Freitag, 24. Juni 2022

Die Klette

 

Der Friedhof von Wichtelbach ist die Hall of Fame der Hunsrücker Mafia. Hier liegen Lucky Luciano, Vito Genovese, John Gotti, Carlo Gambino und Joe Colombo. Es war drei Uhr nachts und Tony Soprano erwartete ihn am Grab seines Großvaters.

Er sah den großen, hageren Mann aus der Dunkelheit auftauchen. Jimmy die Klette. Der korrupteste Bulle südlich von Duisburg. Und er hatte eine Sporttasche dabei. Junkies und Satanisten suchten in hellen Scharen das Weite.

„Hast du es?“ fragte Tony.

„Hast du es?“ fragte Jimmy zurück.  

„Nicht hier. Im Wagen.“

„Dann lass uns gehen.“

Als sie an Tonys Cadillac ankamen, stiegen zwei Männer in schwarzen Anzügen aus dem Wagen.

„Glaubst du, du kannst mich linken, Tony?“

Jimmy zog seine Mossberg 590 aus dem Trenchcoat, die Mobster ihre Berettas.

„Wenn Ihr einen Bullen erschießt, habt Ihr sämtliche Bullen von Rheinland-Pfalz am Arsch. Dann könnt Ihr Eure Geschäfte vergessen.“

„Beruhig Dich, Jimmy. Ich will nur auf Nummer Sicher gehen.“

Tony ging zum Kofferraum und öffnete ihn. Er nahm eine Ledertasche heraus.

 „Das sind hunderttausend. Willst du nachzählen?“

„Nein.“ Jimmy übergab ihm die Tasche mit dem Heroin.

„Die Araber wissen, wie viel Ihr Ihnen abgenommen habt. In der Zeitung stand eine andere Menge. Sie werden zwei und zwei zusammenzählen.“

„Lass das meine Sorge sein, Tony.“

Er hatte bei der Razzia den Sohn das Clan-Chefs erschossen. Natürlich in Notwehr, wie er in seinem Bericht geschrieben hatte. Jimmy hatte ganz andere Sorgen.

Zeit für Plan B. Nicht mehr wie eine Klette an jedem Ganoven hängen und Prozente kassieren. Er würde eine Weile abtauchen. Vielleicht in der Eifel. Da kontrollierten nicht die Araber den Drogenmarkt, sondern die Albaner. Vielleicht einen Psychologen schmieren, der ihm ein Attest über ein Burn-Out-Syndrom ausstellte.

Um Geld musste er sich schon lange keine Sorgen mehr machen. Auch seine Vorgesetzten, die jahrelang dicke Umschläge mit Bargeld eingesteckt hatten, ohne zu fragen, würden sicher keine Probleme machen.

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