Sonntag, 11. Mai 2025

Was wurde eigentlich aus … dem Klimawandel?

 

2018/19 war Klimawandel das große Thema. Greta Thunberg stieg zum Öko-Star auf, die Jeanne d’Arc der Klimaschützer. Vielfliegerin Luisa Neubauer leitete den deutschen Fanclub. Höhepunkt war Gretas Rede vor der UN im September 2019 („Make America Greta Again“). Nicht nur die menschliche Zivilisation, sondern der gesamte Planet stand vor dem Untergang. Industrie und Konsum wurden geächtet. Das geheime Netzwerk der globalen Oligarchie, die kapitalistische Hydra reagierte und setzte einen Virus frei, der die Welt in Atem halten sollte. Covid-19 bestimmte 2020/21 die Schlagzeilen und unseren Alltag. Bis zwei türkische Gastarbeiterkinder aus Mainz die Geißel der Menschheit, die der Leviathan entfesselt hatte, mit einem Impfstoff stoppten. China hatte geliefert, jetzt musste Russland ran. Anfang 2022 begann der Ukrainekrieg, Deutschland hatte eine Energiekrise, es folgte eine hohe Inflation und Aufrüstung war plötzlich das Gebot der Stunde. Seither ist es still ums Klima geworden, obwohl es immer noch da ist.

Meine Generation ist mit Waldsterben und Umweltschutzbewegung aufgewachsen. Als die Partei der Grünen gegründet wurde, war ich 14. Wir waren damals alle überzeugt, dass wir es besser machen würden als die gedankenlosen Generationen vor uns. Jetzt bin ich alt und grau, der Rest meiner Generation auch, und ich muss sagen: Wir haben es grandios verkackt. Und ich blicke auf die jungen Menschen und sehe: Ihr verkackt es gerade genauso. Wir haben in unseren Bemühungen, nachhaltiger zu leben, nur an der Oberfläche des Problems gekratzt. In manchen Bereichen sind wir sogar schlimmer als unsere Vorfahren. Ich habe mehr Flugkilometer auf dem Buckel als mein Vater und mein Großvater ist nie geflogen. Wir kaufen bergeweise Klamotten, die aus dem Fernen Osten zu uns transportiert werden müssen. Wer von uns hat je eine Socke gestopft? Wir führen alle das falsche Leben.

„Aber was ist mit den E-Autos?“ fragt Holgi, der gerade zu Besuch ist, und sieht mich mit seinen großen Kulleraugen an. Sein bloßer Anblick erzeugt in mir Gewaltphantasien, die Welle für Welle mein Schmerzzentrum erreichen.

„Auch E-Autos sind Industrieprodukte. Die Batterien kannst du nicht einfach in die Bio-Tonne werfen. Selbst wenn alles recycelt wird, kostet das Unmengen an Energie. Das Problem ist der Individualverkehr. Warum muss jeder ein Auto haben? Ein erster Schritt wäre die Abschaffung des kompletten Privatverkehrs und der massive Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Alle fünf Minuten kommt ein Bus, in dem dann fünfzig Menschen sitzen, statt mit fünfzig Autos die Straßen zu verstopfen und gigantische Parkplatzflächen zu verbrauchen. Die Leute fahren eine halbe Stunde, um eine Stunde im Wald spazieren zu gehen, und fahren dann wieder eine halbe Stunde zurück. Sie merken gar nicht, dass ihr Verhalten nicht gut für den Wald ist. Im zweiten Schritt sollten wir uns fragen, ob wir überhaupt so mobil sein wollen. Wozu verreisen? Warum nicht zu Fuß in der näheren Umgebung unterwegs sein? Warum nicht einfach mal mit dem Arsch zuhause bleiben?“

„Aber was ist mit erneuerbaren Energien? Das ist doch ein Fortschritt.“

„Auch Windräder und chinesische Solarzellen sind Industrieprodukte, Holgi. Hier stellt sich ebenfalls die Grundsatzfrage: Warum brauchen wir überhaupt so viel Energie? Wozu ist die Welt nachts hell erleuchtet? Wir könnten auch einfach ins Bett gehen, wenn es dunkel wird. Notfalls kann man sich am Abend auch um eine Kerze versammeln. Brauchen wir Handys, Computer, Fernseher und die vielen elektrischen Haushaltsgeräte wirklich? Brot, Wurst und Marmelade muss man nicht heiß machen. Man isst von einem Holzbrett und wäscht anschließend das Messer im Waschbecken des Badezimmers. Es müssen im Winter auch nicht 23 Grad in der Wohnung sein. Wofür gibt es Pullover? Solange man den eigenen Atem nicht sieht, ist es warm genug.“   

„Immerhin verbrauchen wir weniger Plastik.“

„Die Bemühungen sind an diesem Punkt wirklich rührend. Ja, es gibt keine Plastiktüten mehr im Supermarkt. Früher habe ich meinen Müll immer in diese Tüten geworfen. Jetzt kaufe ich fünfzig Plastikmülltüten und bringe sie in meiner Stofftasche nach Hause. Es gibt Papierstrohhalme, die in Plastik verpackt sind, auch Bio-Gemüse ist mit einer Plastikfolie überzogen. Die Deckel lassen sich nicht mehr von den Plastikflaschen abschrauben, sind aber immer noch aus Plastik. Man greift sich an den Hintern, weil der Kopf zu schade ist.“

„Was kann ich denn tun, um den Klimawandel aufzuhalten?“

„Geh zu Obi, kauf dir einen soliden Strick und dann hängst du dich einfach auf. Die Natur wird es dir danken. Wir werden uns nicht ändern und wir werden unseren Lebensstil niemals in Frage stellen.“

 

14 Kommentare:

  1. ... eine Mundharmonika! Schnell eine Mundharmonika — sofort! Bonetti hat den Blues.
    ein Freund

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  2. @Freund Bonettis
    Unser junger Author hat jederzeit rezeptfreie Stimmungsaufheller in Reserve.

    Übrigens teile ich seine Beobachung, dass über den Klimawandel kaum noch jemand spricht. Das macht mich stutzig.

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    1. Moooment. Ich habe meinen Hausarzt inzwischen soweit, dass ich den Rotwein auf Rezept bekomme. Warum "Sterbehilfe" auf dem Rezept steht, erschließt sich mir nicht.

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    2. Ja, die Kasse zahlt nur den billigsten Wein. Für einen Margaux musst Du kräftig zuzahlen.

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    3. Übrigens stelle ich mir Kammerflimmern nach drei Flaschen Pomerol als die ideale Form vor, um diese Welt zu verlassen.

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    4. Nur bekomme ich nach drei Flaschen kein Kammerflimmern, sondern Durst. Ich habe mich mal auf 3,5 Promille upgegradet, aber ich landete in der Intensivstation und nicht auf dem Friedhof.

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  3. Wie ein alkoholkranker Indianerhäuptling einst treffend bemerkte: Wenn ihr erst die letzte Flasche Rotwein geleert habt, dann werdet ihr merken, dass man Wasser nicht trinken kann.

    PS.
    Demnächst in der ZDF-Sendereihe "Das war dann mal weg": der Klimawandel ("Die Reihe spürt Dingen nach, die früher einmal unseren Alltag bereichert haben, genial und unverzichtbar erschienen"). Sic transit gloria mundi.

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    1. Auch das Thema Miederwaren oder der aktuelle Droschkenkutscherstreik in Finsterwalde finden in den Medien keine Beachtung.

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    2. Ich fürchte, solange es immer noch genügend Menschen gibt, an deren Anogenitalregion nur bunt bedrucktes, beduftetes Plüschpapier ran darf und nicht etwa braunes Recyclingpapier, wird das mit dem Umweltschutz reine Makulatur bleiben. Selbst bei solch' einfachen Dingen kennt der Bürger kein Einlenken. Freies Luxuswischen für freie Bürger, und so.

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    3. Es ist hoffnungslos. Zum Glück bin ich alt und habe keine Kinder. Von daher: Scheiß doch die Wand an :o)

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    4. Wir sind viel zu verweichlicht. Wozu überhaupt Klopapier? Die alten Römer haben Wurzelbürsten genommen, und eine russische Feldärztin soll im WKII mal gesagt haben, dass solch Papier überflüssig ist, da ein gesunder Soldatenschließmuskel die Wurst sauber resp. rückstandsfrei abkneift. Wir müssen wieder kacktüchtig werden!

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    5. Richtig. Benutzen Fuchs und Hase Klopapier? In Stalingrad gab es weniger Klopapier als in meinem Supermarkt während der Pandemie. Damals hat eine Schulfreundin vorgeschlagen, man solle Waschlappen benutzen, die man hinterher gründlich auswäscht. Das ist der Spirit!

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  4. "die man hinterher gründlich auswäscht".
    ... geht auch ohne ihr Sissies.
    hart drauf, der Freund

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    1. Einfach in die U-Hose drücken und ignorieren. Meine Meinung!

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