Berlin hat endlich wieder ein
Tacheles. Das erste stand in der Oranienburgerstraße, Ecke Friedrichstraße und
war ein ehemaliges Kaufhaus. Das neue Tacheles ist auch ein ehemaliges
Kaufhaus. Im KaDeWe haben jetzt Künstler ihre Ateliers eingerichtet. Tag und
Nacht schlendern hunderte junge Leute durch die Stockwerke, sehen sich
Skulpturen, Videos und Bilder an, diskutieren, lachen und trinken Rotwein.
Die Generation Z hat es mit
Arbeitsverweigerung, Quiet Quitting und Ablehnung von Karriere und Konsum
vorgemacht. Die Generation A hat diesen Trend fortgesetzt und setzt
ausschließlich auf Basic Needs. Einfache Mahlzeiten ohne Fleisch,
Leitungswasser und ein Zimmer pro Person. Die Alten haben die Innenstadt
verlassen, die Unternehmen haben aufgegeben oder ihre Produktion nach Asien
verlagert. Arbeitskräftemangel und fehlende Innovationen haben zu einer
Deindustrialisierung der deutschen Hauptstadt geführt.
Von Brandenburger Bauern kaufen
sie Getreide und backen ihr Brot selbst. Butter, Obst und Gemüse kommt
ebenfalls aus dem Umland. Berlin ist Avocado-frei. Es leben nur noch zwei
Millionen Menschen in der Stadt. Die Mieten sind spottbillig, es gibt viel
Leerstand und hunderte besetzte Häuser. Armut ist der Alltag. Die Reichen leben
in ihren Villen im Grunewald oder sind nach Baden-Baden gezogen. Der Bundestag
ist wieder in Bonn. Es ist wie damals in West-Berlin. Wer keinen Bock auf
Kapitalismus hat, kommt in diese Stadt.
Es gibt überall wieder jede
Menge Lofts für Künstler aus aller Welt. Die Industriebrachen ziehen Musiker
und Maler, Dichter und Denker an. In den leerstehenden Filialen von Deichmann
und McDonald’s sind jetzt Off-Theater und Kaffeehäuser, Bars und Clubs,
Fahrradläden und kleine Handwerksbetriebe. Kinder werden in
Nachbarschaftsgruppen von Eltern unterrichtet. Wegen Nachwuchsmangel und
ausbleibenden Steuerzahlungen haben Polizei und Verwaltung die Zahl der
Beschäftigten auf ein Minimum reduziert. Berlin 2050. Ich bin gekommen, um zu
bleiben.
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