Samstag, 2. Dezember 2023

Everything is hunky-dory

 

Lanz: Guten Abend, Herr Bonetti. Schön, dass Sie für uns Zeit gefunden haben. Sie sind ja ein vielbeschäftigter Mann.

Bonetti: Ja, zurzeit habe ich viele Sitzungen.

L: Können Sie uns mehr verraten?

B: Ich lasse gerade ein Porträt anfertigen, ein Ölgemälde, zweimal zwei Meter. Jeden Tag sitze ich drei Stunden vor dem Maler und darf mich nicht bewegen.

L: Was haben Sie mit dem Porträt vor?

B: Ich stelle es dem Louvre zur Verfügung. Es wird neben der Mona Lisa hängen.

L: Was motiviert Sie zum Schreiben. Ist es Ihre tiefe Zuneigung zu den Menschen?

B: Stellen Sie sich ein Mietshaus vor. Sie öffnen die erste Tür. Ein Flur mit Garderobe. Dann gibt es ein Zimmer mit einem Bett und einem Kleiderschrank. Ein Bad, eine Küche. Am Ende des Flurs gibt es ein Zimmer mit einem Sofa, einer offenen Schrankwand und einem Fernseher. Gehen Sie in die anderen Wohnungen. Sie sehen alle gleich aus. Es gibt nur marginale Abweichungen. Die einen haben eine Clownspuppe mit aufgemalter Träne, die anderen ein Poster mit den zerfließenden Uhren von Dali.

L: Was wollen Sie uns damit sagen?

B: Die Menschen leben alle gleich, wie Ameisen. Es sind geheimnislose Wesen. Im Grunde genommen ist es Zeitverschwendung, über Menschen zu schreiben.

L: Das klingt sehr misanthropisch.

B: Ein Zyniker ist ein enttäuschter Idealist. Ich glaube, ich habe das mal geschrieben. Früher dachte ich, hinter jedem Fenster gibt es ein Geheimnis, hinter jeder Tür eine Geschichte. Aber ich habe gelernt, dass es sich nicht lohnt anzuklopfen.

L: Was raten Sie Ihren Kindern Mandy und Sandy, Randy und Brandy? Sollen Sie ebenfalls den steinigen Weg der Hochkultur einschlagen wie ihr berühmter Vater?

B: Nein, ich hoffe, sie gehen einen anderen Weg. Hochfinanz, Hochseilartist oder einfach Hochnäsigkeit. Sie erben ein Vermögen. Eigentlich müssen sie nicht arbeiten. Und sie sollten es auch nicht, es lohnt sich nicht, wenn man genügend Geld hat.  

L: Was sind Ihre weiteren Pläne?

B: Silvester in New York und Karneval in Rio.

L: Herr Bonetti, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

B: Gerne.

L: Bleiben Sie doch noch einen Augenblick, mein nächster Gast ist Richard David Precht.

B: Nein, ich muss zum Flughafen. Ich habe einen Privatjet zu erreichen.

 

2 Kommentare:

  1. Aus den geheimen Gesängen Monalinski2. Dezember 2023 um 14:21

    Vers 17 Null Vier
    Allwissender, allgegenwärtiger, allmächtiger, Bonetti,
    höchstes Wesen, großes Gewissen, glorreich, gesegnet, erleuchtet,
    Abbild der Vollkommenheit,
    das alles sehende Auge,
    die Antwort auf alle unsere Fragen,
    und ewige Quelle der sinnlosen Nörgeleien,
    der komplexen Diskussionen über die Bedeutung der letzten Folge von 99 Luftballons,
    darüber,ob das Licht im Kühlschrank wirklich ausgeht, wenn wir die Tür schließen,
    genialer Erfinder von allem, was unsere Augen sehen und unser Geist sich vorstellen kann,
    von der größten Wichtelbacher Kartoffel bis zum kleinsten subatomaren Pizzakrümmel,

    Höre meine Worte:

    "DU SOLLST KEINES DEINER BILDER NEBEN MIR AUFHÄNGEN!"

    Louvre, am heutigen Tage gezeichnet
    Monalinski

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