Freitag, 27. August 2021

Unser Projekt

 

Ich weiß gar nicht, wer diese großartige Idee hatte. Jemand aus dem Gemeinderat? Vielleicht auch der Bürgermeister selbst, ich weiß es nicht. Jedenfalls war der Ausgangspunkt, also die Grundidee, dass wir alle gemeinsam etwas machen. Das ganze Dorf. Seit wir kein Gasthaus, keinen Bäcker und keinen Tante-Emma-Laden mehr haben, treffen wir uns kaum noch. Mit Corona wurde es noch schlimmer, weil auch die geselligen Abende wegfielen. Jeder saß allein zuhause, oder mit Familie, was praktisch das gleiche ist. Aber seit wir das Projekt haben, treffen wir uns wieder. Man kann sagen: Das Projekt stärkt das Gemeinschaftsgefühl.

Jeder arbeitet einen Tag in der Woche am Großen Bau. Jeder, wie es ihm passt. Die Berufstätigen am Samstag, die Hausfrauen und Rentner an einem beliebigen Wochentag. Um neun Uhr morgens trifft man sich auf der Baustelle. Dann geht es los. Die Männer ziehen schwere Steinblöcke heran, die Frauen tragen Steinbrocken und selbst die Kinder bringen Kieselsteine und tragen auf ihre Weise zum Bau bei. Es soll eine Pyramide werden. Anfangs hat noch mancher den Kopf geschüttelt, aber mal im Ernst: Welches Dorf hat schon eine eigene Pyramide? Die Ägypter haben Pyramiden, aber kein Dorf in Deutschland oder irgendwo anders. Wir haben uns für die Wiese zwischen dem Sportplatz und dem Friedhof entschieden. Da sieht sie gleich jeder, der ins Dorf fährt. Fünfzig Meter soll sie hoch werden.

Wenn sie eines Tages fertig ist, soll der Bürgermeister die Pyramide als Grabmal bekommen. Natürlich erst, wenn er tot ist. Aber bis die Pyramide fertig ist, werden noch viele Jahre vergehen. Ich treffe meine Nachbarn am Großen Bau, manchmal auch alte Schulkameraden, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe. Es ist ein großartiges Projekt. Alle sind zufrieden. Steine gibt es in unserer Gegend genug. Am Abend grillen wir Bratwürste. Dazu gibt es Kartoffelsalat. Es könnte nicht schöner sein.    

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4 Kommentare:

  1. “Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ein Erfolg.”

    Henry Ford... 👍💪🤗

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  2. Woran das Projekt letztlich scheiterte:

    Alle feierten abendlich (wie bei Asterix) miteinander, nur die Würstchen konnten nicht mehr geliefert werden, da der Container wegen Corona im Hafen vergammelte. Die alte Mayonnaise stand schon etwas länger in der Sonne, bevor sie die Kartoffeln sah.

    Als alle nach Hause gingen, stellte sich bei jedem Einzelnen ein Rumpeln im Magen ein. Das Glyphosat der vegetarischen Ersatzwürstchen (die zwar kein guter Ersatz, aber immerhin doch noch schmackhaft waren), paarte sich unvorteilhaft mit dem Kartoffelsalat und der Magensäure.

    Noch in derselben Nacht brachen sich die Darminhalte auf bewährte Weise bahn. Es wurde gekotzt, bis die Konsistenz aussah, wie Weihwasser. Die Darmzoten traten beim Stuhlgang zum Scharlach aus und man kam gar nicht mehr mit der Kloreinigung hinterher.

    Wer nicht an den Salmonellen verstarb (der einzige Arzt vor Ort litt auch darunter), machte jeden anderen für sein Leiden verantwortlich. Als die Symptome langsam abklangen, begann darauf ein fürchterliches Hauen & Stechen. Man diffamierte, mobbte so gut man konnte und vergiftete die Haustiere des Nachbarn.

    Wer konnte, zog aus dem Ort fort, wer nicht, baute sein Anwesen zur Festung aus. Natodraht wurde die beliebteste Pflanze des Vorgartens. Zäune wurden durch meterhohe Mauern mit Schießscharten ersetzt.

    So ging das Dorf als Gazastreifen 4.0 in die Geschichte ein.

    Es war einmal ein Dorf, dass nur einen Platz bei "Unser Dorf soll schöner werden!" belegen wollte.
    Noch heute sieht man über dem Natodraht die Ruinen der Pyramide als Warnzeichen aufragen.

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    1. Und die ganze Scheiße hat anschließend das Ahrtal weggeschwemmt.

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    2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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