Dienstag, 23. September 2014
Fundstück der Woche Reloaded
Es ist nicht zu fassen: Ich finde noch ein paar BASF Chromdioxid Musikkassetten, original in Plastikfolie eingeschweißt. Das war in meiner Jugend eine Art Währung wie amerikanische Zigaretten in der Nachkriegszeit. Die Teile müssen dreißig Jahre alt sein. Damals hat man sich Schallplatten von Freunden ausgeliehen und auf seiner Stereoanlage auf Kassette aufgenommen. Oder du hast sie jemandem mitgegeben und einige Tage oder Wochen später mit Musik zurückbekommen, die dir gefallen hat oder die jemand anderem gefallen hat, der gehofft hat, dass sie dir auch gefallen würde. Ich weiß gar nicht, ob die Kassetten noch brauchbar sind. Gibt es da ein Mindesthaltbarkeitsdatum? Aber ich wüsste auch nicht mehr, welche Handgriffe ich machen müsste, um eine Kassette zu – bespielen, mit Musik zu füllen? Welche Worte hat man damals eigentlich benutzt? Sagte man: „Ich überspiele das auf Kassette“ oder täusche ich mich da?
Der Kassette beigelegt waren zwei Aufkleber, die auf die beiden Seiten der Kassette geklebt wurden und die den Titel der LP oder den selbstgewählten Titel deines persönlichen Mix enthielten. Es gab Musiksammlungen auf zweimal fünfundvierzig Minuten (die zwei Seiten einer handelsüblichen Neunzig-Minuten-Musikkassette), die nur für Autofahrten gedacht waren, nur für eine bestimmte Frau, nur für eine bestimmte Stimmung, oder die nur auf eine bestimmte Musikrichtung oder ein Zeitalter beschränkt waren. „Der ultimative 80er-Mix“ oder der „Turn on, tune in, drop out-Mix“. Die Kassette war in einer aufklappbaren Kunststoffbox, die ein unbeschriebenes und liniertes Stück Pappe enthielt. Hier hat man die Namen der Lieder handschriftlich eingetragen und manchmal habe ich auch mit Kugelschreiber ein Bild auf diese Fläche gemalt, um meinen Kassetten ein individuelles „Coverdesign“ zu geben, wie man es von Schallplatten kannte.
Musikkassetten kosteten damals drei oder vier Mark, eine brandneue Schallplatte um die fünfzehn Mark. Es gab dir die Möglichkeit, deine Plattensammlung günstig zu erweitern. Zwei Platten passten auf eine Kassette – und man konnte die Musik im Zweifelsfall immer wieder mit einer anderen Platte überspielen. Die neuesten Hits hat man sich auf diese Weise aus dem Radio gesaugt, getauscht und später wieder gelöscht. Mit dem Internet ist alles noch viel einfacher geworden. Die Musikkassette aus den 1980er Jahren, die ich gerade in der Hand halte, ist wie ein Faustkeil aus der Steinzeit.
P.S.: Schlagzeile des Tages: „Friedensnobelpreisträger zieht in den Krieg“.
John Lee Hooker - One bourbon, one scotch, one beer. http://www.youtube.com/watch?v=BIvka3SSv9Y
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