„Der Winter kommt hier oben sehr
früh“, sagte der Fahrer. „Ab November schneit es. Bis zu fünf Meter hoch. Dann
kommt man hier nicht mehr hin.“
„Was machen die Menschen, die
hier leben?“ fragte er.
„Nichts. Sie kommen hier nicht
mehr weg. Sie bleiben einfach zuhause.“
„Sie sitzen also monatelang in
ihren Häusern und machen gar nichts? Wie hält man das aus?“
„Was die Tiere im Stall auch machen.
Sie fressen, scheißen und starren in die Gegend.“
„Und was noch?“
„Früher haben sie Karl May
gelesen, jetzt sehen sie Netflix.“
***
Das Treppenhaus war
deprimierend. Verbrauchte Luft von verbrauchten Menschen. Der Geruch von
Verlierern: Schweiß, Pisse, Armut und Blumenkohl. Aber Detective Osbourne
Schlotzky musste an jede Tür klopfen.
Wer würde ein sechszehnjähriges
Mädchen aus diesem Haus entführen? Wahrscheinlich lag sie schon als Crack-Nutte
im Rinnstein hinter irgendeinem Bahnhof.
Der Mann, der ihm die Tür
öffnete, war klein und untersetzt. Auf seinem Feinripp-Unterhemd waren Eigelb,
Asche und irgendetwas Grünes. Diese Befragungen in der Nachbarschaft zogen ihn
immer runter.
***
Ein paar Tage später meldete
sich der Vater des Mädchens, als Schlotzky gerade in der Kantine ein paniertes
Seelachsfilet mit Kartoffelsalat aß. Das vermisste Mädchen hatte mit seiner
Kreditkarte zwei Flüge nach Spanien gebucht. Gerade hatte er eine Mail
bekommen. Sie lebte inzwischen mit ihrem Freund auf einem Campingplatz in Andalusien.
Sie hatte ihr langweiliges
Leben, ihr langweiliges Dorf und ihre langweilige Schule hinter sich gelassen.
Schlotzky beneidete sie. Eine gute Entscheidung. Sie war aus der Kälte in die
Wärme geflohen.
In ein paar Monaten würden die
beiden vermutlich zurückkommen und ihr Leben lang an ihre Flucht aus dem Alltag
denken. Irgendwann würden ihnen ihre miesen Jobs in Spanien und das Leben im
Zelt auf die Nerven gehen. Sie würden ihren Schulabschluss nachholen und später
in die Stadt ziehen.
Ich wünsche schon mal gute Feiertage. Ich habe auch dieses Jahr wieder sehr gerne hier gelesen.
AntwortenLöschenVielen Dank. Wünsche ich dir auch. Ein paar Texte kommen noch, z.B. der Jahresrückblick 2023.
LöschenAls ich in der Jugend, vor Äonen, Zeitschriften ausgefahren bin, mit dem Rad, waren mir gerade diese Häuser, Gestank nach Pisse, Bluhmenkohl und Armut, am liebsten.
AntwortenLöschenDenn hier gab es, gerade in der Weihnachtszeit, auch mal einen Heiermann Trinkgeld.
Für die Spätgebohrenen, Heiermann = 5 Mark Stück.
Das war richtig viel Geld !!
Im Villenviertel durfte man auf 5 Pfennige aufrunden. Zu Weihnachten.
Friede den Hütten, Krieg den Pallästen.
Das ist auch heute noch so. Reiche Leute geben Obdachlosen kein Geld.
Löschen.......das ist doch klar...der alte Oetker hat sein Vermögen auch gemacht, indem er die Seifenreste nie weggeworfen hat, sondern immer schön zusammengepresst und weiter verwendet hat....von nix kommt nix.....
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