„Ich finde Groschenromane auch widerlich, aber irgendjemand muss das Zeug doch schreiben, oder? Mach dich kaputt, bevor sie dich kaputt machen.“ (Andy Bonetti)
Cheyenne Mooswieser, eine Prekarette mit albinoblond gefärbten Haaren, hatte schon mit sechzehn ein Doppelkinn.
Sergej Sonnenstrahl, ihr dunkelhaariger Freund, hatte einen Schnurrbart und sah aus wie ein Pornodarsteller aus den siebziger Jahren.
Sie hatten sich bei einem Konzert von DJ Waschzwang & MC Falschgeld kennengelernt.
Ihr himbeerrot geschminkter Mund schien in der teigigen Blässe ihres Gesichts zu schweben.
Er hatte einen geflügelten Drachen auf dem Rücken und weitere Tätowierungen auf den Oberarmen: Eine faltige, triefäugige Micky Maus mit Heroin-Nadel im Arm und einen kiffenden Totenkopf.
Sie hatte eine Harlekinpuppe mit aufgemalter Träne auf dem Sofa sitzen.
Er half seiner Mutter manchmal im Garten.
Sie war zerbrechlich wie ein chinesischer Glückskeks.
Er hielt sich für einen harten Hund.
Sie machte gerade eine Ausbildung zur Tierarzthelferin.
Er verdiente als Marketender auf Demonstrationen sein Geld. Bundesweit verkaufte er am Wochenende Energy-Drinks und Bier.
Sie lebten In Frankfurt. Diese Stadt ist so falsch und verlogen wie das Lächeln einer Striptease-Tänzerin.
Sergej arbeitete auf beiden Seiten der Straße. Und so kam er mit Mansur ins Geschäft, der Crystal Meth aus Tschechien in ganz Deutschland verkaufte.
Mansur Oje Talibaba ist eine Kapazität im Drogenhandel und eine feste Größe der Frankfurter Unterwelt. Mit seinen dicken Tränensäcken und Augenlidern blickte er dich an wie ein Molch.
Sergej war immer unterwegs. Die Welt ist groß und diese Dinge sind klein. Alles lief. Eine ganze Weile. Ganz ohne Probleme. Er lieferte den Stoff ab und bekam seine Provision.
Bis es eines Tages nicht mehr lief. Jemand klaute Sergejs Rucksack, als er im ICE nach Berlin einschlief. Ein Kilo Meth fehlte plötzlich.
„That’s my favorite punchline“, sagte Mansur im abschließenden Gespräch. Das ist aus irgendeinem Film. Wer interessiert sich schon für Ausreden, wenn es um viel Geld geht?
Niemand hört gerne, wie ein sterbender Fisch mit der Schwanzflosse auf das Deck schlägt, deswegen mache ich es kurz.
Mansur ist stolzer Besitzer einer Thompson Model 1928 der Colt Firearms Company. Die gute alte Tommy Gun. Die amerikanischen Gangster der zwanziger Jahre nannten diese Maschinenpistole auch „Chicago-Typewriter“.
Sergej wanderte ins Fundament des Bundeskanzleramts und ist seitdem ständiger Bewohner des Regierungsviertels, Willy-Brandt-Straße 1.
Und Cheyenne verschwand so schnell aus Frankfurt wie das Mondlicht auf der kalten Pepperoni-Pizza eines Berliner Junkies.
The Outcasts – I Love You For Never. https://www.youtube.com/watch?v=EI6DPp3vKps
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