Dienstag, 1. August 2023

Ist Berlin hässlich?


Ist Berlin hässlich? Ich sage ja, mein Gegenüber nein. Er zählt die schönen Ecken der Stadt auf. Mir fällt auf, dass es fast ausschließlich Gebäude aus der Gründerzeit vor dem Ersten Weltkrieg sind.

Der Viktoria-Luise-Platz ist schön, die Nachbarplätze, der Prager und der Nürnberger Platz sind hässlich. In Kreuzberg ist der Bergmannkiez schön, der Kotti ist ein Ort des Grauens. In Mitte ist der Gendarmenmarkt eine Perle, der Alex ist ein Alptraum. Der einzige schöne Ort der Moderne, der mir einfällt, ist die Neue Nationalgalerie von Ludwig Mies van der Rohe.

Dabei hatte Berlin nach dem Mauerfall die einmalige Chance, Teile der Innenstadt neu zu bebauen. Paris, London oder Rom hatten nie die Möglichkeit, Architekturideen der Gegenwart an zentralen Orten zu verwirklichen. Und was hat die deutsche Hauptstadt daraus gemacht? Eine Ansammlung von Scheußlichkeiten und Banalitäten. 

Das komplette Europaviertel am Hauptbahnhof ist ein Reinfall, der Potsdamer Platz eine drittklassige verzwergte Manhattankopie, das neue Innenministerium von ausgesuchter Hässlichkeit, das Paul-Löbe-Haus von Autisten geplant, die offensichtlich den Reichstag nebenan nicht bemerkt haben. Mut- und phantasielos wird das Stadtschloss wieder aufgebaut und Humboldt-Forum genannt, damit es irgendwie nach Kultur und Gedöns klingt, auch der Pariser Platz ist nur eine Wiederholung alter Größe.

Wo sind die neuen Sehenswürdigkeiten entstanden? Hamburg hat sich im 21. Jahrhundert mit der Elbphilharmonie ein neues Wahrzeichen gesetzt. Und Berlin? Alter Glanz und neues Elend. So gesehen passt die Hauptstadt sehr gut zu Deutschland.

Ich stelle mir vor, ich würde mit den Humboldt Brothers eine Rundfahrt durch das heutige Berlin machen. Wären Sie entsetzt oder begeistert? Würden Sie das Neue als schön oder als hässlich empfinden?

6 Kommentare:

  1. Als Autist muss ich der Auffassung, unsereins sei qua Beeinträchtigung an der Hässlichkeit Berlins mitschuld, entschieden widersprechen. Wir sind blöd, aber nicht blind.

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    1. Ich nenne auch andere Leute hirntot oder schwachsinnig. Damit sind dann keine Komapatienten oder geistig Behinderte gemeint. Nennt man Überspitzung, ist ein rhetorisches Mittel, hat auch etwas mit Humor zu tun ;o)

      Es ist übrigens schade, dass sie pauschal alle Autisten für "blöd" halten.

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  2. So ist es. Toll in der Kürze zusammengefasst.

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  3. Für den auswärtigen Gast aus der Provinz fühlt Berlin sich teils beeindruckend an wegen der breiten Straßen, der hohen Traufhöhe der Häuser und dem immer noch hohen Bestand historischer Bausubstanz (wenngleich absolut kein Vergleich mit Paris oder Wien, wo im 19. Jh. krasse Umgestaltungsmaßnahmen wie die Grands Boulevards oder die Ringstraße autoriär durchgesetzt wurden). Wenn man länger dort ist, relativiert sich das wahrscheinlich krass.

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    1. Sobald man in die Vororte fährt, zum Beispiel nach Frohnau oder Lichtenrade, ist man wieder in der Provinz o:)))

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