Wenn
sie es finden, geht er zwei Jahre in den Knast. Ohne Bewährung. Aber in diesem
Augenblick kann er nichts machen. Er sitzt einfach da und raucht eine
Zigarette. Neben ihm sitzt sein Komplize. Die Zollstation ist eine gläserne
Box. Er sieht die beiden Beamten, die mit dem Drogenspürhund auf ihren Wagen
zugehen. Er kann nur hoffen, dass sie sorgfältig genug gewesen sind.
Schräg
gegenüber sitzen zwei junge Nordafrikaner. Er hat ihnen kurz in die Augen
gesehen. Sie sind in derselben Branche tätig. Man erkennt sich. Warum sollten Jungs
wie sie auch um Mitternacht eine Grenze überqueren? Ohne Gepäck?
Am
Abend vorher hatte er mit seinem Komplizen noch „Midnight Express“ auf Video
gesehen. Ein Film über Drogenschmuggel in der Türkei. Der Herzschlag der
Hauptfigur war zu hören. Er beschleunigte sich. Er wird gefasst und ins
Gefängnis gesteckt. Jetzt spürt er seinen eigenen Herzschlag.
Die
Grenze zwischen den Niederlanden und Belgien. Autobahn. Bisher stand die Ampel
immer auf Grün. In dieser Nacht zeigt sie das rote Licht. Das Auge des Bösen.
Sie haben angehalten. Mussten aussteigen. Jetzt warten sie hier. Ein paar
Zollbeamte sitzen unbeteiligt hinter einem Holztresen, während sie warten.
Er
sieht, wie der Spürhund ins Heck des Kombis springt. Aufmerksam schnüffelt er in
jedem Winkel. Hier ist das Dope versteckt. 1,5 Kilogramm. Ein Kilo ordinärer
Platten-Shit für dreitausend Mark. Dazu schwarzer Afghane und Super Polm, gepresster
Pollen, eine holländische Spezialität mit hohem THC-Gehalt. Wenn der Hund anschlägt,
gehe ich ins Gefängnis, denkt er. Freiheit oder Knast. Jetzt entscheidet es
sich.
Das
Auto ist voller Werkzeug und soll von der Fahrt zweier Handwerker erzählen. Das
ist ihre Tarnung. Das Dope ist sorgfältig in Plastikfolie verpackt, die es bei ihrem
Händler in Maastricht immer reichlich gibt. Zuerst haben sie ihn in einer
leeren Wohnung in der Innenstadt getroffen, in der nur ein Raum spärlich
möbliert war. Später treffen sie sich immer auf einem Hausboot, das am Ufer der
Maas liegt.
Sie
haben auf einem Feldweg Mörtel angerührt. Das Dope legten sie in einen
Plastikeimer und gossen den Mörtel drüber. Während der Mörtel hart wurde, haben
sie einen Joint geraucht. Später haben sie noch zwei Kellen in den Eimer
gelegt. Das Rauchpiece steckt noch in seinem rechten Strumpf. Wenn die
holländische Polizei eine Leibesvisitation macht, gibt es Ärger. Aber nichts im
Vergleich zu dem Ärger, der ihnen droht, wenn der Hund zu bellen beginnt.
Er
denkt an seinen Freund S. Auf der Flucht vor zwei Zivilfahndern hatte er ein
Kilo Kokain in den Weinbergen versteckt. Als er am nächsten Tag zurückkam, um
es zu holen, haben sie ihn verhaftet. Zwei Jahre ohne Bewährung. Den Job als
Bankkaufmann war er los. Seine Freundin verließ ihn. Danach hangelte er sich
von einem miesen Job zum anderen und wurde Alkoholiker.
Oder
der große Bruder von M. Banküberfall. Direkt danach ging er mit seinem
Komplizen in eine Kneipe, wo sie sich betranken. Dann zahlten sie mit einem
Tausend-Mark-Schein. Der Wirt hatte schon im Radio von dem Überfall gehört. Als
die beiden Jungs reinkamen, total aufgekratzt, hatte er seelenruhig den Sender auf
AFN gewechselt und immer wieder nachgeschenkt. Nachdem er kassiert hatte, rief
er die Polizei. Fünf Jahre Bau. Später Drogenentzug und Privatinsolvenz.
Heute
entscheidet sich seine Zukunft, denkt er. Ein Leben in Freiheit oder Gefängnis.
Seine enttäuschten Eltern. Das abgebrochene Studium. Ein Outlaw in der
Kleinstadt, in der er lebt. Kann man sich das überhaupt vorstellen? Ein Leben
in der Gefängniszelle?
Der
Hund springt aus dem Wagen. Nichts. Auch nicht im Handschuhfach und den
Seitenfächern. Die Zöllner kommen in die Station. Sie können weiterfahren. Er
nickt nur und verzieht keine Miene. Sie fahren durch Belgien und Luxemburg.
Dann überqueren sie die Grenze zu Deutschland. Keine Kontrolle. Eine Stunde
später sind sie zuhause.
Das
war 1989 oder 1990. Es gab noch keinen europäischen Binnenmarkt und kein
Schengener Abkommen. Eine Grenze war noch eine Grenze. Bei der nächsten Tour
war die Ampel wieder grün.
Kylie Minogue - Can't Get You Out Of My Head (Official Video) - YouTube
Gleich mal gegoogelt:
AntwortenLöschenWann verjähren Drogendelikte? Vergehen nach § 29 BtMG verjähren (auch bei besonders schweren Fällen) nach fünf Jahren. ... §§ 29a, 30, und 30a BtMG verjähren nach 20 Jahren.
Weierhin AMPEL ... auf GRÜN !!!
Die Geschichte ist natürlich frei erfunden. Oder glaubst du wirklich, dass ich jemals etwas mit Drogen zu tun gehabt hätte?
LöschenJA, wer denn nicht:
LöschenDro·ge
/Dróge/
Aussprache lernen
Substantiv, feminin [die]
1.
pflanzlicher, tierischer oder mineralischer Rohstoff für Heilmittel, Stimulanzien oder Gewürze
"die starke Schmerzen lindernden Drogen"
2a.
VERALTEND
Arzneimittel
Ich schon... 🤫🤭🤔😉
"Eine Grenze war noch eine Grenze."
AntwortenLöschenVor allem die Französische. :(
Da habe ich auch so meine Erfahrungen gemacht. Selbst bei Fahrten von Rheinhessen ins nahe Elsass wurde gnadenlos kontrolliert. Als ich ein Kind war, schlief ich auf der Rückfahrt von Südfrankreich auf der Rückbank. Der Zöllner bestand darauf, mich zu wecken, denn ich hätte ja auch eine Leiche sein können - und das wäre ein illegaler Leichentransport gewesen ...
Löschen... wollte der Zöllner doch nur ein Autogramm von dem kommenden Nobelpreisträger für Literatur.
AntwortenLöschenSelber Schuld wenn Dein umfangreiches Œuvre in Frankreich völlig unbekannt ist.
Wieso spielt die Geschichte an der französischen Grenze? Ist der Text zu kompliziert? ;o)
LöschenQuote:
Löschen"Als ich ein Kind war, schlief ich auf der Rückfahrt von Südfrankreich auf der Rückbank."
... wollte der Zöllner doch nur ein Autogramm usw. usf.
Klaro?
Klaro. Aber ich glaube, der Zöllner wollte einfach nur meinen sexy Körper berühren. Angeblich, um zu prüfen, ob ich noch "warm" bin. Vaschdesde?
LöschenFür solche Fälle hatte man einen Freund aus einem grenznahen Landkreis und einem Auto mit einem Nummernschild aus eben diesem Landkreis.
AntwortenLöschenImmer über die "grüne Grenze", klar, irgendwo lag immer ein Passat der Zivis in der Nähe auf der Lauer, die haben aber eben nur Landkreisfremde (vor allem Kreisfreie Städte) angehalten, vor allem Nachts.
Ich weiß das von einem Freund, ich hatte mit so etwas nie zu tun.
Fred