„Der Weise hat niemals Mangel.“ (Heliodoros: Die Abenteuer der schönen Chariklea)
Das Leben ist für einen Schriftsteller unerschöpflich. Er muss den wahren Geschichten kein einziges Nanogramm an Phantasie oder Übertreibung hinzufügen. Seine Aufgabe ist es, den Rohstoff zu fassen, dem Material eine Fassung aus Worten zu geben, es zu bändigen, zu bewältigen, obwohl man für diesen Stoff wahrlich die Hände eines Riesen bräuchte … - wo soll ich anfangen?
Am Sonntag war ich mit einem Reporter im Wald spazieren und anschließend eine Pizza essen. Die Geschichte, die er mir erzählt hat, ist viel besser als seine ganzen Reportagen, die jemals über den Sender gegangen sind. Diese Geschichte kann er nicht öffentlich erzählen, dazu braucht man gute Freunde, frische Luft und die Einsamkeit des Waldes. Er ist gerade von einem dreimonatigen Thailandaufenthalt zurückgekommen. Er war dort nicht aus gesundheitlichen Gründen oder in kultureller Absicht, offen gestanden ging es ihm um Sex. Seine Frau hat sich von ihm getrennt und lebt jetzt mit einem Beamten zusammen, von dem sie im Herbst ein Kind erwartet. Und in Thailand gibt es Bars, wo zungenfertige *Pfeifton*, während man am Tresen sitzt, dein *Pfeifton* aus der Hose holen und dir *Pfeifton*, dass dir Hören und Sehen vergeht. Quasi wie mit dem Golfball, der durch einen Gartenschlauch angesaugt wird. Durch kleine Löcher in der Vertäfelung unterhalb der Theke. Hat er jedenfalls erzählt.
Aber im letzten Monat seines Urlaubs hat er eine Frau kennengelernt, die „ganz anders“ war, wie er mir erzählte. Und als erfahrener Zuhörer weiß ich: Wer von einer Frau erzählt, die angeblich ganz anders ist als alle anderen Frauen, steht bereits mit einem Bein in der Hölle. Er brauchte volle zwei Wochen, um sie das erste Mal ins Bett zu bekommen. Er hat sich in sie verliebt. Sie hat sich in ihn verliebt. Sagt sie. Er wurde sogar ihren Eltern in einem Dorf vorgestellt, das viele Kilometer von seinem Strandhotel entfernt war. Sie hat studiert und ist eine ausgebildete Grundschullehrerin. Jetzt hat sie ein Besuchsvisum beantragt und möchte zunächst für zwei Monate nach Deutschland kommen. Das ist gar nicht so einfach. Wenn wir nach Thailand wollen, gehen wir ins Reisebüro und fertig ist die Laube. Wenn Sie als Thailänder nach Deutschland wollen, brauchen Sie einen Deutschen, der für Sie bürgt. Sie müssen bei der deutschen Botschaft in Bangkok einen Antrag stellen, wobei man nicht nur Ihren Beruf, Ihr Einkommen und Ihr Vorstrafenregister überprüft, sondern zum Beispiel auch Kontoauszüge sehen will. Am Ende der Prozedur steht ein persönliches Bewerbungsgespräch in der Botschaft. Und selbst dann kann man noch ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden. Aber das nur am Rande.
Er hat sich also im Urlaub in eine Thailänderin verliebt und jetzt kommt sie zu ihm nach Deutschland. Bei mir klingeln sämtliche Alarmglocken und ich spiele bei diesem Spaziergang und später beim Essen den Advocatus Diaboli. Du selten dämlicher *Pfeifton* *Pfeifton* *Pfeifton*, für diese Frau bist du doch nur ein wandelndes Portemonnaie. Sie finden das zynisch? Hören Sie sich an, welche Informationen ich im Laufe mehrerer Stunden aus ihm herausgeholt habe: Seine Angebetete arbeitet derzeit als rudimentär bekleidete Coyote-Tänzerin in einer Reggae-Bar am Strand und hat operierte Riesenbrüste. Er hat sie bei einem Gespräch mit einem Kunden belauscht, bei dem es um die Preise für Sex mit den Tänzerinnen ging. Sie sind nach „Hand-Job“, „Blow-Job“ und „Bum-Bum“ gestaffelt, wobei „Bum-Bum“ 4000 Baht, also umgerechnet 120 Euro, kostet (zum Vergleich: eine Grundschullehrerin verdient 6000 Baht im Monat). Als er sie darauf ansprach, sagte sie ihm, sie hätte den Kunden nur die Preise anderer Tänzerinnen genannt. Sie selbst sei keine Prostituierte. Sie hätte erst zwei feste Freunde in ihrem Leben gehabt. Sie ist 28 Jahre alt. Sie zahlt eine Eigentumswohnung und ein Auto per Leasing-Vertrag ab, allein diese Fix-Kosten betragen 15000 Baht monatlich.
Jetzt kommt sie nach Deutschland. Obwohl sie mit ihm nur wenige Wochen in Thailand verbracht hat, möchte sie ein Kind von ihm. Ich finde das Tempo recht sportlich. Apropos sportlich: Sie benimmt sich im Bett wie eine erfahrene Prostituierte, erzählt er mir. Selbstverständlich ist ihre Landebahn rasiert. Freunde, die thailändisch sprechen, versicherten ihm, dass sie wie eine Prostituierte reden würde. Andere Menschen in Thailand warnen ihn vor dieser Frau. Aber er ist verliebt. Er kann sich eine Familie mit ihr vorstellen. Ich rechne ihm vor, dass allein ihr zweimonatiger Besuch ihn fünftausend Euro kosten wird: Flug, Shopping, Essen gehen. Sie wird ihn ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Sie tanzt halbnackt in einer Bar – und mit dreißig ist man bei diesem Job schon alt. Vielleicht ist das ihre Exit-Strategie? Ein deutscher Sugar-Daddy, dem ein paar Eigentumswohnungen gehören. Warum nicht?
Sie schwört, sie hätte noch nie als Prostituierte gearbeitet. Sie hat ein Facebook-Profil mit 5000 Freunden, meist thailändische Männer. Sie postet nichts in ihrem Account, chattet aber täglich stundenlang. Ich vermute, dass sie als Cam-Girl im Internet unterwegs ist oder selbstgedrehte Pornos vertreibt. Als er bei Facebook seinen Beziehungsstatus ändert und öffentlich macht, dass er mit ihr zusammen ist, bittet er sie, ihren Single-Status auch zu ändern. Sie weigert sich. Als die beiden skypen, legt sie ihm – es ist ihr Vorschlag! - einen professionellen Striptease hin, während er im Hintergrund etwa alle dreißig Sekunden ein elektronisches Piepen hört. Als er sie danach fragt, sagt sie, das seien Job-Angebote. Entweder ist der thailändische Arbeitsmarkt am Rande der Vollbeschäftigung oder sie hat ihm einen Bären aufgebunden. Diese Frau ist ein Rätsel. Ich werde sie hoffentlich bald kennenlernen und bin schon sehr gespannt, wie diese Geschichte weitergeht.
Und bei all diesen Fakten frage ich mich, wo sein journalistischer Instinkt und seine Fähigkeit zur Analyse von Informationen geblieben sind. Was ist los mit dir, *Pfeifton*? Du hast eine teure Scheidung mit einer Russin vor dir und reitest dich mit einer Thailänderin gleich wieder in die Scheiße? Wir sind in einem Alter, in dem die emotionalen und finanziellen Wunden nicht mehr so schnell heilen. Hör nicht auf den Teufel der Liebe, hör auf den Mann, der die Geschichten erzählt …
P.S.: Mein armer Kumpel hat heute Nacht ein Foto, das ihn zusammen mit ihr zeigt, mit ein paar netten Liebesworten in ihrem Facebook-Account gepostet. Sie hat es sofort gelöscht. Und ich habe ihr eine Freundschaftsanfrage geschickt und bin jetzt ihr Facebook-Freund. Habe zum Beispiel gelesen, dass sie gestern einen Mann in Schweden angeschrieben hat: “Where r u?“ Weitere News-Updates folgen.
Robert Palmer – Addicted To Love. http://www.youtube.com/watch?v=XcATvu5f9vE
Ohhh, wenn der Schwanz regiert !
AntwortenLöschenIch habe nach mehreren Jahrzehnten umgestellt.
Ich .... nur noch die Frauen, die sich auch ..... lassen.
Und nie die, die man gerne .... möchte.
Ein riesen Unterschied.
Und auch wieder nicht.
Auf jeden Fall sinkt die emotionale Abhängigkeit.
Und macht trotzdem Spass.
Ist doch nur Geld. Wenn er genug davon hat halt Lehrgeld. Er muss nur aufpassen das er nicht zu viel davon investiert.
AntwortenLöschenFalls er nicht zu Sinnen kommt, soll er mal nach "Zierfisch Thai" bei Google suchen. Steht ganz weit oben was ihm blüht.
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