Montag, 14. Februar 2022

Das Huhn und die Bombe

 

Nachdem wir es in den letzten zwanzig Jahren in Europa hauptsächlich mit Terrorismus und daher mit asymmetrischen Akteurskonstellationen zu tun hatten, rückt mit dem Ukraine-Konflikt die klassische Konfrontation zweier gleichstarker Akteure in den Mittelpunkt, die aus dem Kalten Krieg hinlänglich bekannt ist. Zwei Konkurrenten wollen das gleiche: einen Staat, der bisher nicht zu ihrem Machtbereich gehört und genau in der neutralen Zone zwischen den NATO-Staaten und Russland liegt.

Es gibt prinzipiell vier Möglichkeiten:

a)    Die Ukraine wird NATO- und EU-Mitglied

b)    Die Ukraine wird Vasall Russlands wie Belarus

c)     Der Status quo ante bleibt erhalten

d)    Russland annektiert die Republiken Donezk und Luhansk, die von russischen Separatisten kontrolliert werden

Welche Interessen gibt es?

Russland: Es gibt keine ökonomischen Interessen in der Ukraine. Das Land verfügt über keine Rohstoffe oder nennenswerte Industrien. Auch die Erweiterung des Territoriums ist keine Option. Russland ist das größte Land der Erde. Es geht um eine Machtdemonstration von Präsident Putin nach innen und nach außen. Der NATO-Beitritt der Ukraine soll verhindert werden. Die Bedrohung durch die NATO schließt die Reihen im eigenen Land und schwächt die Opposition.

NATO: Erweiterung der Einflusssphäre nach Osten und weitere Einkreisung Russlands. Wäre die Ukraine Mitglied des Bündnisses, wären NATO-Panzer und Flugzeuge nur noch 450 km von Moskau entfernt. Außerdem legitimiert der Konflikt neue Rüstungsausgaben. Krieg und Kriegsgefahr sind das Lebenselixier des Militärs.

Spieltheoretisch handelt es sich bei dem Konflikt um ein Chicken Game. Es geht darum, wer als Erster aufgibt. Dabei hat Russland die besseren Karten. Erstens agiert Putin, während seine Gegner nur reagieren. Zweitens verfügt er über die sogenannte Eskalationsdominanz, weil er mehr zu verlieren hat als seine Gegner. Drittens verfügt er in der Region über wesentlich mehr Militär. Biden hat läppische zweitausend Soldaten in den osteuropäischen NATO-Raum verlegt.

Prognose:

Putin wird dieses Spiel gewinnen. Er hat alle Trümpfe in der Hand, der NATO-Chef und der US-Präsident haben bereits signalisiert, dass sie nicht in der Ukraine eingreifen werden. Ähnlich wie Frankreich 1939 beim Polen-Feldzug des Deutschen Reiches nicht aktiv wurde („Mourir pour Danzig?“), wird der Westen die Ukraine nicht verteidigen. Putin wird klug genug sein, das gute Blatt nicht zu überreizen. Besetzt er die komplette Ukraine, hat Russland ein zweites Afghanistan am Hals. Greift er im Baltikum an, kommt es zum Bündnisfall und zum Krieg mit der NATO. Es stellt sich auch hier die Frage, welches Interesse Russland am Baltikum haben sollte. Bleibt als mögliche Kriegsbeute die Republik Donezk im Südosten der Ukraine. Sie gehört allerdings de facto schon zu Russland.

Daher tendiere ich zu Möglichkeit c: Status quo ante. Keine NATO-Beitrittsoption für die Ukraine. Rückzug der russischen Gruppen aus dem Grenzgebiet. Die Ukraine als Cordon sanitaire zwischen den Machtblöcken.

P:S.: Die CIA behauptet, am 16. Februar beginne der russische Einmarsch. Als ob Putin seinem neuen besten Freund Xi die Olympia-Show versauen würde. Bonetti Media hat bessere Analysten als die Virginia Farm Boys aus Langley.

 

16 Kommentare:

  1. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Valentinstag... ❤️🌹☝️

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  2. Endlich mal eine klare Analyse und kein Propagandageschwafel.

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  3. Die Ukraine hat fruchtbare Boeden, Eisenerzvorkommen, billige Lohnsklaven und huebsche Frauen. Warum führt man nicht den alten Art. 23 GG wieder ein und lässt sie beitreten?

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    1. Die billigen Lohnsklaven und die hübschen Frauen haben längst ihren Weg zu uns gefunden. Weizenfelder und Stahl haben wir selbst genug.

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    2. Wir könnten die Ukraine mit Windraedern vollpflastern. Es wäre die neue Siegfried - Linie, denn da müssten Putins Panzer durch :)

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    3. Von der Antragstellung bis zum Bau dauert es in Deutschland bis zu acht Jahren. Da müssten die Ukrainer ziemlich schnell bauen ;o)

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  4. Ich mag das Wort Eskalationsdominanz. Großartig.
    Ich hoffe, Sie behalten Recht, Herr Bonetti. Persönlich sehe ich schon einen Krieg vor meiner Haustür.

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  5. Wenn es nicht so furchtbar wäre, also Krieg, dann täte ich sagen, Chips raus , Beine hoch und dann: jetzt lasst mal sehen.
    Natürlich mit Halbzeitpause.
    USA gegen Russland. Und über links die schnellen deutschen Spitzen aus dem Baltikum. So wie früher.
    Na ja, jetzt lacht man noch drüber.

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  6. Ja, ein Krieg könnte nur entstehen, wenn die Ukraine jetzt ihre Chance sieht die Krim zurückzuholen....
    Sonst, denke ich auch, wird es friedlich bleiben.... Aber ich liebe ja Propaganda:-) Also, das sich der Putin seit den 90er Jahren immer weiter an die Natoostgrenze vorarbeitete, ist schon ein starkes Stück, finde ich..... und die Nato? okay, dieses Friedensbüdnis will ja nur Brunnen bohren, und Mädchenschulen bauen.

    VG
    Charon13

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  7. Schützt eure Frauen und Kinder vor den roten Bestien. Geht ins Kino.

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  8. Der Danisch meint ja, es gehe um was ganz anderes. Ist sicher wieder nur wirres Zeug von ihm, oder verfolgt er etwa eine Absicht?

    https://www.danisch.de/blog/2022/02/14/krieg-um-deutschland/

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    1. Im politischen Bereich schreibt der nur Unsinn, weil er sich einfach irgendeinen Mist aus den Brocken, die er so aufpickt, zusammen reimt.
      Bei wissenschaftlichen Themen steht er aber interessanterweise aber zu 100% auf dem Boden der Naturwissenschaften.
      Ich habe noch nie erlebt, das eine Person, die so vehement gegen den Irrtum Korrelation=Kausalität ankämpft, sich im politischen Umfeld so einen Quark aus den Fingern saugt.
      Vergleicht man seine Blogs zu verschiedenen Themen, erhält man Einsichten in den Gegenentwurf von Jana aus Kassel. Ein anscheinend intelligenter Mensch, der in der IT arbeitet, unheimlich viel Ahnung von Fotografie hat und seine Leser auch schon mal beschimpft, wenn die Korrelationen für Kausalität halten.
      Und dann die andere Seite, der große Checker weltumspannender Machenschaften der Eliten, fanatischer Linken-Hasser, obwohl ohne jede Ahnung, was links eigentlich bedeutet.
      So stelle ich mir das vor, wenn ich Studien lese, dass auch gebildete Menschen oftmals empfänglicher als "Dumme" für Propaganda oder Verschwörungstheorien sind.
      Während der "Dumme" erstmal allem und Allen mistraut, weil er entweder vieles nicht versteht oder zu "faul zum Lernen" ist, wähnt sich der Gebildete qua Ausbildung "immun" gegen äußere Verführung.

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    2. Na sicher, Großmächte würden ja nie versuchen in irgendwelchen anderen Staaten Einfluß zu nehmen. Deswegen ist Gerhard Schröder ja jetzt auch Farmer in Australien :)

      Zu Corona: Sie wären vielleicht von dem einen oder anderen seiner Aspekte überrascht, z.B. ist er geimpft und geboostert. Unvorstellbar!!11!

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  9. Großmächte und Imperien versuchen immer Einflusszonen um sich zu schaffen. Das versucht Russland als wirtschaftlich schwächste größere Macht auf dem Globus halt auch und gibt und nimmt sich da nichts mit anderen. Nur stellt Russland außer Kriegsgerät nicht viel Bedeutendes her, die Kaufkraft der Bevölkerung ist gering und man hängt überwiegend am Export fossiler Brennstoffe. Davon wollen viele Abnehmerländer aber in nächster Zeit unabhängig werden.
    Ein weiteres Problem ist, dass große Teile der ehem. sowjetischen Einflusszone lieber zur NATO bzw. dem Westen angehören wollen als einer russischen Einflusszone (wahrscheinlich nur, weil ihnen deutsche Linke noch nicht gründlich genug erklärt haben, wie furchtbar böse und schlimm der Westen ist).
    Apropos NATO: Was auch gern übersehen wird, ist, dass die NATO in den osterweiterten Ländern jenseits der amerikanischen nuklearen Abschreckung kaum über offensives Drohpotenzial verfügt. Die Armeen Polens, Tschechiens, Ungarns und der baltischen Republiken haben zusammen genommen eine Handvoll leidlich moderner Panzer (150 Leo 2A4 in Polen) und Flugzeuge (ein paar Saab Gripen in Polen und Ungarn), der Rest ist größtenteils sowjetisches Alteisen aus dem Kalten Krieg.
    In Finnland spielt sich übrigens eine interessante Entwicklung ab: Da man dort offensichtlich keine Lust hat auf Finnlandisierung 2.0, denkt man immer lauter darüber nach, der NATO beizutreten. Putin und Lawrow werden Mittel und Wege finden, auch daran dem Westen die Schuld zu geben.

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    1. Ich glaube, die ukrainische Bevölkerung ist vor allem an den Segnungen einer EU-Mitgliedschaft interessiert. Die NATO-Mitgliedschaft wäre eine Art Versicherungsvertrag.

      Solange noch russisches Erdgas durch die Ukraine nach Westen gepumpt wird, mache ich mir keine Sorgen um einen Krieg, der angeblich morgen beginnt ;o)

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