Ich bin ein unbedeutender Mensch. Es gibt nichts an meinem
Aussehen, meinem Verhalten oder an meiner Geschichte, das jemandem auffallen
würde. Ich lebe in einer kleinen Pension am Stadtrand. Von meinem Fenster aus sehe
ich Gleise, die längst überwuchert sind und zu einem stillgelegten Bahnhof
führen.
Ich zahle sechshundert Euro im Monat für ein Zimmer mit Bad
und Frühstück. Die Pension verfügt über acht Zimmer. Zwei Witwen sind ebenfalls
Dauergäste, der Rest sind Handwerker und Vertreter, die meistens nur ein paar
Nächte bleiben.
Die Wirtin, Frau Grünberger, ist eine stattliche, wohlbeleibte
Frau in ihren späten Fünfzigern, die mit ihrem geistig behinderten Sohn im
Erdgeschoss wohnt. Links vom Eingang, zur Straße hin, ist der Frühstücksraum.
Ich arbeite als Pianist in einer Hotelbar in der
Innenstadt. Donnerstags bis sonntags spiele ich von neun Uhr abends bis drei
Uhr nachts im Excelsior. Meine Musik ist so unauffällig wie ich. Sie stört die
Geschäftsreisenden nicht, meistens Männer, die hier ihre Spesen in Form von
Whisky oder Cocktails vertrinken.
Frau Grünberger schätzt mich als Dauergast, denn ich
verursache keinen Lärm und bringe auch keine anderen Menschen mit in die
Pension. Um halb vier schleiche ich die Treppe hinauf und schlafe bis um zwölf.
Ich bin der einzige Gast, der so spät frühstücken darf. Ich
genieße die Ruhe und Einsamkeit des leeren Raums. Frau Grünberger bringt mir
Kaffee, zwei Brötchen, Butter, Honig und Käse. Es ist jeden Mittag das gleiche
Ritual.
Dann gehe ich eine Stunde im Park spazieren, damit Frau
Grünberger mein Bett machen und mir ein neues Handtuch bringen kann. Nur bei
sehr schlechtem Wetter bleibe ich im Frühstücksraum und lese die Tageszeitung,
die dort ausliegt.
So hätte es ewig weitergehen können, aber eines Tages betritt
eine junge Frau den Raum. Sie fragt mich, ob sie sich zu mir setzen dürfe. Sie
habe gerade ein Zimmer in der Pension bezogen und wolle nur einen Kaffee in
Gesellschaft trinken. Natürlich habe ich nichts dagegen.
Sie fragt mich, ob es mir in der Pension gefalle. Sehr gut,
antworte ich, sie ist ruhig und abgelegen. Genau das richtige für mich. Sie
habe gerade ihren Mann verlassen, sagt sie. Ruhe und Abgeschiedenheit seien ihr
im Augenblick sehr wichtig.
Ihre schönen, schlanken Hände scheinen die Tasse zu
streicheln. Ich kann den Blick nicht von ihr lassen, wenn sich ihre Lippen
öffnen. Ihre langen, schwarzen Haare gefallen mir. Die Frau gefällt mir. Ich
spüre ihre Wirkung. Sie lächelt mich an.
Als ich in der Nacht nach Hause komme, höre ich Stimmen aus
dem Zimmer gegenüber. Ich erkenne ihre Stimme. Ein Mann spricht. Sie streiten.
Ich trete näher und lausche an der Tür. Er droht, sie umzubringen, wenn sie
nicht zu ihm zurückkehrt. Sie sagt, sie würde um Hilfe schreien.
Ich klopfe an die Tür. Der Mann öffnet. Sein Gesicht ist wutverzerrt.
Ich solle verschwinden. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu. Er holt zu einem
Schlag aus, aber ich bin schneller. Ich treffe ihn an der Schläfe. Er fällt um,
sein Kopf schlägt auf der Ecke der Kommode auf.
Er ist tot. Sie fragt leise, was wir jetzt machen sollen. Ich
werfe die Leiche aus dem Fenster in den Garten. Dann gehe ich hinunter und
schleppe sie die Gleise entlang bis zum alten Bahnhof. Ich habe den Toten an
beiden Beinen gepackt und zerre ihn immer weiter. Die Spuren im Garten sind
schnell beseitigt.
Am nächsten Tag ist sie abgereist, als ich zum Frühstück
die Treppe hinunterkomme. Frau Grünberger erzählt es mir. Ich nicke nur und
gebe mich desinteressiert. Lege eine Scheibe Käse auf mein Brötchen. Ich bin
ein unauffälliger Mensch. Völlig unbedeutend.
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Von der FRAU gesch(f)ickt eingefädelt ... ;D
AntwortenLöschenam heutigen WeltLACHtag ... ;)))