Sonntag, 17. April 2016

Warum Johnny Malta keine Kinder hat

„Ils sont dans le vrai“, sagte der Einzelgänger Gustave Flaubert beim Anblick einer Mutter im Kreis ihrer Kinder.
1. Johnny Malta stammt aus zerrütteten Familienverhältnissen. Er war froh, als er seine Kindheit endlich hinter sich hatte, und beschloss daher früh, selbst keine Familie zu gründen.
2. Johnny Malta wusste früh, dass er Schriftsteller werden wollte. Schriftsteller brauchen Ruhe. Kinder und Frauen sind der Gegensatz von Ruhe. Viele Schriftsteller kämpfen ihr Leben lang um die Ruhe, die sie zum Schreiben brauchen. Äußerliche und innerliche Ruhe. Welche Erzählungen wären uns von Dr. Franz Kafka-Bauer überliefert worden?
3. Wenn man Frau und Kinder hat, ist man gedanklich immer von ihnen abgelenkt. Selbst wenn sie nicht da sind. Wie geht es ihnen? Was machen sie gerade?
4. Kinder muss man ernähren können. Dazu braucht man einen sicheren Job. Den hatte Johnny Malta nie. Und er hätte es nicht ertragen, seinen Kindern etwas vorzuenthalten, nur weil er nicht das Geld gehabt hätte.
5. Johnny Malta hat nie die richtige Frau getroffen, um eine Familie zu gründen. Keine Frau wollte ein Kind von mir (und an diesem „mir“ dürfen sich Generationen von Germanisten abarbeiten).
6. Er hätte es nicht ertragen, wenn sein Kind vor ihm gestorben wäre. Am Tage der Beerdigung wäre er zusammengebrochen. Das Ende seines Kindes wäre auch sein Ende gewesen. Er hätte es weder physisch noch psychisch überleben können.
7. Im Falle einer Trennung von der Mutter hätte er sein Kind vielleicht nie wieder gesehen. Daran wäre er ebenso zerbrochen wie am Tod des Kindes. Und es hätte ihm das Schreiben unmöglich gemacht.
8. Er wuchs in einer Zeit auf, in der man wegen des bevorstehenden Atomkriegs und der Umweltzerstörung nicht damit gerechnet hat, seine Kinder aufwachsen zu sehen.
9. Eine Familie hätte ihn erpressbar gemacht. Ohne Familie kann dir kein Krimineller etwas wegnehmen. Es gibt keinen geliebten Menschen, den jemand entführen kann, um Johnny Malta zu erpressen.
10. Was von ihm bleiben soll, sind seine Werke, nicht seine Gene. Wenn Johnny morgens in den Badezimmerspiegel schaut, sieht er nichts, was man über weitere Generationen erhalten müsste.
11. Der letzte und wichtigste Grund: Beruf und Familie sind für ihn Synonyme der Unfreiheit. Auf diese Weise schmiedet sich der Mensch unwiderruflich an einen Felsen. Und wie viele Männer halten das nicht aus und flüchten für alle Zeiten aus der Knechtschaft? Lassen ihre Familie sitzen und fangen an einem anderen Ort neu an? Alleinsein bedeutet, unabhängig zu sein. Bedeutet, frei zu sein. Und ist nicht die Freiheit – auch wenn die Einsamkeit oft genug an den Gedärmen nagt – das höchste Gut des Menschen? Und Freiheit ist wiederum die Grundlage des Schreibens. Die Ergebnisse unfreien Schreibens lesen wir jeden Tag in der Presse.
Grauzone – Eisbär. https://www.youtube.com/watch?v=HhtxqvAlIpo

3 Kommentare:

  1. Besonders Nr. 11 ist toll und wahr(!). 1, 2 und 10 kann ich aber auch nachvollziehen. 1 bekanntlich sogar unterschreiben.

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  2. Oh Malta Johnny, was bist du so roh.. zu Dir. Die meisten geraten "dans le vrai" durch den unvorsichtigen Vollzug dessen, was das Leben so mit ihnen treibt.
    Wenn schon die Natur nicht weiß, was sie mit sich soll, bleiben wir ruhig dort,wo der freie Dings weht, wo er will.

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  3. Binne von Romafamilie, vile Familie, alles gemeinsam und gut iss, ich nix schreibe, Familie ist alles, hat Malta Problem wie Kien?

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