Donnerstag, 19. Juni 2014
Moderner Rassismus
Zur Berichterstattung bei der Fußball-WM in Brasilien gehört ja immer, wie gefährlich das Land für Besucher sei. Ich habe dieses Land ausführlich bereist und bin zu dem Schluss gekommen, dass es nicht gefährlicher ist als viele andere Gegenden der Welt. Wenn man in Rio oder Sao Paulo in tiefer Nacht zu Fuß unterwegs ist, empfiehlt es sich, nur eine kurze Hose und ein T-Shirt zu tragen. Keine Kamera, keine Uhr, keinen Schmuck – und wenn man dann noch ein Hundert-Kilo-Kampfmonster mit drei Promille im Blut ist, kommt man auch in diesen Städten durch jede Straße, ohne von kriminellen Elementen kontaktiert zu werden. Auch in Harlem oder Brooklyn während der neunziger Jahre war ich immer extrem sicher unterwegs, weibliche oder männliche Begleitung eingeschlossen. Amerikaner oder Japaner, die mit Juwelen oder High-Tech-Wertsachen behängt sind und denen eine prallgefüllte Brieftasche aus der hinteren Hosentasche hängt, leben sicherlich gefährlicher.
Ein guter Freund von mir hat zehn Jahre in Duisburg-Marxloh gewohnt, einem angeblichen sozialen Brennpunkt. Bei meinen Besuchen waren wir oft die einzigen deutschen Gäste in türkischen Cafés bei Fußballübertragungen oder zum Abendessen in türkischen Restaurants. Wir sind immer sehr freundlich behandelt worden. Als M., mein Kumpel, eines Abends, da er die letzte Straßenbahn verpasst hatte, nach Hause gejoggt ist, weil er Lust auf ein wenig sportliche Betätigung hatte, hielt auf einmal ein Wagen, der sich quer auf den Bürgersteig stellte. M. dachte, nun habe sein letztes Stündlein geschlagen und er würde überfallen werden. Es stellte sich heraus, dass er einer Zivilstreife zum Opfer gefallen war: Er musste sich breitbeinig an eine Hauswand stellen, wurde abgetastet und seine Personalien wurden überprüft. Als man ihn als Deutschen erkannt hatte, ließ man ihn bereitwillig laufen.
Das beste Beispiel für modernen Rassismus ist das Bewerbungsgespräch einer deutsch-türkischen Freundin aus Ingelheim bei einem FAZ-Herausgeber namens Berthold Kohler (redaktionsinterner Spitzname: „Taliban“). Mit dieser Freundin hätte ich 2006 einen Karriereratgeber für Frauen schreiben müssen, der vom FAZ-Verlag herausgegeben werden sollte. The things you do for money. Nach vier Wochen Zusammenarbeit mit diesem Horror-Schuppen (nicht mit der Ko-Autorin!) habe ich die Segel gestrichen und den Vertrag mit der FAZ gekündigt. Meine Freundin hat den Manuskript-Trip alleine durchgezogen und bis heute kein Buch mehr veröffentlichen können … Einige Zeit später hat sie sich, wie gesagt, in der Redaktion beworben und hatte ein Bewerbungsgespräch mit Herrn Kohler. Er fragte sie nicht nur nach dem muslimischen Hintergrund ihrer Familie, sondern auch, ob ihr Bruder gegebenenfalls ihre Ehre als Frau mit Gewalt verteidigen würde. Sie hat nur staubtrocken geantwortet, dass sie im Notfall ihren kleinen Bruder verteidigen würde. Natürlich ist sie von der FAZ nicht genommen worden.
Bloodhound Gang – F.U.C.K. http://www.youtube.com/watch?v=JZpxaiNV_sM
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