Mittwoch, 7. Dezember 2022

Ein geopolitisches Gedankenspiel


Antiamerikanismus gehört in linken und rechten Kreisen zum guten Ton. Die USA sind die Weltmacht Nr. 1, sie haben den mit Abstand größten Militärapparat und haben vor allem in Asien (Korea, Vietnam, Irak, Afghanistan) Kriege geführt, die Millionen Menschen das Leben gekostet haben. Es gibt viele Argumente gegen die amerikanische Außenpolitik.

An diesem Punkt beginne ich mein Gedankenspiel und entwerfe einen alternativen Geschichtsverlauf. Es ist reine Spekulation, mehr nicht. Meine Ausgangsfrage lautet: Was wäre passiert, wenn sich die USA nach dem Zweiten Weltkrieg aus Europa zurückgezogen hätten, wie sie es nach dem Ersten Weltkrieg getan haben? Monroe-Doktrin reloaded. Die Vereinigten Staaten beschränken ihre Einflusssphäre auf den amerikanischen Kontinent.

Was wäre in Europa geschehen? Stalin hätte vermutlich seine Chance genutzt und ganz Deutschland besetzt. Die verbliebenen westlichen Alliierten Großbritannien und Frankreich hätten ihm militärisch nichts entgegenzusetzen gehabt. In Frankreich und Italien gab es damals starke kommunistische Bewegungen (Peppone!). Letztlich hätte Stalins Machtbereich ganz Europa, vielleicht mit Ausnahme der Randgebiete Britische Inseln, Skandinavien und Iberische Halbinsel, umfasst. Womöglich wären sie aber auch zu einem späteren Zeitpunkt Teil der sozialistischen Welt geworden.

Die französischen Kolonien in Afrika und Asien wären somit auch ein Teil von Stalins Reich gewesen. Überall auf diesen Kontinenten hätte sich, nach der Befreiung vom britischen, spanischen und portugiesischen Kolonialismus, die kommunistische Idee weiterverbreitet. Es wäre nie zum Kalten Krieg und zum Wettrüsten gekommen. China hätte als verlängerte Werkbank des kapitalistischen Westens seinen Aufstieg zur Wirtschaftsmacht nicht geschafft. Die Sowjetunion gäbe es noch und sie wäre das mächtigste Land auf Erden. Der Konsum der Bevölkerung in ihrer Einflusssphäre wäre von staatlicher Seite auf das Notwendige beschränkt, es gäbe keinen Individualverkehr und keine Fernreisen. Es gäbe daher auch keinen Klimawandel.

Sie merken: Die Spekulation entfernt sich immer weiter von der Realität, die wir kennen. Wie würden wir heute leben? In einem totalitären Staat wie in China oder im Iran? Hätte sich der Sozialismus ohne den permanenten Kampf der Systeme reformiert? Orwell oder soziale Gerechtigkeit? Wäre die Welt ein friedlicher und sicherer Ort? Dürfte ich solche Texte schreiben? Gäbe es in Amerika angesichts einer überwiegend kommunistisch lebenden Weltbevölkerung eine soziale Marktwirtschaft statt Manchester-Kapitalismus oder eine Hardcore-Diktatur des Kapitals, in der die kommunistische Opposition unterdrückt wird? Viele offene Fragen und Raum für Gedankenspiele.

Gilbert Bécaud - Nathalie - YouTube

P.S.: Wer sich für die Folgen eines Rückzugs westlicher Truppen und die Reaktion der Sowjetunion auf diesen Schritt interessiert, sei an die Irankrise nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert, die zwei Jahre vor der Berlin-Blockade 1948 den eigentlichen Beginn des Kalten Kriegs markierte.

Irankrise – Wikipedia

 

11 Kommentare:

  1. Was wäre, wenn Napoleon nicht in Russland, in der Folge dann in Leibzig und Waterloo untergegangen wäre. Würden wir uns dann hier auf Französisch unterhalten ?
    Was wäre gewesen, wenn Wilhelm der II sich aus dem ersten Weltkrieg herausgehalten hätte ?
    Was wäre passiert, wenn die Luftwaffe in der Luftschlacht um England nicht irgendwann zivile Ziele, Städte, bombardiert hätte sondern weiterhin die Stützpunkte der RAF und noch dazu die Treibstofflager in den Häfen bombardiert hätte. Was Sie nicht getan haben.
    Was wäre, wenn ich das kleine rothaarige Mädchen aus der Parallelklasse gekriegt hätte.
    Hätte ich jetzt rothaarigen Kinder ?
    Nicht mal das ist sicher.

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    1. Sicher ist nur: Wenn meine Oma Räder gehabt hätte, wäre sie eine Straßenbahn gewesen.

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  2. Was wäre wenn es statt Wölfen nur Schafe gäbe?
    https://t1p.de/ln2bw

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  3. Hättste Milch getrunken ...

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  4. ....und was wäre, wenn unser aller geliebter Führer seinem Namen "GRÖFAZ" Ehre gemacht hätte und den Krieg gewonnen hätte?........hahaha

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    1. Dann würde Andy Bonetti heute in einer goldenen Kutsche sitzen, die von zwanzig Kosaken gezogen wird, und seine Latifundien im Donbass besichtigen.

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    2. Kenne ich. Philip K. Dick hat sich ja auch seine Gedanken gemacht. "Das Orakel vom Berge".

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  5. Eine Szene mit Kuba fehlt in Ihrem Szenario.

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    1. Darüber habe ich tatsächlich nachgedacht. Aber ohne Kalten Krieg und mit einer Quasi-Weltherrschaft hätte die Sowjetunion wegen einer unbedeutenden Karibikinsel nicht die Auseinandersetzung gesucht. Es hätte keine Kuba-Krise gegeben und Fidel Castro wäre gestürzt bzw. von der CIA ermordet worden - Chile usw. lassen grüßen.

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