„Geld verdienen, sagte ich, kann man nur auf einen Haps. Ein Pferd, ein Bankraub, ein Buch; mehr braucht man nicht. Einmal im Leben muss genügen. (…) Darauf diente ich ihm spontan und unaufgefordert mit einer Erklärung, welche mein Werk betraf und Einblick gewährte in seine Ästhetik, seinen Dämon, seine Aussage, seinen Kummer und seine Freude, seine Dunkelheit, seine sonnenfunkelnde Klarheit.“ (Flann O’Brien: In Schwimmen-Zwei-Vögel)
„Nennt mich Ismael“, sagte der alte Mann mit brüchiger Stimme.
Sie saßen zu dritt auf einer Bank vor dem Seniorenzentrum Unkenpfuhl in Wichtelbach. Die Sonne schien auf ihre leberfleckigen, pergamenthäutigen und spindeldürren Finger, die Gehstöcke aus Nussbaum umklammert hielten.
„Einst befuhr ich die sieben Weltmeere auf einem Walfänger unter dem Kommando von Käpt’n Ahab. Aber das Glück war uns nicht lange hold und das Schiff sank. Als Schiffbrüchiger wurde ich vor dem sicheren Tod gerettet.“
„Du bist sicher nie wieder zur See gefahren“, sagte Oliver, der links neben ihm saß.
„Ich war traumatisiert und habe in Boston eine Therapie gemacht. Danach habe ich als Kellner, Automechaniker und Verkäufer gearbeitet. Aber später zog es mich doch wieder zurück aufs Meer. Ich habe eine Umschulung in der Tourismusbranche gemacht und arbeitete auf einem Schiff, das mit Touristen aus aller Welt vor Nantucket rumgeschippert ist. Whale Watching war ein Riesending und ich war jeden Abend wieder zu Hause.“
„Ich habe auch eine Umschulung gemacht“, sagte K, der rechts von Ismael saß. „Ursprünglich war ich Landvermesser. Aber als ich in das Dorf kam, musste ich feststellen, dass gar kein Landvermesser gebraucht wurde.“
„Was hast du dann gemacht?“ fragte Ismael.
„Ich bin natürlich zur Schlossbehörde, um mich zu beschweren. Das war gar nicht so einfach. Ständig kam irgendwas dazwischen. Frauen, Alkohol, merkwürdige Öffnungszeiten. Aber schließlich habe ich es doch noch geschafft. Ich wurde zum Versicherungsangestellten umgeschult und habe den Arbeitern im Dorf Unfallversicherungen verkauft. Das lief ganz gut.“
„Ihr habt ja ganz schön viel gearbeitet“, sagte der alte Oliver Twist und lächelte. „Nach meiner Zeit im Waisenhaus und der Adoption durch Mr. Brownlow habe ich als junger Mann eine schöne Frau kennengelernt. Eine junge Witwe mit Vermögen. Meine Story ist ja damals durch alle Zeitungen gegangen. Da gab es so viele Frauen, die mich trösten wollten, das glaubt ihr gar nicht. Zeitweise war ich mit zwei Frauen gleichzeitig verheiratet.“
„Alter Bigamist“, kicherte K.
„Ach was, ich bin doch gar nichts gegen den Mann da drüben“, sagte Oliver und deutete mit seinem Gehstock auf einen Mann, der über einen Weg im Park spazierte. „Das ist Felix Krull, der größte Betrüger im ganzen Altersheim. Nehmt euch bloß vor dem in Acht.“
„Neulich hat er Hank Chinaski, den alten Säufer, beim Kartenspiel ausgenommen“, pflichtete Ismael ihm bei. „Du kannst heute keinem mehr trauen.“
Die drei Männer nickten und schwiegen.
Martha and The Muffins - Echo Beach. https://www.youtube.com/watch?v=WNy8ePVkPVk
Zitat von Ibn Taymiyyah:
AntwortenLöschenVerlasse dich niemals zu sehr auf irgendwen, denn selbst dein eigener Schatten verlässt dich wenn es dunkel wird.
Don't depend too much on anyone in this world, because even your own shadow leaves you when you are in darkness.
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