Dienstag, 30. März 2021

Ein Bohnenhändler aus Wiesbaden

 

Ein Bohnenhändler aus Wiesbaden zündete eines Morgens sein Haus an und ging als Regenmacher ins Erzgebirge. Er kam in ein kleines, abgelegenes Dorf und klopfte an die erste Tür, die er sah. Ein junger Mann öffnete ihm und er sagte, er sei Regenmacher und er suche eine Unterkunft. Der junge Mann antwortete, der Forellenfischer sei letzte Woche gestorben und seine Hütte sei frei. Er erklärte ihm den Weg und bat um Regen in den nächsten Tagen. Der Regenmacher fand die Hütte unverschlossen und trat ein. Er hing seinen Regenmacherhut an den Haken und stellte seinen Regenmacherstab in die Ecke. Es gab einen Herd, neben dem ein Stapel Brennholz lag. Bohnen hatte er reichlich in seinem Rucksack und der Bach war nicht weit. So war für ihn gesorgt.

Im Dorf gab es einen ungewöhnlichen Brauch, den der Regenmacher noch nicht kannte. An jedem ersten Sonntag im Monat durften alle Dorfbewohner in alle Häuser des Orts und konnten mitnehmen, was immer sie wollten. Es galt nicht als Diebstahl und niemand durfte am Forttragen gehindert werden. Alle Türen waren unverschlossen. Und so herrschte eines schönen Tages ein munteres Treiben, das der Regenmacher zunächst nicht begriff. Als eine Frau in seine Hütte kam und sich den Regenmacherhut aufsetzte, war er empört. Lachend erklärte ihm die Frau den alten Brauch. So werde ihm Dorf alles gleichmäßig geteilt, Geld hätte hier niemand und durch Tausch käme in den nächsten Tagen alles wieder in Ordnung.

Der Bauer nahm sich beim Schmied einen Schürhaken und der Schmied beim Bauern einen Sack Kartoffeln. Der Tuchmacher holte sich beim Braumeister eine Kanne Bier und der Braumeister holte sich beim Tuchmacher ein neues Wams. Die Kinder holten sich beim Spielzeugmacher Spielsachen und der Spielzeugmacher holte sich bei den Eltern Schinken, Wurst und Eier. Der Regenmacher fand Gefallen an diesem munteren Spiel und holte sich eine Flasche Wein, Käse und Brot. Als er in seine Hütte zurückkam, waren auch sein Regenmacherstab und die Bohnen verschwunden. Am nächsten Tag tauschte er seinen Stab und seinen Hut gegen ein paar geräucherte Forellen, die er in einem Schuppen neben seiner Hütte gefunden hatte.

Wer viel hatte, dem wurde viel genommen. Wer wenig hatte, dem wurde wenig genommen. So hatte alles im Dorf seine Ordnung. Der Regenmacher führte seinen Tanz auf und eine Stunde später goss es in Strömen.

Toto - 99 [HQ] - YouTube

Samstag, 27. März 2021

The king has entered the building: Andreas Glumm

Endlich gibt es die wunderbaren Geschichten meines hochgeschätzten Kollegen Glumm als Buch. 

Eine Zierde für jedes Wohnzimmeregal.

Ehrenmann, wer es kauft. 

Die Dame von Welt bestellt zwei und verschenkt eines.

"Geplant war Ewigkeit", das ist der Titel.

Der Verlag schickt mir in den nächsten Tagen ein Rezensionsexemplar zu und ich werde mich im April sehr ausführlich zum ersten Buch von Andreas Glumm äußern.

Jahrgang 1960 - jetzt startet er durch.

Ich drücke die Daumen, bis die Gichtknochen knacken.




Wut

 

Erwin Manteuffel war ein Mann mit festen Gewohnheiten und unerschütterlichen Überzeugungen. Als er, wie jeden Morgen, mit seiner Zeitung in den Park ging, lag auf seiner Bank ein junger Mann und schlief. Er konnte es gar nicht fassen. So eine Unverschämtheit. Aber wer weiß, was geschehen wäre, wenn er den Mann geweckt hätte? Bei jungen Leuten ist schließlich mit allem zu rechnen. Manteuffel war mit seinen 73 Jahren noch recht rüstig, aber er ging einer möglichen Auseinandersetzung aus dem Weg, und setzte sich auf eine andere Bank.

Arbeitslager, dachte er. Der Junge gehört ins Arbeitslager. Dem würde ich die Flötentöne beibringen. Morgens um sechs raus. In Reih und Glied antreten und dann ab in den Steinbruch. Da vergehen dir die Flausen, du Rotzbengel. Schläft am helllichten Tag auf der Parkbank, wo anständige Menschen längst an ihrem Arbeitsplatz sind.

Seine Fäuste zerknüllten die Zeitungsränder und er atmete schwer. Manteuffel sah sich in Uniform, wie er über den Lagerplatz brüllte. Wenn man auf Leute wie ihn hören würde, wäre die Welt endlich ein schöner Ort. Zucht und Ordnung. Er betrachtete die Überschriften auf der ersten Seite. Unruhen im Kongo. Hätte es mit Manteuffel nicht gegeben. Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Bei ihm gäbe es nur Wasser und Brot. Und Arbeitslager.

Volker Höhn wachte auf und setzte sich. Mit beiden Händen rieb er seine Schläfen. Wie war er auf diese Parkbank gekommen? Er konnte sich an nichts mehr erinnern. Traumblöde blickte er über die Wiese, die sich vor ihm bis zu einem kleinen Teich erstreckte. Er hatte noch nicht mal eine Jacke an. Seine Hosentaschen waren bis auf etwas Münzgeld leer. Neben der Bank standen zwei leere Bierflaschen und ein umgekipptes Jägermeister-Fläschchen. Wo war er gestern Abend gewesen? Es dauerte ein paar Minuten, bis die Erinnerungen wieder kamen. Auf der Bank neben ihm saß ein alter Mann mit einem ungesund wirkenden knallroten Schädel.

Er war mit seiner Freundin bei seinem Chef zum Grillen gewesen. Der alte Osthofen war frisch geschieden und lebte mit seinem Hund allein in einem Haus am Stadtrand. Sie hatten erst einen Aperol-Spritz getrunken, dann waren sie zu Sekt und Bier übergegangen. Die Steaks waren köstlich. Danach einen Schnaps. Höhn bemerkte zu spät, dass er schon völlig betrunken war. Die Stimmung war ausgelassen. Der Chef hatte einen Ghettoblaster auf die Terrasse gestellt und tanzte mit seiner Freundin. Er hatte den Arm um sie gelegt und sie lachten beide ausgelassen.

Dann brannten seine Sicherungen durch. Höhn ging zu ihnen hinüber und schlug seinem Chef eine Bierflasche über den Schädel. Seine Freundin gab ihm eine Ohrfeige. Er rannte durch den Garten davon, trat dem völlig überraschten Köter noch in den Arsch und verließ das Grundstück. Seine Jacke mit dem Hausschlüssel, dem Handy und der Brieftasche hing noch an der Garderobe. Er hatte alles verloren. Seine Freundin. Seinen Job. Seine Schlüssel. Seine Papiere. Seine Hoffnung. Seine Zukunft. Er konnte sich genauso gut wieder hinlegen.

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Dienstag, 23. März 2021

Endlich: Bonetti macht einen Salattag

 

„Extrablatt! Extrablatt!“ rufen die Zeitungsjungen an den Straßenecken. „Bonetti will abnehmen!“

***

Es ist dreizehn Uhr, als Meister Bonetti, der auf einem ledergepolsterten Thron sitzt, von vier kräftigen Männern in den Speisesaal seiner Villa getragen wird. Er bekommt eine Serviette umgebunden, dann ertönt das Trompetensignal.

Heute gibt es nur Salat, das hat sich Bonetti fest vorgenommen und den Köchen entsprechende Anweisungen zukommen lassen. Ein livrierter Diener tritt ein und bringt eine kleine Schüssel mit Tomaten-Zwiebel-Salat, der mit einer Joghurtsoße angemacht wurde. Der Mundschenk reicht dazu ein Glas Mineralwasser. Der Meister isst den Salat, ohne das Gesicht zu verziehen oder zu murren.

Der zweite Gang wird gebracht. Es ist Blumenkohlsalat mit Sauce Hollandaise. Andy Bonetti ist so reich, er beschäftigt einen Trompeter, der jedes Mal eine Fanfare spielt, wenn die Dienerschaft den nächsten Gang des Mittagessens in den Saal trägt. Zu diesem Salat passt hervorragend ein leichter, sommerlich frischer Riesling und dem Meister mundet er offenbar vorzüglich. Wir erkennen es am vergnügten Aufblitzen seiner Schweinsäuglein.

Im Anschluss gibt es einen opulenten italienischen Salat. Bonetti beschränkt sich beim Essen auf die hartgekochten Eier, die geviertelt sind, den Schinken, den Käse und die Oliven. Grüner Salat enthält bekanntlich wenig Nährstoffe und noch weniger Geschmacksstoffe. Das Fläschchen Riesling ist schnell geleert und der Meister gibt, zur Förderung seiner gelegentlich trägen Verdauung, einen Mirabellenschnaps in Auftrag.

Der vierte Gang ist ein Nudelsalat. Dazu lässt sich Bonetti eine Flasche Rotburgunder bringen. Der Nudelsalat ist so, wie er ihn am liebsten mag. Erbsen, Mais, gewürfelte Fleischwurst, Eier, Öl, Mayonnaise – und natürlich Nudeln. Mit gutem Appetit verspeist er eine großzügig bemessene Portion. Ein Kirschwässerchen rundet die Sache ab.

Es folgt ein Kartoffelsalat. Er ist bewusst schlicht gehalten. Mit Essig und Öl, Zwiebeln und Speck. Die Hose des Meisters spannt etwas, nachdem er den Teller geleert hat, und er winkt einen der Träger heran. Der Mann schlägt ihm kräftig auf den Rücken und Bonetti macht ein großes Bäuerchen. Die Fenster werden geöffnet.

Der sechste und letzte Gang des Salat-Menüs ist Schweizer Wurstsalat. Er ist die Krönung und die silberne Schüssel ist reich gefüllt. Bonetti trinkt den restlichen Bordeaux aus und lässt sich einen fünffachen Espresso bringen. Das war köstlich. So muss ein Salattag sein, denkt er und lächelt selig.

Soll er noch den Eisbecher mit Waldbeeren essen? Der Meister überlegt kurz und befindet, dass man sich für seine Disziplin durchaus auch einmal belohnen sollte. „Aber nur fünf Kugeln Eis“, befiehlt er streng. „Schließlich mache ich Diät.“  

The Alarm - 68 Guns - YouTube

Sonntag, 21. März 2021

So sehen Sieger aus: Bonettis Regierungsprogramm

 

Wir stoppen den Klimawandel, ohne unser Leben zu ändern.

Malle, SUV und Schweinenackensteak für alle – aber woke.

Glauben Sie mir: Das geht.

Wandel ohne Veränderung.

Nachhaltigkeit mit Bacon & Käse.

Diesel für den Frieden.

Payback-Punkte für den Tierschutz.

Und ganz viel Europa.

Frauenquote im Baugewerbe, Männerquote bei der Bodenpflege.

Batteriebetriebene Kohlekraftwerke.

Versprochen!

Wählen Sie Bonetti!

Das Angebot gilt nur für kurze Zeit – bis zum 26. September.

Tito & Tarantula - After Dark - YouTube

 

Freitag, 19. März 2021

Die Ansprache

 

Sehr geehrte Damen, Herren und Diverse;

Sehr geehrte Homosexuelle, Bisexuelle, Pansexuelle, Metrosexuelle, Asexuelle und Heterosexuelle;

Sehr geehrte Muslime, Juden, Buddhisten, Christen und Angehörige anderer Religionen, Agnostiker und Atheisten, Teufelsanbeter und UFO-Gläubige;

Sehr geehrte Kapitalisten, Kommunisten, Sozialisten, Faschisten, Demokraten und Politikverächter;

Sehr geehrte Schwarze, Indigene, People of Color und Weiße;

Sehr geehrte Singles, Verheiratete, Witwerinnen und Witwer;

Sehr geehrte Arbeiter, Angestellte, Selbständige, Beamte und Arbeitssuchende;

Sehr geehrte Migranten, Nachkommen von Migranten und Autochthone;

Sehr geehrte Veganer, Vegetarier, Frutarier und Carnivoren;

Sehr geehrte Arme und Reiche, junge, mittelalte, ältere und alte Menschen, Säuglinge und Kleinkinder, hässliche, schöne und durchschnittliche Menschen;

Sehr geehrte Behinderte und Nicht-Behinderte, Riesen und Zwerge, Ein-, Zwei- und Keinbeinige, Blinde und Nicht-Blinde, TAUBE und Nicht-Taube;

Sehr geehrte Schüler und Absolventen von Hauptschule, Realschule, Gesamtschule und Gymnasium, Akademiker und Nicht-Akademiker;

Sehr geehrte Saarländer, Hessen, Bayern, Schwaben, Sachsen, Friesen, Rheinländer und Pfälzer;

Sehr geehrte Fernsehende, Radiohörende, Internet-User, Lesende und Analphabetinnen und Analphabeten;

Sehr geehrte Rock- und Pop-Fans, Klassik-Liebhaberinnen und -Liebhaber, Schlager- und Volksmusik-Hörende;

Sehr geehrte Chinesen, Inder, Araber, Togolesen, Kenianer, Australier, Russen, Franzosen, Österreicher, Finnen, Brasilianer (…) und Deutsche;

Sehr geehrte Fußgänger, Radfahrer, Zugfahrer, Flugreisende und Autofahrer;

Sehr geehrte Alkoholiker und Abstinenzler, Drogensüchtige und Medikamentenabhängige;

Sehr geehrte Schwimmende, Skifahrende, Tennisspielende (…);

Sehr geehrte Nudisten und Burka-Trägerinnen, Jeans-Träger und Krawatten-Träger (…);

Sehr geehrte Befürworter von Ananas auf Pizza, Currywurst-Fans, Döner-Fans (…);

Sehr geehrte Zuhörende und Eingeschlafene!

Ich begrüße Sie ganz herzlich zu dieser Veranstaltung und komme nun zum Schluss:

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

***

Jetzt kommt die Pointe. Jemand im Publikum steht auf und sagt: „Ich fühle mich nicht angesprochen.“

The Smashing Pumpkins - Today (Official Music Video) - YouTube

 

Mittwoch, 17. März 2021

Villa Germania

 

Ich kam an einem schönen Anwesen vorüber. Im Garten standen Eichen und die Rosen blühten. Am Fenster saß eine schöne junge Frau, die mich anlächelte.

Ich trat näher und schaute genauer hin. Die Frau war mindestens dreißig und die Fassade des Hauses hatte Risse.

Ich ging noch ein paar Schritte auf den Bau zu. Ich erschrak. Unter dem löchrigen Dach war an einer Stelle der Putz abgebröckelt und ich blickte auf gewöhnliche Backsteine. Die Frau war stark geschminkt, der Lippenstift wirkte grell und ihr faltiger Hals erinnerte mich an eine Schildkröte.

Ich trat ans Fenster und sah ins Zimmer. Es war schmutzig und der Boden war mit Abfall übersäht. Die Regalbretter hingen schief im leeren Schrank, das Bettzeug auf der verschimmelten Matratze war zerschlissen und in der Mitte des Raums lag ein umgeworfener Tisch. Die Frau war eine Greisin, die vertrocknete Schminke war an einigen Stellen abgeplatzt und gab den Blick auf ein Netzwerk tiefer Falten und kleiner Runzeln frei. Sie war in Lumpen gekleidet und stank erbärmlich.

Da begann sie zu lachen. Ich schaute in den schwarzen zahnlosen Schlund. Sie hörte gar nicht mehr auf. Sie lachte immer lauter und warf den Kopf nach hinten. Im nächsten Augenblick fiel sie tot vom Stuhl und die morsche Hütte brach über ihr zusammen. Übrig blieben nur ein Trümmerhaufen und eine Staubwolke, die sich langsam verzog.

The Police - When The World Is Running Down, You Make The Best Of What's Still Around by M@GO - YouTube

Dienstag, 16. März 2021

Das Gedächtnis des Wassers – Homöopathie ins Grundgesetz

 

Blogstuff 573

„Unfähigkeit ist bei deutschen Politikern kein Bug, sondern ein Feature.“ (Karl Kraus)

Der Verlust eines geliebten Haustiers gehört zu den größten Tragödien des Lebens. Eine Nachbarin erzählte mir, ihre Katze seit nach zwanzig Jahren verstorben. Sie umhüllte den Leichnam – der Begriff Kadaver verbietet sich in diesem Zusammenhang, schließlich habe ich lange bei Pietät-Malotzke in Wilmersdorf als Einbalsamierer gearbeitet – und trug ihn in den Keller. In der Nacht weckte sie ihr Mann. Er habe die Katze schreien gehört. Sie lauschte in die Dunkelheit und tatsächlich: Sie hörte es auch. Sie ging mit klopfendem Herzen in den Keller und schlug die Decke auf. Und was soll ich sagen? Die Katze war immer noch tot. Gänsehaut.

Ich komme jetzt ins 110. Semester.

Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er arbeitet an seinem Pamphlet „Indien – Ein stark überschätzter Subkontinent“.

Ich habe noch nie ein Lied von Taylor Swift oder Justin Bieber gehört. Ich habe noch nie eine Sendung von Joko & Klaas gesehen. Ich weiß nicht, welche Klamotten angesagt sind und wie sich die aktuelle Jugend nennt. Generation Z? Generation Semikolon? Es kann mir egal sein. Alt sein ist so geil. Aber vermutlich sagt man „geil“ gar nicht mehr. Mich interessieren auch die neuen Wörter nicht.

Wie entstand eigentlich die Figur des Andy Bonetti? Der Kiezschreiber träumte von einem Leben als erfolgreicher Schriftsteller. Also ging er zu Rekall Inc. und ließ sich künstliche Erinnerungen an ein Leben als Bestseller-Autor einpflanzen.

Die Buchmacher sehen bei der Fußball-EM im Augenblick England vor Belgien und Frankreich. Deutschland kommt auf Platz 5.

Bierpreiserhöhung - eine Schweinerei! - YouTube

Bei der Löw-Nachfolge im Sommer wird häufig der Name Klopp ins Spiel gebracht. Aber Klopp hat bei Liverpool noch einen Vertrag bis 2024. Er verdient 18 Millionen € jährlich, mit Werbung verdient er zusätzlich 25 Millionen. Löw verdient als Bundestrainer aktuell 3,8 Millionen. Entweder der DFB packt ordentlich was drauf oder Klopp ist der Job als Bundestrainer wichtiger als das Geld. Aber darauf würde ich bei einem Fußballer nicht wetten.

Manchmal fährt er aus seiner Reihenhaussiedlung in die Innenstadt, um ein Selfie für seinen Insta-Account zu machen.

P.S.: Das Mutantenviertel in Wichtelbach wird, als Reminiszenz an „Total Recall“, Sektor G genannt. In der Kurzgeschichte „Erinnerungen en gros“ von Philip K. Dick, auf der das Drehbuch des Verhoeven-Films beruht, heißt die Rekall Inc. übrigens Endsinn AG. Nerd-Wissen – präsentiert von Bonetti Media.

Ultravox - One Small Day (2009 Remaster) - YouTube

Montag, 15. März 2021

Bonetti Media beantragt Titelschutz

 

“Tote weinen nicht“

„Tote haben keine Sorgen“

„Tote brauchen keine Schuhe“

„Tote geben keine Antwort“

„Tote wählen niemals Armin Laschet“

„Tote frieren nicht“

„Tote zahlen keine Steuern“

„Tote bremsen nicht für Tiere“

Uuuuund:

„In der Themse treibt ein toter Blogger“

Sonntag, 14. März 2021

Tag und Nacht

 

Kalte leere Stille

Wenn der Tag anbricht

Der warme Atem der Nacht

Das Lachen, die Nähe

Vergessen, bedeutungslos

 

Jetzt musst du die Zeit kennen

Deine Pflichten, die richtigen Worte

Es kommt der Augenblick

In dem du dich entscheiden musst

Zwischen Tag und Nacht

Freitag, 5. März 2021

Die neue Normalität


Als er aufwachte, war er einen Augenblick verwirrt. Hatte er den Wecker überhört? Hatte der Wecker nicht geklingelt? Er schaute hinüber. Der Wecker stand auf drei Uhr zehn und tickte nicht mehr. Er stand auf und zog den Rollladen hoch. Die Sonne stand bereits am Himmel. Er sah auf sein Handy. Drei Uhr zehn. Er machte den Fernseher an und schaltete auf einen Nachrichtenkanal. Unten links stand die aktuelle Uhrzeit. Drei Uhr zehn. Die Sprecherin berichtete gerade, dass alle Uhren in Deutschland heute Nacht stehengeblieben waren.

Er zog sich an und ging zur Bushaltestelle. Dort hing zwar ein Fahrplan, aber er war längst nutzlos geworden. Irgendwann kam ein Bus. Der Busfahrer wusste auch nicht, wie spät es war. Er war am Morgen zum Busbahnhof gefahren, in den Bus gestiegen und würde jetzt seine übliche Strecke fahren, bis er das Gefühl habe, seine Schicht sei vorbei.

Im Büro waren einige Plätze mit Kollegen besetzt, andere nicht. Er ging zum Chef und fragte, was los sei. Der konnte ihm auch keine Auskunft geben. Die Uhren funktionierten nicht. Daher wusste auch niemand, wie man Termine einhalten sollte. Natürlich konnte man sich am Kalender orientieren. Die Tage konnte man notfalls per Hand zählen, aber nicht die Sekunden, Minuten und Stunden.

Also setzte er sich an seinen Arbeitsplatz und checkte erstmal seine Mails. Auch sie hatten als Uhrzeit alle drei Uhr zehn. Er beantwortete sie in der Reihenfolge ihres Eingangs und klickte dann Twitter an. Große Aufregung überall. Menschen verpassten ihre Züge und ihre Flüge. Manche Geschäfte hatten offen, manche nicht. Überall auf der Welt gingen die Uhren nicht mehr. Kein Mensch kannte die genaue Zeit.

Alle Versuche der Techniker und Ingenieure, die Uhren wieder zum Laufen zu bringen, scheiterten auf rätselhafte Weise. Keiner konnte erklären, warum sie nicht funktionierten. In den Baumärkten waren Sonnenuhren der große Renner, aber die Sonne scheint nun einmal nicht den ganzen Tag. Und nachts überhaupt nicht. Wochenlang gingen die Uhren nicht und aus Wochen wurden Monate.

Man verabredete sich zu ungefähren Zeiten. Zum Sonnenaufgang, vormittags, wenn am Mittag die Sonne am höchsten stand (sofern sie zu sehen war), nachmittags oder zum Sonnenuntergang. Man telefonierte mehr miteinander. Überhaupt wurde mehr gesprochen, man hatte ja Zeit. Niemand blickte mehr nervös auf die Uhr. Die Uhrenhersteller gingen natürlich reihenweise pleite.

Die eng vertakteten Fahrpläne der Bahn mussten entzerrt werden, auch der Flugverkehr wurde drastisch reduziert, weil man nicht mehr wusste, wann der Slot eines Abflugs oder einer Ankunft begann oder endete. Die Geschäfte öffneten nach Gefühl. Im Sommer einige Zeit nach Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, im Winter von Sonnenaufgang bis einige Zeit nach Sonnenuntergang. Die Büroarbeit wurde ins Homeoffice verlegt und man terminierte die Arbeit nur noch nach dem Kalender.

Sportarten, in denen Zeitmessung eine Rolle spielt, wurden aufgegeben. Ski-Abfahrtslauf oder Bobfahren machten ohne Uhr keinen Sinn mehr. Beim Fußball einigte man sich darauf, dass die Mannschaft gewonnen hat, die zuerst das dritte Tor schießt. Die Spiele waren also unterschiedlich lang. Ebenso war es bei Fernsehsendungen, die neu produziert wurden. Die Tagesschau war mal länger und mal kürzer. Je nachdem, was am Tag losgewesen war. Zum Glück konnte man sie in der Mediathek ansehen, wann immer man wollte.

Ohne die Uhren war das Leben wesentlich entspannter. Es wurde weniger produziert und weniger gekauft. Die Mobilität nahm ab und die Menschen verbrachten mehr Zeit mit ihren Familien und ihren Freunden. Irgendwann hatten sich alle an die neue Normalität gewöhnt.

Suicide - Ghost Rider (Taxi Driver) - YouTube

Donnerstag, 4. März 2021

Nix druff außer Zahnbelag

 

Offenbar glauben viele junge Menschen, sie würden im Internet brandneue Themen diskutieren. Oder ihre Generation hätte die Debatte erst angestoßen. Gendersensible, rassismus- und sexismusfreie Sprache zum Beispiel.

Aber das Gendern kenne ich seit den siebziger Jahren. Statt „man“ sagte man „frau“ oder „mensch“, es wurden männliche und weibliche Formen gemeinsam verwendet, „Studentinnen und Studenten“, sogar "Mitgliederinnen und Mitglieder".  

Das N-Wort und das Z-Wort verwenden gebildete Menschen seit vierzig Jahren nicht mehr. Wenn man im SPIEGEL-Archiv nach „Sinti und Roma“ sucht, wird man schon in Ausgaben aus den achtziger Jahren fündig.

Die Gegner dieser „Neuerungen“ sind übrigens immer noch dieselben: Konservative und Rechtsradikale. Diese Debatten sind in Wirklichkeit uralt, die Jugend bohrt am selben dicken Brett wie die Alten.

Auch Umweltschutz ist eine Idee, die mindestens ein halbes Jahrhundert als soziale Bewegung auf dem Buckel hat. Heute hat er das Label „Klimawandel“ und die Umweltschutzbewegung hat sich den schicken Anglizismus „Fridays for Future“ verpasst.

„Cancel Culture“ ist auch so ein Modewort. Dabei ist es alter Wein in neuen Schläuchen. Schon immer hat man zu linken Veranstaltungen linke Redner und Bands eingeladen, bei rechten Veranstaltungen lief es entsprechend. Wo Höcke spricht, wird danach nicht Feine Sahne Fischfilet auftreten.

Eigentlich – auch wenn es hart klingen mag – hat die junge Generation keine einzige neue Diskussion angestoßen. Aber sie merken es nicht. Ist es Ignoranz gegenüber der Vergangenheit? Fixierung auf Internet und soziale Medien? Egozentrismus?

Jedenfalls drehen sich die Debatten immer noch im Kreis wie in meiner Jugend. Kein Fortschritt. Nirgends. Was die heutige Jugend allerdings mit meiner Jugendzeit verbindet: das Gefühl moralischer und intellektueller Überlegenheit, die Verachtung der Alten und der autoritäre Dogmatismus gegenüber Andersdenkenden.

Tea In The Sahara - YouTube

Montag, 1. März 2021

Ich habe das Jubiläum verpasst

Am 5. Februar 2020 habe ich den ersten Text über das Corona-Virus geschrieben und wusste damals bereits, dass es globale Auswirkungen haben würde. Im Prinzip muss man nur ein Jahr im Blog zurückblättern, um ab diesem Tag die Entwicklung von "Ach, wie lustig" zu "Ach, du Scheiße" nochmal nachvollziehen zu können. Im März 2021 blicken wir auf den ersten Lockdown vor genau zwölf Monaten zurück.

Kiezschreiber: Die Wahrheit über das Coronavirus

Das Leben ist zu kurz für Margarine

 

Blogstuff 566

„Die Menschen haben den Drang, ihr Scheitern anderen zuzurechnen. Wenn du im Stau steckst, schimpfst du über die Regierung. In Wahrheit bist du es selber, der den Stau produziert. Leute suchen Verschwörungstheorien, um sich zu entlasten.“ (Umberto Eco)

Ich bin so bescheiden, ich werde mich in meiner Autobiographie gar nicht erwähnen.

SUV sind nur der sichtbare Teil der permanenten Aufrüstung der Privathaushalte. In den eigenen vier Wänden geht es weiter. Inzwischen gibt es Fernseher, die so groß wie die Leinwände der Programmkinos in den achtziger Jahren sind. Die älteren Leser werden sich an die kleinen Räume neben dem Hauptsaal des Kinocenters erinnern, in denen man freiwillig in der ersten Reihe saß. Auch die Grills haben inzwischen Schrankgröße erreicht und kosten vierstellige Summen. Ich kenne einen Mann, der ein Grillseminar besucht hat. Ein Grillseminar! Dabei grillen Männer doch nur deswegen so gerne, weil jeder Schimpanse eine Bratwurst rösten kann. Ein promovierter Philosoph in Berlin zeigte mir freudestrahlend seine Fachliteratur zum Thema Grillen, bevor wir in den Garten gingen. In meiner Jugend hat man irgendwelche Holzverschalungen von der Baustelle in eine Bronx-Tonne geworfen und angezündet. Dann hat man Maschendrahtzaun draufgelegt und seine Steaks gegrillt.

2012 habe ich zum letzten Mal in einem Flugzeug gesessen. Damals wusste ich nicht, dass es das letzte Mal sein würde. 2013 war ich zum letzten Mal in einem Kino. Damals wusste ich nicht, dass es das letzte Mal sein würde. Vor einem Jahr habe zuletzt einem Menschen die Hand gegeben. Ich habe meinem Vater zum Geburtstag gratuliert. Damals wusste ich nicht, dass es das letzte Mal sein würde.

Hitler hatte in einem mehrstöckigen Gebäude am Münchner Prinzregentenplatz seine Privatwohnung. Ich stelle mir vor, ich lebe mit meiner Familie in der Wohnung über ihm und die Kinder toben über das Parkett. Diese Altbauten sind ja total hellhörig. Unter uns sitzt der Führer und ist genervt. Er brütet gerade über einer riesigen Europa-Karte und kann sich nicht konzentrieren. Wird er die Gestapo anrufen? Ich rede mit Engelszungen auf die Kinder ein: kein Bobby-Car mehr, kein Sackhüpfen, kein Geschrei. Jeden Tag bangst du um dein Leben.

Es gibt den Plan, dass man ab 1. April in einzelnen Geschäften Termine zum Shopping vereinbaren kann wie ansonsten beim Arzt. Wir dürfen jetzt den Galgenhumor nicht verlieren.

Als Jugendlicher habe ich mir die Brust rasiert, weil ich hoffte, die Haare würden dadurch mehr, sie würden dicker und schwärzer. Was ich nicht wusste: Sie wachsen ein Leben lang in der Fläche weiter, über die Schultern bis auf den Rücken.

Der offizielle Corona-Hit 2021: Blancmange - Waves (OFFICIAL MUSIC VIDEO) - YouTube

Nächste Woche: Katrina & the Waves + Die perfekte Welle von Juli.