Zwölf Monate. Mein vorletzter
Berlin-Aufenthalt war im Herbst 2019, der letzte im Herbst 2020. Wenn ich in
dieser Zeit meinen Zweitwohnsitz vermietet hätte, wäre ich um 20.000 Euro
reicher. Aber wer hätte ahnen können, dass Corona mir die Reiseplanung so lange
verhageln würde?
Mein Dönermann erkennt mich noch
wieder. „Ich bin wieder da“, sage ich. „Ich freue mich“, antwortet er und fängt
an, Fleisch vom Drehspieß zu säbeln.
Eine Transsexuelle, die als Ali
im Iran auf die Welt kam, hat sich auf dem Alexanderplatz mit Benzin übergossen
und angezündet, höre ich im Radio.
Die Computersysteme einiger
Verwaltungen funktionieren nicht. Es sei aber kein Cyberangriff. Wozu auch?
Berlin schafft das alleine. Auch das Angebot der Telekom, dreißig Tage Internet
für 29,90 €, gibt es nicht mehr. Also kein Netz und kein TV. Zeit für Bücher
und DVDs.
Viele Restaurants suchen
Kellnerinnen und Kellner. In Top-Lokalen bekommt eine Vollzeitkraft 1500 bis
2000 € Trinkgeld im Monat, steuerfrei. Als Gehalt gibt es oft nur den
Mindestlohn, im Lockdown bekamen die Leute nur Kurzarbeitergeld auf der Basis
des offiziellen Lohns. Davon kann man in Berlin nicht leben (eine
45qm-Erdgeschosswohnung in unserem Haus ist gerade für 950 € kalt vermietet
worden!), also haben sie sich andere Jobs gesucht.
Ein Jahr lang habe ich keinen
E-Scooter und kein Lastenfahrrad mehr gesehen. Schon am ersten Tag sind sie
überall.
Erster Oktober. Ich habe das I
Ging befragt, wie es in Sachen Bundesregierung weitergeht. Ergebnis: 17. Sui /
Die Nachfolge. „Die Nachfolge hat erhabenes Gelingen. Fördernd ist
Beharrlichkeit. Kein Makel.“ Klingt positiv, aber wird es jetzt Scholz oder
Laschet? Durch eine 9 auf dem vierten Platz ergibt sich für die Zukunft das
Zeichen 3. Dschun / Die Anfangsschwierigkeit. Es ist von Chaos die Rede, das
aber in großen Erfolgen mündet, wenn man nicht aufgibt. Das deutet doch eher
auf eine Ampel-Koalition unter Scholz hin, nicht auf Weiter-so-Armin.
Ich sitze in meinem Stammlokal
und verspeise gerade ein vorzügliches Hirschgulasch, als ein deutscher Handwerker
hereinkommt. Er soll etwas in der Küche reparieren und der Wirt öffnet ihm die
Küchentür. „Vorsicht, Ausländer!“ ruft er seinem indischen Koch zu und beide
lachen. Ich brauche eine Weile, bis ich die Pointe kapiere. So herum
funktioniert es natürlich auch.
Was hat sich im Kiez geändert?
Das Reisebüro hat geschlossen, jetzt hat sich ein Immobilienmakler in den
Räumen eingenistet. Das griechische Restaurant steht leer, vor der Eingangstür
liegen Blumen, daneben stehen ein ewiges Licht und ein Bild der Wirtin. Eine
Nachbarin erzählt mir, dass der Wirt auch im letzten Winter verstorben wäre,
beide jedoch nicht an Covid-19.
Erste Currywurst in diesem Jahr.
Curry 36 am Bahnhof Zoo. Es gibt kein Bier mehr! Und die Curry ohne heißt jetzt
„Berliner Currywurst (ohne Darm)“, die Curry mit heißt „Curry-Bockwurst (mit
Darm)“. Zum Glück entpuppt sich die Bockwurst als Bratwurst. Wahrscheinlich hat
ein Schwabe die Bezeichnung „Berliner Currywurst“ juristisch durchgesetzt. Der
Blick auf die Gedächtniskirche entschädigt mich beim Essen, aber an
Holunder-Bionade zu Currywurst mit Pommes werde ich mich nie gewöhnen. Ist das
noch mein Berlin?
Die Corona-Modalitäten in den
Restaurants waren durchaus unterschiedlich: Inder und Türke ohne Impfausweis,
Italiener, Chinese und Deutscher mit Impfausweis. Den Vogel hat aber der
Japaner abgeschossen. Am Eingang der Sushi-Bude war ein Check-In-Schalter
aufgebaut. Ich musste nicht nur meinen Impfpass zeigen, sondern auch meinen
Personalausweis. Dann wurde ich, eine Schutzmaske tragend, zu einem Tisch
eskortiert, wo ich ein umfangreiches Formular ausfüllen musste. Bei der Frage
nach den Sexualpartnern der letzten zehn Jahre musste ich zum Glück nur einen
Strich machen. Da kam echtes Flughafenfeeling auf. Bei meiner Einreise in Japan
war es damals auch nicht komplizierter.
Nur 44 Prozent aller Berliner
sind in Berlin geboren.
Am Sonntag sind sowohl der
Dönerladen als auch der Späti zu. Ich hoffe, mit der FDP wird das alles anders.
Gibt es Rassismus gegen Weiße?
In Berlin schon. Chinesischen Rassismus. Samstagabend in einem
China-Restaurant. Ich setze mich an einen Tisch, worauf das junge chinesische
Paar am Nachbartisch aufsteht und sich drei Tische weiter wieder hinsetzt.
Wenig später: Zwei chinesische Paare haben den Tisch links von mir reserviert.
Sie bitten den Kellner, ihnen einen anderen Tisch zu geben. Auch meine
Erfahrungen im für chinesischen Rassismus berüchtigten Lokal Grand Tang in
Charlottenburg mögen als Beweis dienen (Lesen Sie dazu auch bitte die
Kommentare bei Google Maps). Kiezschreiber: Unterwegs in Berlin I
Oma mit Base Cap: Haste mal ne
Zigarette?
Ich: Bin Nichtraucher.
Oma: Ooch, wie schade.
Womit sie natürlich recht hat.
Warum habe ich eigentlich 2007 aufgehört?
Habe mal gelesen ( also muß es stimmen ), daß im 17/18ten Jhd.
AntwortenLöschen2/3 der Berliner Französisch sprachen.
Weil der gerade aktuelle Fürst, Friedrich, Wilhelm oder Friedrich Wilhelm der Xte,
viele Hugenotten "reingelassen" hat.
Das ist also normal, New York, Schmelztiegel. Ha !!
Das hatte nichts mit den Hugenotten zu tun. Französisch war damals die Sprache des europäischen Adels. Im Mittelalter war es Latein. Deutsch hat nur das gewöhnliche Volk gesprochen.
LöschenJa gudd äh...aber soo viele Adelige hingen da auch nicht rum.
LöschenUnd die Bildung war auch nicht so durchdringend, daß alle in der Schule Franz hatten.
Ich las ( also muß es stimmen ), daß es tatsächlich.....u.s.w..
Und eben, das "gewöhnliche Volk" war schon immer die Mehrheit.
Und das sprach z.T. Französisch, weil es aus Frankreich kam.
Und nur weil der Schwabe sagt "du Driebel" ( Terrible ) ist er nicht französischsprachig.
Schön, dass du offenbar eine gute Zeit hattest. Die gestorbene trans Frau hieß Ella.
AntwortenLöschenJa, vor allem das asiatische Essen hat mir ein Jahr lang gefehlt. Hier im Hunsrück gibt es ja keine indischen, thailändischen oder japanischen Restaurants, nur Schnitzel und Pizza.
LöschenDas mit dem asiatischen Essen kann ich verstehen. Zwar in der Paralellstraße ein entsprechendes Restaurant hier, aber so teuer, dass ich mir das nicht leisten kann. Dann zwei Stadtteile weiter "China Schnell-Imbiss" (schreibt sich echt so), das, was die bieten, kann ich selber. Für auf Indisch oder Thailändisch spezialisierte Restaurants müsste ich bis nach Düsseldorf oder Essen fahren, ist derzeit aber noch keine Option, ich will noch nicht über eine Stunde in den Öffentlichen sitzen. Schnitzel kann man hier vor Ort auch vergessen. Es gibt ein Restaurant, wo es gut sein soll, das ist finanziell aber wrklich unerreichbar für mich (echtes Kalbschnitzel und entsprechende Preise, 2019 über 20€).
LöschenIch würde auch wahnsinnig gerne wissen, ob Düsseldorf die Berliner Currywurst noch macht (das Ding am Graf-Adolf-Platz). Ich habe gern an deren Stand auf dem Carlsmarkt gegessen, wenn ich da war. Mein letzter Stand war, die kriegen eine Dependance in Duisburg, ich weiß aber nicht, ob das wegen Corona überhaupt eröffnet wurde. Von außen sahen die aus wie in Düsseldorf.
Wir hatten überlegt, ob wir irgendwo für meinen Geburtstag reservieren, haben uns dann aber gedacht, wir lassen das. Wenn du mit zwei Rollstühlen und einem ganzen Tross Assistenzpersonen und Kommunikationsgadgets kommst, kannst du vollgeimpft und frisch negativ getestet immer noch nicht rein gelassen werden (weil du die Optik störst, wie man jetzt ganz offen sagt). Gucken, ob wir trotzdem irgendwo was essen, das hier nicht alltäglich ist.
Events im Oktober 2021
AntwortenLöschen13 Mi
Internationaler Tag zur Verhinderung von Naturkatastrophen
Internationaler Tag der Skeptiker
Nimm-deinen-Teddybär-mit-zur-Arbeit-Tag
... 🧸 *kuschel... knuddel... drück*
Dann werde ich heute eine Naturkatastrophe verhindern. Keine Vulkanausbrüche im Hunsrück!
LöschenGUT... so 🙏
LöschenFie 45qm Wohnung ist sicher gut gereift und mit Erdgeschosslage auch ordentlich kühl gelagert.
AntwortenLöschenMit zunehmender Mietdauer ist da sicher noch mehr abzuschöpfen, spätestens, wenn sich Denns in der griechischen Taverne einnistet.
Die Czaja Hermanos werden das schon regeln.
Kauf Dir für Deine Berliner Wohnung einen Wok und Sesamöl.
AntwortenLöschenAn Hunden ist kein Mangel in Berlins Straßen.
Ich habe während meines Aufenthalts in Berlin nicht einmal den Herd angemacht und musste keinen einzigen Löffel spülen. Vormittags war ich in Frühstückscafés oder habe beim Bäcker Croissants und belegte Brötchen gekauft, nachmittags war ich jeden Tag im Restaurant. Wenn man 365 Tage am Stück alles selbst machen musste, war dieser Urlaub einfach fällig.
LöschenKlar , gutes Personal ist selten und teuer. Selber machen verblödet.
LöschenAber welcher Bäcker kann Dir den unvergleichlichen Genuss eines Croissants mit Hunderagoutfüllung anbieten?
Hast du noch Freunde in Berlin? (Die noch leben?)
AntwortenLöschenNur noch zwei. Eines Tages werde ich die Bude in Berlin wohl zu Geld machen. Rente habe ich ja keine zu erwarten ...
LöschenZwei Freunde sind gut.
AntwortenLöschen