„Die Wissenden reden nicht, die Redenden wissen nicht.“ (Japanisches Sprichwort)
Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Er stand im Halbdunkel der Morgendämmerung am Fenster und sah hinaus. Sein Kopf drehte sich ganz langsam, als wollte er den Garten und die angrenzenden Grundstücke scannen. Er war sehr groß und hatte breite Schultern. Sein Haar war kurzgeschoren und auf seinem muskulösen Oberarm war ein Zeichen tätowiert, das ich nicht kannte. Er trug eine hellgraue Baumwollhose und ein weißes Unterhemd. Es war nichts Besonderes an ihm und doch konnte ich meinen Blick nicht abwenden.
Er verließ das Wohnzimmer und ging in die Küche hinüber. Ich schlich ihm hinterher, barfuß und im Schlafanzug. Auch dort beobachtete er konzentriert die Umgebung. In den Häusern auf der anderen Straßenseite brannte noch kein Licht. Wurde er verfolgt? War er ein Wächter? Ich wusste so wenig von diesem Mann, der jeden Monat zu uns kam und eine Nacht auf der Couch verbrachte. Hatte er überhaupt geschlafen?
Am Abend zuvor hatte ich meine Mutter und ihn in der Küche belauscht. Er hatte ihr Geld gebracht und von meinem Vater erzählt. Er hatte ihn im Gefängnis besucht und berichtete, er säße in einer Einzelzelle. Mein Vater war schon ein ganzes Jahr im Gefängnis. Meine Mutter hatte mir nie verraten, warum man ihn eingesperrt hatte. Der große Mann war ein Freund meines Vaters. Er kam immer zu Fuß in unsere Straße. Ich habe ihn nie in einem Auto gesehen. Er hatte auch kein Handy. Eigentlich hatte er überhaupt nichts bei sich.
Er sah immer noch aus dem Fenster. Plötzlich begann er zu sprechen, ohne sich umzudrehen, und ich erschrak. „Du schleichst dich an wie ein Indianer. Sehr gut. Ich werde dir in Zukunft alles beibringen, was du brauchst. Bis dein Vater zurück ist, werde ich dein Lehrer sein.“
Sex Pistols - God Save The Queen. https://www.youtube.com/watch?v=dtUH2YSFlVU
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen