Die älteren Leser werden sich noch an ihn erinnern. Früher kämpfte er um die Aufrüstung, später zeigte er Verständnis für Diktatoren in aller Welt. Er hat nach seiner Zeit als Bundeskanzler aus einem großen Saftladen einen kleinen gemacht („Die Zeit“). In den letzten Jahren kämpfte er nur noch gegen das Rauchverbot: Helmut Schmidt.
Zahllos sind seine Auftritte in Fernzügen, Talkshows und Theatern, wo er trotz bestehenden Verbots eine Mentholzigarette nach der anderen rauchte. Strafanzeigen glitten an ihm ab wie Selbstzweifel an Chuck Norris. Seine Lieblingsband heißt „Smokie“, sein Lieblingsfilm ist „Fog – Nebel des Grauens“. Und im Fernsehen hat er immer „Rauchende Colts“ gesehen. Ein aufrechter und furchtloser Kämpfer für den deutschen Raucher, der längst in Reservate verbannt wurde und den Winter zitternd in Hauseingängen verbringen muss.
„Wissen Sie, ich versuche, mich an die Gesetze zu halten. Aber es ist gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten, wo was erlaubt und verboten ist. Das ist einfach Quatsch.“ (Helmut Schmidt)
Nach meinen knallharten Recherchen hat er mit seiner späteren Frau Loki schon geraucht, als er elf und sie zehn Jahre alt war. Helmut Schmidt raucht also seit 1929. Er hat schon in der Weimarer Republik geraucht. Er hat das komplette Dritte Reich durchgequalmt, in der Besatzungszeit, während der deutschen Teilung und als die Mauer fiel, hat er sich vermutlich gerade eine Kippe angezündet. Der Mann raucht seit 86 Jahren und hat selbst den Marlboro-Mann überlebt. Wenn wir von geschätzten hundert Zigaretten am Tag ausgehen, hat er in dieser Zeit über drei Millionen Fluppen gequarzt. Das ergibt aneinandergereiht die Strecke von der Erde bis zum Mond.
Nur wegen Helmut Schmidt habe ich noch nicht mit dem Rauchen aufgehört. Krankenkassen, Ärzten und Apothekern gegenüber habe ich immer mit seinem Beispiel argumentieren können. Und der Mann war immerhin der letzte sozialdemokratische Bundeskanzler (Schröder zählt nicht). Und jetzt das: Old Teerlunge Schmidt hat mit dem Rauchen aufgehört und ernährt sich seitdem von Nikotinpflastern. Ich bin fassungslos, traurig, bestürzt und was es an Betroffenheitsgedöns noch so gibt. Der Lotse geht von Bord. Die Welt ist eine andere geworden.
Matt Bianco - More Than I Can Bear. https://www.youtube.com/watch?v=r1RK25XleEE
P.S.: Qualitätsjournalismus bedeutet für mich, sämtliche Quellen offenzulegen. http://www.welt.de/politik/article1596445/Sie-gaben-sich-ihr-Leben-lang-Feuer.html
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