Ich habe den einfachsten Job der
Welt. Ich muss einfach nur Umschläge verteilen.
Alles fing mit einem
Postdoc-Stipendium beim German Marshal Fund an. Ein Jahr in Boston. Harvard. Mehr
geht nicht. Nach einem Seminar bin ich von einem Mann angesprochen worden, der
eine sehr coole Sonnenbrille trug. Er fragte mich, ob ich nicht an einem
deutsch-amerikanischen Abend teilnehmen wollte. Natürlich habe ich die
Einladung gerne angenommen.
Seitdem arbeite ich für die NSA.
Ich bin für den deutschen Journalismus zuständig. Meine Kollegen, die wesentlich
höhergestellt sind, verteilen ihre Umschläge im Verteidigungs- und im
Außenministerium. Aber mir sind die kleinen Reporter lieber als die Beamten und
Politiker.
Am Vormittag fliege ich mit
Lufthansa vom Willy-Brandt- zum Franz-Josef-Strauß-Flughafen. Auf diesen kurzen
Strecken gibt es leider keine erste Klasse. Der Kaffee ist grauenhaft. So kann
ich nicht arbeiten! In der Innentasche meines Jacketts befindet sich ein
neutraler Umschlag mit zehntausend Euro. Mein Chef nennt es Landschaftspflege.
Um 13 Uhr treffe ich Wolfgang
Krach, den Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung. Ich habe einen Tisch im
Nymphenburger Hof reserviert. Bei Kalbsfilet mit Steinpilztagliatelle und rosa
gebratener Lammhüfte mit pommes gratin erörtern wir die aktuelle Lage. Wir sind
uns schnell darüber einig, dass Europa Geschlossenheit zeigen müsse und die
transatlantische Partnerschaft mit den USA wichtiger ist denn je. Das Geld ist
gut angelegt.
Am Nachmittag sitze ich in der
Maschine nach Frankfurt. Berthold Kohler erwartet mich um 19 Uhr im Main Tower.
Vom 53. Stock aus hat man eine phantastische Aussicht über die Geldspeicher der
Stadt. In meiner Vorfreude auf die Sterneküche mache ich den Gürtel etwas
weiter. Wir müssen uns um den deutschen Journalismus keine Sorgen machen.
P.S.: Morgen treffe ich mich in
Berlin mit Ulrike Winkelmann bei Tim Raue. Wenn sie die TAZ amerikafreundlicher
gestaltet, bekommt sie die Exklusiv-Story über Putin, wenn wir den Regime
Change im Kreml geschafft haben. Putins Privatpalast, Putins Gärtner, Putins
Chauffeur, Putins Sekretärin, Putins Briefmarkensammlung usw.
Meine russische Lieblingsband,
keine Ironie: manicure atomic summer - YouTube
In Münchner Preßkreisen kursiert die Geschichte, ein inzwischen verstorbener Ressortleiter der 'Süddeutschen' soll in seinen Bewirtungsbelegen unter 'Verwendungszweck' immer eingetragen haben: "Planung, Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges". So feine Ironie ist heute kaum mehr vermittelbar.
AntwortenLöschenDas muss die gute alte Zeit gewesen sein, als Strauß noch gelebt hat.
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