Wenn wir den Krieg gewonnen hätten,
mit Wogenprall und Sturmgebraus,
dann wäre Deutschland nicht zu retten
und gliche einem Irrenhaus.
(Erich Kästner: Die andere Möglichkeit)
Es
gibt in diesem Haus vier Räume mit Bücherregalen. Insgesamt sind es sicher mehr
als tausend Bücher und ich finde immer wieder neuen Stoff für meine Lektüre.
Zurzeit lese ich „Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte“ von Ralph Giordano. Es
ist 1989 erschienen und ich habe es im Trubel um das Ende des Sozialismus und
die deutsche Einheit verpasst. Mein Vater hat es damals gekauft, es ist mit
vielen Unterstreichungen und Haftnotizzetteln versehen.
Zunächst
stellt sich die Frage, wie Hitler und seine Anhänger überhaupt auf die
größenwahnsinnige Idee einer deutschen Weltherrschaft gekommen sind. Versetzen
wir uns in die 1920er und 1930er Jahre zurück. Großbritannien beherrscht ein
Viertel der Welt, das Empire hat ein Vielfaches der Einwohner jenes perfiden
Nordseearchipels (1800 kommen z.B. auf jeden Briten 25 Inder). Frankreich
herrscht über ein Weltreich. Die Europäer haben sich in den Jahrhunderten zuvor
ganze Kontinente wie Amerika und Australien unter den Nagel gerissen und die
einheimische Bevölkerung fast komplett ausgerottet. Das anfangs noch
bedeutungslose russische Reich am Rande Europas unterwarf ganz Nordasien, eine
riesige Landfläche.
Was
zunächst Spanien und Portugal, später Großbritannien, Frankreich und Russland,
und sogar kleinen Staaten wie die Niederlande (Indonesien) und Belgien (Kongo)
geschafft haben, könnten doch die Deutschen auch hinkriegen, oder? Der erste
Anlauf zum „Platz an der Sonne“ unter Willem Zwo war zwar gescheitert, die
Ambitionen waren aber noch quicklebendig.
***
Im
Dritten Reich wurden am Südrand des Berliner Tiergartens die Botschaften der
drei deutschen Verbündeten Italien, Spanien und Japan gebaut. Nach Kriegsbeginn
entpuppte sich Italien als militärische Luftnummer, Spanien verweigerte die
Teilnahme und Japan war ein ferner und ungeliebter, weil nicht-arischer,
Verbündeter. Es war vage geplant, dass nach der Vernichtung der Sowjetunion die
Wehrmacht und die kaiserliche Armee in Omsk aufeinandertreffen sollten.
Nach
den raschen Erfolgen gegen Polen, Frankreich und die Sowjetunion wuchsen die
Pläne der Nazis ins Phantastische. Europa bis zum Ural und zum Kaspischen Meer,
die Niederlande, Belgien, Elsass-Lothringen, die französische Kanalküste,
Südschweden, die deutschsprachige Schweiz (die beiden anderen Sprachgebiete
sollten Frankreich und Italien zugeschlagen werden), Portugal und der
marokkanische Norden (zur Kontrolle der Meerenge von Gibraltar) sollten zum
Deutschen Reich gehören. Noch im Sommer 1942 träumte Heinrich Himmler davon,
dass im neuen „Lebensraum“ (Polen / Sowjetunion) in fünfhundert Jahren eine
halbe Milliarde Deutsche leben würden, denen die slawischen Ureinwohner als
Leibeigene zu dienen hätten.
Geplant
war eine Kette von Marine- und Luftwaffenstützpunkten im gesamten Atlantik. Von
den Kanarischen Inseln, die heute noch von deutschen Handtuch-Bataillonen
gehalten werden, den Azoren und anderen Inseln sollten Bomber das
Finanzjudentum in New York angreifen und die Vereinigten Staaten zur
Kapitulation zwingen. Joseph Goebbels war als Diktator für die USA vorgesehen,
die nicht-arische Bevölkerung sollte ermordet oder vertrieben werden.
Vier
Wochen nach Beginn der Operation Barbarossa im Juni rechnete Hitler mit einem
Sieg über die UdSSR bis September 1941. 1942, nach der Sicherung der Herrschaft
über Kontinentaleuropa, sollte Teil 2 des großen Plans beginnen. Neben dem
Angriff auf die USA Besetzung des Suezkanals, Eroberung des Iran, Syriens, des
Irak, Afghanistans – und dann würden die deutschen Divisionen bei ihrem
Einmarsch von der indischen Bevölkerung stürmisch als Befreier begrüßt werden.
Teil 3: der Rest der Welt. Von der Welthauptstadt Germania würde man über
Satellitenstaaten und Kolonien herrschen.
Es ist
bekannt, dass für diese Welthauptstadt, das ehemalige Berlin, die größten
Bauten der Menschheitsgeschichte geplant waren. Weniger bekannt ist, dass die
Olympischen Spiele 1940 in Tokio stattfinden sollten und Hitler das olympische
Feuer per Langstreckenflug persönlich vorbeibringen wollte. Ab 1944 sollten
dann alle Olympischen Spiele in einem neuen Stadion in Germania veranstaltet
werden, dass doppelt so breit und fünfmal so hoch wie das Stadion von 1936
werden sollte. Ungelöst war das Problem, was der Zuschauer in hundert Metern
Höhe und mehr als hundert Meter von der eigentlichen Sportstätte entfernt
eigentlich gesehen hätte.
Natürlich
wollten die Nazis auch den alten Hohenzollerntraum verwirklichen. Der Mittelafrikanische
Ergänzungsraum wäre vom Atlantik bis zum Indischen Ozean und vom Südrand der Sahara
bis zum Sambesi gegangen. Hitze und Malaria machen dem Herrenmenschen
bekanntlich nichts aus. Hart wie Leder, zäh wie Kruppstahl oder so ähnlich.
Wäre das schön gewesen! Und zwanzigfacher Fußballweltmeister wären wir auch.
.....und was hätten wir heute als Herrenmenschen für ein geiles Leben.....
AntwortenLöschenBin ich mir nicht so sicher. Ein falsches Wort und du landest im KZ. Weltweit verhasst, überall Zwangsarbeiter, die dir am liebsten an die Gurgel gehen wollen usw.
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