Alles hängt vom Wetter ab.
Genauer gesagt: von den Temperaturen im Winter. Das Thermometer entscheidet
über die Zukunft dieses Landes. So weit ist es also gekommen. Das hätte es
unter Helmut Schmidt nicht gegeben.
Wenn der Klimawandel unser
Freund ist – aber daran habe ich nicht erst seit diesem Sommer meine Zweifel –,
dann wird es ein milder Winter. Kein Schnee, keine Minustemperaturen. Die
Heizkosten werden im Vergleich zum Vorjahr steigen, aber nicht zu einer
existenziellen Bedrohung für die Bevölkerung werden. Die Leute werden sparen,
aber von außen nach innen. Restaurantbesuche, Rockkonzerte und Skiurlaube
werden gestrichen, aber die Speisekammer ist voll. Kartoffeln statt Ananas,
Rührei statt Rinderfilet. Seit Jahren predige ich Verzicht als einzige Waffe
gegen den metastasierenden Kapitalismus – jetzt werden wir dazu gezwungen.
Recht so!
Was passiert aber, wenn der
Winter uns sein grimmiges Gesicht zeigt? Wenn Väterchen Frost marodierend durch
die Straßen zieht? Wenn Seen und Flüsse zufrieren? Wenn es auch tagsüber
Minustemperaturen gibt? Wenn Energie vielleicht sogar rationiert wird? Dann
wird es buchstäblich ungemütlich. Holgi ist verwöhnt. Holgi will nicht im
Pullover Netflix gucken. Holgi muss erst seinen Schal und die Handschuhe
suchen. Holgi muss Schnee schippen. Holgis Lieferpizza kommt nur noch lauwarm
an. So einen Winter habe ich zuletzt vor zehn Jahren erlebt. Wir wissen nicht,
welchen Winter wir bekommen.
Natürlich wird der deutsche
Michel keine Revolution machen. Macht er nie. Er wird nur wütend werden. Er
wird meckern und maulen, zetern und jammern. Er wird sich in Umfragen äußern,
die nicht gut für die Regierung sein werden. Er wird Plakate malen und auf die
Straße gehen. Zusammen mit Sahra Wagenknecht und Alice Weidel. Er wird seine
schlechte Laune in Kurzinterviews zum Ausdruck bringen, die von allen Sendern
aus den deutschen Fußgängerzonen übertragen werden. BILD-TV wird den Rücktritt
des Kanzlers fordern.
Zum Glück ist der Kalender auf der Seite der Ampelmännchen. Wenn im November die kalte Jahreszeit beginnt, sitzt Holgi mit seinen Freunden vor dem Fernseher und guckt Fußball-WM. Dann kommt Weihnachten. Da ist man bei der Familie und es gibt Geschenke. Keine gute Zeit für einen Aufstand. Danach feiern wir Silvester. Der Volkszorn wird also frühestens im Januar einsetzen. Kein Problem für die Politiker. Im ersten Halbjahr 2023 gibt es nur eine Landtagswahl. Im kleinsten Bundesland, in Bremen. Im Mai. Da scheint längst wieder die Sonne und das Thema Energieversorgung ist auf der Medienagenda weit nach hinten gerutscht.
Wohl dem, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der noch eine Oelheizung mit vollem Tank im Keller hat.
AntwortenLöschenWohl dem, der gute Freunde hat ;o)
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