Mittwoch, 29. November 2023

Was haben wir vom Ende der Weimarer Republik gelernt?

 

Die älteren Leser werden sich erinnern: Anfang der dreißiger Jahre gab es eine schwere Weltwirtschaftskrise. Millionen Menschen verloren damals in Deutschland ihren Arbeitsplatz, die Unternehmen schlossen reihenweise ihre Pforten und die Steuereinahmen brachen drastisch ein. Was machte die Regierung? Sie hat gespart. Sie hat die Augen und vor allem ihre Brieftasche vor der Not verschlossen. Die Folgen sind hinlänglich bekannt.

Was lernen wir daraus? In der allergrößten Not ist die Austerität der Tod. In der Bundesrepublik hat man aus diesen Fehlern gelernt. Auf die Weltwirtschaftskrisen Anfang der Siebziger und Anfang der Achtziger wurde mit antizyklischer Wirtschaftspolitik reagiert. Niemand hatte diese Krisen im Jahr zuvor in den Haushalt eingestellt. Es wurden Schulden gemacht.

Helmut Kohl hat die SPD immer für diese Politik durch den Kakao gezogen – bis die deutsche Einheit kam. Stand im Haushaltsplan 1990, der 1989 vom Bundestag beschlossen wurde, dass man ein ganzes Land retten musste? Konnte man vorher wissen, wie viel die Erneuerung der Infrastruktur der DDR und die Massenarbeitslosigkeit kosten würde? Nein. Hätte man alle Ostdeutschen in ihrem Dreck sitzen lassen sollen? Nein. Die Einheit wurde auf Pump finanziert.

Merkel hat in ihrer Amtszeit gleich drei solcher Momente erlebt: Bankenkrise, Eurokrise und Corona. Mich hätte es ja diebisch gefreut, wenn alle deutschen Banken bankrottgegangen wären. Aber ohne Bankwesen keine Wirtschaft, die Kredite zur Finanzierung ihrer Investitionen benötigt. Ohne Banken keine Konten. Hätten wir unser Geld in bar zum Elektrizitätswerk und zum Wasserwerk tragen müssen? Hauskauf mit Bargeldkoffern? Bush hat nur Lehman Brothers abrauschen lassen und die Finanzwelt stand in Flammen. Merkel hätte ein zweites Weimar riskiert.

In der Eurokrise wurde der teure Euro-Rettungsschirm aufgespannt, das Griechenlanddrama ist uns noch allen in Erinnerung. Wegen Corona wurde die Bazooka (Wirtschaftsstabilisierungsfonds und andere Maßnahmen im Umfang von einer Billion Euro!)) rausgeholt. Scholz ging es als Kanzler nicht besser. Ein Vierteljahr nach Amtsantritt begann der Ukrainekrieg. In der Folge sind die Energiepreise explodiert und wie Dominosteine auch die Produktionskosten der Unternehmen. Die Folge war die höchste Inflation in der Geschichte dieses Landes. Stand der Ukrainekrieg in unseren Büchern? Hatten wir Rücklagen für die Folgen gebildet? Hatten wir 2019 die Coronakrise im Haushaltsplan berücksichtigt? Natürlich nicht. Wie soll das gehen? Also kam der Doppelwumms.

Noch ein Beispiel aus einem kleinen unbeugsamen Bundesland im letzten Mäusewinkel der Republik: die Flutkatastrophe im Ahrtal. Manu Dreyer hatte sie nicht eingeplant. Hätten wir die Menschen im Stich lassen sollen? Nein, wir haben ihnen natürlich sofort geholfen. Und uns erst hinterher gefragt, wie wir die Milliarden für den Wiederaufbau finanzieren.

Kommen wir zur Gretchenfrage dieser Tage: Haben wir eine Notfallsituation? Nein. Geht die deutsche Wirtschaft in die Rezession? Ja. Brauchen wir das Geplärre um Austerität? Nein. Müssen wir den aufgeblähten Staatshaushalt mit seinen unzähligen Fördertöpfen, aus denen selbst Superreiche wie Andy Bonetti Zuschüsse zu Solaranlagen und Wärmepumpen bekommen, gründlich nach Sparmöglichkeiten durchforsten? Ja. Sollen wir bereits genehmigte Investitionen wieder streichen? Nein. Brauchen wir Kredite über die mickrigen 0,35 Prozent des BIP hinaus, die das Grundgesetz (Artikel 115) zulässt? Ja.  

 

5 Kommentare:

  1. Der ehemalige griechische Minister Panagiotis Lafazanis hat den Deutschen jetzt empfohlen, doch einfach ein paar Vermögenswerte zu verkaufen. Coole Idee. Wie wäre es mit ein paar Inseln? Verticken wir Sylt und Rügen doch an die Chinesen. Und der Kölner Dom bringt sicher auch ein paar Milliarden. Bin sicher, das wäre ganz im Sinne des gemeinen BLÖD-Lesers,

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    1. Wenn der Dom so wertvoll wäre, hätte die Kirche ihn doch schon längst verkauft ;o)

      Aber wir könnten natürlich die neuen Kolonien im Osten verhökern. Dann sind wir auch Höcke los.

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    2. Wenn die Kolonien im Osten verhökert werden, geht der Höcke wieder dahin , wo er herkommt ;)

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    3. Bis dahin steht die Mauer wieder. Mit Schießbefehl in die andere Richtung :o)

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  2. "Bis dahin steht die Mauer wieder. Mit Schießbefehl in die andere Richtung :o)"
    ... und zwar so hoch, dass der Schatten bis zum Kreml reicht ...

    Gruß
    Jens

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