Ich hatte gerade mein
Philosophiestudium abgeschlossen und musste feststellen, dass in unserer Stadt
kein Philosoph benötigt wurde. Auf den Seiten diverser Jobbörsen im Internet
fand ich keine passende Stelle, doch eines Nachmittages sah ich am schwarzen
Brett meines Supermarkts folgende Anzeige: „Haushaltshilfe für leichte
Tätigkeiten gesucht. 1200 Euro im Monat.“
Ich ging noch am selben Tag zur
angegebenen Adresse und klingelte. Das Haus stammte aus der Gründerzeit und
hatte zwei Stockwerke. Als ich eine Weile gewartet hatte, klingelte ich ein
zweites Mal. Ich wollte gerade gehen, als die Tür endlich geöffnet wurde. Ich
blickte auf eine menschliche Wand, anders kann man es nicht sagen. Vor mir
stand ein Mann, der etwa drei Meter groß sein musste. Er beugte sein Haupt, um
durch die Tür sehen zu können.
„Kommen Sie doch herein“, sagte
er und trat zur Seite.
Ich schaute ihn fassungslos an. Er
trug einen weiten Umhang mit einem blauroten Blümchenmuster, der einmal eine
Gardine gewesen sein mochte. Seine Hände waren so groß wie Klodeckel und seine
Füße steckten in Kindersärgen, die mit Lederriemen bespannt waren.
„Ich habe eine seltene Krankheit“,
begann er. „Seit meiner Geburt wachse ich immer weiter. Inzwischen komme ich
noch nicht mal durch die Haustür. Eines Tages werde ich einen ganzen Raum
ausfüllen und muss durch das Fenster gefüttert werden.“
Er führte mich in sein
Wohnzimmer, wo eine Reihe Matratzen auf dem Boden lag. Unter großen Mühen legte
er sich hin.
„Ich brauche dringend Hilfe.
Würden Sie für mich arbeiten?“
Ich nickte. Er deutete auf den
Tisch, auf dem seine Brieftasche lag.
„Können Sie bitte für mich
einkaufen gehen? Ich habe schrecklichen Hunger.“
So begann alles. Ich kochte ihm
zwei Kilo Spaghetti und machte aus einem Kilo Hackfleisch und einer Flasche
Ketchup eine leckere Soße. Ich füllte alles in eine große Schüssel und rieb ein
halbes Kilo Käse darüber. Zum Nachtisch brachte ich ihm einen ganzen
Pfirsichkuchen.
Wenn ich morgens zu ihm kam,
hatte ich eine Tüte mit zehn Brötchen dabei, die ich mit Wurst und Schinken
belegte. Dazu trank er drei Kannen Kaffee. Ich nähte ihm aus Zelten, die ich in
einem Outdoorladen gekauft hatte, neue Umhänge und brachte seine Klamotten in
die Wäscherei.
Wir freundeten uns an und er
erzählte mir eines Abends bei einer Fünfzig-Zentimeter-Familienpizza vom Lieferdienst
von seinem Traum, ein Gegenmittel zu finden, das ihn wieder schrumpfen ließe.
Am liebsten wäre er so groß wie ein dreijähriges Kind. Dann trüge er kleine
Hemden und kleine Schuhe. Er würde nur noch winzige Kinderportionen essen und
den ganzen Tag durchs Haus rennen. Kleine Menschen könnten sich auch sehr gut
verstecken, während Riesen überall auffallen würden.
Ich lebe inzwischen in seinem
Haus und habe das ganze obere Stockwerk für mich, da er keine Treppen steigen
kann.
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