„Die Hunsrücker sind heimtückisch, maulfaul, starrsinnig, diebisch und verschlagen.“ (Sigismund Rottensteiner)
Der Hunsrück gilt als raue, herbe Landschaft. Umgeben von den sonnigen Weinanbaugebieten an Rhein, Mosel und Nahe liegt der dichtbewaldete Bergrücken, auf dem die Winter lang und hart sind. Noch im 19. Jahrhundert war der Hunsrück kaum erschlossen, nur wenige Straßen führten durch die menschenleere Ödnis. Während es am Rhein geschäftig zuging, waren die Dörfer des Hunsrücks praktisch von der Außenwelt abgeschlossen und wurden von den Nachbarn gemieden. „Lieber fünfmal an der Mosel abgesoffen als einmal auf dem Hunsrück übernachtet“, sagt man noch heute.
Einsamkeit und Armut prägten den Charakter des Hunsrückers über viele Jahrhunderte. Ihre Abgeschiedenheit macht die Region zum Anziehungspunkt für soziale Randgruppen und Kriminelle. „Gesindel“ und „Räuber“ trieben ihr Unwesen in den unwegsamen Wäldern. Berühmt wurde der Räuberhauptmann Johannes Bückler alias Schinderhannes, der 1803 im damals französischen Mainz hingerichtet wurde. Er überfiel Postkutschen und Geschäftsleute, stahl Pferde und flüchtete etliche Male aus dem Gefängnis. Dazu kamen Schießereien, Schutzgelderpressung und Einbrüche.
Die Hunsrücker sind seit alters her bei ihren Nachbarn als kleines, diebisches und listiges Bergvolk bekannt. Die wohlhabenden Menschen aus den Städten blickten auf sie hinab, angeblich ernährten sie sich von Viehdiebstahl und Holzklau. Andererseits galten sie auch als zäh und fleißig. Viele bettelarme Hunsrücker verließen im 19. Jahrhundert ihre Heimatdörfer und wanderten nach Südamerika aus, vor allem nach Brasilien. Ihre Beharrlichkeit und Bedürfnislosigkeit waren in der Fremde von großem Nutzen.
Der Hunsrück wandelte sich, als dort nach dem Zweiten Weltkrieg amerikanische Truppen stationiert wurden. Base-Caps, Holzfällerhemden und Pick-ups hielten Einzug in der Region – und damit sind nicht nur die G.I.s gemeint. Die verschlossenen Hunsrücker kamen in Kontakt mit Fremden aller Hautfarben. Sie begannen, sich zu öffnen. Die Region wurde verkehrstechnisch erschlossen, die Hunsrücker lernten die Welt außerhalb ihres Mittelgebirges kennen. Heute hat der Hunsrück mit „Frankfurt-Hahn“, früher einmal einer der größten Atomwaffenstützpunkte Europas (Rheinland-Pfalz galt bis in die neunziger Jahre als „Land der Reben, Rüben und Raketen“), sogar einen internationalen Flughafen.
1984 wurde der Hunsrück durch die Fernsehserie „Heimat“ von Edgar Reitz bundesweit bekannt. Dennoch sind die Hunsrücker immer noch – im Vergleich zu den lebenslustigen und weltoffenen Rheinhessen – bodenständig und verschlossen. Sie unterscheiden hartnäckig zwischen Einheimischen und Zugezogenen. Mancher Bewohner fühlt sich auch Jahrzehnte nach dem Umzug noch als Ortsfremder gegenüber den „richtigen“ Hunsrückern. Es dauert lange, bis man das Vertrauen dieser Menschen gewonnen hat. Unter der dicken Schale und hinter den derben Gesichtern verbergen sich jedoch Herzlichkeit und Humor, wenn man im Gasthaus oder beim Dorffest miteinander anstößt.
Adam & The Ants - Stand And Deliver. https://www.youtube.com/watch?v=4B2a6l6wM2k
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