Blogstuff 847
In Deutschland ist jeder Tag wie
eine Wagner-Oper. Götterdämmerung. Die Welt geht unter. Die Wirtschaft
verzeichnet ein Minus von 0,3 Prozent. Bereuet, das Ende unseres Wohlstands ist
nahe. Nächstes Jahr um diese Zeit schlafen wir alle auf der Parkbank. Kann sich
noch jemand an die Bankenkrise erinnern? 2009 sank das BIP um 5,7 Prozent. Im
ersten Coronajahr 2020 betrug das Minus 3,8 Prozent. Haben wir es damals in
unserem Alltag gespürt? Hatte es Einfluss auf unser Leben? In diesem Land leben
achtzig Millionen Drama Queens.
Das Problem liegt viel tiefer.
Die Fortschrittsfeindlichkeit der konservativen Bevölkerungsmehrheit ist die
größte Bedrohung des „Standorts“. E-Autos? Wollen wir nicht. Dann setzt eben
ein amerikanischer Hersteller ganz provokant eine Fabrik an den Rand der
deutschen Hauptstadt. Wann hat es zuletzt ein ausländischer Konzern gewagt, die
deutsche Autoindustrie in ihrem eigenen Land herauszufordern? Jetzt wird das
Werk massiv ausgebaut. Die Chinesen zeigen gerade auf der IAA, dass sie den
europäischen Markt mit billigen E-Autos aufrollen werden. Erneuerbare Energien?
Wollen wir nicht. Wir waren bei dieser Zukunftstechnologie mal ganz vorne,
jetzt machen andere das Geschäft. Transrapid? Wollen wir nicht. Eine deutsche
Erfindung, die in Deutschland nie eine Chance hatte. Jetzt bauen Japaner und
Chinesen Hochgeschwindigkeitszüge, die 600 km/h schnell sein werden.
Der letzte James-Bond-Film mit
Roger Moore wurde 1985 gedreht, dem Jahr, in dem ich Abitur machte. Ein
IT-Schurke will das Silicon Valley überfluten, um alleiniger Herrscher der
Computerwelt zu werden. Heute würde man so ein Drehbuch wortlos in den Müll
schmeißen.
Der Bierpinsel in Steglitz, ein
Meilenstein der Pop-Architektur, ist für mich das schönste Gebäude der
Hauptstadt.
Vor zwanzig Jahren war der
Arbeitsbegriff noch ein deutscher Fetisch. Neben Erwerbsarbeit gab es
Beziehungsarbeit (Liebe), Erziehungsarbeit (Familie) und Hausarbeit (Spaghetti
kochen, staubsaugen). Den nächtlichen Schlaf hat man vielleicht Erholungsarbeit
oder Regenerationsarbeit genannt. Auf einer Tagung hat ein
Sozialwissenschaftler mal sein Konzept der selbstbestimmten „Eigenarbeit“
präsentiert. Für mich nix anderes als Hobby oder DIY. Sein Slogan lautete
„Eigenarbeit macht frei“. Ich habe ihn dann auf die Inschrift über den Toren
deutscher Konzentrationslager hingewiesen.
Die gute alte Zeit. Clärenore
Stinnes war Mitte der 1920er Jahre die erfolgreichste Rennfahrerin Europas. Sie
gewann 17 Autorennen, fast ausschließlich gegen Männer. Sie war der erste
Mensch, der in einem Auto die Welt umrundete. In zwei Jahren legte sie 46.000
Kilometer zurück. Noch vor Beginn der Nazi-Herrschaft zog sie nach Schweden und
verbrachte nach dem Krieg regelmäßig ihren Urlaub in Irmenach im Hunsrück. Seit
Jahrzehnten hat es in der Formel 1 keine Frau mehr gegeben. Wo ist die
Clärenore des 21. Jahrhunderts?
.............Clärenore Stinnes......alsVertraute ihres Vaters wurde sie nach dessen Tod aus dem Konzern zugunsten ihrer Brüder rausgemoppt......VON IHRER MUTTER......Frauensolidarität lach
AntwortenLöschenkennst du nicht die berlinerin heidi hetzer? sie fuhr auch um die welt mit einem auto, älter als sie selbst. war ein toller bericht im tv.
AntwortenLöschenJa, tolle Frau. Einmal rund um die Welt von 2014 bis 2017. Aber heutzutage hast du halt Handy und Navi - es ist nicht das gleiche wie neunzig Jahre früher. Heute gibt es überall Hotels, Restaurants und Tankstellen. Selbst eine Reise zum Südpol kann man inzwischen im Reisebüro buchen. Anfang des 20. Jahrhunderts hat man dieses Abenteuer noch mit dem Leben bezahlt.
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