„Schwierigkeiten regnen immer auf nassen Mann.“ (Charlie Chan)
Den folgenden Brief an einen anonymen Briefeschreiber muss ich wohl am 25. Mai oder 26. Mai 2013 geschrieben haben. Ich habe ihn dieser Tage auf einem USB-Stick gefunden. Es ging um meine Einschätzung des Berliner Quartiersmanagements in „sozialen Brennpunkten“, ich hatte drei Jahre im Brunnenviertel gearbeitet. Zur Veröffentlichung im Blog kam es aber nicht mehr, da sich der Autor kurz darauf nach einer beeindruckenden Performance vor dem Schöneberger Rathaus in ärztliche Obhut begeben hat (wikipedia: „Performance wird eine situationsbezogene, handlungsbetonte und vergängliche (ephemere) künstlerische Darbietung eines Performers oder einer Performancegruppe genannt. Die Kunstform hinterfragt die Trennbarkeit von Künstler und Werk sowie die Warenform traditioneller Kunstwerke.“)
Antwort an „Anonym“: Treffer, versenkt!
Vielen Dank für Ihre bemerkenswert detaillierte und in der Kürze der Zeit doch recht ansehnlich recherchierte Eingabe vom 24. Mai. 2013, auch im Namen meiner fachlich durchaus immer sehr interessierten, aber intellektuell leider nicht durchgängig vorzeigbaren (oder wie es in Ihren Kreisen heißt:„satisfaktionsfähigen“) Leserschaft. Ich werde mich zukünftig als Laie nicht mehr unaufgefordert zu komplexen Themen wie beispielsweise der Berliner Stadtentwicklung äußern. Als einfacher Hobby-Schreiber (das Berliner Finanzamt ist in seinen nüchternen Einschätzungen oft eine größere Hilfe für den kunstschaffenden Menschen als die gesamte ortsansässige Psycho-Branche – erst ab einem gewissen Einkommen gilt man als Profi) hat man ohnehin nicht den organisatorischen Hintergrund, den exklusiven Informationsfluss und die vielfältigen Möglichkeiten, das Leben der Familien in Berlin schöner und vor allem leichter zu gestalten.
Neulich habe ich, und das erzähle ich jetzt wirklich nur zu Ihrer ganz privaten Erheiterung, „da was im Internet gelesen“. Sie kennen sicher die Quellenangabe, ohne jetzt lange suchen zu müssen – aber seien Sie bitte für einen kurzen Moment leise, auch wenn es schwer fällt. Da ging es um dieses Binnenviertel oder Birnenquartier … oder war es doch buntes Viertel oder so was in der Art? Naja, jedenfalls soll es dort nach Einbruch der Dunkelheit oder doch zumindest fünfzehn Minuten nach Ihrem Büroschluss total gefährlich sein. Ich weiß es nicht so genau und erfolgreiche Menschen wie Sie müssen es ja auch nicht wissen, denn Sie haben selbstverständlich das allerneueste iPhone und können es daher wesentlich schneller nachschlagen als ein „Doktor Dünn“.
Aufpassen! Jetzt haben Menschen wie Sie für alle Zeiten die Lacher bei jeder Party auf Ihrer Seite. Die Frauen werden Ihnen in Scharen (ein ungenauer Ausdruck meiner Zunft) und vollkommen willenlos binnen weniger Millisekunden (entschuldigen Sie bitte meine Ungenauigkeit … verraten Sie mir die exakte Zahl?) Herzen und Miederwaren zukommen lassen. Ich wiege (es ist inzwischen spät geworden und ich schätze jetzt einfach mal fröhlich ins Blaue hinein, weil ich gar keine Waage besitze und auch langsam müde werde, obwohl ich heute gar nicht an einem „Arbeitsplatz“ gewesen bin) etwa 120 Kilogramm bei 1,89 Meter. Nach bisher wissenschaftlich noch unbewiesenen Angaben langjähriger Freunde besitze ich an guten Tagen sogar mein eigenes Gravitationsfeld. Solche Komplimente wie Ihres, über das Sie bestimmt sehr gründlich nachgedacht haben, bekommt man nicht oft. Vielen Dank! Bitte verstehen Sie meine naiv erscheinende Aufrichtigkeit und Höflichkeit nicht fälschlicherweise als Aufforderung. Ich steh nicht so auf Jungs.
Aber ich möchte Sie nicht länger langweilen. Niemand will einem sicherlich sehr hart schuftenden Steuerzahler wie Ihnen, der jetzt womöglich im Kreise wohlgenährter und angenehm duftender Familienmitglieder das unbestritten mehr als verdiente Wochenende in sicherer Entfernung zu seinem Arbeitsplatz genießt, unnötig die Zeit zur notwendigen Erholung stehlen. Herzlichen Glückwunsch an die Fraktion der Berliner Quartiersmanagements! „Ich habe verstanden“, würde Guido Westerwelle jetzt mit salbungsvoller Stimme in einen Strauß Mikrophone sagen. Und Sie würden es mit einem verständnisvollen Kopfnicken endlich auch verstehen.
P.S.: Ist „Anonym“ eigentlich Ihr Vor- oder Ihr Nachname?
Stets Ihr „Doktor Dünn“
Joy Division – Isolation. https://www.youtube.com/watch?v=dltRag14RIg
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