Sie
kannten sich seit vielen Jahren, hatten über soziale Medien regelmäßig Kontakt
und lasen gegenseitig ihre Blogposts im Internet. Jetzt wollten sie sich zum
ersten Mal „in echt“ treffen. Er war nervös. Was sollten sie miteinander reden?
Er kannte sämtliche Katastrophen und Todesfälle im Leben des anderen. Das
musste er in jedem Fall elegant umschiffen und für den Anfang nur Unverbindliches
zur Sprache bringen. Wo stand dieser Mann eigentlich politisch? Würde nach
einer Viertelstunde verlegenes Schweigen wie Blei über der peinlichen Szenerie
liegen? Er wollte ihn am Bahnhof seiner Heimatstadt abholen. Würden sie zu ihm
nach Hause gehen, wo er auf seine Frau treffen würde? Wäre er ein Fremdkörper,
ein unverschämter Eindringling ins häusliche Idyll? Sollte er ein Gastgeschenk
kaufen oder wirkte das spießig und antiquiert?
Mit
diesen Gedanken belastet ging er am Tag der Reise zum Bahnhof. Es war stürmisch
und winzige Hagelkörner trafen sein Gesicht wie Nadelstiche. Gegen den Wind
gelehnt und mit gesenktem Kopf quälte er sich Schritt für Schritt, bis er
endlich den Bahnsteig erreichte. Die Fahrt durch das Rheintal war ereignislos.
Er hatte nicht die Ruhe, um auf den Fluss und die vielen Burgen zu schauen, die
ihm früher immer die kleine Reise angenehm gemacht hatten.
In
Köln musste er umsteigen. Er fühlte sich nicht gut. Vielleicht sollte ich mich
erstmal bei einem Glas Bier entspannen, dachte er. Aber im Kölner
Bahnhofsviertel gab es nur Kölsch. Er brauchte kein wässriges Biersurrogat in
viel zu kleinen Gläsern, der Sinn stand ihm nach einem kräftigen Guinness,
möglicherweise von einem Single Malt begleitet. Er kannte sich in der Stadt
nicht aus und ging ziellos durch die Straßen. Es dauerte eine halbe Stunde, bis
er einen Irish Pub fand.
Im
Inneren war es warm und behaglich. Sein von der Kälte taubes Gesicht begann
aufzutauen. Seine klammen Hände schlossen sich alsbald um ein köstliches Pint der
gälischen Göttergabe. In drei Zügen hatte er das Glas geleert. Wärme breitete
sich in seinem Inneren aus und strömte wie ein Frühlingserwachen durch seinen ganzen Körper. Die Wirtin nickte ihm anerkennend zu und begann, ein zweites Pint zu
zapfen. Er nahm es dankend entgegen und wählte einen Bushmills Malt zur
geistigen Erhebung.
Bald
war er in ein Gespräch mit einem neunschrötigen Galgenstrick verwickelt, der
zwei Barhocker weiter saß. Erst ging es um Bier und Whisky, dann um Fußball,
schließlich um das Leben selbst in seiner ganzen unergründlichen und
faszinierenden Pracht. Als er schließlich zahlte und die Kneipe verließ,
dämmerte es bereits. Natürlich fand er den Rückweg nicht und rief schließlich
ein Taxi, dass ihn zum Bahnhof brachte.
Sie
wissen natürlich längst, wie die Geschichte endet. Er fuhr mit dem Zug nach
Hause und hat den Bloggerkollegen bis heute nicht getroffen. Aber sie verstehen
sich immer noch großartig. Vermutlich war die Erleichterung über die
gescheiterte Begegnung auf beiden Seiten groß.
2011 hatten sich einige Blogger in Köln getroffen. Mit hehren Zielen. Heute gehen sie sich die Meisten von denen aus dem Weg...
AntwortenLöschenhttp://guardianoftheblind.de/blog/2011/02/14/was-konnen-blogs-in-deutschland-erreichen/
Der Artikel ist ja lustig. "Retten die Blogger die Demokratie?" Die Frage ist längst beantwortet. Die Szene wird immer kleiner und bedeutungsloser. Am Ende überleben im Internet die großen Konzerne wie Bonetti Media, die einen Oligopol bilden werden ;o)
LöschenStefan Sasses Live-Bericht ist noch detailreicher...
AntwortenLöschenhttp://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2011/02/live-blogging-vom-kongress-samstag.html
Noch was: Auf dem Foto (erster Link) sieht man einige Blogger, die andächtig Werner Rügemer lauschen. Werner Rügemer steht den NachDenkSeiten nahe. Werner Rügemer ist auch auf KenFM kein Unbekannter. Werner Rügemer sagt auch solche Sachen: "So bedeutet die Anerkennung des Existenzrechts Israels die Anerkennung eines zusätzlich gefährlichen Vasallenstaates, der als Kettenhund der westlichen Mächte noch eigene und unkontrollierbare Strategien verfolgt."
AntwortenLöschenMehr über Werner Rügemer hier:
https://blog.psiram.com/2017/08/werner-ruegemer-und-die-juedischen-aufsteiger/