelten die Joghurts aus dem Kühlschrank leer und machten uns Wurstbrote. Das Zeug musste ja weg.

Ernsthaft Sorgen machte ich mir, als das Handy kein Netz hatte. Was war passiert? Radio und Fernsehen würden auch nicht funktionieren. Wir waren ratlos. Also beschlossen wir, unsere Tochter zur Schule zu bringen, um dann selbst zur Arbeit zu fahren. Auf einem Schulzeugnis fanden wir die Adresse der Schule und ich hatte noch meinen alten Falk-Plan von Berlin, den ich mir in den neunziger Jahren als Student gekauft hatte.

Auf dem Weg zur Bushaltestelle sahen wir eine Straßenbahn, die mitten auf der Strecke liegengeblieben war. An U- und S-Bahn war also nicht zu denken. Mit dem Bus würde es ein langer Weg nach Charlottenburg werden, wo meine Frau und ich arbeiteten. Immerhin kam der Bus und wir fuhren zur Grundschule. Sie war wegen des Stromausfalls geschlossen, weil es weder Strom noch einen funktionierenden Feueralarm gab.

Also fuhren wir alle drei mit dem Bus in die Innenstadt. Schon der 160er bis Sterndamm war völlig überfüllt, aber wir quetschten uns gerade noch so hinein. Dann ging es mit dem 265er weiter bis zur Sonnenallee in Neukölln. Inzwischen hatten wir wieder Handy-Empfang. Die Fahrt bis zu unseren Büros würde insgesamt zwei Stunden dauern. Wir lasen, dass es einen linksextremistischen Brandanschlag auf zwei Strommasten gegeben hatte und die Reparaturarbeiten bis Donnerstagabend dauern würden. Übersetzt in den Hauptstadtalltag: Für den Rest der Woche ging nichts mehr.

Was sollten wir machen? Meine Frau arbeitete in einem Großraumbüro und ich als Hauptstadtkorrespondent des Wichtelbacher Landboten in einer Online-Redaktion. Unsere Tochter konnten wir nicht zur Arbeit mitnehmen und auch nicht allein zuhause lassen. Wir riefen unsere Vorgesetzten an und schilderten ihnen die Lage. Wir bekamen den Rest der Woche frei, das kostete uns vier Urlaubstage. Ich versprach meiner Redaktion, vom Stromausfall und unserem neuen Alltag per Handy zu berichten und mindestens drei Artikel zu schreiben.

Wir setzten uns in den McDonald’s am Hermannplatz und berieten die Lage. Keiner von uns wollte nach Hause in die Stille und die Dunkelheit nach Sonnenuntergang. Wir hatten bis Sonntagabend Zeit, dann würde alles wieder funktionieren. Meine Frau hatte die rettende Idee und unsere Tochter war sofort begeistert. Wir machen Urlaub! Schon auf dem Bürgersteig waren wir im Ferienmodus und gönnten uns ein Taxi zum Hauptbahnhof. Unterwegs berieten wir, wohin es gehen sollte. Ostsee, Tante Erika in Erfurt, Hamburg?  

Wir fuhren nach Bad Saarow am Scharmützelsee. Wir nahmen uns ein Zimmer in einem Hotel und gingen ins Restaurant „Carpe diem“ (sic!). Am nächsten Morgen kauften wir uns ein paar Klamotten zum Wechseln, Badesachen, Zahnbürsten und einen Kamm. Danach gingen wir in die Saarow Therme, wo wir uns ein paar Stunden entspannten. Fünf schöne Spätsommertage mit Spaziergängen am See, gutem Essen und gemeinsamen Abenden vor der Glotze. Die neue Welt gefiel uns eigentlich ganz gut.

Samstag, 13. September 2025

Digital lemon is calling you

 

Blogstuff 1192

„Wenn du eine Zitrone bist, solltest du keine gelben Hosen tragen.“ (Karl Lagerfeld zugeschrieben)

Brasilien hat die Eier, die die USA längst nicht mehr hat. Der versuchte Staatsstreich von Bolsonaro bringt ihn für 27 Jahre in den Knast. Da müsste eigentlich auch Trump sitzen.

Warum ist der Boxring viereckig?

Kann sich noch jemand an die Bonbondosen von „Quality Street“ erinnern? Toffees, Bonbons und Pralinen in einer runden Blechbüchse, auf der eine Frau in einem viktorianischen Kostüm mit Hut und Schirm abgebildet war, hinter der ein fescher Offizier stand. Der Hersteller war die englische Firma Macintosh, die auch den quietschsüßen Caramac-Riegel und Rolo herstellte. Karamell, soweit das Auge reicht. Manchmal hatte meine Oma eine Dose und wir konnten nicht genug von dem Zeug kriegen. Wenn man heute den Namen Macintosh googelt, sieht man nur Bilder von alten Computern. „Quality Street“ wird inzwischen von Nestlé produziert.

Dann hätten wir aus den 70ern noch die „3 Musketiere“, „Bonitos“, „Prickel Pit“, später kam noch PEZ mit den coolen Spendern im Brausebonbonsegment dazu, und es kam zu Glaubenskriegen wie zwischen den Pelikan- und den Geha-Usern. „Ahoi“ in Pulverform darf natürlich nicht vergessen werden. Bayrisch Blockmalz habe ich damals tütenweise vertilgt, fasziniert war ich von den Schoko-Goldtalern, die mir einen ersten Vorgeschmack auf die Wonnen des Reichtums vermittelten. Auch Schokoladenzigaretten bereiteten uns auf das Erwachsenenleben vor. Viele Marken gibt es natürlich auch heute noch, vor allem Schokoriegel und Tafelschokolade.

Kennt jemand Goldies in der Oranienstraße? Zwei Jungs, die im Drei-Sterne-Restaurant Ritz-Carlton in Wolfsburg gekocht haben, sind nach Berlin gekommen, um hier „Best bad food in town“ zu machen. Sie haben sich auf Fritten spezialisiert, haben von den Besten in Belgien und Holland gelernt, wissen, welche Kartoffeln man braucht, wie man sie schneiden muss, dass man sie zweimal frittieren muss – und zwar nicht in billigem Sonnenblumenöl, sondern in Rinderfett. Sie haben spezielle Fritten-Gerichte wie „Ente Peking“ und „Beef in Paris“ für kleines Geld, außerdem gibt es inzwischen auch Smashburger, die sich in Windeseile in der Berliner Gastro-Szene verbreitet haben. In einem Video zeigen sie ihre drei Lieblingsimbissbuden, darunter zwei von meinen absoluten Favoriten: den Puffer-Imbiss am Hermannplatz (Eierkuchen auch extrem lecker) und die Curry-Baude im Bahnhof Gesundbrunnen, meine Nr. 1 in Sachen Currywurst, massivst übergeil, von mir bereits übelst abgefeiert, um es mal im Jargon der Baden-Badener Foodblogger zu formulieren. Der Chef ist Metzgermeister und hat auch eine Ewigkeit Curry 36 mit seinen Würsten beliefert. Was soll ich sagen? Die beiden haben einfach Ahnung von Gastronomie. Rogacki, im Video ganz am Anfang und das Mekka für Fischliebhaber, hat inzwischen dichtgemacht, weil der alte Rogacki gestorben ist.

DIE LEGENDÄRSTEN IMBISSE BERLINS

 

Freitag, 12. September 2025

Linker Fachkräftemangel

 

Der revolutionäre Nachwuchs ist an Dämlichkeit nicht mehr zu überbieten. Da legen ein paar Saboteure, vermutlich wohlgenährte Großbürgerkinder, deren Väter Zahnarztpraxen und Anwaltskanzleien in Westdeutschland betreiben und ihnen zur Belohnung für den Bachelor in Ausdruckstanz eine Altbauwohnung am Kollwitzplatz kaufen werden, die Stromversorgung eines ganzen Stadtteils lahm. Begründung: Der „militärisch-industrielle Komplex“ in Adlershof soll getroffen werden.

Was ist der „Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Adlershof“ eigentlich genau? Hier gibt es sieben naturwissenschaftliche Institute der HU Berlin, hunderte Unternehmen aus den Bereichen Medien, IT, Erneuerbare Energien, Biotechnologie, Gewerbe und Dienstleistungen. Darunter sind auch Unternehmen, die Rüstungskonzerne und die Bundeswehr zu ihren Kunden zählen. Die Chips der Firma Trumpf finden sich nicht nur in Smartphones, sondern auch in Waffensystemen. Atos hat ein IT-System für die Bundeswehr entwickelt (HaFIS, Harmonisierung der Führungsinformationssysteme), Produkte von Jenoptik werden auch für die militärische Aufklärung benutzt. Oha! Dieses Schurkennest muss attackiert werden. Wenn ich der Rüstungsindustrie in Deutschland schaden will, dann greife ich Unternehmen wie Rheinmetall oder Heckler & Koch doch direkt an. Es könnte so einfach sein. Man kann es aber auch kompliziert machen.

Mit dieser Aktion gewinnt man, vorsichtig ausgedrückt, keine Sympathien in der Bevölkerung. Sie sieht die Sache nämlich so, wie sie wirklich ist: als Terroranschlag gegen Unschuldige. Die Leute, denen der Saft abgedreht wurde, arbeiten nicht für die Rüstungsindustrie. Sie arbeiten überall in der Stadt oder zuhause. Sie sind auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen, auf Supermärkte und Bäckereien, auf funktionierende Infrastruktur, Schulen und Kitas. Sie finden es nicht ganz so lustig, wenn man kranken Menschen den Strom für ihre Beatmungsgeräte nimmt oder tonnenweise Lebensmittel vernichtet werden, weil die Kühlung ausgefallen ist.

Wenn man unter Wahnvorstellungen oder akuten Ideologieschüben leidet, kann man natürlich behaupten, alles gehöre zum militärisch-industriellen Komplex. Mit Strom werden Waffen produziert, auf Straßen und Schienen können auch Rüstungsgüter transportiert werden, jeder Erwachsene ist ein potenzieller Soldat, jede Schule ein Ort militaristischer Indoktrination, Bäcker und Metzger können auch Brot und Wurst an die Front liefern, in jedem Betrieb kann man Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene beschäftigen. Man kann diesen Gedanken noch weiterspinnen. Jede Banane ist gelebter Kapitalismus. Wer Pepsi trinkt, glaubt auch an Massenvernichtungswaffen im Irak.

Die Bonsai-Terroristen machen denselben Fehler wie die Klimakleber und Kunstvernichter der Letzten Generation. Sie zerstören mit ihren Aktionen jede Form von Unterstützung in der Bevölkerung. Es gibt viele Menschen, die der Meinung sind, der Klimawandel sei die größte Bedrohung unserer Zeit und Deutschland dürfe keine Rüstungsgüter exportieren. Wer ein Stadtviertel oder den Straßenverkehr lahmlegt, kämpft gegen die eigenen Sympathisanten und isoliert sich. Es ist derselbe Autismus, den wir von den K-Gruppen der 68er kennen. Sie haben etwas für sich gemacht, nicht für andere. Das mediale Echo ihrer Tat mag ihrer Eitelkeit schmeicheln, der Anschlag bleibt aber gesellschaftlich wirkungslos. Die Letzte Generation ist nicht nur gescheitert, sie hat auch gleich die Massenbewegung Fridays for Future zerstört. Selbst Greta Thunberg macht nicht mehr mit. Der Linken in der Generation Z fehlt es an Köpfen, aber leider nicht an Ärschen.

Donnerstag, 11. September 2025

Im Rausch der Langsamkeit

 

Blogstuff 1191

Israel unter Netanjahu entwickelt sich immer mehr zur dominanten Regionalmacht, seit die USA in Asien keinen Krieg mehr führt. Der Angriff auf Irans Atomwaffenprogramm mag noch verständlich gewesen sein, aber die Luftangriffe gegen Libanon, Syrien, Jemen und jüngst gegen Katar sind klare Anzeichen von Imperialismus. Netanjahu und die Hamas haben eine Gemeinsamkeit: kein Interesse an Friedensverhandlungen. Da wünscht man sich einen Politikwechsel in Jerusalem, der eine Phase der Deeskalation einleitet.  

Kein Interesse an Friedensverhandlungen, aber Spaß an der Eskalation hat auch Putin, der jetzt sogar einen Drohnenschwarm nach Polen geschickt hat. Da will jemand offenbar die Schmerzgrenze der NATO testen.

Reform … Reform! Da denke ich gleich ans Reformhaus. Das sind doch die Fachleute. Hier bekomme ich „Zwergenwiese Soul Kitchen Bangkok Curry bio“, natürlich vegan, gluten- und laktosefrei. Oder das Wurzelkraft-Granulat von Jentschura. Bohnen in Tomatensoße von Rapunzel. Söders Insta-Foodporn bekäme eine völlig neue Dimension.

Hätten Sie’s gewusst? Winston Churchill hat als Soldat an fünf Kriegen teilgenommen, u.a. auf Kuba, in Indien und im Sudan, bevor er gegen Endgegner Hitler angetreten ist.

Nach einem Anschlag auf zwei Strommasten waren zehntausende Berliner ohne Strom. Auf indymedia ist ein Bekennerschreiben von Anarchisten zu lesen, die einen Angriff auf den „militärisch-industriellen Komplex“ in Adlershof begangen hätten. Was ist, wenn z.B. russische Agenten zehn oder zwanzig Masten in einer Nacht lahmlegen? Schon ist die Hauptstadt ohne Strom und Chaos bricht aus. Kein Wasser, kein Licht, kein Supermarkt, kein Fernsehen, keine S- und U-Bahn, kein Bargeld und keine Kartenzahlung und die Akkus sind auch bald leer. Es wäre so einfach. Wir sind unfähig, uns zu verteidigen – und dabei denke ich nicht nur an die Bundeswehr.

Im ersten Halbjahr 2025 ging die Zahl der Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr um 43 Prozent zurück. Jetzt werden sich Söder und Dobrindt natürlich selbstgefällig auf die eigene Schulter klopfen und das als ihren Erfolg beanspruchen. Aber schon in den ersten vier Monaten dieses Jahres ging die Zahl der Anträge auf 52.000 zurück, d.h. 13.000 im Monat. In dieser Zeit regierte bekanntlich noch Scholz, Merz wurde erst Anfang Mai zum Kanzler ernannt. Zum Vergleich: 2024 gab es 251.000 Anträge, d.h. 21.000 im Monat. Grund ist der Sturz des Assad-Regimes, Syrer waren zehn Jahre lang die größte Gruppe unter den Antragstellern. Ihre Zahl ging um 43 Prozent zurück. Bei den beiden folgenden Gruppen war ein Rückgang von 63 Prozent (Türken) und 30 Prozent (Afghanen) zu verzeichnen. Die Arbeit der Bundespolizei an den deutschen Grenzen ist also nur eine Fußnote.

Manche sagen, in den 80ern wäre die Mauer gefallen. Für mich war es einfach das Schulterpolsterjahrzehnt.

Mittwoch, 10. September 2025

Vorschlag, Nachschlag, Rückschlag, Niederschlag


Blogstuff 1190

„I don't hate people. I just feel better when they aren't around.” (Charles Bukowski)

Es gibt einen klaren Unterschied zwischen Konservativen und Rechtsextremisten. Konservative wollen bewahren, sie stehen Veränderungen erst einmal kritisch gegenüber. Rechtsextremisten wollen ein anderes politisches System, eine andere Gesellschaft, ein anderes Land. Das war schon in Weimar der Fall, DNVP, KVP und Zentrum hatten andere politische Ziele als die NSDAP. Deswegen ist es gefährlich, wenn Politiker wie Spahn oder Klöckner diesen Unterschied verwischen wollen. Spahn wollte die AfD im Bundestag wie alle anderen Parteien behandeln, Klöckner köderte die AfD-Wähler vor der Wahl mit dem Spruch „Für das, was Ihr wollt, müsst Ihr nicht AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU.“ Diese Frau hat am selben Institut in Mainz Politikwissenschaft studiert wie ich, sie hatte dieselben Profs und Pflichtveranstaltungen im Grundstudium. Spahn hat sogar 14 Jahre Politikwissenschaft an der Fern-Uni Hagen studiert. Wie kann man allen Ernstes so einen Blödsinn verzapfen?

Das ist sportlich. Von den 502 Milliarden im Bundeshaushalt werden 420 Milliarden durch Einnahmen gedeckt, 82 Milliarden durch Schulden. Dazu kommen etwa sechzig Milliarden Schulden aus den beiden „Sondervermögen“. Ich bin sicher, Merz weiß nichts davon. Sonst würde der Vorsitzende einer Partei, in der Schäuble einst die „schwarze Null“ hochgehalten hat, doch voller Empörung protestieren.

Seit 76 Jahren ist Deutschland eine Demokratie. Für manche Bürger ist es so selbstverständlich, dass sie nicht darüber nachdenken. Für manche ist es langweilig und kein Thema. Für manche ist es einfach egal, sie haben kein Interesse am Thema und würden der Demokratie auch keine Träne nachweinen, wenn sie verschwindet. Manche arbeiten aktiv an der Beseitigung der Demokratie. Das ist der Zustand dieses Landes 2025.

Elf Jahre habe ich auf dem Land gelebt, bevor ich im vergangenen Sommer zurück nach Berlin gekommen bin. In diesem Hunsrückdorf wusste jedes Kind: Gartenabfälle kommen auf den Komposthaufen, Küchenabfälle kommen in die Bio-Tonne. Ist ja nicht so schwer. Die Öko-Freaks in unserem Haus – Stadtmenschen wissen ja immer alles besser, haben aber eigentlich keine Ahnung – haben die Bio-Tonne abgeschafft und einen Kompostbehälter in den Garten gestellt, wo Garten- und Küchenabfälle zusammen reingeworfen wurden. Jetzt war der Kammerjäger da. Natürlich hat sich rund um den Behälter eine ganze Rattenkolonie gebildet, deren katzengroße Exemplare sich jeden Tag in Erwartung von Kartoffelschalen, Nudeln und anderen Köstlichkeiten die Serviette umgebunden hatten. Wie konnte die Menschheit so lange überleben?

Das Sommerloch 2025 ist Geschichte, aber die Forderung von Fratzie-Bär (jetzt alle mit den Ohren wackeln) nach einem verpflichtenden sozialen Jahr für Rentner war der originellste Einfall. Viele Männer waren doch damals beim Bund, die können als Friedenstruppe bzw. Rollator-Kompanie in der Ukraine einrücken. Wer nicht zurückkommt, entlastet den Sozialstaat.

Dienstag, 9. September 2025

Hoch die Hände, Zeitenwende – Reformherbst in Germany

 

Blogstuff 1189

„Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst.“ 

Ich bin jetzt 59, in diesem Alter starb George Best (1946 – 2005).

Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Ende der Weimarer Republik und heute. Damals hatte die Oberschicht Angst vor Kommunismus und Enteignung. Man warf sich den Nazis an den Hals, denn Uniform, Gleichschritt und Vaterlandsliebe entsprachen dem deutschen Geist, die roten Fahnen der Revolution und der Internationalismus aber nicht. Heute hat die Oberschicht nichts zu befürchten. Die Arbeiterschaft ist nicht mehr organisiert, sie will keine Revolte, sondern Lohnerhöhungen. Die Linke interessiert sich nicht für die Arbeiter und will keine andere Gesellschaft, kein anderes Wirtschaftssystem, ihr genügen ein paar lauwarme Forderungen nach Steuererhöhungen, die der Geldadel aus der Portokasse zahlen könnte. Wir werden keinen neuen Faschismus erleben, denn die Oberschicht ist mit den herrschenden Verhältnissen und Politikern zufrieden.

Wenn man an einer belebten Straße steht und den Verkehr vorüberströmen sieht, hat man nach fünf Minuten vergessen, welche Autos man gesehen hat. So ist es auch mit den sozialen Medien. Die Zeit vergeht mit Klicken und Scrollen, aber nichts bleibt im Gedächtnis.

Warum gibt es in keiner Eisdiele Bananeneis? Früher war das eine Standardsorte. Wer kennt einen Ort in Berlin, wo man noch Bananeneis bekommt?

„Was wollen Sie hören? Die Wahrheit? Die würden Sie doch gar nicht ertragen!“ Immer noch ein Film-Klassiker.

„Es gibt eine eiserne Regel im Journalismus: Keine Witze über Namen. Sie müssen sich also über die Berichterstattung in Ihrem Fall keine Sorgen machen, Herr Bumsen.“

Im Paradies wurde nicht gearbeitet, Jesus hat nicht gearbeitet, sondern die Faulheit in der Bergpredigt verherrlicht, und selbst der unsterbliche Gott kommt nur auf sechs Arbeitstage.

Als Kind hatte ich eine Ritsch-Ratsch-Klick, eine Agfamatic 4000 Pocket. Mein erster Fotoapparat – zur gleichen Zeit bekam ich als Armbanduhr eine Timex. Daher kenne ich auch noch die ironische Bezeichnung „Blitzbirne“ für Leute, die gerade auf der Leitung stehen. Die Agfamatic verfügte über Blitzbirnen zum Aufstecken. Junge Leute wissen gar nicht, wovon Grandpa Simpson gerade spricht.

So läuft’s bei der Camorra: Lothar Matthäus hatte in den 80ern ein Angebot vom SSC Neapel. Eine Million Mark netto im Jahr. Bei den Verhandlungen in einem italienischen Restaurant hatten sie die Million in bar dabei. Er hätte den Koffer einfach nehmen können, blieb aber bei den Bayern, wo er nur eine halbe Million verdiente.