Es war
ein strahlend blauer Morgen, als Erich Rockstroh den Bahnsteig 4 betrat. Er
trug seinen neuen anthrazitfarbenen Anzug und glänzende spitze Lederschuhe.
Niemand auf dem Bahnsteig sah so gut aus wie er. Ein gutes Gefühl.
Aufgequollene alte Menschen in Beige und Hellgrau, junge Leute mit Rucksäcken.
„Sie
werden unser Unternehmen bei den Kunden sicher gut vertreten“, hatte ihm sein
Chef zum Abschied am Tag zuvor gesagt. Er hatte eine ganze Woche in die
Power-Point-Präsentation investiert. Das Redemanuskript hatte er ausgedruckt
und in seinem Aktenkoffer deponiert.
Er
genoss die Sonnenstrahlen auf seiner Haut. Heute würde er in Frankfurt einen
Vortrag halten, der ihn endlich im Unternehmen nach vorne bringen würde. Der
entscheidende Tag.
Der
ICE hielt und er ging in das Erste-Klasse-Abteil, in dem ihm die
Abteilungssekretärin einen Platz reserviert hatte. Zum Glück war er allein. Der
Zug setzte sich in Bewegung und er holte sein Manuskript aus der Aktentasche.
Halblaut
sprach er den Text in die Leere des Abteils. Er war nicht zufrieden. Also nahm
er einen Kugelschreiber und begann, seine Rede zu korrigieren. Aber das
Ergebnis war ein Alptraum. So konnte er den Vortrag unmöglich halten.
Er
ging in den Speisewagen, trank zwei Bier und zwei Schnäpse, um neue Zuversicht
zu bekommen. Sicherheitshalber nahm er noch zwei Flaschen Bier ins Abteil mit,
ohne den spöttischen Blick des Kellners zu bemerken.
Noch
eine Stunde bis Frankfurt, wo er vor wichtigen Investoren sprechen musste, die
in den neuen Hedgefonds seines Arbeitgebers einsteigen sollten. Er trank
hastig, der Redetext verschwamm vor seinen Augen. Sein Hemd war durchgeschwitzt
und sein Schlips hatte sich gelöst.
Als er
die beiden Flaschen Bier ausgetrunken hatte, stand er von seinem Sitz auf,
stark schwankend, und deklamierte lallend den überarbeiteten Text. Neue
Fahrgäste betraten das Abteil und lachten hinter vorgehaltener Hand über den
Betrunkenen.
Rockstroh
wankte mit seinem Aktenkoffer auf die Toilette. Der Zug wurde durchgeschüttelt,
alles vibrierte. Er schloss die Tür hinter sich und setzte sich mit
heruntergelassener Hose auf die Toilette. Dann öffnete er seinen Aktenkoffer,
den er auf seinem Schoß platziert hatte, um einen letzten Blick auf seine Rede
zu werfen. Das war ein Fehler.
Plötzlich
erbrach er sich in den Koffer, rutschte mit seinem blanken Arsch bewusstlos auf
den Boden und erwachte erst in Basel wieder, als alles längst zu spät war.
YOU MADE MY DAY... 🚂 📝 🍻 🤮 DANKE 🎉
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AntwortenLöschenWenn man noch selbst der schärfste Kritiker seiner Texte sein darf, kann sich das auch positiv auswirken.
Zeitdruck, Stress, Deadlines machen Qualität zunichte, doch meistens ist es Unvermögen.
https://www.youtube.com/watch?v=vex6EJnWa6g
AntwortenLöschen:o)))
LöschenEin schönes Gefühl,
Löschenwenn man nach langer Zeit seine alten Freunde in Berlin besucht.
Habe im Zug schon einen gut gekleideten Herren, Buisenesskostüm, im Bistrowagen beobachtet, wie er ein großes Bier kurz mal weggemacht hat, Vormittags, so 9 Uhr.
AntwortenLöschenBeeindruckend in der Trinkperformance wie auch die Gesamtsituation.
So tief bin ich nie gesunken, obwohl....ich hab dann immer nach Feierabend zugelangt.
Zum Glück vorbei.