Mittwoch, 9. Oktober 2024

Bonetti’s Contrary Opinion


Einer von Dutzenden öffentlich-rechtlichen Sendern soll dichtgemacht werden: 3sat. Das Geheule der Kulturszene ist groß. Arte und 3sat sollen fusionieren. Ein Verlust für alle Menschen, die sich für Intellektuelle halten, wenn sie abends aus dem Büro nach Hause kommen, und als Student fünfeinhalbmal im Theater gewesen sind. Ich spiele mal den Advocatus diaboli und frage: Wirklich? Sehen Wir uns das aktuelle Programm mal an.

„Schweizer Hundegeschichten“, „Spektakuläre Bergbahnen“, sinnlose und kommentarfreie Kameraschwenks mit Volksmusikgedudel namens „Alpenpanorama“, ein Bericht über Eintöpfe aus dem Odenwald („Hessen a la carte“), eine Reportage über das Leben der Bergbauern, „Traumschlösser und Ritterburgen“, abends und am Wochenende immer nur Wiederholungen von uralten Spielfilmen und Fernsehproduktionen der großen öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Am Sonntag läuft zum Beispiel „Charleys Tante“ mit Peter Alexander in Frauenkleidern Konsequenz: 1,4 Prozent Marktanteil.

Es gibt auch Eigenproduktionen wie „nano“ und „Scrobel“. Ich selbst schaue mir nur „Till Reiners‘ Happy Hour“ an. Ansonsten ist es eine Mediathek für alte Menschen, die zu blöd sind, die echten Mediatheken der Öffis zu nutzen. Redakteure, die wirklich Sendungen produzieren, werden vermutlich weiterbeschäftigt. Ein Teil des Verwaltungswasserkopfs auf dem Lerchenberg verschwindet. Eine von diesen Witzblattfiguren kannte ich früher persönlich. Als freier Mitarbeiter war er für die Zeitplanung zuständig. Das kann heutzutage auch ein Computerprogramm. Schließlich ist die Länge jedes Beitrags auf die Sekunde genau bekannt. Und würde eine Sendung in diesem verstaubten Medienkeller eine Minute später anfangen, wäre es auch egal.

Ich sage: Zieht 3sat den Stecker. Und bringt endlich mal echte Kultursendungen. Was mich an „ttt“ oder „aspekte“ am meisten stört: Ein Großteil der Sendezeit geht dafür drauf, dass die Kulturredakteure ihren ganz persönlichen Senf zur politischen Lage zum Besten geben. Lasst es bitte bleiben. Dafür gibt es die Nachrichtenredaktionen und das Korrespondentennetz. Oder die Printmedien und ihre Online-Präsenzen. Wer völlig orientierungslos ist, liest einfach Bonetti.

 

12 Kommentare:

  1. So is´et! Kein Verlust! Runter mit den Zwangsgebühren!

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    1. Mein Dönerladen hat den Preis für einen Döner von 6,50 auf 6 € GESENKT. Das werden wir beim ÖRR nie erleben. Das meiste Geld wird für die Verwaltung ausgegeben, nicht fürs Programm. Die nächsten Gehaltserhöhungen müssen ja finanziert werden.

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  2. Zwei öffentlich-rechtliche Kanäle reichen völlig aus, finde ich: Fernsehen der BRD 1 und 2. Für die Orientierung im stellenweise doch recht unübersichtlichen Gelände rund um den Busen der Kultur empfehle ich die zusätzliche Einrichtung von Bonetti TV.

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  3. Die Herdenschutzhunde in den "Schweizer Hundegeschichten" fand ich super ...

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  4. Ich verstehe sowohl deinen Standpunkt als auch den derjenigen, die möchten, dass 3sat erhalten bleibt. Ich schaue nicht viel 3sat, mir wäre das also prinzipiell egal. Ich finde die Idee, es mit Arte zu fusionieren allerdings schwierig, weil es zwei Sender mit unterschiedlicher Ausrichtung sind und arte durchaus das - subjektiv von mir so empfundene - breiter aufgestelltere und internationalere Programm hat während 3sat sich auf deutschsprachige Länder konzentriert. Ich fände es schade, wenn es durch eine Fusion da Abstriche bei Art geben würde und irgendeine Ummodellei müsste da ja passieren.

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    1. Im Idealfall gibt es weniger Wiederholungen und mehr Eigenproduktionen. "Kulturzeit" von 19:20 bis 20 Uhr ist zum Beispiel eine sehr gute Sendung bei 3sat, die ich mir auch bei arte gut vorstellen kann. Aber die vielen Natur-Dokus und Reise-Geschichten gehen mir auf den Nerv.

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    2. Geht mir genauso. Ich hasse die Natur fast so sehr wie das Reisen. "Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen." Oder?

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    3. Dass die Naturdokus Leuten was geben verstehe ich. Die Reisegeschichten bräuchte ich nicht, aber ich bin nicht die Zielgruppe und das Publikum in Österreich und der Schweiz steht vielleicht drauf.

      "Kulturzeit" kann ich mir bei ARTE auch vorstellen, aber ich hoffe, die internationalen Serien und die Kurz- und Arthousefilme sowie das queere Programm von ARTE würden einer Zusammenlegung nicht zum Opfer fallen.

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    4. @anonym 7:43

      Das stille Verweilen im eigenen Zimmer habe ich zur Kunstform erhoben. Mal liege ich, mal sitze ich, dann liege ich wieder :o)

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    5. Ich darf an dieser Stelle unseren verehrten Bundeskanzler zitieren, lieber Herr Bonetti: Wir sind da auf einem guten Weg!

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