Offensichtlich
hatte ich einige Dinge falsch eingeschätzt. Alles begann mit einem Schlüssel,
den ich auf dem Bürgersteig gefunden hatte.
Der
Schlüssel hatte einen Metallanhänger, auf dem „Zur goldenen Post“ stand. Ich
kannte die kleine Pension in der Brentanostraße. Und weil ich ein guter Mensch
bin, ging ich die kurze Strecke, um den Schlüssel abzugeben.
An der
Rezeption war niemand zu sehen. Ich rief ein paarmal laut Hallo und läutete die
kleine Glocke auf dem Tresen. Nach einigen Minuten des Wartens wurde ich
ungeduldig. Sollte ich den Schlüssel einfach liegenlassen. Ohne ein Wort des
Dankes oder einen kleinen Finderlohn?
Dann
kam mir die verhängnisvolle Idee. Ich bin von Natur aus neugierig und
gelegentlich auch ein wenig leichtsinnig. Oder soll ich sagen: abenteuerlustig?
Also ging ich die Treppe hinauf. Zimmer 17. Ich werde die Zahl nie mehr
vergessen.
Ich
klopfte an der Tür. Niemand antwortete. Dann rief ich „Zimmerservice“ und
schloss die Tür auf. Niemand war im Zimmer, keiner im Bad. Auf dem Bett lag ein
großer schwarzer Lederkoffer. Ich schloss die Tür und ging zum Bett.
Der
Koffer war unverschlossen. Natürlich habe ich ihn geöffnet. Was hätten Sie an
meiner Stelle getan? Seien Sie ehrlich. Im Koffer war Geld. Viel Geld. Fünfzig-Euro-Scheine
in Hunderterbündeln. Ich steckte mir zwei Bündel in die Jackentaschen. Das
würde nicht auffallen, oder?
Dann
dachte ich mir: Warum nimmst du nicht alles? Auf einen Schlag bist du deine
Geldsorgen los. Ich schloss den Koffer wieder und schlich die Treppen hinunter.
Die Rezeption war immer noch unbesetzt. Ich ging auf die Straße. Niemand war zu
sehen. Mit meiner kriminellen Energie hätte man in diesem Augenblick ein
Hochhaus heizen können.
Ich
ging zur Hauptstraße und hielt ein Taxi an. Ich fuhr zum Hauptbahnhof und
packte den Koffer in ein Schließfach. Dann besorgte ich mir einen Umschlag,
einen Stift und eine Briefmarke. Den Schlüssel legte ich in den Umschlag, auf
dem meine Adresse stand. Wer würde schon im Briefkasten nach Hinweisen suchen?
Dann fuhr ich nach Hause.
Gegen
zehn Uhr abends klingelte es an meiner Wohnungstür. Ich blieb einfach auf dem
Sofa sitzen. Dann klopfte es. Ich wartete ab. Dann ein hässliches Knirschen,
gefolgt von einem lauten Knacken. Die Tür war offen. Zwei Männer traten ein.
Ich erzählte ihnen alles. Aber sie glaubten mir nicht.
Jetzt
liege ich gefesselt und geknebelt in einem Kofferraum. Wann kommt der
Briefträger? Und was passiert dann?
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