Es
lohnt sich, im „Superwahljahr“ 2021 mal wieder auf die Tatsache hinzuweisen, dass
es in unserem politischen System namens Demokratie strukturell nicht angelegt
ist, das ökonomische System namens Kapitalismus zu ändern. Im Gegenteil ist die
Demokratie der Burgwall, der die gesellschaftlichen Kräfte der Kritik am
Kapitalismus absorbieren und umlenken soll. Nur demokratisch gewählte Parteipolitiker
haben die theoretische Möglichkeit, das System zu verändern.
Alle
anderen Formen wie Demonstrationen oder Petitionen besitzen nicht die
Legitimation, die das Parlament besitzt. Daher sind sie regelmäßig zum
Scheitern verurteilt. Daran ändert auch eine huldvoll gewährte Audienz für die
klimabewegte Jugend bei Kanzlerin Merkel nichts. Wandelt sich eine kritische
soziale Bewegung in eine Partei, wird sie Teil des Verteidigungssystems, das
der Konzernkapitalismus zum Schutz seiner Interessen entwickelt hat, wie die
Grünen eindrucksvoll beweisen.
Es ist
auch müßig, auf die Erfahrungen von Weimar hinzuweisen. Der politisch
interessierte Mensch weiß, dass der Kapitalismus seinen Burgwall neu streichen
kann: von bunt zu braun. In den Medien wird es bewusst ausgeblendet, erfahrene
Politiker sprechen von „marktkonformer Demokratie“, um keine Zweifel aufkommen
zu lassen. Faschismus und Diktatur bilden noch immer das Drohpotential der
herrschenden Klasse. Insofern kann man die Pandemie und die sie begleitenden
Maßnahmen auch als willkommene Möglichkeit eines groß angelegten Manövers
betrachten, um die Belastbarkeit der Bevölkerung in dieser Hinsicht zu prüfen. Das
Volk gehorcht und ersetzt die wegbrechenden Profite der Konzerne mit
Steuergeldern.
Wer
persönlich Politik gestalten will, ist gezwungen, sich einer Massenorganisation
anzuschließen und die „Ochsentour“ durch die zahllosen Hierarchieebenen einer
Partei auf sich zu nehmen. Wer sich mit dem Ausfüllen eines Wahlzettels
begnügt, findet ein reichhaltiges Angebot vor, das sich bei näher Betrachtung als
uniformes Produkt in unterschiedlichen Verpackungen darstellt. Substanzielle
Kritik am Warenfetischismus, an der Zurichtung des Menschen zum geräuschlos
funktionierenden Arbeitnehmer und Steuerzahler, an ökonomischer Expansion um
jeden Preis und irreversibler Umweltzerstörung ist nicht vorgesehen.
Die
AfD als neue Partei ist nichts anderes als der rechte Flügel der Union, der in
der Flüchtlingskrise in die Defensive geraten ist, und eine neoliberale
Konkurrenzorganisation der FDP, die im Gründungsjahr der AfD, 2013, gerade aus
dem Bundestag geflogen war. Den letzten Kritikern des kapitalistischen Systems
bleiben die Kleinparteien, die regelmäßig im Burggraben namens Fünf-Prozent-Hürde
absaufen. Echte Alternativen sind nicht vorgesehen. Wer sie sucht, bekommt
schnell den Eindruck, er müsse sich gegen die gesamte Zivilisation stellen.
Wir
haben keine Wahl im Wortsinn. Die Entscheidung, an den Wahlen nicht
teilzunehmen, ist nicht nur das Resultat politischer Apathie und Resignation.
Sie kann auch Ausdruck einer persönlichen Analyse der Herrschaftsverhältnisse
sein. Viel Spaß beim Ausfüllen der Zettel und bei der spannenden Show mit den
Hochrechnungen. Ich habe Besseres zu tun.
The Outfield - Your Love (Official HD Video) -
YouTube
Erstmal vorbehaltlose Zustimmung.
AntwortenLöschenHochrechnungen jedoch finde ich, seitdem Volk als Rache der Enterbten begonnen hat in Umfragen hemmungslos zu lügen, wieder spannend.
Ist bei der Wahlabendparty der Partei gerade der Zensor pinkeln, kann man mit etwas Glück bei der Kamerafahrt mal ehrliche Politiker-Gesichter sehen. Fassungslosigkeit, Entsetzen und Wut, wenn der als sicher prognostizierte Listenplatz sich gerade in Rauch auflöst.
Dann hat ja Ernst von Salomon recht, wenn er schreibt, Totalitarismus ist Demokratie und Hitler die Konsequenz ??
AntwortenLöschenEiner sagte, ein ungültiger Wahlzettel, ha, Zettel, sei besser als nicht wählen.
Klar, wenn sich jeder die Mühe machen würde, wäre das schon ein Zeichen.
Nein! Es wäre nur ein Zettel. In einem Stammwählerland, wie Deutschland kann man keine Zeichen setzen. Dann kommt typischer Weise die Entgegnung: "Man muss wählen gehen, denn wenn man es nicht tut, wird`s braun!" Die jüngste Geschichte zeitigt: Dem ist nicht so! Die paar Landstriche, wo das passiert, waren auch vorher schon verloren und keiner hat und hatte überhaupt Bock, sich mit den Volksgenossen vor Ort rumzuärgern, weil das zu nix führt. Da gehe ich lieber stiften und zwar die Stiftung der Stiftung der Partei die Partei. Das kann zumindest lustig werden.
LöschenIch hab dich mal für einen strammen Demokraten gehalten. So kann man sich irren.
AntwortenLöschen"Strammer Demokrat". Kommt das von Strammstehen, wenn die Regierung pfeift?
LöschenIch war schon immer Anarchist :o)
Hahaha... Ulrike Meinhof sah den Zwang sich vom " Pazifismus zu verabschieden",
Löschenstellt man sich damit gleich "gegen die gesamte Zivilisation"?
Es ginge gewaltfrei,leider nicht ohne Mehrheit.
Wie bekommt man die beisammen?
Der Sachzwang, dass unsere Politsimulanten uns in den WK III treiben,
lässt mich nach Auswegen suchen. Die gesamte Zivilisation wankt so oder so dem Untergang entgegen.
Keine Zustimmung beim Satz "das ökonomische System namens Kapitalismus", weil der Kapitalismus ein 'Produktionsverhältnis' darstellt, das in D-land verfassungsrechtlich abgesichert wird.
AntwortenLöschenEs sind die berühmten gesellschaftlichen Verhältnisse, die umfassender auf unser Leben einwirken als den meisten klar ist.
Was macht z.B. der Immobilienhändler in einem sozialistischem Überbau, der vielleicht ganz ohne Äquivalententausch auskommt?
Bananen pflücken?
Im Angesicht der Tatsache, dass nicht alle nur planen und von oben bestimmen können, was weniger privilegierte zu arbeiten haben, schrecken viele an den gewärmten Bürostühlen vor den letzten Erkenntnissen zurück. Das macht aber nichts, verträgt es sich doch prima mit der beobachtbaren Tatsache, dass selbst denken, entscheiden und handeln keinen hohen Stellenwert genießen. Da legt man lieber Sonderschichten ein, damit die Doppelhaushälfte irgendwann abbezahlt ist. In diesem Sinne: Toi, toi, toi! Irgendwas wird schon von oben herab rieseln.
Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt,
wir steigern das Bruttosozialprodukt...*pfeifundwech*
Im Grundgesetz steht nichts von einem bestimmten Wirtschaftssystem. Der Kapitalismus ist verfassungsrechtlich also auch nicht abgesichert. Man blieb 1949 bewusst neutral in den Formulierungen. Wolfgang Abendroth geht in seiner Analyse sogar so weit, dass mit dem Grundgesetz auch der Sozialismus verwirklicht werden könne.
LöschenDie einen sagen so und die anderen so: Das Grundgesetz als Verfassung des staatlich organisierten Kapitalismus
LöschenDas Bild eines Buchcovers ist kein Argument. Wie wäre es mit einem Blick ins Grundgesetz?
LöschenDu führst gerade deine eigene angestoßene Diskussion ad woandershin. Mich interessiert das nicht, weil ich in über 10 Jahren bei feynsinn hinterlassen habe, was ich zu diesem oder jenem denke. No country for old men.
LöschenWas soll ich jetzt also schreiben? Dass ich das getan habe? Dass ich gar kein Verfassungsrechtler bin?
Es bringt halt nix, weil ich nicht vor Gericht ziehen und mit Berufung auf das gg ein anderes Gesellschaftssystem einklagen kann.
Wenn die Leute wollen, was ist, dann ist es so. Das ist wie mit dem Katholenwitz und der Folterkammer in der Hölle.
Der Blick in's Grundgesetz zeigt ua: 'Das Privateigentum ist garantiert'. Das reicht eigentlich schon. Aber auch an anderen Gegenstände dieses Werkes von 'Berufsfreiheit' bis 'Sozialstaatsgebot' sieht man deutlich, dass es sich um die Verfassung eines kapitalistischen Staates handelt. Das muss da nicht explizit stehen, weil es implizit eh klar ist.
LöschenDas Privateigentum war auch in der DDR-Verfassung garantiert. Das Besteck oder der Pkw waren kein Staatseigentum ;o)
LöschenBriefwahl ist kein Aufwand.
AntwortenLöschenAnsonsten kann man MLPD wählen, damit sich Friedrich Merz ärgert.
An den Verhältnissen ändert sich freilich nix.