Donnerstag, 23. März 2023

Eine Frage der Haltung

 

Pazifismus lässt sich eigentlich sehr einfach definieren: Als Pazifist lehne ich jede Form von Gewalt zur Durchsetzung von Interessen ab und bin gegen den Krieg als Mittel der Politik. 1984 habe ich den Kriegsdienst verweigert und dem Kreiswehrersatzamt meine schriftliche Begründung geschickt. Was mir als persönliche Haltung seit frühester Jugend klar gewesen war, hatte ich zum ersten Mal systematisch in Schriftform dargelegt.

In meiner Familie hatte es etliche Tote im Zweiten Weltkrieg gegeben, die Familie meiner Mutter verlor ihre schlesische Heimat und der Atomkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion schwebte damals wie ein Damoklesschwert über uns allen. Ich war selbstverständlich ebenso gegen den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan 1979 wie gegen den Einmarsch der US-Truppen in Grenada und Panama in den achtziger Jahren. Ich verurteilte Saddam Husseins Angriffskriege gegen den Iran und Kuwait ebenso wie die amerikanischen Angriffskriege gegen Afghanistan und den Irak. Serbiens Kriege gegen Kroatien und Bosnien-Herzegowina fanden ebenso meine Ablehnung wie das NATO-Bombardement Serbiens.

Genauso klar war meine Haltung jedoch auch bezüglich des Widerstands gegen Aggressoren. Ob es die französische Resistance oder die Partisanen auf dem Balkan, ob es die Mudschaheddin oder die Kurden waren, alle hatten und haben das Recht, sich zu wehren. Niemand soll sich widerstandslos in die Sklaverei oder zur Schlachtbank führen lassen. Auch das gehört zum Pazifismus dazu: das Recht, für seine Freiheit oder um sein Leben zu kämpfen, wenn er angegriffen wird.

Man kann also nicht gleichzeitig Pazifist und Putinist sein. Pazifisten lehnen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ab. Entweder man steht zu dieser Haltung oder man ist Bellizist. Da helfen auch keine windschiefen rhetorischen Konstruktionen und Wortklaubereien. Wer den Krieg und seinen Verursacher verherrlicht, hat von Frieden und Ethik zu schweigen. Und wer einen russischen Massenmord mit einem amerikanischen Massenmord rechtfertigt, verdient unser aller Mitleid.

 

12 Kommentare:

  1. Ich krieg mittlerweile Pickel von: "Wer Waffenlieferungen an die Ukraine befürwortet, der ist ein Kriegstreiber mit Waffenfetisch, der unter Kriegsgeheul gen Moskau marschieren will und Russland von der Landkarte tilgen will!" Ehrlich, wer kann das noch ernstnehmen?
    Außer buddhistschen Mönchen sind die einzigen wahren Pazifisten angeblich die Amish: Wenn ein Amish umgebracht wird, dann wird er sich nicht wehren, sondern das als unergründlichen Ratschluss Gottes akzeptieren (mehr dazu hier hier).

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    1. Nicht zufällig sind die Vulgär- und Gelegenheitspazifisten dieselben Leute, die vorher Corona geleugnet und Deutschland zur Diktatur erklärt haben.

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  2. .....was mich eigentlich immer erstaunt, ist das Gerede von der Angst vor einem Atomkrieg....ich kann mich nicht erinnern, jemals davor in Angst erstarrt zu sein (Jahrgang 1952,,,

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  3. Drei der vier Abschnitte kann ich vollauf zustimmen.
    Zum ersten Abschnitt: Ich kann mein angegriffenes Land nur dann verteidigen, wenn ich das Kriegshandwerk erlernt - also Militärdienst geleistet habe.

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  4. Klassenkamerad Zhang24. März 2023 um 13:47

    Kiezschreibers Pazifismus: Hehre Worte in Klein-Bloggersdorfer Tuffstein gemeißelt. Was fehlt, ist die Forderung wie der Traum vom "ewigen Frieden" zu realisieren ist:

    Umfassende Abrüstung! Weltweit! Radikale Kriegsdienstverweigerung!

    @ den Großkommandeur der Schweizer reitenden Gebirgsmarine A.H.

    Wenn kein Mensch das "Kriegshandwerk" lernt und auch ALLE radikal den Kriegsdienst verweigern, stehst Du einsam auf deinem Bergeszipfel und darfst Löcher in deinen Käse kanonieren.

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    1. Der Traum vom ewigen Frieden ist genau das: ein Traum. Leider.

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    2. @Baachspouzer
      Mal nennt er sich "Comrade" manchmal "Ahadaschaurija" oder auch "Mitzerl" .
      https://hobbybl.blogspot.com/2021/09/wolfsspinne-oder-der-undankbare-genosse.html

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  5. Widerstand gegen Aggressoren, hm............
    Habe mal gelesen, aber man liest ja so viel heutzutage, wie Ukrainer Russen in ein Haus, hier das Gewerkschaftshaus in Odessa, getrieben haben, das Haus angezündet und die Feuerwehr am löschen gehindert haben.
    Das hat man zuletzt von deutschen Fallschirmjägern bei der Partisanenbekämpfung in Italien gehört.
    Auch wurden im Donbass nicht wenige Russen mit Kanonen oder ganz banal mit der Knarre einfach umgebracht weil Sie Russen waren. Seit über 10 Jahren.
    "das Recht um sein Leben zu kämpfen"
    Wie Sie so schön schreiben.
    Aber in einem Land, in dem schon bewohnte Asylantenheime angezündet wurden, umringt von einem johlenden Mob, sieht man so etwas vielleicht anders.

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    1. Wer hat den Krieg im vergangenen Jahr angefangen? Täter-Opfer-Umkehr auf Stammtischniveau. Mit der Nummer sind Sie bei der AfD oder Flatter bestens aufgehoben.

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  6. Antworten
    1. Er hat natürlich auch nichts von der Besetzung der Krim und Teilen des Donbass 2014 gehört ;o)

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