Es war mitten in der Nacht, als
mich ein gewaltiger Lärm aus dem Schlaf riss. Ich ging ans Schlafzimmerfenster
und wurde von einem gigantischen Blitz geblendet. Was war geschehen? Ich zog meine
Jacke und meine Stiefel an und ging hinaus. Mein Haus steht weitab von jeder
Siedlung auf einer Lichtung im Wald. Hinter den Bäumen sah ich ein blaues Licht.
Ich beschloss, mir die Sache näher anzusehen.
Dort stand ein Raumschiff, das
entfernt an den Millennium-Falken erinnerte. Leichter Nebel umgab das Schiff.
Eine Rampe wurde heruntergelassen und ein Mann kam auf mich zu. Er trug ein
blaues Uniformhemd und schwarze Hosen. Seine Ohren waren so spitz wie die Ohren
eines Wüstenfuchses. Hatte ich ihn schon einmal gesehen? Aber mir fiel der Name
nicht ein.
„Ich bin gekommen, um dir die
Zukunft zu zeigen, Bonetti.“
„Warum gerade mir?“
„Weil du der wertvollste lebende
Mensch bist, von überragender Intelligenz und mit großer medialer Reichweite.“
Was hätte ich sagen sollen? Die Leserzahlen
lügen nicht.
Er zeigte mir sein Raumschiff. Am
Steuer saß ein fischköpfiger Mann, der immer wieder rief: „Es ist eine Falle.“
Am meisten beeindruckte mich die Traummaschine. Sie konnte Gedanken lesen und
meine Wünsche in die Realität umsetzen. Ich hatte noch nie so gutes Bier
getrunken und die Kalbsbäckchen mit Semmelknödel schmeckten phantastisch.
Eigentlich war ich nicht sicher, ob ich noch ein Tiramisu schaffe, aber es kam
trotzdem – und ich schaffte es.
Dann flogen wir durch ein
schwarzes Zeitloch ins Jahr 3024. New New York. Es gab dort weder
Straßenverkehr, U-Bahnen oder Flugzeuge. Man stieg in eine Art Telefonzelle,
gab das Ziel ein und wurde augenblicklich teleportiert. McDonald’s gab es immer
noch, aber das Essen war virtuell. Man hatte immer noch das Gefühl und den
Geschmack, einen Hamburger und Fritten zu essen, aber die Mahlzeit kam nie im
Magen an. Das Spitzohr erklärte mir, die Ernährung würde in den Häusern über
sogenannte Nährstoffduschen funktionieren, die alle nötigen Stoffe sofort in
den Magen transportierten.
Politische Parteien und
Parlamente gab es nicht mehr. Es gab ein Steuerungssystem, das den ganzen Laden
am Laufen hielt. Es wurde von einem dezentral organisierten Netzwerk von
KI-Einheiten kontrolliert. Umweltschutz und Klimawandel waren kein Thema mehr,
weil die Nährstoffe künstlich in unterirdischen Fabriken hergestellt wurden.
Die Natur wucherte überall wie blöde. Da nur noch sehr wenige Menschen Bock auf
nervtötende Kinder hatten, war die Menschheit auf eine Milliarde Individuen
geschrumpft. Jeder arbeitete in dem Job, auf den er Lust hatte. Den Rest
erledigten Maschinen. Daher waren dreißig Prozent der Leute Künstler und
fünfzig Prozent Boss von irgendwas. Der Rest lag im Bett. Ich beschloss zu
bleiben, obwohl ich nicht wusste, wie ich in einer Welt ohne Geld als
Geldeintreiber glücklich werden könnte.
Der letzte Absatz klingt ganz verdächtig nach einem Lob des Kommunismus. Sehn Sie sich bloß vor, Sie alter Salonbolschewist!
AntwortenLöschenIm Ostblock hat die KI regiert und jeder machte, wonach ihm gerade war? Das habe ich anders in Erinnerung ;o)
LöschenKommunismus im Ostblock? Den gabs dort nicht, das wär mir sonst bestimmt aufgefallen.
AntwortenLöschenGab's den überhaupt mal in der Praxis? Ich meine außerhalb von Kreuzberger WGs in den 70ern.
LöschenUnd im Bett meiner Wohnhöhle im Prenzlauer Berg, Hinterhaus, 18 qm, Ofenheizung, Klo eine halbe Treppe tiefer, in den wilden frühen 1990ern, wenn ich mir gelegentlich mal einen gleichberechtigt-flotten Dreier (allerdings frauenfrei, ich gebs zu, ich muss nicht von allem haben) gegönnt habe. Sonst praktisch wohl eher nicht, stimmt. Vielleicht im Neandertal? Die Neandertaler*innen scheinen neben der Zubereitung von Mammut-Carpaccio jedenfalls irre viel Zeit für Bildende Kunst gehabt zu haben, wenn man die Masse der Höhlenmalereien in Betracht zieht.
Löschen