Mittwoch, 25. Oktober 2023

Mundwerk hat goldenen Boden


Blogstuff 854

„Der Antisemit muss nicht über den Juden nachdenken, aber er will. Der Jude will nicht über den Antisemiten nachdenken, aber er muss.“ (Alexander Estis)

Mauerbau, Mauerfall, erst hü, dann wieder nicht hü – so ist Berlin.

Ich klingelte und eine Frau öffnete die Tür. Sie hatte den sanften Braunton, der mich an einen mehrwöchigen Karibikurlaub denken ließ, war elegant verkleidet und quietschte leise, als ich sie weiter öffnete.

Andy Bonetti ist von der Firma Lego offiziell mit dem Titel „Lord Brickmaster“ ausgezeichnet worden, weil es ihm gelungen ist, die als undarstellbar geltenden Gedichte von Baudelaire nachzubauen.

Bei „Tempo“ sind jetzt nur noch neun statt zehn Taschentücher im Päckchen.

Ich habe es niemandem erzählt, aber ich trage die Imitation einer Hundert-Euro-Uhr.

Der Weg nach unten ist steiler als der Weg nach oben. Ich hatte eine Wohnung, aber keine Adresse. Durch die offene Einfahrt ging ich in den Hinterhof und dann hinunter in den Keller. Am Ende einer Reihe von Verschlägen, die aus grauen Latten zusammengenagelt waren, war eine Stahltür. Sie führte in einen großen quadratischen Raum, in dem ich lebte. Früher hatte er als Kohlenkeller gedient, bevor auf Fernheizung umgestellt wurde. Das Schloss hatte ich ausgetauscht und die Stromleitung des Lichtschalters angezapft. Ich hatte einen kleinen Kühlschrank, eine Kochplatte und ein Notebook. Die Möbel, einen Tisch, einen Stuhl, eine Europalette, auf der meine Matratze lag, waren vom Sperrmüll. Ich hatte zwei Stangen an die Wand geschraubt, auf denen meine Klamotten hingen. Ein langes, schmales und vergittertes Fenster sorgte für Licht und Luft. Den Abfluss, der im Boden eingelassen war, diente mir als Pissoir. Für große Geschäfte nutzte ich den nahegelegenen Park. Einmal im Monat duschte ich mich ausgiebig im Hallenbad. Meine Wäsche und mein Geschirr wusch ich in einem Zuber, im Keller gab es einen Wasserhahn mit Waschbecken. Sie vier Monaten lebte ich nun schon hier, niemand hat je an meine Tür geklopft. Keine Miete, keine Nebenkosten.

Am Viktoria-Luise-Platz gibt es das Ilse-Middendorf-Institut für bewusstes Atmen. Wahnsinn. Ich habe das bisher immer eher so nebenbei gemacht.

Es ist ein Wunder, dass sich Pasta und Pizza vor Jahrzehnten in Deutschland durchsetzen konnten. Heute würde sich eine neue Küche im innovationsfeindlichen Klima dieser Republik nicht mehr etablieren. Die AfD fordert sogar dönerfreie Zonen.

Auf der Klopapierverpackung von Zewa lese ich, dass es ein „Wohlfühl-‚PO’gramm“ gibt. Und wieder ist einer im Marketing durchgedreht.

Chinesen können ihr Schicksal in einem Keks lesen. Deutsche tappen immer noch im Dunkeln.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen