Freitag, 2. Dezember 2022

Sparky

 

Es ist längst heller Tag, als Sparky erwacht. Ein kühler Dezembervormittag, aber er trägt drei Pullover unter seinem Mantel. Trotz der Flasche Doppelkorn am Abend zuvor ist er gut gelaunt. Sparky ist ein erfahrener Trinker.

Er beschließt, zum Frühstück einen Hamburger zu essen. Die nächste Filiale von McDonald’s ist nicht weit entfernt. Er hat Glück. Im Müllcontainer findet er einen Royal TS, der nur halb aufgegessen ist. Dazu ein Viertel McRib und ein paar Onion Rings.

Sparky heißt eigentlich Spartakus Kowalski. Sein Vater hat einmal bei einer Spartakiade den siebten Platz im Kugelstoßen belegt. Schon als Kind hatte ihm sein Vater von den Sklavenaufständen im alten Rom erzählt. Sparky träumte davon, der Anführer rebellierender Sklaven zu sein.

Als er noch jung war, hatte er einmal versucht, andere Obdachlose zu einer Revolte zu überreden. Aber sie ließen sich nicht von seiner Idee überzeugen. Wir führen doch das schönste Leben, sagten sie. Wir können den ganzen Tag tun und lassen, was wir wollen. Wir müssen nicht arbeiten, wir haben keine Termine und Verpflichtungen. Wir zahlen weder Steuern noch Miete. Frei wie ein Vagabund, so heißt es. Lustig ist das Zigeunerleben.

Aber wir haben ein Recht auf eine eigene Wohnung und das Existenzminimum, um in Würde leben zu können. Man zwingt uns, zu betteln und zu stehlen. Man behandelt uns wie den letzten Dreck, man beleidigt und verprügelt uns, antwortete Sparky wütend.

Das mag ja alles stimmen, sagten die anderen Obdachlosen. Aber wenn wir ein festes Einkommen und eine Wohnung verlangen, wird man von uns eine Gegenleistung erwarten. Man wird uns zu einer Arbeit zwingen. Wir werden uns nach Uhr und Kalender richten müssen. Wir werden viele Regeln beachten müssen. Wir verlieren unsere Freiheit. Du wirst uns direkt in die Sklaverei führen, Sparky.

Da hatten sie zweifellos recht. Seither genießt er sein freies Leben und hat seine Entscheidung bis heute nicht bereut.

1 Kommentar:

  1. Dann hoffe ich für den Geniesser Sparky, der ja die Lohnarbeit so verachtet, dass er nie krank wird und in einem Krankenhaus von Lohnarbeitern gesund gepflegt werden muss...

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