Montag, 30. August 2021

Die deutsche Meisterschaft im Niveau-Limbo


Ihr Image ist bestenfalls irgendwo zwischen Gebrauchtwagenhändler und Immobilienhändler, für manche auch zwischen Zuhälter und Taliban. Ich spreche von Politikern. Und dieser Ausdruck inkludiert selbstredend auch das Weibsvolk. Merkel, Baerbock, Klöckner, Weidel. Wir verachten sie. Manche von uns hassen sie. Gewaltphantasien perlen an die Oberfläche des wutbürgerlichen Bewusstseins.

Das Image der Politiker hat einen Tiefpunkt erreicht. War das schon immer so? Oder war früher nicht alles besser? Alexis de Tocqueville, der selbst in der französischen Nationalversammlung saß, verabscheute schon Mitte des 19. Jahrhunderts den verlogenen Opportunismus der anderen Abgeordneten. Werner Sombart ekelte sich bereits im Kaiserreich vor den Berufspolitikern und beschrieb sie als „geistig öde, ethisch verlogen, ästhetisch roh“. Thomas Mann beschrieb in seinen „Betrachtungen eines Unpolitischen“ den Politiker als „ein niedriges und korruptes Wesen.“

Seither ist nichts besser geworden. Wie viele politische Skandale habe ich in meinem Leben schon durchlitten? Ich erinnere mich an die Flick-Affäre in den 80ern, Kohls Parteispendenaffäre Ende der 90er. Aktuell Maskendeals, Cum-Ex, Wirecard und und und. Wir sind alle müde geworden. Enttäuscht sind wir schon lange nicht mehr. Es herrschen Vetternwirtschaft, Korruption und Filz. Die Abzocker und Egozentriker haben sich an den gut gefüllten Schweinetrögen der Republik breit gemacht. Die Blender, die Schwätzer. Mit ihren frisierten Lebensläufen, die trotzdem nicht kaschieren können, dass sie außer Politik nix gelernt haben.

Man kann das Theater, das gerade wieder im Wahlkampf aufgeführt wird, nur als Farce ertragen. Beckett in Berlin. Die Schauspieler wiederholen jeden Abend den gleichen Text, die gleichen hohlen Phrasen. In jedem Interview, in jeder Diskussionsrunde, in jeder Rede im Parlament. Als würden sie nach Worten bezahlt. Trostlose Rituale in der Dauerschleife. Im Publikum sitzen die Verblödeten, die Naiven, die Verführbaren, die ewig Hoffenden und schauen hinauf ins Rampenlicht, wo die Macht-Haber und Interessen-Vertreter sich eitel im Kreise drehen.

Dabei geht es den Politikern nicht um Veränderung, es geht nicht um die Bürger. Es geht um Macht. Ihre Macht, ihre Position, ihre Karriere. Das bleibt am Ende von ihnen zurück: Das Klammern an die Macht, die Sucht nach mehr Macht. Nach Privilegien, nach Aufmerksamkeit, nach Dienstwagen und Pensionsansprüchen. Ihre Gier ist grenzenlos. Konkrete Inhalte stören nur. Machen angreifbar. Die Riege der Selbstdarsteller aller Couleur ist flexibel, biegsam wie das Gras im Sturm. Rücktritt ausgeschlossen.

Politik muss man aushalten können. Ich halte es nicht aus. Enttäuscht wird am 26. September nur, wer etwas erwartet hat.

A Horse with No Name - YouTube

5 Kommentare:

  1. U N T E R S C H R E I B end .... seufzt ;/

    Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn.
    Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.
    Bekümmert sich ums Ganze, wer nichts hat?
    Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl?
    Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt,
    um Brot und Stiefel seine Stimm' verkaufen.
    Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen.
    Der Staat muß untergehn, früh oder spät,
    wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.

    Fiedrich SCHILLER (1759 - 1805)

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  2. was stellst du dir vor, wie unser land regiert-verwaltet-geregelt werden sollte? bin auf deine vorschläge gespannt. ich erlebe schon in der familie, dass initiative ergriffen werden muss, und abstimmungen, und korrekturen...
    hass/ verachtung bringt nicht nach weiter, ist nie gut.

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    1. Was würde es bringen, wenn ich jetzt im Alleingang ein Regierungsprogramm entwickeln würde?

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    2. Wenn ich mir selbst ein Regierungsprogramm schreibe? Das ist nicht dein Ernst, oder? :o)))

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