Racial Profiling gibt es bei der
deutschen Polizei und in vielen anderen Ländern. Gerne auch bei Politikern, vor
allem nach Silvester. Worüber nie gesprochen wird: Social Profiling. Du bist
nicht ordentlich gekämmt und adrett gekleidet? Du siehst nicht aus wie Philipp
Amthor? Dann werden wir dir mal auf den Zahn fühlen, Freundchen.
Wenn ich in den achtziger und
neunziger Jahren in die Niederlande gefahren bin, wurde ich bei der Ausreise
regelmäßig gefilzt. Ob ich zum Formel 1-Grand Prix in Zandvoort gefahren bin, mir
auf einem Städtetrip Amsterdam angeschaut oder einen Strandurlaub gemacht habe.
Ich hatte lange Haare, war unrasiert, trug eine zerschlissene Jeansjacke oder
irgendwas aus schwarzem Leder. Das reichte. Manchmal hat der deutsche Zoll
unser Auto eine halbe Stunde lang nach Drogen durchsucht. Währenddessen
verhörte uns ein Zöllner. „Sagt doch endlich, wo ihr das Gras versteckt habt.
Spart uns die Arbeit. Dann bekommt ihr eine Anzeige und könnt weiterfahren.“ Einmal
musste ich aufs Klo. Ein Zöllner brachte mich in eine Gefängniszelle und
beobachtete mich an der Tür, ob ich auch nichts in die Toilettenschüssel
schmeiße. Zum Glück musste ich nur pinkeln.
In Texas wurden wir 1993 nachts
auf einer einsamen Landstraße verhaftet. Meine Reisebegleiterin hatte ein
Hippie-Kleid an, sehr kurze knallrote Haare und war barfuß. In Handschellen
gings aufs Polizeirevier. Die berühmten Fotos mit der Nummer wurden gemacht,
Fingerabdrücke genommen und ein Verhör durchgeführt. Nach einer Nacht in der
Zelle gingen wir, die Hände auf den Rücken gefesselt, links und rechts von
Polizisten flankiert, zum Gericht. Wir bekamen beide 75 Dollar Strafe für
„public intoxication“, weil auf dem Rücksitz eine Whiskyflasche ohne bottle bag
lag. In der Nacht hatten sie unseren Mietwagen auseinandergenommen, als sie
nach Drogen suchten. Selbst die Türverkleidungen hatten sie abmontiert,
einzelne Kleinteile fehlten. Dann mussten wir die Stadt verlassen.
Das letzte Mal habe ich es 2007
erlebt, als ich mit einer Studiosus-Reisegruppe aus China zurückkam. Wer war
der Einzige, der von der Polizei am Flughafen Frankfurt durchsucht wurde?
Richtig. Sehe ich aus wie ein Verbrecher?
P.S.: In Sachsen haben die Nazis
an Silvester randaliert und die Polizei mit Böllern angegriffen. Ein
rassistisches Erklärungsmuster fällt also aus. Wie wäre es stattdessen mit Sexismus?
„Man muss aber, glaube ich, vor allem darüber reden, dass, ehrlich gesagt, wo
auch immer junge Männer sich in Gruppen von mehr als zwei zusammenrotten, das
in der Regel für die Umwelt zum Ärgernis wird.“ (taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann
im ARD-Presseclub). Der Skatabend als Terrorzelle.
Silvester-Randale in Sachsen: Mit Böllern und
"Sieg Heil" gegen Rathaus und Polizei (t-online.de)
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