Freitag, 1. Dezember 2017
Kampfbegriff „Weimar“
Mit dem Warnruf „Weimar“ wird auch im 21. Jahrhundert noch die angeblich notorische Unzuverlässigkeit der deutschen Bevölkerung in politischen Fragen erklärt. Dabei haben damals die politischen Institutionen versagt, allen voran das Staatsoberhaupt Hindenburg, aber auch Reichsregierung und Reichstag. Justiz und Polizei sowieso, weil sie dem Treiben der Nazis ab 1933 tatenlos zugeschaut haben.
Es ist natürlich einfacher, für dieses Staatsversagen dem Pöbel die Schuld zu geben. Und so schützt sich auch 2017 noch die Elite – mit Parteienstaat und Massenmedien als Burgwall und Graben – vor dem Volk und verhindert bundesweite Plebiszite, die Direktwahl des Bundespräsidenten usw. Kaum verzögert sich, wie aktuell, die Regierungsbildung um ein paar Wochen, droht der Klassenlehrer den Kindern wieder mit dem Rohrstock: „Weimarer Verhältnisse“. Pfui! Mach das weg! Da gab es Minderheitsregierungen - und keine Betonkanzlerin.
Wo ist fundamentale Kritik am Staat erlaubt? Im Kabarett, denken wir z.B. an Sendungen wie „Die Anstalt“ oder an Menschen wie Pispers und Schramm. Das Publikum applaudiert begeistert – wählt beim nächsten Mal aber doch wieder die staatstragenden Parteien SchwarzRotGelbGrün. Das Kabarett hat daher eine Ventilfunktion, es ist kein Instrument der Aufklärung. Sollte ein Kabarettist wirklich frech werden, geben ihm die Massenmedien keine Plattform mehr. Notfalls jubelt man ihm ein paar Dateien mit Kinderpornographie unter oder macht ihn auf andere Weise öffentlich fertig.
Dann gibt es noch kleinere Publikationen und politische Gruppen, denen eine kritische Auseinandersetzung mit den „herrschenden Verhältnissen“ zugestanden wird. Überschreiten sie eine gewisse Schwelle der Massenwirksamkeit, richten sich die Augen des Verfassungsschutzes und der Justiz auf ihre Aktivitäten. Selbst Abgeordnete der harmlosen „Linken“ im Bundestag wurden schon observiert. Alles natürlich offiziell zum Schutz der Demokratie, in Wirklichkeit zum Schutz der Herrschaft, die mit dem Demos nichts zu tun haben will.
https://www.youtube.com/watch?v=EX2prYi2SQI
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