Krise ist ein Begriff, der in
Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie, von Hysterie und Panikmache inflationär
gebraucht wird. Ab wann ist ein Problem eine Krise? Ich definiere Krise als
existentielle Bedrohung, die ein sofortiges Umdenken und rasches Handeln
erfordern. Insofern waren die Bankenkrise und die Griechenlandkrise keine Krisen,
weil sie auf den Finanzsektor beschränkt blieben. Ich habe in meinem
Privatleben nichts davon mitbekommen. Die Corona-Pandemie war eine Krise. Jeder
war potenziell vom Virus bedroht, die Gegenmaßnahmen waren drastisch. Wenn die Bundesliga
nicht mehr spielt und das Oktoberfest ausfällt, muss die Gefahr groß sein.
Wie ist die aktuelle Lage?
Corona ist ein Problem, aber keine Krise mehr, seit wir den Impfstoff haben. Die
Inflation ist ein Problem, aber keine Krise. Die gestiegenen Preise betreffen
nur das untere Drittel der Gesellschaft, die Taxifahrer und Dönerverkäufer, die
Arbeitslosen, die Alleinerziehenden, die Geringverdiener, die Behinderten usw. Aber
diese Menschen gehören immer zu den Verlierern, selbst wenn es keine Krisen
oder Probleme gäbe. Ihre Mittel sind permanent beschränkt.
Aber wir sprechen hier nur von
relativer, nicht von absoluter Armut. Ich habe drei Jahre in einem sozialen Brennpunkt
gearbeitet, fünfzig Prozent der Bewohner haben von Transferleistungen gelebt.
Diese Leute hatten vielleicht kein Auto und sind auch nicht in den Skiurlaub
geflogen, aber sie hatten alle Handys, Computer und Fernseher. Genug zu essen
und ein Dach über dem Kopf. Keine Oma und kein Türke hat sich über seinen
Lebensstandard beklagt, German Abstiegsangst gibt es nur in der unteren
Mittelschicht.
Die Energieversorgung ist ein
Problem und könnte im Winter zu einer Krise führen. Ich denke in erster Linie
an die Industrie. Vielleicht hat ein kleiner Teil der Privathaushalte ein
Problem, wenn die Raumtemperatur auf 18 Grad gesenkt wird. Aber das wäre ein
Luxusproblem. Als wir früher unsere Großeltern besucht haben, übernachteten wir
im ungeheizten Schlafzimmer im obersten Stockwerk ihres Hauses. Kissen und
Federbetten schienen im Winter aus Eis zu sein und wir konnten unseren Atem sehen. Wir
Kinder haben uns in den Schlaf gezittert und von 18 Grad geträumt.
Putin hat in einer Sache Recht:
Wir sind verweichlicht und dekadent, wir jammern auf hohem Niveau. Ein Volk von
wehleidigen weinerlichen Waschlappen. Selbstmitleid ist der tägliche Gruß des
Deutschen. Auch die Leute, die sich jeden Tag in den sozialen Medien über Ungleichheit,
fehlende Digitalisierung und Weltuntergang beklagen, haben offensichtlich einen
Computer und einen funktionierenden Internetanschluss.
Die größte Krise ist die
Klimakrise. Merkwürdigerweise unternehmen wir in diesem Zusammenhang am
wenigsten. Wir haben in Sachen Klima sicher kein Analysedefizit, alle Fakten
sind seit langem bekannt. Die Medien befassen sich ausführlich mit dem Thema. Aber
wir haben offenbar ein Umsetzungsdefizit. Die Klimakrise ist eine existenzielle
Bedrohung, wir müssen das ganze System umbauen und es ist dringlich. Nur noch
einmal in der Woche zwei Minuten kalt duschen – das ist kein Umbau, das ist
keine Zeitenwende, das ist ein Armutszeugnis.
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Krise = wenn Krise mit "ie" geschrieben wird.
AntwortenLöschenUnd jetzt hole ich mir ein Fläschchen Tiroler Nussöl und bekämpfe den Klimawandel.