„Protect me from what I want." (Jenny Holzer)
Das Einkaufszentrum, das ich einmal in der Woche aufsuche, ist so groß, dass auf der zentralen Bewegungsachse zwischen der Metzgerei und den Kassen Sitzbänke aufgestellt sind, auf denen vorwiegend ältere Menschen ausruhen. Dort sitze ich gelegentlich und betrachte eine Viertelstunde oder länger das Geschehen. Es ist später Vormittag, wir sind auf dem Land und deswegen geht es durchaus gemächlich und entspannt zu. Menschen treffen sich und bleiben für eine Weile stehen, um ein wenig zu plaudern. Frauen mit mortadellafarbenen Steppjacken und honigfarbenen Dauerwellen, Männer mit schokoladenbraunen Ledermänteln und nikotingelben Walrossschnurrbärten. Gegenüber meiner Bank arbeitet eine Verkäuferin, gleichmäßig und stumm.
Sie ist nicht mehr jung und trägt den grünen Kittel, den alle Angestellten des Einkaufszentrums tragen, und ein Namensschild. Während sie mit gebeugtem Rücken palettenweise Kaffeepäckchen in ein Regal einräumt, bittet sie ein alter Mann um Auskunft. Sie steht für einen Augenblick gerade und erklärt ihm den Weg. Dabei hält sie den rechten Arm angewinkelt, die Hand hängt schlaff herunter. Eine Geste, die in früheren Zeiten den Hofdamen vorbehalten war, und die über den Landadel und das Bürgertum schließlich den plebejischen Nährstand erreicht hat.
John Fred and his playboy band - Judy in disguise. https://www.youtube.com/watch?v=Biu95fyvmLI
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