Samstag, 30. Oktober 2021

Herbstgedanken

 

Ihr habt mich ganz schön hängen lassen

So spricht der Apfel dort am Baum

Ich sitz im Trocknen, er im Nassen

Ess‘ lieber Chips und aus der Traum

Donnerstag, 28. Oktober 2021

Wer ist Hendrik Wüst?

 

Der neue Ministerpräsident hat zu Beginn eine steile Karriere hingelegt. Mit 15 gründet er in seiner Heimatstadt Rhede einen Ortsverband der Jungen Union, mit 20 sitzt er im Stadtrat und ist mit 24 Aufsichtsrat bei den Stadtwerken. Mit 25 wird er JU-Chef in NRW und mit 27 Mitglied des CDU-Bundesvorstands. Kurz vor seinem 30. Geburtstag wird er als Abgeordneter in den Düsseldorfer Landtag gewählt und übernimmt ein Jahr später den Posten des CDU-Generalsekretärs in NRW. Der Jurist und Hobby-Jäger gilt als strammer Rechter.

2010 muss er als Generalsekretär zurücktreten, weil er Kontakte mit dem damaligen Ministerpräsidenten Rüttgers auf dem CDU-Parteitag an Unternehmen für 6.000 Euro pro Einzelgespräch + 14.000 Euro Standgebühr verkauft hatte. Außerdem hat er die damalige SPD-Oppositionsführerin von einer Überwachungsfirma ausspionieren lassen. Dennoch bleibt er weiterhin Landtagsabgeordneter und wird 2017 unter Laschet Verkehrsminister. Zuvor hatte er Nebenjobs in einer Lobbyagentur und als Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Landesverbands der Deutschen Zeitungsverleger. Präsident des Bundesverbands ist übrigens Mathias Döpfner. Der Mann ist gut vernetzt.

Sponsoring-Affäre: Absturz einer Nachwuchshoffnung | ZEIT ONLINE

Mittwoch, 27. Oktober 2021

Für die Ewigkeit

 


Solche Momente des Glücks erlebt man als Fan nicht oft. Die Bayern, die Titel wie Briefmarken sammeln, werden es übermorgen vergessen haben. Ich erinnere mich noch Jahrzehnte an so einen denkwürdigen Abend.

Sonntag, 24. Oktober 2021

Neulich in Bonetti’s Poesiestüberl

 

Von Bonetti, uns’rem Helden

Gibt es Neues zu vermelden

Denn der edle Dichterknabe

Ist im Besitz der großen Gabe

Nicht nur Abenteuer zu erleben

Sondern auch den Text zu weben

Setzt Euch, Kinder, gebt fein acht

Er hat uns etwas mitgebracht

Und er führte uns sogleich

In sein schönes Märchenreich

Wo es Teufel gibt und Elfen

Die den guten Menschen helfen

Doch der kühne Bloggerjunge

Wanderte in heit’rem Schwunge

Vorbei an Räubern, Rittern, Wachen

In die Höhle eines Drachen

Wo Gefahr droht und zum Schluss

Gibt’s den Schatz und einen Kuss

Lange schallt’s im Walde noch

Bonetti Media lebe hoch

Mittwoch, 20. Oktober 2021

Die Doppelnull

 

Schon als Kind hatte Hauke Moosleitner davon geträumt, Geheimagent zu werden. Ein Leben wie James Bond, voller Abenteuer und Gefahren, hemmungsloser Sex im Dienst fürs Vaterland, wilde Verfolgungsjagden und Zweikämpfe auf Leben und Tod. Das ganze Programm.

Als er sich mit 30, nach zehn verlorenen Jahren in der Buchhaltung eines Autozulieferers, der sich auf Türgriffe spezialisiert hatte, endlich beim BND bewarb, wäre es um ein Haar zu spät gewesen. Er fiel durch den Fitnesstest, was ihn angesichts seiner Adipositas im Endstadium allerdings nicht überraschte, hatte keinerlei Erfahrungen in Nahkampftechniken und mit Waffen, keinen Führerschein und in der Prüfung zum Thema Innen- und Außenpolitik nur drei von hundert möglichen Punkten.

Dennoch wurde er auf Probe eingestellt. Zunächst jedoch ohne Gehalt, bis er sich im Dienst bewähren würde. Er solle in seinem Kiez in Berlin-Wilmersdorf als Beobachter tätig sein, sagte man ihm. Verdächtige Elemente ausfindig machen und alles Ungewöhnliche melden, das ihm auffiel. Er war mehrere Stunden täglich im Einsatz, durchstreifte die Straßen und setzte sich auf Parkbänke, um sich unauffällig die Passanten anzusehen. Da gab es zum Beispiel diesen Araber, der jeden Mittag um zwölf Uhr an der Bundesallee joggte. Seit wann joggen Araber? Um diese ungewöhnliche Uhrzeit? In einem grünen Trainingsanzug? Grün ist die Farbe des Islam. Ein Terrorist? Ein Schläfer?

Jede Woche schrieb er einen ausführlichen Bericht, den er im vereinbarten toten Briefkasten, einem Mülleimer am Viktoria-Luise-Platz, deponierte. Sein Führungsoffizier, Deckname Loriot, würde ihn dort abholen. Zum ersten Mal im Leben war Moosleitner glücklich. 

The Long And Winding Road (2021 Mix) - YouTube

Dienstag, 19. Oktober 2021

Zwischen Zapfsäule und Zapfhahn – Ein Tankwart erzählt aus seinem Leben

 

Blogstuff 635

„Mein radikalstes, vielleicht mein persönlichstes Buch.“ (Bonetti in jedem Interview der letzten zwanzig Jahre)

Ampel. Grün heißt: volle Fahrt. Rot heißt: Stillstand. Geld, sorry: Gelb: unwichtig. Gilt als Metapher offenbar nicht für die Koalitionsverhandlungen. Gelb (das dritte Raumschiff!) setzt sich durch.

Hartz IV heißt in Zukunft Bürgergeld, Tempolimit kommt nicht, dafür die Aktienrente und eine Arbeitszeitverlängerung. Danke, Ihr Ampelmännchen! Mit Laschet wäre das nicht passiert.

Aber unser Dope kaufen wir jetzt beim FDP-Apotheker oder was?! Stehe ich demnächst hinter zugedröhnten Kiffern, die sich nicht für eine Grassorte entscheiden können, während ich auf meine Hämorrhoidensalbe warte?

Berlin: In zwei Wahlkreisen soll die Wahl zum Abgeordnetenhaus wiederholt werden und natürlich ist mein Wahlkreis (Nr. 6) auch dabei. Ich kann auch zweimal die Unterlagen ins Altpapier werfen, soll mir recht sein. In meinem Wahllokal lag die Wahlbeteiligung (Landtagswahl) bei 39,5 Prozent, die PARTEI hat nur drei Zweitstimmen bekommen, die BASIS ganze sieben. Bei der Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung haben nur 27,5 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht, 18,5 Prozent weniger als bei der letzten Wahl.

Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er arbeitet gerade an seinem neuen Buchprojekt „Zahnmedizin unterm Hakenkreuz“.

Das altlinke Rumgeheule über den Mangel an Göhöröchtigkeit kann ich nicht mehr hören.

Ich habe den Literaturnobelpreis aufgegeben, aber eine Briefmarke ist nicht zu viel verlangt. Die Post hat daher ein Foto von mir zugeschickt bekommen.

Gegen Insektenstiche hilft ein Schlammbad. Der getrocknete Dreck schützt vor den lästigen Saugtieren.

„Endlich wieder Malle“, plärrt die vulgärhedonistische Krawallpresse und ich mache es mir derweil in meinem Lesesessel bequem.

Jeder kennt die „Mona Lisa“, aber „Das Mädchen mit den Riesentitten“ von Leonardo da Vinci wird völlig ignoriert.

Wenn ich schon „Denkanstöße“ lese. Solche strunzdummen Gaunereien aus dem Verlagsmarketing sollten den Leser nicht nur misstrauisch machen, sondern für alle Zeiten abschrecken.

Ist es kleinbürgerlicher Cäsarenwahn oder was geht in den von Blödheit verfinsterten Köpfen der Leute vor, die davon träumen, alle Afrikaner zu sterilisieren, weil die Überbevölkerung angeblich unser größtes Problem sei?

Sparks - "When Do I Get To Sing 'My Way'"(official video) - YouTube

 

Montag, 18. Oktober 2021

Die Präsentation

 

Es war ein strahlend blauer Morgen, als Erich Rockstroh den Bahnsteig 4 betrat. Er trug seinen neuen anthrazitfarbenen Anzug und glänzende spitze Lederschuhe. Niemand auf dem Bahnsteig sah so gut aus wie er. Ein gutes Gefühl. Aufgequollene alte Menschen in Beige und Hellgrau, junge Leute mit Rucksäcken.

„Sie werden unser Unternehmen bei den Kunden sicher gut vertreten“, hatte ihm sein Chef zum Abschied am Tag zuvor gesagt. Er hatte eine ganze Woche in die Power-Point-Präsentation investiert. Das Redemanuskript hatte er ausgedruckt und in seinem Aktenkoffer deponiert.

Er genoss die Sonnenstrahlen auf seiner Haut. Heute würde er in Frankfurt einen Vortrag halten, der ihn endlich im Unternehmen nach vorne bringen würde. Der entscheidende Tag.

Der ICE hielt und er ging in das Erste-Klasse-Abteil, in dem ihm die Abteilungssekretärin einen Platz reserviert hatte. Zum Glück war er allein. Der Zug setzte sich in Bewegung und er holte sein Manuskript aus der Aktentasche.

Halblaut sprach er den Text in die Leere des Abteils. Er war nicht zufrieden. Also nahm er einen Kugelschreiber und begann, seine Rede zu korrigieren. Aber das Ergebnis war ein Alptraum. So konnte er den Vortrag unmöglich halten.

Er ging in den Speisewagen, trank zwei Bier und zwei Schnäpse, um neue Zuversicht zu bekommen. Sicherheitshalber nahm er noch zwei Flaschen Bier ins Abteil mit, ohne den spöttischen Blick des Kellners zu bemerken.

Noch eine Stunde bis Frankfurt, wo er vor wichtigen Investoren sprechen musste, die in den neuen Hedgefonds seines Arbeitgebers einsteigen sollten. Er trank hastig, der Redetext verschwamm vor seinen Augen. Sein Hemd war durchgeschwitzt und sein Schlips hatte sich gelöst.

Als er die beiden Flaschen Bier ausgetrunken hatte, stand er von seinem Sitz auf, stark schwankend, und deklamierte lallend den überarbeiteten Text. Neue Fahrgäste betraten das Abteil und lachten hinter vorgehaltener Hand über den Betrunkenen.

Rockstroh wankte mit seinem Aktenkoffer auf die Toilette. Der Zug wurde durchgeschüttelt, alles vibrierte. Er schloss die Tür hinter sich und setzte sich mit heruntergelassener Hose auf die Toilette. Dann öffnete er seinen Aktenkoffer, den er auf seinem Schoß platziert hatte, um einen letzten Blick auf seine Rede zu werfen. Das war ein Fehler.

Plötzlich erbrach er sich in den Koffer, rutschte mit seinem blanken Arsch bewusstlos auf den Boden und erwachte erst in Basel wieder, als alles längst zu spät war.

The National - Bloodbuzz Ohio - YouTube

Sonntag, 17. Oktober 2021

La bestia negra

 

Während Angela Merkel im Laufe der nächsten Jahre als „Mutti“ in die Geschichte eingehen wird und von der Bevölkerung ein ehrendes Andenken zu erwarten hat, wird sie in der CDU zur Hauptschuldigen des Niedergangs und zum Universalsündenbock werden. Sechzehn Jahre hat sie von der Substanz der Partei gelebt, um ihre Macht zu erhalten. Geblieben ist die leere Hülle eines Kanzlerwahlvereins ohne Kanzler.

Folgende Politikziele hat Angela Merkel erreicht, die es mit Helmut Kohl oder anderen Altvorderen der CDU nie gegeben hätte:

1.     Atomausstieg. Ein erklärtes Ziel der Grünen, schon bei der Parteigründung 1980.

2.     Aussetzung, de facto: Abschaffung, der Wehrpflicht.

3.     Europäische Schuldenunion, Stichworte: ESM, Griechenlandrettung.

4.     Mindestlohn.

5.     Ehe für alle.

6.     Multikulti-Gesellschaft, doppelte Staatsbürgerschaft.

7.     Einwanderung von, aus Unionssicht unerwünschten, muslimischen Arabern und Afghanen, statt leicht integrierbarer polnischer Katholiken.

8.     Windräder und Solaranlagen, so weit das Auge reicht.

9.     Kohleausstieg.

10. Frauenquote in Aufsichtsräten und bald auch in Vorständen.

Die CDU wird sich in der Opposition erneuern und zu ihren alten Werten zurückkehren. Keine gute Nachricht für die AfD, aber auch keine gute Nachricht für Deutschland. Denn eines Tages, vielleicht 2029, wird sie als erzreaktionäre und ultrakonservative Partei an die Macht zurückkehren. La bestia negra. Es wird fürchterlich werden.

Samstag, 16. Oktober 2021

Reisebegleitung


Hamburg Hauptbahnhof. Ich sitze auf einer Bank am Bahnsteig und warte auf meinen Zug. Eine Frau setzt sich neben mich und fragt, ob der ICE pünktlich losfahren würde, da gerade überraschend ein Zug aus Wien auf unserem Gleis abgefertigt wird, der gar nicht angekündigt war. Ich kann sie beruhigen. Endhaltestellte unseres ICE ist Chur. Für Züge, die verspätet in der Schweiz ankommen, muss die Deutsche Bahn Geld bezahlen. Also wird man uns rechtzeitig an unser Ziel bringen. Wir plaudern noch ein paar Minuten, dann kommt ihre überraschende Frage: „Fahren wir zusammen?“ Verdutzt stimme ich zu, schon gibt sie mir die Hand und stellt sich vor: „Ich bin die Nora“. 

Wir steigen ein. Der Zug ist vollbesetzt und wir haben beide keine Reservierung. Sie fährt offenbar nicht oft mit der Bahn. Ich erkläre ihr die Displays mit den Reservierungen, die an den Sitzen angebracht sind. Sie möchte nach Karlsruhe, um einen Freund zu besuchen, ich nach Frankfurt, wo ich in Richtung Bingen umsteigen werde. Am Ende des Zuges werden wir zwei Plätze finden, sage ich ihr. Und tatsächlich: Im allerletzten Wagen finden wir zwei Schwerbehinderten-Plätze und können uns setzen.

Sie fragt mich nach meinem Beruf und ich schildere ihr den Glamour und die Aufregung eines Hobby-Autors im Hunsrück. Sie hat früher auf St. Pauli „alles Mögliche" gemacht. Später wird mir angesichts ihres Fachjargons alles klar. Freier, die auf Prostituierte onanieren – das nennt man Lehrgeld zahlen. Sie ist Mitte vierzig und seit zwei Jahren mit einem griechischen IT-Angestellten verheiratet. Sie macht jetzt „Kunst“, auf ihrem Handy zeigt sie mir Bilder von den Kerzenhaltern und Schlüsselanhängern aus Kunstharz, die sie in ihrem Online-Shop verkauft. Ich frage erst gar nicht nach den Umsätzen.

Wir beschließen schon zu Beginn, die Masken abzulegen. Wir sind geimpft und wollen ja auch mal das Gesicht des Gesprächspartners sehen. Immerhin dauert es von Hamburg bis Göttingen, bis die junge Frau, die auf der anderen Seite des Ganges (Indien-Joke!) die ganze Zeit neben uns gesessen hat – Typ: woke Hipster-Trulla – und bisher nichts gesagt hat, plötzlich die Maskenpflicht anmahnt. Wir packen natürlich gleich den Lappen vor die Luke und Nora beginnt einen längeren Monolog über das Denunziantentum in Deutschland.

Sie knuddelt mich, wir verstehen uns, die Zeit vergeht wie im Flug. Von jeder Dose Wodka-Red Bull möchte sie mir einen Schluck abgeben, aber ich halte mich zurück. In Schweppenhausen steht schon der Wein kalt. Sie schenkt mir sogar eine neue FFP2-Maske, da meine alte Gesichtshülle (Kauf 7/2020) schon einen deutlichen used-look hat. In Frankfurt heißt es Abschied nehmen.

P.S.: Im ICE auf der Hinfahrt von Frankfurt nach Berlin habe ich mich mit einer netten Lehrerin aus dem Ahrtal, dem Katastrophengebiet in Rheinland-Pfalz, unterhalten. Man lernt im Zug immer wieder interessante Leute kennen.

P.P.S.: Beide Frauen haben übrigens bei der Bundestagswahl die Tierschutzpartei gewählt – genau wie meine Friseurin. Ein neuer Trend?

Electric Light Orchestra - Last Train to London (Official Video) - YouTube

 

Mittwoch, 13. Oktober 2021

Berlin – Rückkehr in die fremde Heimat

 

Zwölf Monate. Mein vorletzter Berlin-Aufenthalt war im Herbst 2019, der letzte im Herbst 2020. Wenn ich in dieser Zeit meinen Zweitwohnsitz vermietet hätte, wäre ich um 20.000 Euro reicher. Aber wer hätte ahnen können, dass Corona mir die Reiseplanung so lange verhageln würde?

Mein Dönermann erkennt mich noch wieder. „Ich bin wieder da“, sage ich. „Ich freue mich“, antwortet er und fängt an, Fleisch vom Drehspieß zu säbeln.

Eine Transsexuelle, die als Ali im Iran auf die Welt kam, hat sich auf dem Alexanderplatz mit Benzin übergossen und angezündet, höre ich im Radio.

Die Computersysteme einiger Verwaltungen funktionieren nicht. Es sei aber kein Cyberangriff. Wozu auch? Berlin schafft das alleine. Auch das Angebot der Telekom, dreißig Tage Internet für 29,90 €, gibt es nicht mehr. Also kein Netz und kein TV. Zeit für Bücher und DVDs.

Viele Restaurants suchen Kellnerinnen und Kellner. In Top-Lokalen bekommt eine Vollzeitkraft 1500 bis 2000 € Trinkgeld im Monat, steuerfrei. Als Gehalt gibt es oft nur den Mindestlohn, im Lockdown bekamen die Leute nur Kurzarbeitergeld auf der Basis des offiziellen Lohns. Davon kann man in Berlin nicht leben (eine 45qm-Erdgeschosswohnung in unserem Haus ist gerade für 950 € kalt vermietet worden!), also haben sie sich andere Jobs gesucht.

Ein Jahr lang habe ich keinen E-Scooter und kein Lastenfahrrad mehr gesehen. Schon am ersten Tag sind sie überall.

Erster Oktober. Ich habe das I Ging befragt, wie es in Sachen Bundesregierung weitergeht. Ergebnis: 17. Sui / Die Nachfolge. „Die Nachfolge hat erhabenes Gelingen. Fördernd ist Beharrlichkeit. Kein Makel.“ Klingt positiv, aber wird es jetzt Scholz oder Laschet? Durch eine 9 auf dem vierten Platz ergibt sich für die Zukunft das Zeichen 3. Dschun / Die Anfangsschwierigkeit. Es ist von Chaos die Rede, das aber in großen Erfolgen mündet, wenn man nicht aufgibt. Das deutet doch eher auf eine Ampel-Koalition unter Scholz hin, nicht auf Weiter-so-Armin.

Ich sitze in meinem Stammlokal und verspeise gerade ein vorzügliches Hirschgulasch, als ein deutscher Handwerker hereinkommt. Er soll etwas in der Küche reparieren und der Wirt öffnet ihm die Küchentür. „Vorsicht, Ausländer!“ ruft er seinem indischen Koch zu und beide lachen. Ich brauche eine Weile, bis ich die Pointe kapiere. So herum funktioniert es natürlich auch.

Was hat sich im Kiez geändert? Das Reisebüro hat geschlossen, jetzt hat sich ein Immobilienmakler in den Räumen eingenistet. Das griechische Restaurant steht leer, vor der Eingangstür liegen Blumen, daneben stehen ein ewiges Licht und ein Bild der Wirtin. Eine Nachbarin erzählt mir, dass der Wirt auch im letzten Winter verstorben wäre, beide jedoch nicht an Covid-19.

Erste Currywurst in diesem Jahr. Curry 36 am Bahnhof Zoo. Es gibt kein Bier mehr! Und die Curry ohne heißt jetzt „Berliner Currywurst (ohne Darm)“, die Curry mit heißt „Curry-Bockwurst (mit Darm)“. Zum Glück entpuppt sich die Bockwurst als Bratwurst. Wahrscheinlich hat ein Schwabe die Bezeichnung „Berliner Currywurst“ juristisch durchgesetzt. Der Blick auf die Gedächtniskirche entschädigt mich beim Essen, aber an Holunder-Bionade zu Currywurst mit Pommes werde ich mich nie gewöhnen. Ist das noch mein Berlin?

Die Corona-Modalitäten in den Restaurants waren durchaus unterschiedlich: Inder und Türke ohne Impfausweis, Italiener, Chinese und Deutscher mit Impfausweis. Den Vogel hat aber der Japaner abgeschossen. Am Eingang der Sushi-Bude war ein Check-In-Schalter aufgebaut. Ich musste nicht nur meinen Impfpass zeigen, sondern auch meinen Personalausweis. Dann wurde ich, eine Schutzmaske tragend, zu einem Tisch eskortiert, wo ich ein umfangreiches Formular ausfüllen musste. Bei der Frage nach den Sexualpartnern der letzten zehn Jahre musste ich zum Glück nur einen Strich machen. Da kam echtes Flughafenfeeling auf. Bei meiner Einreise in Japan war es damals auch nicht komplizierter.

Nur 44 Prozent aller Berliner sind in Berlin geboren.

Am Sonntag sind sowohl der Dönerladen als auch der Späti zu. Ich hoffe, mit der FDP wird das alles anders.

Gibt es Rassismus gegen Weiße? In Berlin schon. Chinesischen Rassismus. Samstagabend in einem China-Restaurant. Ich setze mich an einen Tisch, worauf das junge chinesische Paar am Nachbartisch aufsteht und sich drei Tische weiter wieder hinsetzt. Wenig später: Zwei chinesische Paare haben den Tisch links von mir reserviert. Sie bitten den Kellner, ihnen einen anderen Tisch zu geben. Auch meine Erfahrungen im für chinesischen Rassismus berüchtigten Lokal Grand Tang in Charlottenburg mögen als Beweis dienen (Lesen Sie dazu auch bitte die Kommentare bei Google Maps). Kiezschreiber: Unterwegs in Berlin I

Oma mit Base Cap: Haste mal ne Zigarette?

Ich: Bin Nichtraucher.

Oma: Ooch, wie schade.

Womit sie natürlich recht hat. Warum habe ich eigentlich 2007 aufgehört?

The Prodigy - Out Of Space (Official Video) - YouTube

Dienstag, 12. Oktober 2021