Montag, 31. Mai 2021

Ein Tag im Jahr 2194


Als ich aufwachte, standen mir die Schweißperlen auf der Stirn. Ich ging ins Bad und zog mein verschwitztes Shirt aus. Die Klimaanlage funktionierte nicht. Stromausfall. Das dritte Mal in dieser Woche. Niemand investierte Geld in diesen alten Wohnkomplex. Dabei zahlte ich zwanzigtausend Dollar Miete im Monat, mehr als die Hälfte meines Einkommens.

Ich zog mir ein frisches Shirt an. Es hatte ein paar Löcher, aber ich hatte mein Kontingent an Bekleidung für dieses Quartal schon zugeteilt bekommen. Baumwolle und Kunstfasern waren gerade knapp, aber in Sektor 27 sollte ein neuer Komplex entstehen, in dem genügend Baumwolle gezüchtet werden würde.

Mit dem Fahrstuhl fuhr ich von meiner Wohnung im 58. Stock in den Keller. Auf dem Bahnsteig standen ein paar andere Bewohner mit müden Gesichtern. Ohne Klimaanlage war die Hitze kaum auszuhalten. Wie musste es erst außerhalb der Kuppeln sein? In der Wüste oder in den Bergen? Die Magnetschwebebahn kam, ohne ein einziges Geräusch zu verursachen. Ich hatte Glück und bekam einen Sitzplatz.

Im Arbeitskomplex 107 stieg ich aus. Ich bin Macher und ich arbeite für einen Künstler, der Filme für die Bewohner unserer Kuppelstadt programmiert. Ich mache für ihn die Recherche. Wenn ein Film beispielsweise in der Vergangenheit spielt, sehe ich im Archiv nach, wie die Menschen damals gelebt haben, damit die Handlung und der Bildhintergrund authentisch wirken. Im Jahr 2000 hat man sich das Handy noch ans Ohr gehalten, 2020 vor den Mund, als wolle man hineinbeißen, 2040 sprach man ohne Gerät und 2060 sprach man gar nicht mehr.

Ich ging immer gerne ins Büro. Hier funktionierte wenigstens die Klimaanlage und das Leitungswasser war trinkbar. Wir durften so viel trinken, wie wir wollten, aber wir durften kein Wasser mit nach Hause nehmen. Im Fahrstuhl von der Haltestelle im Keller in mein Büro dachte ich daran, dass ich nur noch einen Monat arbeiten musste, bevor mein Baccanal begann. Einmal im Jahr durften wir zwei Wochen lang leben wie ein Seher. Ein Luxusapartment, der Besuch echter Gärten, köstliche Speisen, Swimming-Pool, Massagen. Wir lebten nur für diese zwei Wochen im Jahr.

Unsere Gesellschaft besteht aus wenigen, klar voneinander abgegrenzten Gruppen. Ganz oben gibt es die Seher. Sie sehen zukünftige Profite und Geschäftsfelder, sie leiten die Gesellschaft. Dann gibt es die Heiler, sie sind für unsere Gesundheit zuständig. Die Wächter sorgen für Ordnung. Die Künstler unterhalten uns. Dann kommt die Masse der Ernährer und Macher. Darunter gibt es nur noch die Verbraucher: Menschen, die aufgrund ihres Alters oder einer Behinderung nicht arbeiten können. Die Weltbevölkerung liegt derzeit stabil bei fünf Milliarden Menschen. Jede Frau hat das Recht auf zwei Kinder. Diese Rechte sind verkäuflich und können an andere Frauen abgetreten werden.

Da die Welt außerhalb der Kuppeln nicht mehr zu retten war, werden die Nahrungsmittel in riesigen Komplexen mit achtzig Stockwerken hergestellt. Getreide, Obst und Gemüse werden ohne Erde angebaut. Fleisch, Fisch und Milchprodukte gibt es nur für die Seher. Die Versorgung der Pflanzen mit Wasser und Nährstoffen sowie die Herstellung von Proteinzellen ist vollständig automatisiert. Auch wenn wir Menschen von der Erde verschwunden ist, leben sie weiter. Wir geben die Schöpfung so, wie Gott sie erschaffen hat, an die Zukunft weiter.

Sören-Rambo Nelkenthal, der Künstler, für den ich arbeitete, erwartete mich schon. Ich sollte Frisuren und Bekleidung aus den 1980er Jahren recherchieren. Dazu ein paar Modewörter, die aber heute noch verständlich waren. Krass ungeil, Alter!

P.S.: Heute Abend um 23 Uhr kommt auf Arte „Zardoz“, einer der besten dystopischen Filme aller Zeiten. Es geht nicht um Raumschiffe oder Außerirdische, sondern um eine brutale Zwei-Klassengesellschaft. Die politisch korrekt (Ökologie, Gleichberechtigung, Frieden) lebende Elite wohnt in Luxus-Enklaven von der Masse getrennt, für die es nur Armut, Hunger und Gewalt gibt.

Tosca - Stuttgart feat. Lucas Santtana (Marlow & Trüby Refix) - YouTube

Sonntag, 30. Mai 2021

Wenn das Milchmädchen zweimal klingelt

 

Heute nehme ich mir mal die These vor, Big Pharma würde sich an Corona dumm und dämlich verdienen, weil wir jetzt alle eine Impfung pro Jahr zur Auffrischung benötigen. Wie immer habe ich nicht recherchiert, jongliere freihändig mit geschätzten Zahlen und mache einen auf Milchmädchenrechnung. Bock drauf?

Also gut. Es gibt ungefähr 80 Millionen Menschen in Deutschland. Nehmen wir an, drei Viertel von ihnen lassen sich impfen. Das sind dann 60 Millionen Impfungen und damit auch 60 Millionen Impfdosen. Sagen wir mal, so eine Impfdosis kostet zehn Euro. Es gibt Hersteller, die günstiger sind, und Hersteller, die teurer sind. Es ist ein Pi-mal-Daumen-Wert, weil ich keine Lust habe, die Zahlen nachzuprüfen oder einen Taschenrechner zu benutzen. 60 Millionen x 10 € ergibt 600 Millionen €.

Mit der Impfung wird also ein Umsatz von 600 Millionen Euro erwirtschaftet. Umsatz ist noch kein Profit. Herstellungskosten, Steuern, Transportkosten müssen abgezogen werden. Nehmen wir an, die miesen Ausbeuterschweine machen an diesem Geschäft 50 Prozent Gewinn, weil sie mit ihren dreckigen Bonzenpfoten abgreifen, was geht. Jeder Kaufmann träumt von dieser Gewinnspanne, aber Big Pharma traue ich das locker zu. Macht 300 Millionen € Profit pro Jahr.

Ich bringe mutwillig eine weitere Variable ins Spiel. Ich sage, dass sich sechs Hersteller nächstes Jahr dieses Geschäft teilen. Also macht jedes Unternehmen einen Jahresgewinn von 50 Millionen € mit Corona. Das nennt man Peanuts. Und dafür eine Verschwörung? Dafür die Lockdowns, die den Staat hunderte Milliarden € gekostet haben? Das wäre die dämlichste Verschwörung der Weltgeschichte. Aber wer schimpft nicht gerne auf Big Pharma und seine Apothekerpreise.

Samstag, 29. Mai 2021

Mein erster Traum mit Sebastian Pastewka

 

Ich träume, ich säße mit Sebastian Pastewka in einem Biergarten. Ein Freund von ihm kommt vorbei und empfiehlt uns ein Restaurant in Koblenz. Er hat sogar eine laminierte Speisekarte im DIN A4-Format dabei. Mir fällt auf, dass alle Gerichte Variationen von Schweinefleisch mit Kartoffeln und Rotkraut sind. Das Fleisch als Braten, Schnitzel, Haxe oder Gulasch, dazu Bratkartoffeln, Klöße, Kartoffelbrei oder Salzkartoffeln. Aber mit ganz unterschiedlichen Fantasienamen. Wir reservieren telefonisch einen Tisch und gehen hin.

Direkt neben unserem Tisch ist der Stuhlkreis einer religiösen Gruppe, die inbrünstig beten. Hier kann man sich unmöglich unterhalten. Wir lassen den Wirt kommen, der uns zu einem anderen Tisch bringt. Da das Essen bereits gekommen war, nehme ich meinen Teller und mein Glas Bier mit. Es beginnt eine Odyssee durch diverse Räume des Lokals. Nie können wir lange sitzen bleiben oder finden erst gar nichts. Wir nehmen an einem freien Tisch Platz, kurz darauf kommen die Gäste, die ihn reserviert hatten. Wir entdecken freie Plätze, aber die Leute, die bereits dort sitzen, warten auf Freunde.

Von Mal zu Mal sind mehr Dinge zu transportieren. Zunächst ist nur das Rotkraut in einer Extra-Schüssel, später auch die Kartoffeln. Ich muss mich entscheiden, lasse also immer etwas zurück, das ich später holen werde. Irgendwann habe ich Pastewka aus den Augen verloren. Ich irre ziellos durchs Lokal. Wie immer in diesen Träumen ist der Ort der Handlung labyrinthisch und besteht aus zahllosen Räumen. Das Restaurant ist uferlos.

Schließlich finde ich ihn, wie er mit einem Bier in der Hand vor einem Fernseher sitzt. Es läuft Bundesliga. Er winkt mich zu sich. Ich setze mich neben ihn. Wütend esse ich die paar kläglichen Reste (Kartoffeln und Rotkraut, kein Fleisch). Das Spiel steht gerade 3:0 und ist längst entschieden.

 

Freitag, 28. Mai 2021

Frühstück bei Bonetti

 

Hinter der eleganten Fassade des New Yorker High-Society-Stars Andy verbirgt sich ein trauriger und sehr sensibler Künstler.

 

Blogstuff 598

„Manchmal sitze ich wie ein Bauer nach getaner Feldarbeit auf dem Scheißhaus, die Ellbogen auf den Knien, und denke nach. Was das alles soll hier, der ganze Blödsinn, all die Tage, die Sonne und der Mond.“ (Andreas Glumm)

„Mehr als eine Milliarde Euro für sieben Kilometer Asphalt: In Berlin prügelt die Bundesregierung die Autobahn 100 durch die Stadt“ (Spiegel, 24.5.21) – Andi Scheuer nach wie vor in Höchstform. 

Was ist schlimmer? Sie sitzen in einem Zug voller Fußballfans oder Sie sitzen in einem Zug voller Querdenker?

Der dunkle Schleier der Pandemie wird weggezogen und plötzlich stehen wieder Themen zur Diskussion, die handelsübliche Dimensionen haben: ein Scharmützel im Nahen Osten, in Belarus betätigt sich der Staat als Flugzeugentführer, Deutschland wird Vorletzter beim ESC, das Wetter ist beschissen.

Es gibt nur eine Sorte Experten, die ich mehr hasse als die Leute, die zu einer Blume die lateinische Bezeichnung wissen: Leute, die Sternbilder erkennen. Für mich sind das einfach nur kleine Lichtpunkte. Und wenn ich willkürlich fünf von ihnen verbinde, ist das der „Große Wagen“? Ich weiß, wie ein Wagen aussieht. So jedenfalls nicht. Ich zeig doch auch nicht wahllos in den Nachthimmel und sage: Guck mal, das ist der Toyota Corolla.

Ein Lob der Dienstleistungsgesellschaft. Unser Haus hat 36 Fenster und Glastüren. Dazu kommt ein gläserner Wintergarten von der Größe eines japanischen Studentenappartements. Zwei Männer von einer Reinigungsfirma haben zwei Stunden ohne Pause gearbeitet. Ich hätte Tage gebraucht. Es hat mich nur 110 Euro gekostet. Einmal im Jahr gönne ich mir den Luxus.

Bonetti Media plant eine Serie über den Alltag in deutschen Kindergärten. Arbeitstitel: „Die Sendung mit der Laus“.

Meine Mutter hat meine Ernährung am ersten Geburtstag direkt von Milch auf Irish Coffee umgestellt.

Politische Landschaftspflege funktioniert nicht mit Bestechung. Politiker erbringen für die Zahlungen von Bonetti Media eine Gegenleistung. Einmal im Monat treffen sich die VVV (Verdiente Vertreter des Volkes) in der Villa Bonetti zu einer Sitzung des Ausschusses „Unser Blog soll schöner werden“. Es gibt ein opulentes Sieben-Gänge-Menü der Sterneköchin La Toyah Nagelschmitt und eine rheinhessische Weinbegleitung. Dafür bekommen die Politiker ein Honorar von zehntausend Euro. Uploadfilter sind für Bonetti Media kein Problem. Für das Unternehmen gibt es eine Ausnahmeregelung.

John Mellencamp - Paper In Fire - YouTube

Mittwoch, 26. Mai 2021

Klingelstreich im Internet

 

Blogstuff 597

„Wäre ich Lehrer geblieben, hätte ich meinen Beruf verfehlt. In der Schule bist du von zu vielen Leuten umgeben, die vom Leistungsprinzip nicht so viel halten.“ (Udo Lattek)

Wie sich Social-Media-Wutrentner ihren Berlinbesuch vorstellen:

1. Mit einem einzigen Roundhouse-Kick die gesamte Bundesregierung außer Gefecht setzen.

2. Mit einem dicken Motorrad ohne Helm durchs Brandenburger Tor brettern.

3. Vor dem Berliner Schloss die Ein-Mann-Republik verkünden.

„Gigantische Werbeagenturen beherrschen die Welt des 21. Jahrhunderts, die politischen Institutionen sind zu Attrappen verkümmert, die Bürger nichts weiter als statistisch erfasste Konsumenten.“ Kommt Ihnen bekannt vor? Frederik Pohl und Cyril M. Kornbluth haben dieses Thema in ihrem SF-Roman „Eine Handvoll Venus“ (Originaltitel: The Space Merchants) schon 1952 behandelt. Es geht nicht um Raumfahrt, sondern um Marketing. Wie verkaufe ich die Idee einer Reise zur Venus? Unbekannte Welten, unentdeckte Schätze, Rohstoffquellen, Profitmöglichkeiten, Investitionen, die nächste Stufe der Kapitalakkumulation. In dieser Hinsicht war die Raumfahrt bisher ein Flop. Was haben wir auf dem Mond gefunden? Staub, Steine. Wir sind auf den Reisekosten sitzen geblieben. Der Mond ist eine Enttäuschung.

Rezepte sind was für Entscheidungsschwache.

Ich habe mir erst die linke Hälfte des Gesichts rasiert, als plötzlich der Akku leer ist. Zehn Sekunden später klingelt es an der Tür. Sie kennen das.

Es gibt Leute, die sich in Fachgeschäften persönlich beraten lassen, anschließend nach Hause fahren und das Produkt im Internet bestellen, weil es dort 0,1 Prozent billiger ist. Ich mache es umgekehrt. Ich nutze die Seite von Lieferando, um mich über das gesamte Angebot schnell zu informieren. Dann klicke ich auf das „i“ auf der Seite des Restaurants, das ist ausgewählt habe, wähle die dort angegebene Telefonnummer und bestelle mein Essen analog. Lieferando verdient keinen Cent, ich habe die Dienstleistung der Firma kostenlos genutzt. Fühlt sich jedes Mal gut an. Wie Klingelstreich.

Ich kann nix. Ich wäre also für jedes politische Amt geeignet.

„Halt mich für dumm

Aber halt mich

Wenn du mich nicht hälst

Halt ich es nicht aus“

Für dieses Gedicht wurde Heinz Pralinski mit dem Goldenen Kamm von Saarlouis ausgezeichnet.

Meadows in Bloom (feat. Britta Phillips) - YouTube

Montag, 24. Mai 2021

Zwischen Obst und West

 

Blogstuff 596

„Ohne Geld wäre die Armut gar nicht denkbar.“ (Gerhard Polt)

Deutsch sein heißt, einen Weltkrieg nicht um sechs Uhr, sondern um 5 Uhr 45 zu beginnen.

Es gibt drei Bereiche, in die sich der Staat nicht einmischen sollte: Schnitzel, Strand und Schlafzimmer. Vor acht Jahren machten die Grünen mit dem Veggieday den Fehler, sich auf oberlehrerhafte Weise in die Entscheidung einzumischen, was die Leute essen sollen. Jetzt machen sie mit der Debatte um das Verbot von Flugreisen denselben Fehler.

Ich frage mich, warum viele Leute immer noch auf einen Impftermin warten. Seit Monaten gibt es Globuli gegen Corona. Ich selbst trage ein magisches Amulett, das mich vor dem Virus schützt. Es wurde von einem Schamanen in einer Klangschalenzeremonie persönlich geweiht.

An dieser Stelle sollte eigentlich die Geschichte vom einarmigen Jack kommen. Aber es stellte sich heraus, dass Jack gar nicht einarmig ist. Er hat die ganze Zeit den zweiten Arm unter der Jacke versteckt und lässt einfach einen leeren Ärmel baumeln, um das Publikum zu täuschen.

Wenn ich von der Polizei verfolgt werde, flüchte ich in ein Einkaufszentrum oder ein anderes Gebäude voller Menschen. Dann löse ich den Feueralarm aus und verschwinde in der panisch flüchtenden Masse. Wenn wir wissen wollen, wer Corona ausgelöst hat, dürfen wir nicht nach irgendeiner Weltverschwörung fragen. Wer hat das Chaos zur Flucht genutzt? Merkel, Trump, Löw und Bohlen.

Ich bin so froh, dass ich in einer Welt lebe, in der ich nicht perfekt sein muss. Für die Lifestyle-Linken am Nachbartisch mag mein Jägerschnitzel mit Pommes ein Verbrechen an der Natur, Tiermord oder Selbstmord mit Messer und Gabel sein, aber ich habe das Recht, mich einen Scheiß um ihre moralischen Appelle zu kümmern. Ich bin längst zu alt, um mich für meinen T. Rex-Lebenswandel zu rechtfertigen.

Trotzdem erzähle ich immer gerne, dass ich aus Umweltschutzgründen auf Auto und Flugreisen verzichte. Dabei habe ich gerade 5000 Liter Heizöl für 3600 € bestellt. In diesem Winter habe ich ganz allein über 2000 Liter verbraucht.

Ich habe Einhörnchen im Garten.

2024: Yoga wird olympisch.

Es ist sehr mutig, im Kampf gegen Israel einem jüdischen Restaurant in ein paar Tausend Kilometer Entfernung die Scheiben einzuschmeißen.

The Weeknd "Blinding Lights" (Music Video) - YouTube

Sonntag, 23. Mai 2021

Änderung der Nutzungsbedingungen des Kiezschreiber-Blogs

 

Der Kommentarbereich darf ausschließlich zum Lob und zur Huldigung des Blogbetreibers genutzt werden.

Ausnahmen sind Hinweise auf ergänzende Fakten zum Thema oder Rechtschreibfehler im Text.

Viele Kommentare waren in letzter Zeit feindselig, herablassend, rechthaberisch und aggressiv im Tonfall. Das werde ich weder akzeptieren noch tolerieren.

Eine Zensur findet statt. Billige Polemik, Androhung von Gewalt, obszöne Beleidigungen und andere Hasskommentare, von denen ich täglich bis zu einem halben Dutzend löschen muss, überlasse ich anderen Blogs.

Mit der fortgesetzten Nutzung von Kiezschreiber™ stimmen Sie den neuen Bedingungen zu.

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Peter and Gordon - A World Without Love (HD) 1964 - YouTube

Freitag, 21. Mai 2021

Der Scholz im Silbersee

 

Dieser Blogpost wird Ihnen präsentiert von Oil of Olaf.

 

Blogstuff 595

„Man kann nicht allen helfen, sagen manche Leute, und helfen keinem.“ (Peter Frankenfeld)

Wir „zeigen Flagge“, in dem wir irgendeinen Stofffetzen mit Davidstern vor die Stadtverwaltung hängen. Das kostet nichts und ist ein klassischer Feel-Good-Move. Wir wäre es, wenn wir Sanktionen gegen die Palästinenser verhängen?

Ein Fließbandarbeiter bei VW in Wolfsburg verdient 3875 € brutto im Monat. Die SPD sieht sich immer noch als Arbeiterpartei – aber eben als Partei der Arbeiter, die es in die Mittelschicht geschafft haben. Wir haben bei Interviews zur Vier-Tage-Woche Mitte der neunziger Jahre nicht schlecht gestaunt, als wir erfuhren, dass die Jungs mehr verdienen als wir Nachwuchswissenschaftler.

Ich habe Menstruationsneid. Seit Jahren ist Menstruation das große Thema und ich kann nicht mitreden. Mehrwertsteuersenkung für Tampons und Binden, kostenlose Tampons in öffentlichen Toiletten. Frauen können menstruieren, sie bekommen Kinder und Brustkrebs. Und die Männer? Wir sind Wichser. Schieben jeden Tag freudlose Acht-Stunden-Schichten auf YouPorn und spritzen hektoliterweise unser Fortpflanzungssekret in die Welt. #Menstruationsneid

Ich wette fünfzig Euro, dass nach dem TV-„Triell“ aka Gala des infernalischen Stumpfsinns zwischen Baerbock, Laschet und Scholz irgendein Käseblatt – SPIEGEL, BILD o.ä. – folgende Überschrift bringt: „Die drei von der Zankstelle“. Wortspielhölle BRD. (Nach Laschets Wahlniederlage: „Schwarzer Tag für die Union“)

In zehn Jahren gibt es Agavenschnaps aus Thüringen. #Klimawandel

Ich habe gerade die 3. Staffel von „24“ gesehen, die 2005 im Fernsehen lief. Da geht es um einen tödlichen Virus, der innerhalb von 24 (!) Stunden fast jeden Infizierten tötet. Dahinter steckt ein Ex-Agent des MI 6, der gegen den US-Imperialismus kämpft und eine Terrororganisation aufgebaut hat. Und die kapitalistisch-kommunistische Weltverschwörung (China, Microsoft, WEF und Bonetti Media) kommt uns mit dieser Karo-Lusche namens Covid-19?! Witzig auch die Gegenmaßnahmen in der Fernsehserie: Wattestäbchen in die Nase für Schnelltests, Kontaktnachverfolgung bei Infizierten, Quarantäne in überwachten Räumen und Lockdown (Menschen sollen zuhause bleiben und Menschenansammlungen meiden, Flugverbot usw.).

Die Bayern kämpfen gegen den teutonischen Imperialismus und verlangen einen unabhängigen Staat. Von Aschaffenburg aus wurden heute Nacht Raketen auf die Frankfurter Innenstadt abgeschossen. Die fanatischen Paulaner-Brigaden wollen bis zum Sieg weiterkämpfen.

Ian Dury - clevor trevor - YouTube

Donnerstag, 20. Mai 2021

Baerbock Reloaded

 

Beim Thema Studienabschluss der grünen Kanzlerkandidatin diskutiert Kleinbloggersdorf die falschen Fragen:

Ist die LSE eine Elite-Uni oder sind Abschlüsse aus Iserlohn und Greifswald, für die man mehr Seminare absolviert bzw. Klausuren und Hausarbeiten geschrieben haben muss, nicht höher zu bewerten?

Heißt Elite-Uni nicht in erster Linie, dass dort die besten Professoren arbeiten und die meisten Aufsätze für die tollsten Refereed Journals geschrieben werden?

Ist der Wirtschaftsnobelpreis überhaupt eine renommierte Auszeichnung, obwohl er doch gar nicht ursprünglich von Alfred Nobel gestiftet wurde?

Die eigentliche Frage lautet doch: Wie kann sich Annalena Baerbock überhaupt zwei Jahre an der LSE leisten? Aktuell liegen die Studiengebühren an dieser Hochschule bei 20.000 Euro im Jahr. Nimmt man die hohen Lebenshaltungskosten in London, z.B. die Mieten, hinzu, kommt man – je nach Lifestyle – noch einmal auf mindestens 20.000 Euro im Jahr. Ich vermute, es ist beim durchschnittlichen LSE-Studenten eher mehr. Man möchte ja auch noch in den Skiurlaub fliegen, die Louis Vuitton-Handtasche kaufen und in den angesagten Clubs teure Cocktails schlürfen.

Nächste wichtige Frage: Wer kann es sich leisten, sein Kind für 40.000 Euro oder mehr studieren lassen? Das sind immerhin über 3.300 Euro im Monat. Wer hat so viel Geld? Ich hätte es mir nicht leisten können, meine Eltern, beide Angestellte, auch nicht. Ein Prozent der Gesellschaft. 99 Prozent von uns können das nicht. An diesem Punkt füllt sich der Begriff Elite-Uni mit Sinn. Es geht nicht um die Qualität von Forschung und Lehre. Es geht darum, dass sich an diesen teuren Hochschulen die Kinder der Elite einschreiben.

Was passiert an der Elite-Uni? Die Ausbildung ist Nebensache. Es werden Netzwerke geknüpft. In der Vorlesung sitzt du zwischen dem Sohn des Scheichs von Katar und der Tochter des Vorstandsvorsitzenden von VW. Für diese Zwecke gibt es Elite-Unis wie Harvard und Oxford. Die Kontakte, die man auf dem Campus und den Partys knüpft, sind später im Leben bares Geld wert. Wir suchen noch jemanden für den Aufsichtsrat? Mein alter Studienfreund Hubertus! Ich rufe ihn gleich mal an. Ein Abschluss an der LSE ist wie eine goldene Eintrittskarte zum inneren Kreis des Geldadels. Es ist ein Statement: Ich gehöre dazu. Und Lieschen Müller mit ihrem Master in Vergleichender Literaturwissenschaft von der Uni Kiel eben nicht.

So läuft das in der Praxis. Politiker, die nicht an einer Top-Uni gewesen sind, versuchen übrigens, ihren Lebenslauf mit einem Doktortitel aufzumöbeln. Zwinkersmiley.

P.S.: Es ist unbedeutend, was Marxisten von den Wirtschaftswissenschaften und dem Wirtschaftsnobelpreis halten. Ein alter Schulfreund von mir ist VWL-Prof. Er hat mir versichert, dass in seinem Fach der Preis die höchste Auszeichnung ist. Wieder: goldene Eintrittskarte. Fünfstellige Vortragshonorare, fette Buchverträge, Berater-Jobs in Konzernen und anderen Machtzentralen. Es geht um Geld und Einfluss, liebe Bewohner von Kleinbloggersdorf. Andere Kriterien sind völlig bedeutungslos. Es sei denn, man möchte unbedingt als schlechtbezahlter, prekär beschäftigter Dozent in Iserlohn oder Greifswald enden, weil man blöderweise Wissenschaft nicht als Mittel zum Zweck begriffen hat.

P.P.S.: Nicht weit von meiner Berliner Wohnung entfernt ist die Fakultät Musik der Universität der Künste in der Bundesallee. Hier gehen die Kinder reicher Japaner ein und aus. Sie befassen sich vier Jahre lang mit ihrer Bratsche. In New York oder Paris mag es ähnliche Einrichtungen geben. Was macht man mit einem solchen Studium? Nichts. Die wenigsten Absolventen werden Berufsmusiker. Die jungen Leute sollen in dieser Zeit das Leben genießen, sich vom Elternhaus abnabeln und vielleicht auch den Partner fürs Leben finden, bevor es für die nächsten vierzig Jahre in eine japanische Konzernverwaltung geht, wo sie sechzig Stunden die Woche arbeiten und anschließend mit ihrem Vorgesetzten in die Sake-Bar gehen müssen. Reiche Leute studieren anders als der Rest. Es ist mit der Grand Tour zu vergleichen, auf die Söhne des Adels im 18. und 19. Jahrhundert nach der Schulausbildung geschickt wurden. Zwei, drei Jahre in Rom, Florenz, Neapel, Wien und den anderen Stationen dieser Reise, auf der man „sich die Hörner abstößt“, vielleicht in das eine oder andere amouröse Abenteuer verwickelt wird, bevor der Ernst des Lebens beginnt.


Mittwoch, 19. Mai 2021

The Purge

 


In der Nacht vom 22. auf den 23. Mai findet in Wichtelbach traditionell The Purge statt. Wir tragen unsere Meinungsverschiedenheiten mit einem robusten Mandat von Glock, Walther, Heckler & Koch oder Makarov aus. Der Stadtmensch mag mit Worten gut ausgestattet sein, hier auf dem Land bevorzugt man eine gute Bewaffnung.

Was ich hier im Hunsrück schon für Waffen im Privatbesitz in Händen gehalten habe, weil die befreundeten Besitzer so stolz auf ihr illegales Waffenarsenal waren – Sie machen sich keine Vorstellung davon. Da lachen wir doch über die KSK, die Polizei oder die Bundeswehr mit ihren illegalen Beständen.

Und der Hunsrücker kauft nicht am Frankfurter Hauptbahnhof oder bei den Offenbacher Clans. Gott bewahre! Er kauft bei soliden Waffenhändlern in der Schweiz, die im Keller auch Schießstände haben und den Kunden eine ausführliche Einführung in den Gebrauch der Waffe geben. Diese Dienstleistung gibt es an Hauptbahnhöfen in der Regel nicht.

Die Krönung war eine Maschinenpistole der deutschen Polizei. Leider durfte ich sie nicht abfeuern. Wegen Lärmschutz. Aber bald ist ja The Purge, Freunde der Nacht.

New Radicals - You Get What You Give (Official Music Video) - YouTube

 

Dienstag, 18. Mai 2021

Mein Blog, mein Kampfplatz für den Frieden

 

Blogstuff 594

Früher waren die Restaurant-Selfies nervig, jetzt sind es die Impf-Selfies.

Wenn Single-Männer behaupten, sie hätten am Wochenende das Bad geputzt, dann haben sie mit einem Erfrischungstuch von KFC die Klobrille abgewischt.

Es ist sehr aufschlussreich, wie sich manche Leute an Baerbock abarbeiten. Ihr britischer Master-Abschluss sei kein richtiger Studienabschluss, stellt neben den üblichen Verdächtigen von der politischen Konkurrenz ausgerechnet Nicht-Akademiker Fefe fest. Den kann man offenbar nur auf reichsdeutschem Gebiet erwerben. Schließlich erkennen wir eine syrische Ausbildung zum Facharzt ja auch nicht an. Außerdem könne sie mit schulpflichtigen Kindern nicht Kanzlerin werden, heißt es. Von wegen Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Merkel und Schröder sind bekanntlich kinderlos geblieben. Der letzte Kanzler mit einem schulpflichtigen Kind war Willy Brandt, dessen Sohn Matthias zum Zeitpunkt der Vereidigung 1969 acht Jahre alt war. Das erinnert mich an Martin Schulz, dem man 2017 sein fehlendes Abitur und seine Vergangenheit als Alkoholiker vorwarf. Dabei enthält das Wahlprogramm der Grünen genug Angriffsfläche für eine inhaltliche Auseinandersetzung. Aber das oberflächliche Ad-hominem-Gekläffe ist natürlich viel einfacher als die Arbeit, die man aufwenden müsste, um Frau Baerbock mit Sachargumenten zu stellen und in Ruhe zu zerlegen. Die Kunst der Kritik wird im Internet leider schon lange nicht mehr gepflegt.

Fun Fact For Fans: Nach dem weltweiten QS Uni-Ranking von 2020 liegt die LSE, an der Baerbock ihren Master gemacht hat, auf Platz 2 im Bereich Sozialwissenschaften, hinter Harvard. Beste deutsche Uni in diesem Bereich: Humboldt-Uni Berlin auf Platz 66.

Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er wird jeden Tag 2 x im Zirkus Bonetti aus der Kanone geschossen.

Merkel hat in sechzehn Jahren sehr viele Kernforderungen der Grünen aus den achtziger Jahren umgesetzt: Ausstieg aus der Atomenergie, Abschaffung der Wehrpflicht, eine multikulturelle Gesellschaft durch ihre großzügige Einwanderungspolitik, „Ehe für alle“, Ausbau der regenerativen Energiequellen. Und jetzt kommt Schwarz-Grün oder Grün-Schwarz.

Fun Fact For Fans: 2010 wurden mit Windkraft 37,8 Terrawattstunden Strom produziert, 2020 waren es 132.

Covid-19: Es wurden bisher etwa 1,5 Milliarden Impfdosen verabreicht. Wie viele Menschen sind an oder mit der Impfung gestorben? Aber Impfgegner darf man bekanntlich nicht mit Fakten konfrontieren.

A hebt vielsagend die rechte Augenbraue. „Was habe ich dir gesagt?“

B: „Was meinst du?“

A: „Das kannst du dir doch denken.“

B: „Ich hätte nicht fragen sollen.“

A: „Weil du die Antwort kennst.“

The Shaolin Afronauts - Shaolin Theme [Freestyle Records] - YouTube

Montag, 17. Mai 2021

24. Mai 2041

 

Liebes Tagebuch,

Heute habe ich die ersten Schneeglöckchen im Stadtpark gesehen. Der Winter scheint endgültig vorbei zu sein, es liegt nur noch wenig Schnee. Wir haben noch für wenige Tage Brennholz, um den offenen Kamin im Wohnzimmer zu heizen, vor dem wir schlafen, aber wir wollen nicht klagen. Anderen geht es noch schlechter.

Heute ist der zwanzigste Jahrestag des israelischen Atomangriffs auf die Ölfelder in den arabischen Staaten und im Iran. Am Tag zuvor hatte das Militär unter der Führung der judäischen Volksfront die Regierung in Jerusalem gestürzt und die Macht übernommen. Wer hätte gedacht, dass ein palästinensischer Raketenangriff so eine Wirkung haben würde? Aber die judäische Volksfront wollte das Problem an seinen Wurzeln packen und das waren nun einmal die Ölquellen. Ohne ihren Reichtum konnten die Muslime im nahen und mittleren Osten nicht angreifen.

Es müssen damals glückliche Zeiten gewesen sein. Die einzige Sorge der Menschen war ein harmloser Virus, der einige zehntausend Menschen, vorwiegend Alte und Kranke, in Deutschland dahingerafft hatte. Ich stelle mir das Leben damals so vor: heitere und unbeschwerte Menschen gehen ihrem Vergnügen nach, fahren Auto und haben es immer schön warm. Da die Ölfelder in den Scheichtümern und den anderen Staaten nach dem 24. Mai verseucht waren, gab es eine Energiekrise. Der Straßenverkehr brach zusammen und der Strom wurde knapp, da die Kernkraftwerke und die Kohlekraftwerke dem wahnsinnigen Treiben der Öko-Stalinisten zum Opfer gefallen waren. Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und Versorgungsengpässe waren die Folge.

Aber es kam im Jahr 2021 noch schlimmer. Der Golfstrom versiegte und in Europa kam es zu einer neuen Eiszeit. Die Klimaforscher hatten sich alle geirrt. Die Erde erwärmte sich nicht, sie wurde kälter. Es gab keine Dürre, sondern Überschwemmungen. Bald war die nördliche Hälfte Skandinaviens von Gletschern bedeckt und unbewohnbar geworden. Deutschland wurde von schwedischen, norwegischen und finnischen Flüchtlingen überrannt. In der Nähe von Flensburg wurden die ersten Eisbären gesichtet.

Es ist ein karges Leben, das wir heute führen. Wir können nur von Juni bis September Ackerbau betreiben. Es gibt hauptsächlich Brot und Gemüsesuppen. Viele Deutsche sind unterernährt, nur sehr reiche Leute wie Andy Bonetti haben noch Übergewicht. Möge es meinen Kindern und Enkeln eines fernen Tages besser gehen als uns. Mehr als unsere Liebe können wir ihnen nicht geben. Liebe und Handschuhe.

OMC - How Bizarre (Official Music Video) - YouTube

 

Sonntag, 16. Mai 2021

Gewaltphantasien


Merz: „Ich werde dein Kind mitnehmen und es wird für mich Teppiche knüpfen.“

Ich: *schieße zwei Kugeln in seinen Brustkorb*

„Ich werde dir beim Sterben zusehen. Wenn du keinen Puls mehr hast, jage ich dir noch ein paar Kugeln in den Kopf.“

***

Laschet: „Ich werde mich für Kohlekraftwerke einsetzen.“

Ich: *spucke ihm meinen Kaugummi ins Gesicht*

„Du wirst jetzt den Müll runterbringen und dann machst du mit deiner Zahnbürste das Bad sauber, während ich dir permanent in deinen dicken Arsch trete.“

Samstag, 15. Mai 2021

Berlin nach der Wende

 

Er hasste seinen Wollpullover. Er hasste seine lesbische Lehrerin. Er hasste die Umschulung. Er hasste das neue Leben.

Endlich war es 17 Uhr. Für heute war der Unterricht beendet. Er verließ das umgebaute Parkhaus in Friedrichshain, dass jetzt Volxschule hieß, und ging zu Fuß nach Hause. In seinem Jutebeutel hatte er noch ein Stück Dinkelbrot, aber das wollte er sich für den Abend aufsparen. Erst morgen konnte er auf Bezugsschein ein neues Brot kaufen.

Die Straßen waren leer, obwohl Feierabend war. Die Berliner Innenstadt war seit Jahren autofrei. Nur noch die Elektrofahrzeuge der Müllabfuhr, der Polizei und der Rettungsdienste surrten durch das Viertel. Ein Fahrradfahrer quälte sich die Straße entlang, auf seinem Anhänger transportierte er eine neue Waschmaschine.

Die Haut unter seinem kratzigen Pullover juckte. Zuhause würde er eines seiner Seidenhemden anziehen, die man auf offener Straße besser nicht mehr trug. Seinen Beruf als Immobilienmakler hatte er aufgeben müssen. Stattdessen ein Jahr Umschulung zum Reiki-Meister. Niemand brauchte mehr Makler, sämtliche Wohnungen in Deutschland waren verstaatlicht worden.

An der nächsten Straßenecke war ein Kontrollpunkt von „Fridays for Future“. Ein paar grimmig aussehende junge Frauen, die schwarze Armbinden mit dem roten Triple-F trugen, warfen einen misstrauischen Blick in seinen Jutebeutel. Kein Plastik. „Sie können weitergehen, Genosse.“

Er ging in seine Stammkneipe und bestellte ein Bier.

„Clausthaler, Jever Fun oder Bitburger 0,0%?“ fragte der Barkeeper.

Er entschied sich für das Jever und trank lustlos den ersten Schluck.

„Warum tust du dir das immer noch an? Warum rauchst du nicht Gras wie alle anderen hier?“

„Ich nehme keine Drogen.“

„Gras ist doch keine Droge, das ist ein Genussmittel. Alkohol ist eine Droge. Deswegen hat die Regierung ja auch den Verkauf von Alkohol verboten.“

Es war zwecklos. Er bezahlte und ging deprimiert nach Hause. Er machte den Fernseher an. Auf allen Kanälen lief die Propaganda der Öko-Stalinisten, die seit Herbst 2021 Deutschland regierten. Vegane Ernährung, Klimaschutz, Pullover stricken, Bäume pflanzen.

Die Grünen hatten es geschickt angestellt. Zehn Jahre hatten sie mit Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg ihre Harmlosigkeit als Regierungspartei unter Beweis gestellt. Grün-Schwarz funktionierte. Der Autoindustrie im Ländle ging es gut, die Wirtschaft prosperierte. Die Menschen fassten Vertrauen zu den Grünen und waren bereit, sich von einer Hexe in ihr Knusperhäuschen locken zu lassen.

Aber als Grün-Schwarz mit Kanzlerin Baerbock in Berlin die Regierungsgeschäfte übernahm, zeigten sie ihr wahres Gesicht. Im November wurde der Koalitionsvertrag unterzeichnet, Laschet wurde Vize-Kanzler und Merz Wirtschaftsminister. Keiner konnte ahnen, was am 30. Januar 2022 passieren würde.

Im Morgengrauen wurden die Führungskräfte der Union verhaftet und in Schauprozessen der Korruption überführt. Jetzt saßen sie in Stammheim. Ein Enthauptungsschlag, von dem sich die Konservativen nie mehr erholen sollten. Grüne, die kurz zuvor in die Union eingetreten waren, wurden von Baerbock zu Bundesministern ernannt. Die Machtübernahme war perfekt.

Seitdem war viel passiert. Nicht nur Alkohol, sondern auch Fleisch war verboten. Auf dem Schwarzmarkt zahlte man hundert Euro für eine Bratwurst, an ein Schnitzel war gar nicht zu denken. Es durften nur noch Elektroautos fahren, die zudem hoch besteuert waren. Die meisten Leute fuhren mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrrädern von Audi, BMW und Mercedes. Auslandsreisen waren verboten, auch Deospray, Lippenstift und der Bikini. Mallorca-Urlaub galt als Republikflucht. Unfreiwilliges ökologisches Jahr auf einer Kolchose. Kinder verrieten ihre Eltern an die Umweltpolizei, wenn sie heimlich Schokolade aßen. Die war nämlich auch verboten.

Alles war verboten, nur die Bäume und die Kühe waren glücklich! Die öko-stalinistische Diktatur hat gesiegt. Wer wird uns von diesem Joch befreien?

P.S.: Den Gag mit dem Bundeswehreinsatz in Afrika zur Sicherung der deutschen Koboldversorgung spare ich mir. Das wäre ja albern.

Einstürzende Neubauten - Engel der Vernichtung - 1983 - YouTube

Mittwoch, 12. Mai 2021

Hotel Mama 2.0

 

„Tobias, das Abendbrot ist fertig.“

„Kannst du nicht wenigstens anklopfen, wenn du in mein Zimmer kommst?“

„Es gibt dein Lieblingsessen.“

„Das sagst du jedes Mal.“

„Dein Vater sitzt schon am Tisch. Du weißt doch, wie er ist.“

„Ich bin mitten im Spiel. Das Level will ich noch zu Ende spielen, ich suche noch Munition und mindestens ein Medi-Pack. Kannst du das nicht verstehen?“

„Tobias, bitte.“

„Jetzt nerv hier nicht rum, Mama. Ich bin doch kein kleines Kind mehr. Ich komme runter, wenn ich fertig bin.“

„Aber das Essen wird doch kalt.“

„Das kann dir doch egal sein. Fangt gefälligst ohne mich an.“

Kannst du nicht mal dein Zimmer aufräumen?“

„MAMA !!!“

Zehn Minuten später kam Tobias die Treppe runter und ging in die Küche.

Dort saß seine Mutter ganz allein. Die Schüsseln waren leer. Wie jeden Abend. Wie jeden Tag.

„Wo ist denn Papa?“ fragte er.

„Die Wartungsfirma hat ihn heute abgeholt. Er bekommt eine neue CPU und eine leistungsfähigere Brennstoffzelle. Außerdem laden sie ihm das Basketballprogramm in den Datenspeicher, das du dir gewünscht hast. Jetzt könnt ihr zusammen NBA gucken und darüber diskutieren. Morgen ist er wieder da.“

Tobias ging an den Küchenschrank und holte sich ein paar Blinkies und Mind Juleps. Blinkies waren kleine Kuchen mit Cremefüllung, die einzeln verpackt waren. Mind Juleps waren Energieriegel mit einer leichten THC-Füllung. Er machte regelmäßig Videos für Nestlé, den Konzern, der diese Snacks herstellte. Jeden Monat bekam er ein Paket von der Firma und genügend Geld, um die Miete und die Leasingraten für seine Robotereltern zu bezahlen.

Tobias ist 73 Jahre alt und hat nie woanders gewohnt. Seit Jahrzehnten arbeitet er als Influencer. Als seine Eltern starben, hat er sich einfach neue gekauft. Die typischen Sätze und Verhaltensmuster seiner echten Eltern hat er aus dem Alexa-Archiv hochgeladen. In erster Linie aus seinen Teenager-Jahren. Genug Material, um sein altes Leben so authentisch wie möglich nachzuahmen. Er ist mit ihrem Aussehen und ihrer Programmierung zufrieden.

Fun Lovin' Criminals - Friday Night - YouTube     

 

Samstag, 8. Mai 2021

Das Haus in der Steingasse 2


Er war überraschend klein und uralt. Auf seinem Kopf hatte er mehr Altersflecken als Haare und sein Gesicht sah so runzelig aus, als hätte man aus einem Kinderballon die Luft rausgelassen. In seinen dürren, knotigen Fingern hielt er ein vergilbtes Buch.

Er sah zu mir auf und lächelte. „Ich habe gar keinen Besuch erwartet.“

„Ich … ich wollte nicht … Sie nicht stören“, stotterte ich.

„Aber nein, junger Mann. Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Leisten Sie mir doch bitte beim Abendessen Gesellschaft.“

Dann nahm er ein Glöckchen und klingelte.

Nach einer Weile kam ein gebeugtes Männlein durch die Tür, das womöglich noch älter war als mein Gastgeber. Seine Livree mag einmal blau gewesen sein, jetzt war sie hellgrau und voller Löcher. Die Silberknöpfe waren schwarz angelaufen. Er trug eine Suppenschüssel in beiden Händen.

Im hinteren Teil der Bibliothek standen ein Tisch und zwei Stühle. Der Diener brachte Bestecke und Stoffservietten. Wir setzten uns.

„Mein Name ist Johann Winkler. Ich bin passionierter Historiker und kann ich eine Menge über unsere Stadt erzählen, wenn Sie möchten.“

Ich stellte mich ebenfalls vor und erzählte ihm, dass ich Sachbücher über historische Themen schreibe, was ihn offensichtlich erfreute. Die Leberknödelsuppe war vorzüglich.

Wir waren bereits in einem regen Gespräch über Katharina die Große und die Preußenkönige, als der Diener einen prächtigen Fasan, der mit den eigenen Schwanzfedern geschmückt war, auf den Tisch stellte. Bedächtig tranchierte er den Vogel und legte mir eine Keule auf den Teller. Als Beilagen wurde geröstete Maronen und Rotkraut serviert. Dazu tranken wir eine Flasche ungarischen Tokajer. Den Abschluss bildeten eine Lerchenpastete und Nonnenfürzle, ein süßes Schmalzgebäck.

Ich war begeistert. Herr Winkler war ein fachkundiger Experte für das achtzehnte Jahrhundert. Er kannte so viele Details, auch zum Alltag der Menschen, dass ich zu der Überzeugung kam, etwas über diese Zeit zu schreiben. Wir verabschiedeten uns und ich versprach, ihn am folgenden Abend wieder zu besuchen und mein Notebook mitzubringen. Sein Diener gab mir für den Heimweg eine brennende Kerze in einem Kerzenhalter als Bronze mit und so begab ich mich auf den Rückweg.

Der Diener zeigte mir die Kellertreppe und ich ging durch die geöffnete Tür in meinen Keller zurück. Dann stieg ich durch die Falltür nach oben, verschloss sie wieder und begab mich in mein Schlafzimmer, weil mich das gute Essen, der Wein und das lange Gespräch müde gemacht hatten.

Ich stellte die Kerze auf den Nachtisch und begann mich auszuziehen, als ich plötzlich ein Geräusch hörte. Ich drehte mich um.

„Na, wenn haben wir denn da“, sagte sie mit verführerischer Stimme.

Eine Frau lag in meinem Bett und hatte die Decke zurückgeschlagen, so dass ich ihren nackten Körper sehen konnte. Eine steinalte Frau, es musste die Gattin meines Nachbarn sein. Sie trug eine hohe Perücke und war geradezu grotesk geschminkt.

„Du hast die Kellertür offen gelassen und da bin ich einfach in dein Bettchen geschlüpft, Süßer.“

Eine Minute später stand ich zitternd und in Unterhosen vor dem Bärenwirt und verlangte mein altes Zimmer zurück.

 

Donnerstag, 6. Mai 2021

Das Haus in der Steingasse

 

Die Steingasse gehört zum ältesten Teil der Stadt. Die schmalen Fachwerkhäuser sind aus dem 17. Jahrhundert und haben fast durchgehend drei Stockwerke. Das Gewirr der kleinen Gassen ist mit Kopfstein gepflastert und für den Autoverkehr gesperrt. Ich wollte nur zwei oder drei Tage bleiben. Ich hatte mich im Gasthaus zum schwarzen Bären eingemietet, das für sein helles Bier und die hervorragende Ochsenzunge berühmt war.

Als ich durch die Gassen schlenderte, satt und zufrieden nach einem opulenten Mittagessen, das aus Rehterrine, eben jener Ochsenzunge und Kaiserschmarrn nebst drei Humpen Bier bestanden hatte, sah ich, dass eines der Häuser in der Steingasse zu vermieten war. Ich wählte die angegebene Telefonnummer und eine Stunde später stand ich mit dem Vermieter im Haus Steingasse 7. Da es Sommer war, würde ich die Kohleöfen nicht heizen müssen. Küche und Bad im Erdgeschoss waren schlicht, aber sauber. Dazu ein Raum zur Gasse hin, der mehr einer Rumpelkammer glich.

Wir stiegen die Treppe in den ersten Stock hinauf. Hier gab es ein helles Wohnzimmer, ausgestattet mit schweren Ledersesseln, einer Schrankwand voller abgegriffener Schmöker aus dem zwanzigsten Jahrhundert und einem Schreibtisch am Fenster. Immerhin gab es WLAN. Es gefiel mir sofort. Hier würde ich in den nächsten zwei Monaten an meinem neuen Buch arbeiten. Auf demselben Stockwerk gab es noch ein großes Schlafzimmer mit Doppelbett. Der Raum war recht düster, da zwischen dem Fenster und der Rückwand des angrenzenden Hauses kaum zwei Meter Abstand waren.

Die Treppe zum Dachgeschoss war schmal und steil, fast wie eine Leiter. Hier standen nur ein breites Sofa und ein flacher Holztisch. Den Blick über die Stadt hätten andere vielleicht als „malerisch“ bezeichnet. Ich schrieb Sachbücher. Ich beschloss, diesen Raum für gemütliche Nachmittage mit Lektüre und gelegentlichen Nickerchen zu nutzen. Ich hatte vor, über die chinesische Tang-Dynastie zu schreiben, und hatte gerade erst begonnen, mich in das Thema einzulesen. Über die Miete waren der Vermieter und ich schnell einig. Am übernächsten Tag konnte ich einziehen.

Als ich dem Wirt vom schwarzen Bären erklärte, dass ich bald das Quartier wechseln, seinen Fässern und seiner Küche aber die Treue halten wollte, erzählte er mir im Tonfall eines Verschwörers, das Nachbarhaus in der Steingasse, die Nummer 6, stünde seit Jahrzehnten leer. Wilde Gerüchte rankten sich um das Gebäude. Ein Mann habe dort seine gesamte Familie erschlagen und sich dann im Dachgeschoss erhängt. Nach Einbruch der Dunkelheit würde es im Haus spuken und gelegentlich hätte schon so mancher Zecher, der in tiefer Nacht auf dem Heimweg war, ein Licht im obersten Fenster brennen sehen. Die Fassade des Hauses war tatsächlich mit einigen wunderlichen Figuren ausgestattet: gehörnte Kreaturen, verzerrte Fratzen und Zentauren.

Während der ersten Tage in der Steingasse befasste ich mich mit der Strukturierung des geplanten Buchs. Ich bestellte mir online einige Fachbücher, auf die ich allerdings warten musste. Also beschloss ich, mir die Rumpelkammer im Erdgeschoss etwas genauer anzusehen. Tische und Stühle waren übereinandergestapelt, in einem Schrank fand ich zerschlissene Kleider aus grauer Vorzeit. Vielleicht sollte ich hier etwas aufräumen. Am meisten störte mich der ausgetretene, fadenscheinige Teppich, der völlig verstaubt war und in der Mitte des Zimmers lag. Ich begann, ihn zusammenzurollen, und entdeckte eine Falltür im Boden.

Das Haus hatte also einen Keller. Vielleicht würde ich ein paar Flaschen Wein oder Obstler dort unten finden? Die Falltür ließ sich nur schwer und mit einem lauten Knarren öffnen. Ich stieg die Holztreppe hinunter und fand einen Lichtschalter. Der Keller war niedrig und voller Spinnweben. Leere Fässer, ein Stapel Brennholz, Kohlen und ein Regal mit Einmachgläsern. Ich war enttäuscht. Etwas geheimnisvoller hätte meine Entdeckung schon sein können. Ich wollte schon wieder gehen, da sah ich am anderen Ende des Kellers eine Tür.

Im Schloss steckte ein Schlüssel. Ich überlegte nicht lange und drehte ihn. Auf der anderen Seite war ein weiterer Kellerraum. Auch er voller wertlosem Gerümpel. Licht kam nur von einem kleinen Fenster. Ich ging darauf zu und war überrascht, eine weitere Tür zu finden. Sie ließ sich öffnen und ich stand in einem Garten. Laut Stadtplan gab es in der gesamten Altstadt keine Gärten. Die hohen Mauern waren ganz mit Efeu überwuchert, in der Mitte stand eine alte Linde und das Gras war meterhoch. Ich schaute mich um.

Das war nicht die Rückwand meines Hauses. Dieses Haus hatte auf jedem Stockwerk zwei Fenster zum Garten. Das musste das Haus Nummer 6 sein, das seit langer Zeit unbewohnt war. Drei Stufen führten zu einer Tür. Ich drückte die Klinke. Auch sie war unverschlossen. Ich betrat das Haus. Das Erdgeschoss war völlig leer. Ich stieg die Treppe zum ersten Stock hinauf. Hier fand ich ein paar altertümliche Möbel. Stille. Ich schaute aus dem Fenster auf die Straße und bemerkte, dass die Sonne bereits untergegangen war.

Dann stieg ich in den zweiten Stock. Hinter der ersten Tür, die ich öffnete, war das Schlafzimmer. Ich öffnete die nächste Tür. Die Bibliothek. Am Fenster stand ein Sessel mit einer hohen Lehne. Ich zögerte einen Augenblick. Es war schon recht dunkel und ich musste den Weg zurück in mein Haus finden. Schließlich ging ich doch auf den Sessel zu. Und dann sah ich ihn.

Fortsetzung folgt

Mittwoch, 5. Mai 2021

Die Ampel ist rot


Wenn sie es finden, geht er zwei Jahre in den Knast. Ohne Bewährung. Aber in diesem Augenblick kann er nichts machen. Er sitzt einfach da und raucht eine Zigarette. Neben ihm sitzt sein Komplize. Die Zollstation ist eine gläserne Box. Er sieht die beiden Beamten, die mit dem Drogenspürhund auf ihren Wagen zugehen. Er kann nur hoffen, dass sie sorgfältig genug gewesen sind.

Schräg gegenüber sitzen zwei junge Nordafrikaner. Er hat ihnen kurz in die Augen gesehen. Sie sind in derselben Branche tätig. Man erkennt sich. Warum sollten Jungs wie sie auch um Mitternacht eine Grenze überqueren? Ohne Gepäck?

Am Abend vorher hatte er mit seinem Komplizen noch „Midnight Express“ auf Video gesehen. Ein Film über Drogenschmuggel in der Türkei. Der Herzschlag der Hauptfigur war zu hören. Er beschleunigte sich. Er wird gefasst und ins Gefängnis gesteckt. Jetzt spürt er seinen eigenen Herzschlag.

Die Grenze zwischen den Niederlanden und Belgien. Autobahn. Bisher stand die Ampel immer auf Grün. In dieser Nacht zeigt sie das rote Licht. Das Auge des Bösen. Sie haben angehalten. Mussten aussteigen. Jetzt warten sie hier. Ein paar Zollbeamte sitzen unbeteiligt hinter einem Holztresen, während sie warten.

Er sieht, wie der Spürhund ins Heck des Kombis springt. Aufmerksam schnüffelt er in jedem Winkel. Hier ist das Dope versteckt. 1,5 Kilogramm. Ein Kilo ordinärer Platten-Shit für dreitausend Mark. Dazu schwarzer Afghane und Super Polm, gepresster Pollen, eine holländische Spezialität mit hohem THC-Gehalt. Wenn der Hund anschlägt, gehe ich ins Gefängnis, denkt er. Freiheit oder Knast. Jetzt entscheidet es sich.

Das Auto ist voller Werkzeug und soll von der Fahrt zweier Handwerker erzählen. Das ist ihre Tarnung. Das Dope ist sorgfältig in Plastikfolie verpackt, die es bei ihrem Händler in Maastricht immer reichlich gibt. Zuerst haben sie ihn in einer leeren Wohnung in der Innenstadt getroffen, in der nur ein Raum spärlich möbliert war. Später treffen sie sich immer auf einem Hausboot, das am Ufer der Maas liegt.

Sie haben auf einem Feldweg Mörtel angerührt. Das Dope legten sie in einen Plastikeimer und gossen den Mörtel drüber. Während der Mörtel hart wurde, haben sie einen Joint geraucht. Später haben sie noch zwei Kellen in den Eimer gelegt. Das Rauchpiece steckt noch in seinem rechten Strumpf. Wenn die holländische Polizei eine Leibesvisitation macht, gibt es Ärger. Aber nichts im Vergleich zu dem Ärger, der ihnen droht, wenn der Hund zu bellen beginnt.

Er denkt an seinen Freund S. Auf der Flucht vor zwei Zivilfahndern hatte er ein Kilo Kokain in den Weinbergen versteckt. Als er am nächsten Tag zurückkam, um es zu holen, haben sie ihn verhaftet. Zwei Jahre ohne Bewährung. Den Job als Bankkaufmann war er los. Seine Freundin verließ ihn. Danach hangelte er sich von einem miesen Job zum anderen und wurde Alkoholiker.

Oder der große Bruder von M. Banküberfall. Direkt danach ging er mit seinem Komplizen in eine Kneipe, wo sie sich betranken. Dann zahlten sie mit einem Tausend-Mark-Schein. Der Wirt hatte schon im Radio von dem Überfall gehört. Als die beiden Jungs reinkamen, total aufgekratzt, hatte er seelenruhig den Sender auf AFN gewechselt und immer wieder nachgeschenkt. Nachdem er kassiert hatte, rief er die Polizei. Fünf Jahre Bau. Später Drogenentzug und Privatinsolvenz.

Heute entscheidet sich seine Zukunft, denkt er. Ein Leben in Freiheit oder Gefängnis. Seine enttäuschten Eltern. Das abgebrochene Studium. Ein Outlaw in der Kleinstadt, in der er lebt. Kann man sich das überhaupt vorstellen? Ein Leben in der Gefängniszelle?

Der Hund springt aus dem Wagen. Nichts. Auch nicht im Handschuhfach und den Seitenfächern. Die Zöllner kommen in die Station. Sie können weiterfahren. Er nickt nur und verzieht keine Miene. Sie fahren durch Belgien und Luxemburg. Dann überqueren sie die Grenze zu Deutschland. Keine Kontrolle. Eine Stunde später sind sie zuhause.

Das war 1989 oder 1990. Es gab noch keinen europäischen Binnenmarkt und kein Schengener Abkommen. Eine Grenze war noch eine Grenze. Bei der nächsten Tour war die Ampel wieder grün.   

Kylie Minogue - Can't Get You Out Of My Head (Official Video) - YouTube 

Dienstag, 4. Mai 2021

Ich habe es geschafft


Ich habe es geschafft. Ich lebe gut, aber ich lebe nicht wie sie. Ich bin nicht so geworden wie sie, um so zu leben. Ich habe meinen Traum wahr gemacht.

Keine Arbeit.

Keine Vorgesetzte.

Keine Termine.

Keine Verpflichtungen.

Keine Frau.

Keine Kinder.

Keine Steuererklärung.

Keine Lebensversicherung.

Kein Fitnessstudio.

Kein Zeitungs- oder Zeitschriften-Abo.

Kein Smartphone.

Kein Auto.

Kein Fahrrad.

Kein E-Scooter.

Kein Kochbuch.

Kein Parmesanhobel.

Kein Schnellkochtopf.

Keine Bohrmaschine.

Kein Inbus-Schlüssel.

Kein Anzug.

Kein Schlips.

Keine Freizeitklamotten.

Keine Ski-Ausrüstung.

Kein Tennisschläger.

Keine Laufschuhe.

Kein Saugroboter.

Keine Heckenschere.

Keine Weingläser.

Keine Kuchenteller.

Kein Glauben.

Keine Partei.

Kein Verein.

Keine Lebenslügen.

Keine falschen Kompromisse.

Kein verschwendetes Leben.

Obscured By Clouds - YouTube

 

Sonntag, 2. Mai 2021

Pension Grünberger


Ich bin ein unbedeutender Mensch. Es gibt nichts an meinem Aussehen, meinem Verhalten oder an meiner Geschichte, das jemandem auffallen würde. Ich lebe in einer kleinen Pension am Stadtrand. Von meinem Fenster aus sehe ich Gleise, die längst überwuchert sind und zu einem stillgelegten Bahnhof führen.

Ich zahle sechshundert Euro im Monat für ein Zimmer mit Bad und Frühstück. Die Pension verfügt über acht Zimmer. Zwei Witwen sind ebenfalls Dauergäste, der Rest sind Handwerker und Vertreter, die meistens nur ein paar Nächte bleiben.

Die Wirtin, Frau Grünberger, ist eine stattliche, wohlbeleibte Frau in ihren späten Fünfzigern, die mit ihrem geistig behinderten Sohn im Erdgeschoss wohnt. Links vom Eingang, zur Straße hin, ist der Frühstücksraum.

Ich arbeite als Pianist in einer Hotelbar in der Innenstadt. Donnerstags bis sonntags spiele ich von neun Uhr abends bis drei Uhr nachts im Excelsior. Meine Musik ist so unauffällig wie ich. Sie stört die Geschäftsreisenden nicht, meistens Männer, die hier ihre Spesen in Form von Whisky oder Cocktails vertrinken.

Frau Grünberger schätzt mich als Dauergast, denn ich verursache keinen Lärm und bringe auch keine anderen Menschen mit in die Pension. Um halb vier schleiche ich die Treppe hinauf und schlafe bis um zwölf.

Ich bin der einzige Gast, der so spät frühstücken darf. Ich genieße die Ruhe und Einsamkeit des leeren Raums. Frau Grünberger bringt mir Kaffee, zwei Brötchen, Butter, Honig und Käse. Es ist jeden Mittag das gleiche Ritual.

Dann gehe ich eine Stunde im Park spazieren, damit Frau Grünberger mein Bett machen und mir ein neues Handtuch bringen kann. Nur bei sehr schlechtem Wetter bleibe ich im Frühstücksraum und lese die Tageszeitung, die dort ausliegt.

So hätte es ewig weitergehen können, aber eines Tages betritt eine junge Frau den Raum. Sie fragt mich, ob sie sich zu mir setzen dürfe. Sie habe gerade ein Zimmer in der Pension bezogen und wolle nur einen Kaffee in Gesellschaft trinken. Natürlich habe ich nichts dagegen.

Sie fragt mich, ob es mir in der Pension gefalle. Sehr gut, antworte ich, sie ist ruhig und abgelegen. Genau das richtige für mich. Sie habe gerade ihren Mann verlassen, sagt sie. Ruhe und Abgeschiedenheit seien ihr im Augenblick sehr wichtig.

Ihre schönen, schlanken Hände scheinen die Tasse zu streicheln. Ich kann den Blick nicht von ihr lassen, wenn sich ihre Lippen öffnen. Ihre langen, schwarzen Haare gefallen mir. Die Frau gefällt mir. Ich spüre ihre Wirkung. Sie lächelt mich an.

Als ich in der Nacht nach Hause komme, höre ich Stimmen aus dem Zimmer gegenüber. Ich erkenne ihre Stimme. Ein Mann spricht. Sie streiten. Ich trete näher und lausche an der Tür. Er droht, sie umzubringen, wenn sie nicht zu ihm zurückkehrt. Sie sagt, sie würde um Hilfe schreien.

Ich klopfe an die Tür. Der Mann öffnet. Sein Gesicht ist wutverzerrt. Ich solle verschwinden. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu. Er holt zu einem Schlag aus, aber ich bin schneller. Ich treffe ihn an der Schläfe. Er fällt um, sein Kopf schlägt auf der Ecke der Kommode auf.

Er ist tot. Sie fragt leise, was wir jetzt machen sollen. Ich werfe die Leiche aus dem Fenster in den Garten. Dann gehe ich hinunter und schleppe sie die Gleise entlang bis zum alten Bahnhof. Ich habe den Toten an beiden Beinen gepackt und zerre ihn immer weiter. Die Spuren im Garten sind schnell beseitigt.

Am nächsten Tag ist sie abgereist, als ich zum Frühstück die Treppe hinunterkomme. Frau Grünberger erzählt es mir. Ich nicke nur und gebe mich desinteressiert. Lege eine Scheibe Käse auf mein Brötchen. Ich bin ein unauffälliger Mensch. Völlig unbedeutend.

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